Ich schlug langsam meine Augen nieder, ich glaubte nicht, dass es irgendjemand verdient hatte so viel Leid zu ertragen. Auch verstand ich nicht weshalb es manche so stark traf, auch Arcticas Vergangenheit war kein Kinderspiel gewesen. Ob es bei jedem so war? , ob es manche nur besser verkrafteten? Oder ob manche ihr Leben lang leiden mussten damit es anderen gut ging? . Mein Kopf drehte sich, die Fragen bereiteten mir körperliche Schmerzen und ich war zu müde um sie wirklich zu verstehen geschweige denn beantworten zu können.
Nicht wäre mir lieber gewesen als mich schlafen zu legen aber noch konnte ich nicht. Was ist mit Dash, er wird Hilfe brauchen. Stin ist schwer verletzt. Ich muss zurück . Aber sie drückte mich herunter und durch die Wunde an meiner Schulter knickte mein Bein weg. Mit dem etwas unsanften aufkommen ab Boden enteich die Luft aus meinen Lungen. Mein Körper hatte den Kampf gegen meinen Geist gewonnen. Ich konnte kaum mehr denken, kaum die Augen offen halten. Arcticas Wärme neben mir, die trügerische Sicherheit ihres Versprechens lullten mich zunehmend ein. Was ist wenn sie meine.. Hilfe brauchen.... mit den Worten sank ich in einen tiefen traumlosen Schlaf, mein Kopf sank auf ihre Vorderfoten.

Ich schreckte hoch und sah mich um. Ich bin eingeschlafen...
Sofort sah ich zu Ghost. Wir müssen zu den anderen.
Vorsichtig schob ich meine Schnauze unter seine um ihn zu wecken. Dabei wollte ich eigentlich nichts sehnlicher als ihm seine ruhe zu gönnen.
Ghost wach auf, wir sollten zum Rudelplatz bevor die anderen sich Sorgen.

Ich war in einer traumlosen Dunkelheit die beinah einer Ohnmacht glich. Aber als ich eine Berührung an meinem Fell spürte schrak ich hoch, mein Herz klopfte wild. Mein Atem ging stoßweise aber noch bevor ich wahrnahm wo ich war, roch ich den vertrauten Duft von Arctica. Frühlingswind, Erde und Tannennadeln und mein Herz beruhigte sich. Entschuldigung ich wollte dich nicht erschrecken, sagte ich vorsichtig um meine Stimme zu testen. Sie klang rau und dumpf. Ich hoffte, ich hatte sie nicht zu sehr erschreckt und nur langsam drangen ihre Worte durch die Watte in meinem Kopf.
Ich fühlte mich gleichzeitig ausgelaugt und erholt.
Mehrnals blinzelte ich bevor ich nickte und mich erinnerte was passiert war. Du hast recht wir müssen zurück , antwortete ich knapp und sprang los. Dann hielt ich inne, drehte mich um und kam zu ihr zurück. Ich leckte ihr über die Nase, Danke.
Sagte ich sanft, dann jagte ich Richtung Rudelplatz so schnell es meine steifen Glieder und die spannende Wunde an der Schulter zu ließen.
-Rudelplatz

-> Rudelplatz

Shanes Geruch war hier zwar zu riechen, aber nur noch schwach, er war also weiter gelaufen. Aylias und Syras Gerüche waren auch schon am verblassen, doch Billys und Acticas Gerüche waren noch frisch. Hier waren sie also gewesen. Ich fand Shane hier nicht vor, dafür entdeckte ich aber Rasheed. Er lag tot im Bach. Ich fragte mich ob mir mein überfordertes und übermüdetes Gehirn einen Streich spielte, doch er lag da wirklich. Ich schnupperte kurz an ihm und ließ ihn dann liegen. Vor all dem Blut auf meinem Fell und dem vom Stín hatte ich den Blutfleck am Rudelplatz nicht bemerkt. Rasheed roch nicht nach einem anderen Rudel, nur nach unserem, durch das Wasser konnte ich aber keine genauen Gerüche wahrnehmen. Ich würde später nachfragen. Ich musste sowieso wissen was passiert war und warum gegen meinen einfachen Befehl verstoßen worden war, den Naron offenbar ausgerichtet hatte. Nun aber musste ich Shane finden. Ich ließ Rasheed also vorerst hier liegen und folgte der Spur des jungen Rüden.
(Schattenbaum)

Die Wunde pulsierte, aber sie hielt dem Spaziergang stand. Je näher wir dem Wasser kamen, desto eiliger hatte ich es, bis ich beinahe trabte. Am Bach angekommen senkte ich meine Schnauze in das klare Gewässer und schlabberte gierig die kühle Flüssigkeit. Ich fühlte mich, als könnte ich den ganzen Bach leer saufen. Doch so weit kam es dann doch nicht...
Als mein Bauch prall und rund vom Wasser war, hob ich meine Schnauze wieder an und setzte mich hin. Die kühle Luft tat gut und ich fühlte mich nach dem ersehnten Trunk deutlich besser. Schweigend starrte ich vor mich hin.

Ich setzte mich einige wolfslängen hinter Stin hin und versuchte einfach möglichst leise zu atmen.
Dabei sah ich dem Rüden zu. Oh man wie viel säuft der denn? mein Blick verfing sich und meine Gedanken schweiften ab bis sie sich irgendwo in der leere verfingen.
Irgendwann dachte ich nur noch:
...ob sein Bauch jetzt wackelt wenn ich ihn anstups?
In meinem Kopf sah das ganze recht lustig aus und ich grinste breit während ich meinen Blick ganz unschuldig auf meine Pfoten lenkte.

Arctica verhielt sich unauffällig, eine Eigenschaft die mich ein wenig nervte. Wir beide schwiegen, keiner machte ein Geräusch. Schließlich war ich die Stille satt und erhob meine Stimme: "Und was läuft jetzt zwischen dir und Billy?". Mir war es egal ob der junge Rüde einen anderen Namen angenommen hatte, für mich würde er immer Billy bleiben. Ghost...was für ein lächerlicher Name, dachte ich innerlich, behielt es aber für mich und blickte entspannt weiter geradeaus, während ich nicht ganz ohne Schadenfreude auf Arcticas Reaktion wartete.

Stille. Nichts als Stille war in meinem Kopf während mein Gehirn zu langsam arbeitete.
Dann mit einem schlag explodierte alles.
WAS HAT ER MICH DA GERADE GEFRAGT?
Meine Ohren klappten an und ich riss die Augen auf.
Leich panisch keuchte ich. Was soll ich sagen? Was kann ich sagen? Was sollte ich sagen? Was muss ich sagen? Was darf ich sagen? Wir könn doch nicht... aber wir müssen... aber was... nein... doch... shit! Was wenn ich was falsches sage? Oder zu viel oder zu wenig oder blödsinn... ich kann doch nicht einfach gar nichts sagen! Sagen! Sag was Arc, los! dachte ich panisch während alle Sicherungen brannten und ich in leichte panik verfiel.
Aus meinem Mund kam ein überforderter fiepton der nach irgendeinem Wort klang.
Ich schluckte.
S-s-sowas kannst d-du m-mich doch nicht e-einfach fragen... meine Stimme klang ein bisschen vorwurfsvoll... und überfordert... ängstlich... panisch.
Ahhhhh!

Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie endlich den Mund aufmachte. Es war ein einziges Gestottere, so wie ich es fast erwartet hatte. Amüsiert linste ich zu ihr und hob eine Augenbraue. "Hab ich aber", antwortete ich kühl, während meine Augen noch immer amüsiert blitzten. "Es ist ja nicht zu übersehen, dass da was zwischen euch ist, ich meine...er leckt dir das Ohr, kann aber sonst nicht mal freundlich lächeln. Man hört ja schon beinahe Einhörner Regenbogen kotzen, wenn man euch beide sieht, also spucks schon aus". Meine Stimme wurde etwas gedämpfter: "Ich petz auch nicht!"

Da gibt es nichts zu petzen! entgegente ich. Wenn auch recht kleinlaut. Mir war plötzlich so warm unterm Fell und ich konnte schwören das ich rot anlief.
Es ist einfach... also... wir verstehen uns gut... nein das klingt bescheuert.
Etwas angespannt rutschte ich auf meinem Platz hin und her.
Wenn es so offensichtlich ist dann frag doch nicht. murmelte ich etwas zerschlagen. Ich wusste gar nicht was ich sagen sollte! Ich wusste es nicht mal!
Warum wusste ich die Antwort auf eine so simple Frage nicht?
Stin war gemein. Ich fühlte mich momentan klein und dämlich. Zu gern hätte ich ihm auf die Wunde gehauen, aber das traute ich mich nicht.
Ja... er hat recht... was ist nu eigentlich?
Ich senkte den Kopf und starrte deprimiert vor mich hin.

Ich seufzte und zuckte mit den Schultern. "Na, wenn du meinst", erwiderte ich und verfiel wieder in Schweigen. "Aber ich bin mir ziemlich sicher dass Billy was für dich übrig hat. Ein Rüde verändert nicht umsonst mal eben sein komplettes Wesen. Du hast einen ganz schönen Einfluss auf ihn, meine Liebe". Ich wusste, dass ich die Welt der jungen Fähe gerade komplett durcheinander brachte. Aber vielleicht war es ja mal ganz gut, wenn jemand sie ein wenig anschob.

Ich rutschte ein bisschen näher an Stin ran und setzte mich schräg neben ihn.
Ich weiß murmelte ich und betrachtete meine Pfoten.
Hat er mir ja schon gesagt. rutschte es mir dann raus. Sofort biss ich mir auf die Zunge.

Ich zuckte mit den Ohren, als sich Arctica näherte, versuchte aber entspannt zu bleiben. Noch immer mochte ich direkte Nähe nicht wirklich, doch wollte ich der Kleinen nicht vor den Kopf stoßen. Wenigstens hat sie keine Angst vor dir, schoss es mir durch den Kopf und innerlich verdrehte ich die Augen - äußerlich starrte ich weiterhin geradeaus. Ihre Worte waren aber hochinteressant und ich blinzelte überrascht. "Ach was", sagte ich halblaut und sah sie nun doch an. "Und was denkst du darüber?"