Auch wenn ich etwas länger braucht als sonst war die Jagd erfolgreich. Ich legte mich nieder und fing an eins der Rebhühner zu rupfen. Nachdem ich damit fertig war begann ich gierig Stück für Stück, von dem Rebhuhn herunter zu schlingen um meinen Hunger zu stillen. Nachdem ich dieses getan hatte, na mich me II Rebhuhn und machte mich auf die schwarze Schönheit im Wald zu suchen.
Ich war nun wieder in den Bergen, in MEINEN Bergen, wie ich sie längst nannte. Nun lag ich da, auf dem Gipfel eines meiner Lieblingsberge und ließ mir den klaren Wind um die Nase wehen. Nach und nach fielen alle Lasten von mir ab, alle Mühen, die ich in den letzten Monaten gehabt hatte, um die beiden jungen Fähen zu erziehen und gut auszubilden. Jetzt war das Werk vollbracht und ich genoß die Einsamkeit und Freiheit, die ich wieder zurückgewonnen hatte. Ich hatte mein Versprechen eingelöst, das ich meinem Onkel gegeben hatte. Der war nun fort-zusammen mit Yui, seiner wahren und großen Liebe. Ich hoffte, daß die Beiden woanders ihr Glück finden würden. Ich war nach wie vor Bradwr, ein Ausgestoßener, aber das bedrückte mich nun nicht mehr so sehr wie früher. Die Erfahrungen der letzten Zeit hatten mich gelehrt, daß es nicht das erstrebenswerteste Ziel im Leben sein muß, Teil einer Gemeinschaft zu sein, Teil eines Rudels und so weiter. Jetzt, da mich niemand mehr brauchte oder suchte konnte ich leben oder sterben wie ich wollte. Das bedeutet Freiheit. Nach und nach schweiften meine Gedanken von Wolf zu Wolf, zu den Wölfen, mit denen ich in meinem Leben zu tun gehabt hatte-zum Guten wie zum Bösen. Es war ein Abschiednehmen, denn ich spürte in mir, daß ich die wahre Freiheit wohl erst dann erreichte, wenn ich auch alle meine Erinnerungen geklärt hatte, keine Schuld mehr zurückließ, keine Hoffnungen und Wünsche mehr, so daß sich zuguterletzt auch die Erinnnerungen von mir lösen würden und im Bergwind davontreiben werden, wie die fallenden Blätter im Herbst, von denen sich Jahr für Jahr die Bäume befreien. Auf ihre Art und Weise sind Bäume da sehr weise. Wahrscheinlich leben sie daher auch so lange. Sie erleben Geschichte, aber die Geschichte berührt sie nicht. So kann man auch Frieden schließen. Ich hatte gut von dem Wisent gegessen, den die zwei Fähen so erfolgreich gejagt hatten und ich brauchte keine Nahrung mehr. Es würde lange dauern, bis mich meine Kräfte verlassen würden. Ich hatte viel Zeit nachzudenken.
Ich lief ohne Ziel durch die Gegend und blieb schließlich auf einem Vorsprung stehen. Ich sah auf das Tal und erinnerte mich schwach an damals wo wir her kamen. Ich seufzte leise und legte mich hin Ehe ich einfach hinunter sah. Ich hatte meine Schwester schon lange nicht mehr gesehen und es wurmte mich. Aber ich war zu Stolz um sie zu Suchen.
Ich war irgendwann eingeschlafen und stand nun auf. Ich streckte meine Glieder alle einzelnd und schüttelte mein inzwischen Recht dichtes Fell. Ich sah bulliger aus als andere Rüden in meinem Alter und ich war stolz drauf. Ich lief los und rannte irgendwann. Auf dem Weg entdeckte ich ein verletztes Reh. Ich überlegte kurz und zog mich dann aber zurück. Vielleicht konnte ich mit Mutter oder Vater hierher zurück um es zu holen aber ich war kein guter Jäger. Deswegen lief ich wieder los und wurde immer schneller
In den Bergen angekommen suchte ich die Fährte des Rehes und schlich dieser nach Ehe ich um einen Felsen sah und Mia das Reh zeigte ich Schleich mich herum und jage sie zu dir? schlug ich leise vor und beobachtete die alte Rehkuh die lahmte hungrig.
Ich schüttelte den Kopf. Du bist stärker Du erlegst sie. Ich treib sie zu dir. sagte ich zu ihm und schlich schon los. Der Wind war günstig und ich schaffte es mich anzuschleichen ehe ich sie zu Ran trieb.
Ich konnte nicht Mal etwas sagen da humpelte das Reh schon panisch auf mich zu. Och spannte mich an und riss das Reh zu Boden indem ich es ansprang und es sackte röhrend zur Seite. Ich hielt das Reh knurrend fest und legte meine Pranken so auf ihren Vorderkörper das sie nicht weg kam. Ich wartete auf Mia und wir töteten sie dann zusammen. Ich leckte mir die Lefzen und knurrte Stolz das ist unsere erste große Beute sagte ich Stolz. Ob Mutter und Vater auch Stolz waren? Aber sie waren nicht Mal da ..ich schüttelte den Kopf und sah Mia Stolz an.
Wir hatten es zusammen erlegt. Ich lief mit erhobener Rute zu Ran und leckte ihm über seine Lefzen. u hast es erlegt! Unsere erste beute. Zeigen wir sie dem Rudel! sagte ich stolz und drückte meine Flanke an seine. Ih lächelte ihn Stolz an
Ich lächelte kurz wir haben sie zusammen erlegt korrigierte ich sie und nickte. Ich drückte mich an sie Ehe ich das Reh packte und anfing es zu Ziehen. Ich vertraute darauf das Mia mir sagte wohin ich musste.
Tage waren vergangen und auch Nächte. Es war Sommer und die Sonne brannte auf dem Berggipfel auf mich herab, aber es störte mich nicht. Der Wind blies unablässig, sang seine Lieder und ich lauschte ihnen. Immer wieder hörte ich eigenartige Melodiefolgen aus ihnen heraus, beinahe waren es auch Texte - oder Gedichte vielleicht-die man beinahe verstehen konnte - und doch niemals so ganz. Je länger ich ruhte, umso größer wurde meine Ruhe, meine Distanz zu all dem, was außerhalb dieser Berge geschah. Manches, daß mir einmal wichtig gewesen war, hatte nun an Bedeutung verloren. Der stürmische Fluß meines Lebens kam allmählich zur Ruhe, fand seine Ruhe und wurde zu einem klaren blauen Bergsee - ehrlich und ohne Makel. Nach und nach verarbeitete ich in aller Ruhe meine Erinnerungen und ließ sie zurück, ließ sie los, klammerte mich nicht länger an sie - und ließ sie ziehen-fortgetrieben vom Wind der Berge. Ich wurde immer ruhiger, immer stiller und - vielleicht auch gerade deshalb nahm ich tiefer wahr. Die Gerüche in meiner Nase wurden intensiver, meine Ohren lauschten auf die Geräusche der Kiesel, die von den Murmeltieren bewegt wurden und auch mein Blick veränderte sich. Sprechenden Auges grüßte ich den Luchs, der inzwischen eine Gefährtin gefunden hatte und immer noch seine mir bekannte Höhle bewohnte. Er grüßte zurück, höflich, wie es die Katzen sein können, wenn sie wollen. In seinen Augen lag ebenfalls Respekt und Verständnis. Wir sind Brüder, Brüder der Berge! signalisierte ich ihm und ich war mir sicher, daß er verstand. Dann schien er mir plötzlich zu antworten. Es waren keine Worte, nicht einmal Gesten - aber er sah mich direkt an-etwas das Katzen auch untereinander nur selten tun - und mir gingen eigenartige Gedanken durch den Kopf. Brüder, vielleicht, ja! aber ich habe eine Gefährtin. Willst du alleine sterben? Waren es die Gedanken des Luchses oder meine eigenen Gedanken gewesen? Ich wusste es nicht, aber mir wurde klar, daß ich genau in diesem Punkt noch der Klarheit bedurfte. Und als ich so darüber nachdachte, fiel mir nur ein Name ein, der für mich etwas bedeutete. @Morgra! Da gab es noch etwas zu klären, eine Frage vielleicht oder gar eine Schuld? So genau wusste ich das nicht. Aber ich wusste, daß ich nicht eher in Frieden sterben konnte, bevor ich sie noch einmal wiedergesehen hatte - die schöne, tapfere schwarze Wölfin, die sich halt leider für einen anderen Gefährten entschieden hatte. Als mir das klar wurde seufzte ich auf meinem Berggipfel. Doch ich erkannte, daß ich erst frei sein würde, wenn auch diese Sache ein für allemal geklärt wäre. Zerreiße die Ketten der Illusionen, Odhran! Die Wahrheit ist kalt, aber ehrlich. Und so begann ich mir zu überlegen, ob ich noch einmal zu den Wölfen ins Tal hinabsteigen sollte-auch wenn ich ein Bradwr war. Doch es gab noch offene Fragen und ich erkannte, daß ich eine Antwort brauchte. In diesem Moment wusste ich, daß meine Zeit noch nicht ganz abgelaufen war. Es gab noch etwas zu tun, etwas zu erledigen, bevor ich sterben durfte. Auch als Bradwr, als Wolf ohne Ehre, hatte ich meine ureigensten Verpflichtungen stets ernst genommen. Da stand für mich fest, daß ich noch einmal ins Tal zurück musste. Ich musste Morgra sehen, wissen, daß es ihr gut ging und daß da sonst nichts mehr war, das mich band. ... Der Luchs hatte recht gehabt. Wer nur die halbe Wahrheit kennt, sollte nicht voreilig entscheiden.
Mit schwachen aber noch stolzen Schritten erreichte ich die Berge, meine letzte Mahlzeit war so lang her das ich mich nicht mehr erinnern konnte. Die Berge schimmerten in ihrer rauen,kahlen Schönheit im abendlicht... heute Nacht würden sie schimmern wie die Silberfelsen in meiner Heimat. Eine glühende Heimweh überkam mich und schien mein Herz zu verbrennen und bahnte sich in meine Beine, die einzige Lösung war rennen. Mit einem Sprung sprang ich die ersten Klippen entlang, spitze Steine bohrten sich in meine Ballen, der altbekannte Schmerz führte mich ein Stück Richtung Heimat. Der raue Atem der Berge zerrte an meinem Pelz, küsste mein Gesicht und brannte in meinen Augen während ich dicht am Abgrund entlangsprintete. Das Brennen breitete sich aus, ich spürte alles. Den Hunger. Den Durst. Und die höllischen Schmerzen meiner Seele, ausgelöst durch den Anblick meiner brennenden Familie ... die neugeborene Hoffnung der Silberfels-Wölfe gestohlen und die weiten meiner Heimat verbrannt. Noch dichter am Abgrund, noch dichter am Tod, ein Pelz streift den meinen... sie rennen mit mir. Meine Mutter, mein Vater, meine Halbfeschwischter, selbst mein tyrannischer Bruder. Über dem Abgrund in weiter Ferne steht ein roter Pelz. Morgana.. meine Tochter und mein Gefährte... sie warten auf mich. Das Ende der Klippen nähern sich, ich werde schneller, fange den Duft ihrer Pelze ein, meiner alten Heimat, sehe immer mehr die tödlichen Abgründe meines Heimatlandes auf denen ich als Welpe getollt habe, nah am Tod... furchtlos. Nur noch Meter, Tränen verschleiern mir die Sicht, ich kann zu ihnen... ich habe lang genug gelebt. Ich schüttel den Kopf, stemme die Pfoten in den Boden und bremse kraftvoll ab. In diesen ausgemergelten Körper steckt noch die Kraft einen Bären in die Flucht zu schlagen. Ich bleibe eine Pfotenbreiten vor dem Schlund in den Tod stehen, keuche bis das Feuer in meiner Lunge erschlischt. Der Wind weht das Abbild meiner geliebten davon... ich bin noch nicht so weit. Ein leises jaulen dringt aus meiner Kehle, doch ich konnte nicht singen... mein Stolz verbot es mir. Meine Vorfahren sangen im Angesicht des baldigen Todes doch ich würde noch leben. Ich hatte noch ein Ziel zu erfüllen, das Bluterbe meiner Familie finden oder eine neue in die Welt setzen. Mein Herz war erfüllt von der Sehnsucht alles heraus zu lassen auf die einzige Weise die ein Wolf vermochte, singen. Es war niemand in der Nähe, das Tal lag mir zu Pfoten doch der Wind würde meine Stimme nicht hinunter tragen. Deswegen stemmte ich die Beine in den Boden, nahm eine stolze Haltung ein und hob den Kopf. Ich hatte lang keinen Ton mehr von mir gegeben aber ich wusste immernoch wie und das hörte man. Kraftvoll bedeckte ich die Abendluft mit meiner Stimme und sie trug die Geschichte von der Liebe meiner Familie, den schmerzen meines Lebens und dem Feuer das meine mächtige Blutlinie auslöschte und die Hoffnung. Die Hoffnung die niemals sterben würde solange dort draußen mein Schicksal wartete und solange würde ich weiter machen. Ich sang von Stolz. Niemals würde ich aufhören und niemals würde ich aufgeben bis die letzte Kraft aus meinen Knochen wich.
Als ich aufhörte kehrte die Müdigkeit in meine Knochen zurück und ich legte mich nieder, die Pfoten vom Abgrund baumelnd, wie damals. Jung und furchtlos, aufgewachsen mit dem Tod unter den Pfoten. Noch lange starrte ich in die Abendsonne und wartete das sie versank.
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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12.06.2018 13:51
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