Ich nickte. "Ja, beide waren schon hier", sagte ich dann und wandte den Blick wieder zu Marek. "Sind Sai und Acy noch immer nicht zurück?"

Ich hob kurz den Kopf als Talia zu mir kam, nur um ihn dann wieder zu Boden zu legen. Ich hatte Hunger, aber nicht die Motivation etwas zu essen. "Danke, Talia", sagte ich dann. "Nein, er ist immer noch nicht aufgewacht. Ich mache mir wirklich Sorgen", gab ich dann zu. "Er schläft schon viel zu lange." Nun betrachtete ich doch das Stück Fleisch, das sie mir vorbeigebracht hatte. "Haben alle anderen schon gegessen?"

Als ich Nalus Stimme hörte, hob ich den Kopf. Wahrscheinlich sollte ich etwas essen, doch ich hatte keinen Hunger. Mein Blick glitt zurück zu dem dunklen Rüden vor mir. Wach endlich auf, Marek. Wach auf!!

Erleichtert, dass Nalu eine Entscheidung getroffen hatte, ließ ich Mija und Saki, der dazu gekommen war, ihre Ruhe und lief zu meinem Vater. Unschlüssig blieb ich vor ihm stehen. Soll ich ihn wecken? Eine Weile betrachtete ich ihn nur. Den großen grauen Körper. Seine Atmung, die regelmäßig und tief ging. Er sah alt aus und müde. Ich brachte es nicht übers Herz. Mit einem Seufzer ließ ich mich vor ihm auf den Boden sinken, sodass unsere Schnauzen sich fast berührten und starrte ihn einfach nur an.

Ich sah zu Marek. Er schlief noch immer. Dann wandte ich mich wieder zu Nalu und Talia. "Vielleicht hast du Recht. Er schläft schon unglaublich lange... Das kann nicht gesund sein." Besorgt legte ich die Ohren an. Ich wollte mich wirklich gerne bewegen, doch gleichzeitig wollte ich auch bei meinem Vater bleiben.

Ich nickte und folgte Nalu. In einem aus meiner Sicht gebührenden Abstand blieb ich stehen. Das Fiepen der Welpen sorgte dafür, dass meine Rute zu Wedeln begann. "Klar. Eine kleine Jagd wird uns sicher auch gut tun", sagte ich und sah zu Nalu herüber.

Ich hatte Nalu gerade antworten wollen, als sie hochfuhr. Welpen? Ich folgte ihrem Blick und sah Mija auf den Rudelplatz kommen. Sie wirkte etwas durch den Wind, allerdings hätte ich nicht sagen können, woran das liegen könnte. Dass sich Talia ihr direkt annahm, beruhigte mich. "Sollen wir kurz nachsehen, wie es ihr ergeht? Vielleicht braucht sie etwas", sagte ich und sah Nalu an. Erst als ich die Fähe neben mir betrachtete, fiel mir auf, dass sich ihr Gesichtsausdruck verändert hatte. Sie sah traurig aus.

Etwas verunsichert sah ich Nalu nach. Vielleicht bildete ich es mir ein, aber ihre Stimmung schien sich verändert zu haben. Sie hatte sich weiter entfernt wieder hingelegt. Unschlüssig blieb ich stehen. Soll ich ihr nachgehen? Ich wollte nicht, dass ich die Fähe unwissentlich verletzt hatte. Vielleicht hatte sie auch gemerkt, dass ich mit den Gedanken nicht ganz bei ihr gewesen war. Vielleicht hatte ich mit meiner Frage auch einen wunden Punkt getroffen. Langsam bewegte ich mich in ihre Richtung und blieb zögernd bei ihr stehen. "Habe ich was Falsches gesagt?", fragte ich vorsichtig.

Ich meinte, mich vage an etwas zu erinnern und hoffte inständig, dass sie sich nicht wiederholen musste oder dachte, dass ich ihr nicht zuhören würde. Vielleicht dachte sie sonst, dass ich mich nicht für sie interessieren würde. Ich wollte ihr zuhören, auch wenn mein Kopf eigentlich woanders war und ich ihre Worte nicht hätte wiederholen können, wenn sie danach gefragt hätte. "Verstehe!", sagte ich deshalb nur und erhob mich. Vorsichtig belastete ich meine Pfoten nacheinander und schüttelte mich einmal. Schmerzen hatte ich keine mehr. Marek schlief noch immer. "Vermisst du deine Tante und deine Geschwister?", fragte ich und war froh, dass ich mich zumindest an diesen Teil erinnern konnte.

Ich folgte ihrem Blick und betrachtete Marek. "Ja, meinen Vater und mich verbindet viel", sagte ich. Die Sorge wuchs an. Schnell versuchte ich das Thema von mir und meinen Gefühlen weg zu lenken. "Verstehst du dich mit deinen Eltern?", fragte ich schnell und hoffte, dass es keine dumme Frage war. Hat sie schonmal von ihrer Familie gesprochen? Ich konnte mich nicht erinnern und hoffte inständig, dass ich es nicht einfach vergessen hatte.

"Meine Beine kribbeln", sagte ich missmutig. "Am liebsten würde ich ihnen hinterher." Ich stimmte ihr zu. Hier rumzuliegen, fühlte sich falsch an und doch machte ich mir zu viele Sorgen um Marek, als dass ich mich auch nur einen Meter vom Rudelplatz entfernen würde. "Wie geht es dir eigentlich?" Meine Wunden spürte ich schon gar nicht mehr und ich hatte eher das Gefühl, dass ich schon wieder kerngesund war. Doch erfahrungsgemäß konnte dieses Gefühl oft täuschen.

Nach dem Essen war ich völlig in Gedanken versunken, sodass mir jegliches Zeutgefühl verloren gegangen war. Ich hatte meinen Kopf zwischen die Vorderpfoten gelegt und in die Luft gestarrt. Die Sorge um meinen Vater hatte meinen ganzen Gemütszustand eingenommen und das Gefühl war schwierig loszuwerden. Es schlich sich immer wieder von neuem ein. Ganz egal, woran ich dachte.
Als Nalu mich ansprach, hob ich aus meiner Konzentration gerissen den Kopf. "Ich weiß nicht" sagte ich und versuchte mich auf die helle Fähe zu konzentrieren. "Wie lange sind die beiden eigentlich schon weg?"

Narben! Stimmt. Ich nickte bei Nalus Worten und sah dann zu Marek, der eingeschlafen war. Vorsichtig zog ich den Hasen unter ihm hervor und begann zu essen. Ich hatte unglaublichen Hunger und war froh, endlich etwas zwischen die Zähne zu kriegen. Acyra und Sai würden schon alles klären. Alles wird gut.

"Ich bleibe bei ihm", bestätigte ich Acyra. Als Talia mit dem Hasen auf Marek und mich zukam, lief mir das Wasser im Maul zusammen. Was hab ich einen Hunger! Sai sprach mich an und ich wandte meinen Blick von dem saftigen Fleisch ab. "Nichts auffälliges. Er war relativ groß und hatte dunkles Fell. Allerdings wirkte er gleichzeitig abwesend. Als wären keine Gedanken in seinem Kopf. Stimmts, @Nalu?" Ich wandte mich an die Fähe. Vielleicht war ihr noch etwas aufgefallen. Dann wanderte mein Blick wieder auf den Hasen. Ich wollte was essen.

Auf Nalus stumme Frage hin, verfinsterte sich mein Blick. Was, wenn doch etwas in der Luft gelegen hatte an diesem Tag? In diesen Nächten? Wie konnte es sein, dass Wölfe derart die Kontrolle verloren? Ich trat näher zu meinem Vater heran und stupste ihn aufmunternd an. "Du würdest niemals einer Fliege, was zur Leide tun. Ich bin sicher, dass du dir keinen Kopf machen musst." Ganz sicher war ich mir nicht, doch das war egal und diese Zweifel schob ich ganz weit nach hinten. Als Talia auf den Platz gestürmt kam und Beute mitgebracht hatte, nickte ich ihr nur kurz dankbar zu.

Gespannt verfolgte ich meinen Vater mit meinem Blick. Als er näher kam und sich hinlegte, wollte ich Dawn gerade sagen, dass sie ihn auf jeden Fall untersuchen soll, als Marek plötzlich zu sprechen begann. Wie gebannt hing ich an seinen Worten und spürte wie mir heiß und kalt wurde. War das ein Zufall, dass in der Zeit, in der Nalu und ich von einem Wolf, der total neben sich stand, angegriffen wurden, Marek befürchtete, er könnte jemandem etwas angetan haben und sich nicht mehr daran erinnern? Ich warf Nalu einen weiteren besorgten Blick zu und sah dann zu Sai. Warum genau wusste ich auch nicht. Sie hatte diese Energie, die alles besser machte und ich hoffte, dass sie das hier auch fertig brachte.

Ich spürte nur nebenbei wie Nalu mich mit der Schnauze anstupste. Als sie dann aber ein paar Schritte zurück ging, nahm ich dies aktiver war und warf ihr einen kurzen fragenden Blick zu. Allerdings überwog die Sorge um meinen Vater. Vorsichtig erhob ich mich wieder und trat noch näher zu den anderen. Maya, Sai, Acyra und ich standen nun vor Marek und Talia. "Was ist passiert?", fragte ich, sah aber überwiegend Talia an. Mein Vater sah viel zu mitgenommen aus wirkte nicht so als ob ich mir von ihm eine Antwort erwarten könnte.

Ich hatte den Kopf auf die Vorderpfoten gelegt. Mein Körper fühlte sich schlapp an, doch meine Gedanken kreisten unaufhörlich um meinen Vater und wie es ihm wohl ging. Als er endlich mit Talia auf den Platz trat, kam wieder Leben in meine Glieder. "Marek!", rief ich erleichtert. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, doch mein Körper ließ es nicht so wirklich zu, weshalb ich ganz schön schwankte als ich auf meine Pfoten sprang und mich schnell wieder hinsetzte. Mareks Verhalten wunderte mich. Wieso kommt er nicht direkt zu uns? Irgendetwas an ihm wirkte seltsam auf mich. Unsicher wanderte mein Blick zu Sai und Dawn.

Gehorsam nahm ich ebenfalls die andere Blütenkugel ins Maul und lutschte darauf herum. "Nein, wirklich!', beteuerte ich Nalu und lachte dann. "Wenn das der Fall sein sollte, hätte ich mir aufregendere Nebenwirkungen gewünscht. Vielleicht eine Jagd." Ich lauschte Dawn, die zu mir gekommen war, genau, was sie über meine Wunde sagte und atmete erleichtert aus, als sie sagte, dass alles gut sei. "Ein Glück." Dann drehte ich die Ohren enttäuscht zur Seite. Wie lange müssen wir hier denn noch liegen? Ich machte mir Sorgen um Marek. Er war schon sehr lange verschwunden. Das passte gar nicht zu ihm.

"Wir geben uns Mühe", sagte ich zu Talia, die davon stürmte und verzog angewidert das Gesicht. Ohne weiter zu zögern schlang ich ebenfalls eine Blütenkugel hinab. Zu meinem Erstaunen war es erträglich. Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. "Ich hab mal von einem Nebelwolf gehört, der sich nur von Pflanzen ernährt hat", erzählte ich in die Runde. "Wirklich wahr!"
Als Nalu Dawn fragte, wie viel Zeit zwischen den beiden Kugeln liegen sollte, sah ich die Heilwölfin ebenfalls aufmerksam an.