Nachdem die Dürre vorbei war, begann es zu regnen und mit dem Regen kam der Nebel. Ein komischer Nebel, der ungewöhnlich sauer roch. So ein Nebel war nicht einmal den erfahrenen Nebelwölfen bekannt. Schleichend und unheilvoll strich er zwischen den Bäumen umher, kletterte auf jeden Berggipfel und kroch über jede Wiese und ganz plötzlich verfiel das Tal in einen tiefen festen Schlaf. Alle Lebewesen sanken mit einem Mal zu Boden. Nichts bewegte sich mehr und es wurde still. Der Nebel verharrte eine ganze Weile über dem Tal. Er kam von einem Industrieunfall der Menschen, die von diesem Nebel ebenfalls nicht verschont blieben. Für eine ganze Weile war das Tal eingefroren. Doch jetzt langsam, fangen die ersten Vögel an zu zwitschern. Der Dunst lichtet sich und die ersten Wölfe wachen wieder auf....
Der Alphafelsen liegt verlassen da. Auch hier funkelt und glitzert der Schnee zauberhaft, doch von einem geisterhaften Wesen ist weit und breit nichts zu sehen. Nur einem scharfen Beobachter wird der dunkle Schatten auffallen, der über die Erde wandert. Irgendwas zieht hoch oben im Himmel seine Kreise. Lasst ihr euren Blick nach oben wandern, seht ihr nur einen riesigen Adler vom Himmel auf euch hinabstürzen. Mit ausgestreckten Krallen rast er auf euch zu und explodiert direkt vor euch. Es regnet Funken! Überall um euch herum glitzert und funkelt es. Die Lichter wirbeln verspielt um euch herum, bis sie zu Boden sinken. Und wieder wandert ein Schatten über die Felsen.
Fast lautlos trugen mich meine Pfoten über den Stein bis hin zur Klippe. Um diese Uhrzeit waren die Klänge der Vögel schonlängst verstummt, weshalb man die Tropfen des Nieselregens nur umso deutlicher vernehmen konnte. Mit gespizten Ohren blieb ich am Rande des Abgrundes stehen und ließ meinen Blick gleiten. Ich war bereits in diesem Tal gewesen. Jedoch hielt es mich hier nicht lange, weshalb ich Anfangs umso überraschter gewesen war, als ich mich wieder auf den Weg hierher befand. Irgendetwas an diesem Ort reizte mich, nur wusste ich noch nicht genau was und genau dies galt es jetzt herauszufinden. Ein leises, aber tiefes Knurren entfuhr meiner Kehle bei dem Gedanken, dass ich wieder auf die Wölfe stoßen würde, die ich bereits bei meinem letzten Aufenthalt hier kennengelernt hatte. Die meisten waren Nichtsnutze und dümmlich gewesen. Dennoch gab es einen Wolf, der mir bereits aufgefallen war und welchen ich auch nicht wieder vergessen konnte. Stin. Für einen Augenblick stellte sich mein Fell an Nacken und Rücken auf, nur um sich wieder flach abzusenken. Entweder war er noch hier und ich würde früher oder später auf ihn treffen oder aber such er war weitergezogen. Im Stillen hoffte ich, dass ersteres der Fall sein würde, denn dann könnte ich meine Revanche einfordern. Kurz schüttelte ich meinen Pelz, um den überschüssigen Regen von diesem zu befreien und gleichzeitig meine gedanken zu sortieren. Um den anderen Wolf könnte ich mich später kümmern. Jetzt würde ich aber erstmal Jagen gehen, da ich hungrig von der Reise ins Tal geworden war.
Mein Fell roch nach einer bunten Mischung an Kräutern, von denen auch noch einige in ihm hingen, während ich kichernd im Slalom um einige Steine herum, die im alten Theater unter dem Alphafelsen lagen.
Ich trabte den Felsen hinauf. Unten im Rondell spielte Basta mit sich selbst. Ich schmunzelte bei seinem Anblick und nickte in seine Richtung. Ich wusste nicht, ob er mich überhaupt sah. Dann trat ich auf meinen Vorsprung, auf dem ich immer saß, legte den Kopf in den Nacken und heulte. Lasst uns das hinter uns bringen.
Tril und ich kamen am Alphafelsen an. Marek saß schon auf seinem Vorsprung. Meine Ohren legten sich automatisch an und meine Rute klemmte sich kaum merklich zwischen meine Beine. Ganz ruhig, Lyv. Alles wird gut. Ich setzte mich an meinen Platz, zu Mareks rechter Seite und lächelte ihn kurz an. "Hallo, Marek", grüßte ich ihn.
~Wenn du fällst, wieder aufstehen und angreifen, niemals deine Angst zeigen~
Als ich das erhöhte Plateu trat, saß Marek bereits dort und ich neigte meinen Kopf zu einem stummen Gruß. Er war ein wenig grauer geworden um die Schnauze und ich erinnerte mich daran, als seine Gefährtin noch am Leben gewesen war. Einen Moment empfand ich mitleid mit dem Leitwolf der Silberwölfe, dieser Posten war hart genug zu zweit. Dann lenkte ich mich ab und schaute mich nach Tristan um, bevor ich mich auf meinem Felsen nieder ließ. Mein Atem ging schneller als normal gewesen wäre, doch ich bemühte mich darum still und ruhig sitzen zu bleiben. Gleichzeitig mit mir traf Lyvianne ein und auch ihr nickte ich höflich zu.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
Marek, Morgana und Lyvianne hatten bereits ihre Plätze eingenommen. Ich nickte den beiden zu, während ich mich auf Gin's Platz setzte. Es fühlte sich komisch an. Lyvainne, Marek, Morgana. Ich begrüßte die drei knapp. Danke für euer kommen.
Ich trat auf den Alphafelsen ohne eine Miene zu verziehen und stellte mich an die Stelle, an der wir immer waren. Meine Ohren waren aufmerksam nach vorne gerichtet, doch mein Nackenfell ein wenig aufgestellt. Ich konnte nichts dagegen tun. Nach Sitzen war mir nicht. Also blieb ich stehen.
Ich kam am Felsen an, doch zögerte kurz. Ich wusste nicht, wo ich mich positionieren durfte. Huttser hatte nichts gesagt, also hielt ich mich ein wenig abseits hinter ihm und schwieg.
"Ich grüße euch alle", sagte ich in die Runde und setzte ein freundliches Lächeln auf. Dash war der einzige Alpha, der noch fehlte. Geduldig wartete ich bis ich das Wort Huttser übergeben würde.
Ich erreichte den Alphafelsen und sah mich um, hier war ich noch nie gewesen. Auch Runa schien nicht so recht zu wissen wohin, allerdings entschied sie sich für einen Platz bei Huttser. Ich fand die Position allerdings ungünstig. Tatsächlich entdeckte ich diese dämliche Schattenwölfin. Ah, da sitzen also alle ohne Rang. Ich lief in die richtung, setzte mich aber ein so großes Stück weg von der Wölfin das ein ganzes Bison dazwischen hätte grasen können. Dann nickte ich Lyvianne respektvoll und freundlich zu. Von hier hatte ich gute Sicht auf alles was sich tat.
Zögernd schwebte meine Pfote vor dem Plateu. Doch als ich den Kopf hob und Lyvianne dort auf dem Stein sitzen sah, überwand ich mein Unwohlsein. Ich musste völlig bescheuert sein, oder verliebt. Vielleicht auch einfach beides. Mit einem kurzen Grinsen, stellte ich mich neben den Felsen und ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Als ich Morgana entdeckte, grüßte ich sie mit einem fröhlichen und warmen Lächeln. Ich würde mich allerdings hüten ein Wort zu sagen, ich war einfach nur moralische Unterstützung. Also setzte ich mich, stellte die Ohren aufmerksam auf und legte die Rute ordentlich über meine Pfoten.
Wir sind alle nur Besucher auf dieser Welt und zu dieser Zeit. Unsere Seelen sind auf der Durchreise, mit der Aufgabe hier etwas zu lernen, zu wachsen, zu lieben und dann wieder nach Hause zurück zu kehren.
Hechelnd kam ich am Alphafelsen an und stellte mich neben Mareks Vorsprung. Die Schattenwölfe waren noch nicht vollzählig. Gut, ich habe es noch rechtzeitig geschafft. Ich nickte Marek kurz zu und senkte dann vor den Anwesenden kurz respektvoll den Kopf.
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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25.05.2020 10:21 (zuletzt bearbeitet: 25.05.2020 10:22)
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