Abermals kam in die hellere Fähe Bewegung und ihre Begrüßung ließ sich mit der eines Welpen vergleichen, der fröhlich auf seine Mutter zusprang. Ich hatte so das Gefühl, dass sich Raava gerne an mich kuscheln würde und so zuckte ich leicht überfordert mit meinen Ohren, wobei ihr Winseln meinen Zustand nicht unbedingt verbesserten. Sie hatte mich vermisst? Ich war verwirrt. Wir hatten uns doch nur kurz gesehen und ein bisschen Smalltalk gehalten, wobei ich selbst auch nicht darüber hinweg täuschen konnte, dass ich ihr am Lachsfluss ja am liebsten auch hinterher gelaufen wäre. Aber... konnte ich damit schon sagen, dass ich sie ebenfalls vermisst hatte? Gut, sie war meine erste Bekanntschaft hier im Tal gewesen und man hatte sich sehr gut mit ihr unterhalten können, was nach der Einsamkeit meiner Wanderung eine willkommene Abwechslung gewesen war. Aber.... ich kannte sie doch gar nicht! "Ich... habe nach dir Ausschau gehalten", murmelte ich ehrlich und wollte eigentlich den Rückwärtsgang antreten - zu sehr verwirrte mich die hiesige Situation. Warum sah ich Raava nicht als Bekannte an, sondern... sondern... ja, als was sah ich sie eigentlich?

(Dankeschön :3)

Im Nachhinein hätte ich mich sicherlich für meine ganze Aktion angeknurrt. Eigentlich wollte ich ja lieber Alleinsein -aber das "Eigentlich" wog stark und meine Denkkraft war momentan gleich Null. Ich war geleitet von dem wunderbaren Duft, der von Shiva ausging zusammen mit meinem eigenen Hunger nach etwas Nähe.
Kurz drehten sich meine Ohren zurück, als sie zurück wich und mich hinderte ihr über die Wange zu schlecken oder meine Schnauze in ihr Halsfell zu kuscheln oder oder..
Doch dass sie stehen blieb gab mir Hoffnung.Und sie hat nach mir Ausschau gehalten! innerlich rannte ich im Kreis vor Freude, was meine Rute durch fröhliches Zucken zum Ausdruck brachte.
Langsam näherte ich mich wieder. Du riechst so gut! in meinem verlorenen Sinn war es momentan das größte Kompliment überhaupt. Schnell machte ich Anstalten ihr über die Schnauze zu schlecken und hoffte diesmal schnell genug zu sein und dass sie mich lassen würde.

Moment. Auszeit! Ich wollte eine Auszeit! Ich... roch gut? Natürlich wusste ich, dass wieder diese eine bestimmte Zeit angebrochen war, aber ich selbst hatte mich für den Geruch anderer Fähen bisher niemals interessiert. Warum reagierte Raava denn so stark darauf? Lag das daran, dass sie nicht von hier stammte oder war es meine eigene Wahrnehmung, die mir einen Streich spielte? Normalerweise sollten doch die Rüden verrückt spielen und nicht etwa Fähen... oder? "Ehm... Danke?", nahm ich das vermeintliche Kompliment an und setzte mich verwirrt auf den steinigen Untergrund, wobei ich meine Gegenüber fragend musterte. Dabei fiel mir zum zweiten Mal aus, wie überdreht Raava sein musste und meine Ohren schmiegten sich ratlos in meinen Nacken. "Wie... geht es dir denn?", versuchte ich ein Gespräch aufzubauen und möglichst aus dieser Situation herauszusteuern, die ich einfach nicht verstand.

Ich taumelte zurück und setze mich ebenfalls auf meine Hinterläufe. Es war wie ein Biss, der mich zurück zucken ließ un für einen Augenblick schien ich wieder etwas klarer Denken zu können.
Unwillkürlich legte ich den Kopf leicht schief und sah sie an. Nicht wild und liebestoll sondern nachdenklich. Was zu ich hier? Dränge ich mich ihr gerade auf?!
Doch bevor ich weiter überlegen und in Panik fallen konnte, fiel mir der Geruch erneut in die Nase, drängte die Vernunft erneut in den Hintergrund. Und ich konnte nicht mehr. Ich übergang ihre Frage und stieß ein verzweifelt es Winseln aus. Warum mag sie mich nicht? Sie riecht doch so gut!
Wider stand ich auf, rastlos, aber diesmal ließ ich es sein ihr erneut nah zu kommen. Ich bin die Lefzen und flehnte, was den Duft nur verstärkte und vielleicht suchte ich nach einem anderen anderen Geruch, einer neuen Fähe, die die Nähe willkommen heißen würde. Taumelnd tat ich einen Schritt zurück. Mir war warm und ich fühlte mich hunrig, aber wach und irgendwie einsam.

Raava redete nicht mit mir, aber ihre verzweifelte Körperhaltung war Antwort genug. Warum reagierte sie so auf den Geruch, der ihr eigentlich egal sein sollte oder im höchsten Fall Konkurrenzdruck hervorrufen sollte? Ich konnte einfach nicht nach vollziehen, dass sich Raava wie ein... nunja... wie ein Rüde verhielt, der auf die Fährte einer willigen Fähe gestoßen war. Aber sie schien so verzweifelt und sich gleichermaßen nach Nähe zu sehen, dass ich mir vollkommen fehl am Platz vorkam. Vielleicht... vielleicht brauchte sie ja genau das! Einen Rüden! Aber ich wollte ihr jetzt auch keinen suchen oder mir selbst einen auf den Hals hetzen, was zu meinem Glück Raava jetzt schon bei mir übernahm. Allerdings blieb die Frage nach dem "Wieso" bestehen. Denn selbst als ich meine Nase prüfend in ihre Richtung richtete und probehalber schnüffelte, fand ich zwar eine leicht veränderte Geruchsnote, aber der Effekt, wie dieser scheinbar bei Raava auslöste, trat bei mir nicht ein. Zaghaft trat ich einen Schritt nach vorne auf meinen Gegenüber zu und fragte: "Bist du krank?" Das war die einzig mögliche Folgerung für mich... außer die helle Fähe wollte was von mir. Was ich mir jetzt so allerdings nicht vorstellen konnte.

Erschrocken und hilfesuchend sah ich zu Shiva auf. Diesmal gelangten ihre Worte in mein Bewusstsein. Wir aus wäre ich erneut aus einem Fluss aufgetaucht schnappte ich nach der Herrschaft über meinen Kopf, versuchte klare Gedanken zu fassen. Schon zuvor hatte ich eine verstopfte Schnauze gehabt, als ich ständig an Niesen war und jetzt nehme ich all diese Gerüche war, ist es das? Bin ich wieder krank?
Verzweifelt schaute ich zu Shiva, sie sah so geschockt aus. Aber warum denn? Vielleicht hatte mich die Zeit bei den Menschen doch stärker von der anderen Wölfen unterscheiden lassen. Doch da war die Erinnerung an die andere rötliche Fähe und wenn es das gleiche war, dann konnte es keine Krankheit sein oder doch?
Verwirrt schreckte ich zurück, dir Ohren angelegt.
Es.. es zu mir Leid. brachte ich hervor. Ich winselte wieder als ich von ihr weg taumelte und ein Knurren vermischte sich mit diesem Laut.

Bis beides verstummte und ich erneut in dem Fluss aus verlockenden Gerüchen versank. Ich tat erneut einen Schritt auf Shiva zu, doch ein letzter Gedanke hinderte mich.
Mit letzter Kraft sprang ich in die andere Richtung, nutzte die aufkommenden Energie um möglichst schnell zu verschwinden.

--> Lachsfluss

Die Verzweiflung der hellen Fähe hing noch immer greifbar in Luft und es schien mir, als würde auch ihr Winseln von den Felsen wiederhallen und den Ort nicht verlassen wollen. Es war als suchte es mich heim, da ich irgendwie eine Mitschuld an diesem Zustand trug, auch wenn ich eigentlich nichts dafür konnte. Ich sah Raava hinterher, wie sie in einem halsbrecherischen Tempo ins Tal sauste und ich glaubte, dass sie meine Frage vielleicht missverstanden hatte. Gut okay, vielleicht war meine Frage auch nicht sonderlich gut gewählt, aber ich hatte sicher nicht gewollt, dass sie vor mir flüchtete! Ich tat einen kleinen Schritt weiter in die Berge hinein, bevor ich umdrehte und meinem Instinkt folgte. Eigentlich waren mir die Gefühle anderer Wölfe egal, aber ich wollte auch nicht, dass sich Raava nun das Genick brach und wenn ich mich aus der Ferne von ihrem körperlichen Wohlergehen überzeugen könnte, wäre der Sache wohl genügend getan. Außerdem behagte es mir nicht, dass Raava nun wirklich aufgewühlt durch die Gegen lief - auch wenn ich mir das natürlich nicht eingestand.

-> Lachsfluss

BRADWR !!!
Es hallte und dröhnte in meinem Schädel.
Ich lief, ich rannte immer weiter.
Nur fort! Fort von hier!
Das waren meine einzigen Gedanken und sie trugen mich auf flinken Pfoten zurück in die Berge, zurück in die wohltuende Einsamkeit, wohin mir weder Wölfe noch Schatten folgten.
Meine Läufe fanden ihren Weg fast automatisch. Ich musste nicht nachdenken. Ich wollte nicht nachdenken.
Die Kälte umfing mich und ich hieß sie willkommen.
Irgenwann und irgendwie gelangte ich wieder an einen vertrauten Ort.
Es war einer der Aussichtspunkte, von denen ich so oft schon meine Gedanken habe schweifen lassen.
Der Felsen war wie immer. Felsen sind Felsen. Sie kennen keine Gefühle.
Ich hielt an, unschlüssig, was ich jetzt wohl tun sollte, als mich meine Gefühle mit der Macht einer Schneelawine erreichten und überrollten.
So setzte ich mich also auf den Felsen und heulte mein Lied in die kalte klare Bergluft.

Die Nacht ging vorbei und die Einsamkeit blieb.
Waren gestern meine Gefühle noch wie eine Lawine gewesen, die mich überrollt hatte, glichen sie heute eher noch ein paar müden Schneeflocken, den Letzten ihrer Art, die sich in den Frühlingswind verirrt hatten.
Ich kam mir leer, hohl und irgendwie ausgepumpt vor. Es schien so, als habe mich meine Stärke und meine Willenskraft verlassen.
Kein Grund schien Grund genug mehr für irgendetwas zu sein.
Und so taumelte ich fort von dem Felsen, der eine Aussicht bot, die wohl doch keine Aussicht war.
In den Bergen gab es nicht nur Gipfel. Es gab auch tiefe Schluchten.
Bestimmt würde ich eine finden, in der ein nutzloser Verräterwolf seinen Platz fand.

Es bereitete mir Unwohlsein hier zu sein. Zwar lief ich am Fuß der Berge entlang, aber ich bereute schon jetzt was ich da tat.
Doch ich wollte Odhran auch nicht einfach so stehen lassen. Er war so schnell weg gewesen und nachher machte er sich auch Vorwürfe, genau wie Saki - zu Unrecht. Vielleicht will er dich dumme Pute aber auch gar nicht sehen! Vielleicht weiß er ja was für ein Unheilbringer du bist! Die Worte dröhnten in meinem Kopf während ich der Duftspur folgte die sich in Serpentinen den Berg hoch schlängelten. Ich konnte mich nicht überwinden. So stand ich unten wie ein geprügelter Hund und konnte nicht weiterlaufen obwohl ich wollte. Ich hob meine Nase in die Höhe und lies ein kurzes, dunkles heulen hören, dass von den Felswänden zurückprallte. Hallo? Würde er mich nicht sehen wollen, müsste er sich nur weiter auf den Bergen verziehen.

Während ich so vor mich hinwanderte hörte ich den Ruf.
Es war ein kurzes dunkeles Heulen. Ich lauschte.
War das etwa ... Morgra?
Es hatte ganz den Anschein, obwohl das Echo der Berge den Klang etwas verzerrte.
Ich beschloss der Sache auf den Grund zu gehen.
Wenn sie es war, warum rief sie dann nach mir? Sie hatte doch ihren Liebhaber gefunden.
Es war nicht sehr weit und der Weg war nicht schwer.
Dann sah ich sie. Dort unten, wo die steileren Felsen begannen, war sie stehen geblieben. Eine Bergwölfin war sie nicht.
Eilig hüpfte und sprang ich über die Felsen.
Gleich würde ich bei ihr sein.
... und dann ???

Meine Ohren lauschten meiner eigenen Stimme und dem Schall der sie zurück zu mir warf.
Dann sah ich nach oben und tatsächlich tauchte die dunkele Silhouette vor den Felsen auf. Ich sah ihn zügig auf mich zukommen. Trotzdem war ich erstmal vorsichtig und hielt mich zurück mit vorschnellen Worten.
Ich legte die Ohren an. Du bist einfach weggerannt. Es war keine Frage wieso sondern vielmehr eine Feststellung meinerseits.

Du wolltest nicht, dass ich für dich kämpfe. Du wolltest ihn.
Auch das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Für meine Verhältnisse waren das schon recht viele Worte.
Ich verstand nur nicht, warum sie jetzt zu mir kam. Aber sie würde es mir vermutlich gleich erklären.

Du verstehst das nicht. Frustriert legte ich die Ohren an und zog den Schwanz ein. Er ist irgendwie einfach nur lieb. ich wusste nicht ob das jetzt wirklich eine entsprechende Erklärung war. In meiner Brust grollte ein Knurren des Unbehagens.

Irgendwie ... einfach ... nur ... lieb !
Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen, als ich dieses Bekenntnis von Morgra hörte und das sollte wohl auch eine Begründung für ihr Verhalten sein.
Vor Erstaunen über dieses völlig unlogische und doch so weibliche Argument blieb mir buchstäblich die Spucke weg, meine Ohren fielen herab, meine Fänge ebenso und ich stand da und blickte wahrscheinlich völlig dämlich aus meinem Pelz.
Eine Weile sagte ich gar nichts.
Dann entrang ich meiner Kehle ein
Aha!