Verwirrung mischte sich in meinen Ausdruck. "Warum?", fragte ich irritiert und für einen kurzen Moment lösten sich meine Augen von ihrem bekannten Pelz, um in den dunklen Schlund der Höhle zu blicken. Sie huschten zwischen den verschiedenen Wölfen umher und ich fragte mich kurzzeitig, ob es vielleicht an ihnen liegen konnte. Auch, wenn die Höhle bevölkert schien, waren die Anwesenden allesamt sehr jung. Jungwölfe oder zumindest noch nicht viel älter. Zweifelnd verwarf ich den Gedanken wieder - Raava schien mir nie ein Problem mit Artgenossen gehabt zu haben. Zumindest nicht so weit, dass sie einen Ort wegen ihnen meiden würde.
Nach ein paar weiteren Sekunden ruhten meine Augen auch schon wieder auf der bunten Fähe und mit schief gelegtem Kopf beobachtete ich ihren Wandel. Ihre Schnappatmung wurde langsam gleichmäßiger, doch ihr Zittern wollte einfach nicht versiegen. "Ich gehe sicherlich nicht ohne in dich in diese Höhle!", murrte ich dann und man konnte deutlich einen Funken Sturheit in meinen Augen aufblitzen sehen. Niemand würde meine Meinung diesbezüglich ändern können und damit setzte ich mich ruhig in den kalten Schnee. Jeden anderen Wolf hätte ich wohl jetzt liegen und wahrscheinlich auch erfrieren lassen, aber nicht sie. Nicht Raava. Niemals.

"Warum?" Wohl eine der einfachsten Fragen, aber unmöglich zu beantworten. Zwar hatte ich ihr als einzige anvertraut, dass ich nicht hier draußen, sondern im Zoo geboren wurde. Für das ich mich schämte. Aber dieses "warum" zu erklären setzte tiefere Verbundenheit vorraus und das letzte Mal als wir uns gesehen hatten, Zähnefletschend, wären wir beinahe aufeinander losgegangen.
Ich schüttelte den Kopf. So weit war ich noch nicht.
Dennoch prasselte Erinnerungen auf mich ein als ich trotz allem an einer Antwort überlegte. Menschen in grünem, falschen Fell mit Krallen die stechen konnten und kleine, enge Boxen in denen man aus einem traumlosen Schlaf aufwachte. Mich schauderte es wieder. Erneut schnürte sich meine Kehle zu. Ich hörte Phantom Geräusche. Menschensprache Ich krieg keine Luft! Klinischer Geruch, pieksende Krallen, ..》Ich krieg keine Luft!!!

Da war Shivas störrischen Aussage. Es gelang mir mich von den Empfindungen loszureißen, als ich mich bemühte zu verstehen, was sie sagte. Sie sieht süß aus. War mein erster Gedanke, bevor ich erkannte, was so mit diesem sturen Blick überhaupt sagte. Und dass beruhigte mich schlagartig. Die Höhle war weit in die Hintergrund gerutscht, denn jetzt wollte ich mich nur auf sie konzenrieren. Meine Panik schwand, als hätte Shivas selbst die bösen Geister vertrieben.
In einem nächsten Gedanken empfand ich zugleich widerwille, denn was nützte es ihr, hier draußen erfrieren zu wollen. Bei allen anderen Wölfen hätte mich das zum Murren gebracht -doch bei Shiva wurde ich in dieser Hinsicht immer zum hypocrite und ließ es durchgehen. Denn es ließ mich ganz warm werden.
Danke, das ... solltest du nicht tun, aber Shiva würde das sowieso überhören dann müssen wir wohl beide hier draußen erfrieren. beendete ich stattdessen trocken. Aber ich war so frei und verkürzte den Abstand zwischen uns, vielleicht konnten wir uns Rücken an Rücken hinlegen. Nur für den Nutzen warmzubleiben natürlich.

Mond


Ich hörte wie eine Fähe ächzte. Es war schwer ihre Stimme mit dem Sturm zu unterscheiden. Bewusstlos lag sie da. Dann erinnerte ich mich wieder an Tristan, er war Kräuterwolf oder wie sie es jetzt eigentlich nannten. Und ich werde seine Schülerin sein! Angestrengt dachte ich nach, da draußen im Schnee wird sie sicher nicht überleben. Echo versuchte sie zu wärmen, doch sie zeigte immernoch keine Reaktion. Früher, bei meinen Eltern habe ich etwas gelernt. Undzwar das man bei Kälte nicht unbedingt auf dem kalten Boden liegen sollte. Vielleicht ist ja irgendjemand stark genug um sie auf seinen Rücken oder so zu legen? Dann wärmt sie sich schneller auf., schlug ich vor. Das Problem aber ist, als mir meine Eltern das gesagt haben war ich ein Welpe und Welpen sind viel leichter als ausgewachsene Wölfe.

Ich tart auf den Vorplatz und roch sofort einige andere Wölfe. Müdigkeit lähmte meine Glieder und machte meinen Kopf sehr langsam. Es fühlte sich an als habe ich Watte im Kopf, ich wusste dass es gefährlich wurde aber ich konnte nichts weiter tun.
Durch meine Nase nahm ich einen bestimmten Geruch wahr, Raava. Rief ich erfreut wenigstens eine der Gruppe zu finden. Vielleicht bedeutete das, dass die anderen ebenfalls hier waren. Ich lief näher und strenge mich an mich nicht hin zu legen, dann würde ich nicht wieder auf stehen.

Bevor etwas passieren konnte, hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Ich duckte meinen Kopf in dessen Richtung und roch sofort wer es war -sehen konnte ich Azzuan kaum, in dem tiefen Schnee hätte ich ihn wohl sonst übersehen.
Und da geht meine Chance zu Kuscheln... murrte ich, momentan vergessen, dass Shiva ja nun in Hörweite war.
Dennoch sprang ich auf und lief die halbe Strecke auf Azzuan zu. Er sah genauso fertig aus, wie ich mich fühlte.
Azzuan! Was für ein Zufall, dass du auch zu dieser Höhle gefunden hast! dann merkte ich, dass jemand fehlte Wo ist die Fähe? wobei ich erinnerte mich an den Rudelwolf, Jive, sicherlich hatte er seine Gefährtin zum Rudel zurück gebracht.

Erleichterung übermannte mich als Raavas Stimme näher kam. Kobalt wollte weiter suchen wenn der Sturm vorbei ist. Ich kam nicht mehr schnell genug zurück und der Sturm hat mich in den Bergen erwischt. Volle Breitseite würde ich sagen . Ich schwankte und konnte meine Augen kaum offen halten, ich würde die Höhle währscheinlich selbst mit verbundenen Augen finden . Grinste Ich soweit das ging, ich war unglaublich erschöpft. Sind alle hier? , fragte ich dann noch nach und schwankte erneut. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten.

Ich legte meine Ohren an, als ich seinen Zustand beobachtete. Er braucht dringend Schlaf und Wärme...
Das will ich meinen, gleich hast du es in die Höhle geschafft, nur noch ein paar Schritte Muntertechnik ich ihn auf und dachte an Mond und Echo, die beiden würden sich sicher gern un Azzuan kümmern, sobald er drinnen war oder?
Als er weitersprach bestätigte das nur meine vorherige Annahme er ist schon ganz wirr. Von was redet er denn da?
Nein, alles ging drunter und drüber am Fluss. Schließlich bin ich einem Rudelwolf gefolgt und wir sind hier gestrandet. Ich weiß nicht einmal genau wo im Tal wir gerade sind. ein sehr beunruhigender Gedanke, umso mehr machte mich Azzuas Aussagen stutzig. -Bis schließlich der Groschen fiel.
Das ist die Höhle von der du gesprochen hattest?!!
Erstaunt drehte ich mich zu eben dieser um. Ich hatte es geschafft, bzw Mond, ganz unverhofft im Sturm. Was für ein Zufall. Mein Blick fiel auf Shiva, die vor der Höhle stand. Der beste Zufall.

Ich grinste schief, den Kopf müde ein Stück erhoben.
Ich merkte was Raava tat und musste lächeln, ich wusste ja nicht wie ich aussehen musste.
Meine Pfoten waren steif, ich konnte meine Beine kaum fühlen.
Als ihre Augen groß wurden und sie bemerkte wo wir wahren nickte ich, das ist unsere alte Höhle. bestätigte ich und versuchte einen Schritt zu gehen. Ich schwankte und biss die Zähne zusammen, wenn ich jetzt fiel würde ich nicht wieder aufstehen. Also riss ich mich zusammen und lief langsam mit steifen Gliedern zum Höhlen Eingang, alles war so vertraut und doch so fremd. Meine Nase war von der Kälte verstopft aber ich roch ein wenig, alles roch fremd. Seufzend trat ich ein, die Wärme ließ mich noch schläfriger werden. Mit letzter Kraft schleppte ich mich zu Whisper und meinem alten Platz dass dort eine Wölfin lag nahm ich nicht wahr. Ich sackte gegen die Wand und sank zu Boden, Whisper ich bin zuhause . Sagte ich lächelnd bevor alles schwarz wurde.

Ich sah Mond bei ihrem Vorschlag zweifelnd an. Die Idee war sicherlich nicht dumm, aber für mich kam sie nicht in Frage. Ich würde die Fähe kaum auf Dauer tragen können ohne das Risiko zukünftiger Rückenprobleme. Schweigend und auch nachdenklich blickte ich zu der hellen Fähe direkt neben mir. Ich blieb lieber wo ich war und bewegte mich nicht von der Stelle. Meine Körperwärme würde in dieser Position ausreichen müssen. "Du kannst dich ja auch an ihre andere Seite legen", schlug ich Mond stattdessen vor. "So wärmt es sie doppelt."

Doch mein Vorschlag kam ein paar Minuten zu spät. Kaum war mir die letzte Silbe über die Lefzen gekommen, da regte sich die bräunlichhelle Fähe auch schon. Ich spannte mich ein wenig an und spitzte erfreut die Ohren. "Schau mal Mond, sie kommt zu sich!" Den weißen Rüden und die restlichen beiden Fähen nahm ich kaum wahr. Die helle Fähe versuchte sich aufzurappeln, doch ein Winseln begleitete das rasche Ende des Versuchs. Ich schob meine Schnauze schützend unter ihre Kehle, als sie zusammensackte, um ihren Aufprall ein wenig zu dämmen. "Hey, nicht aufstehen. Dein Körper ist noch immer viel zu kalt. Ruh dich erstmal aus." Meine Stimme war freundlich und leise, mit mitfühlender Sanftheit begleitet. Meine Ohren lagen zur Seite gedreht. Die Fähe schien Orientierungsschwierigkeiten zu haben und wirkte auch sonst nicht völlig wach. "Du bist in einer Höhle. Ich heiße Echo. Ich habe dich aus dem Schnee gezogen. Weißt du wie du heißt?" Hilfesuchend schielte ich zu Mond. Würde sie mir helfen die junge Fähe zu beruhigen?

Mond

Erfreut das die Fähre sich regte und langsam wieder zu Bewusstsein kam, legte ich mich wie Echo gesagt hatte an ihre andere Seite. Brrrr! Sie ist ja eiskalt! Ich war begeistert, wie gut Echo mit dieser fremden Fähe umging. Eigentlich ist es selbstverständlich, aber ich kenne auch viele andere Wölfe die sie im Schnee gelassen hätten.

In letzter Zeit hatte ich mich äußerlich zurückgezogen und die Situation nur mit versteinerter Miene beobachtet. Zwar war ich etwas näher an Raava herangerutscht, als ein heller und umso erschöpft aussehender Rüde aufgetaucht war, aber sonst hatte ich nichts getan, um irgendwie Teil des Gesprächs zu werden. Stattdessen hatte ich geschwiegen und auch sonst keinen Mucks von mir gegeben.

Nun richteten sich meine Augen wieder auf die bunte Fähe zu meinen Pfoten und unwillkürlich stand ich auf. Es war ein Instinkt der mich trieb, mehr unfreiwillig als freiwillig und doch wollte ich mit diesem Trieb gar nicht erst erwähren. Automatisch trugen mich meine Tatzen zwischen sie und den Höhleneingang, wo ich fast schon eine schützende Barriere, zwischen ihr und den Wölfen im Inneren, bildete. Niemand sollte ihr zu nahe kommen!
Meine bernsteinfarbenen Irden klebten förmlich auf ihr und ich sog ihren Geruch fast schon unbewusst in meine Lungen.

Es war als fiele mir eine Last von den Schultern, von der ich nicht wusste sie getragen zu haben. Möglicherweise war es Shiva gar nicht bewusst, aber als sie sich zwischen mich und der Höhle setzte, durchströmte mich plötzlich Erleichterung. Mir war als schützte sie mich davor von der Höhle in ihre tiefen, dunklen Engen hineingesogen zu werden. Und gleichzeitig eine Bekenntnis, dass sie mich nicht weiter drängen würde dort hinein zu gehen.
Jetzt erlaubte ich mir kurz die Augen zu schließen.
Wir waren an der Höhle, Azzuan war auch da. Zugegeben, die anderen Wölfe fehlten noch, aber für sie fühlte ich mich nicht verantwortlich. Außerdem saß die kluge, verständnisvolle und hübsche Fähe neben mir, die wie letztes Jahr wieder besonders gut roch. Nicht, dass es sonst anders wäre, aber um diese Zeit war der Duft irgendwie... intensiver.
Meine Schnauze zitterte leicht bei dem Versuch unauffällig zu schnuppern und ich würde sofort rot unter meinem Fell. Dieses Jahr wusste ich bescheid und nahm mir fest vor nicht wieder so kopflos zu reagieren.