Schockstarre. Dash schleckte mir über das Ohr und grinste, während sich in meinem Kopf immer wieder der gleiche Satz wiederholte: Gerade nicht die sauberste Fähe. Ok, das reicht. Fast schon panisch zappelte ich mich frei, rutschte dabei unter Dash einfach weg und rappelte mich auf. Sofort begann ich hektisch mein Fell zu putzen, welches glücklicherweise durch den Schnee den Geruch des wiederlichen Tümpels verloren hatte. Ich nahm keine Rücksicht auf die beiden Rüden, sondern arbeitete mich unbeirrt durch mein Fell, glättete und trocknete die Strähnen mit der Zunge und legte sie sorgfältig wieder ab. Erst als mein Fell einigermaßen sauber war, sah ich wieder auf und zeigte dabei die Zähne. "Wie der Alpha, so das Rudel." Dabei klimperte ich mit den Augen und blickte total unschuldig zu Dash. "Wenn wir nichts zum fressen finden, müssen wir wohl den Alpha fressen."

Uhm... Bijou? Verwirrt sah ich ihr zu, nachdem ich von ihr runter gegangen war, viel Wahl hatte ich ja sowieso nicht gehabt, wie sie ihr Fell hektisch zu putzen begann. Es war ansich ja nicht dreckig gewesen, nur der Geruch des Sumpfes hatte an ihm gehangen, der nun aber schon verschwunden war. Schließlich schien sie wieder normal zu sein, aber ich zuckte trotzdem noch verwirrt mit den Ohren, weshalb ich auch nicht wirklich auf ihren Scherz einging. Wir finden schon was anderes. Alles okay bei dir?

Ich wollte etwas auf ihre Worte erwidern, doch ich hielt inne. Es hätte nichts gebracht, sie darauf hinzuweisen, dass es nicht nur meine Schuld gewesen war. Dass sie mich weggeschickt hatte und nicht andersherum. Aber es hätte sie im schlimmsten Fall nur noch wütender gemacht und verletzt. In einem Punkt musst ich ihr jedoch widersprechen. Das stimmt nicht. Ich habe mir Gedanken um dich gemacht, Kaya, sagte ich und eine gewisse Betrübtheit lag in meiner Stimme, denn ich wäre gerne bei ihr geblieben. Sie verschwand hinter einem Baum und ich kippte die Ohren nach hinten. Bitte geh nicht, murmelte ich leise. Ich wusste allerdings nicht, ob sie es gehört hatte.

Ich hielt mich an Rhys und lachte über Briccas Kommentar. Ein echtes Lachen - was für ein schönes Gefühl! Da hast du Recht! Aber vielleicht haben wir deswegen ja Glück und ein Hase steckt irgendwo fest?! Ich hab einen Bären Hunger! Wie zur Bestätigung gluckerte mein Magen leise. Ich fand es übrigens echt beeindruckend, wie du es geschafft hast, dich an der Sonne zu orientieren, als Akela uns das erklärt hat, meinte ich schließlich zu Rhys Schwester.

Ich reagierte etwas peinlich berührt auf Briccas Worte. Offenbar war ich meiner Schwester zu langsam. Diese Tatsache überraschte mich zwar nicht, machte mich aber durchaus verlegen. Schon immer hatte sie nach Spannung und Abenteuer gesucht, während ich mich oft einfach mit dem zufrieden gab, was ich bereits hatte. Das stimmte mich nachdenklich. Unaufällig warf ich Sete einen kurzen Blick zu. Ob sie auch so dachte? Sete lachte jedoch und machte einen anderen Vorschlag. Wollte sie mich etwa schützen? Für einen kurzen Moment beschlich mich ein mulmiges Gefühl. Es sollte nicht ihre Aufgabe sein mich zu verteidigen, obwohl ich sehr schätzte, dass sie es dennoch für mich tat. Vielleicht war es an der Zeit, etwas zu verändern... aber wie? Bevor ich mich in diesem Gedanken verlor, rüttelte ich mich selbst wach und stimmte meiner Gefährtin zu. "Du hast recht, ich könnte auch etwas zu fressen vertragen. Es muss Ewigkeiten her sein, dass wir zuletzt mehr als ein paar Brocken Fleisch zu fressen bekommen haben." Voller Tatendrang wandte ich meine Schnauze Richtung Boden und begann damit, die vielen Gerüche etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Dieses Waldstück musste voll von Köstlichkeiten sein. Es sollte nicht allzu schwer sein, etwas fressbares auszumachen. Setes Anspielung auf Briccas Orientierungsfertigkeiten versetzte mir allerdings erneut einen Dämpfer. Sie hatte recht, ohne Frage. Meine Schwester konnte sich hervorragend zurechtfinden und brauchte dafür niemanden, ich hingegen... Unkontrolliert entwich mir ein Schnaufen. Ich müsste mir wohl mehr Mühe geben, wenn ich die hübsche Fähe halten wollte.

Verlegen grinste ich bei Sete's Kompliment, vermochte aber nicht etwas dazu zu sagen. Dann los, bevor irgendeiner von uns verhungert.
Rhys hatte schon begonnen nach einer Fährte zu suchen und ich tat es ihm augenblicklich gleich. Die vielen Eindrücke die durch meine Nase auf mich einströmten fluteten mein Hirn mit Informationen. Wer war hier, wer war hier gewesen, welche Tiere treiben sich hier herum. Deutlich war der Geruch von Füchsen, wahrscheinlich waren sie vor nicht all zu langer Zeit hier vorbei gekommen. Es riecht nach Fuchs. Da treiben sich hier sicher keine Mäuse mehr herum.

"Äh... Ja, wieso?" Verwirrt blickte ich Dash an. Wieso sollte denn nicht alles in Ordnung sein? Nachdem mein Fell nun wieder ordentlich war, fühlte ich mich auch wieder selbstsicher und zufrieden. Für einen kurzen Moment hatte ich das vernachlässigt und mich voll und ganz in das Ding zwischen mir und Dash hingegeben - doch nun war ich wieder da. "Lasst uns gehen, bevor wir wirklich nichts mehr zu fressen bekommen." forderte ich die beiden Rüden auf und wedelte mit der Rute, während ich einfach drauf los lief.

Langsam streifte ich durch das Wäldchen, die Nase am Boden um vielleicht eine Fährte zu erhaschen, da spürte ich ein plötzliches Ziehen im Bauch. Genervt verdrehte ich die Augen, ließ mich auf den Boden fallen und hob das Hinterbein. Ich roch das Blut, noch bevor ich es schmecken konnte. Als ich die Nase wieder zwischen meinen Beinen herauszog, funkelten meine Augen. Die schönste Zeit des Jahres begann. Ich bin ja auch so schon ein heißer Feger - aber nun kann mir niemand wiederstehen. Im Schnee entdeckte ich ein paar Blutstropfen. Es würde nicht mehr lange dauern und die Rüden würden wieder in Scharren um mich stehen. Zufrieden erhob ich mich und lief weiter.

@Dash @Billy

Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts mehr dazu, sondern folgte Bijou, denn ansich hatte sie ja recht, wir waren jetzt schon eine ziemliche Weile unterwegs und hatten noch keine Beute gemacht. Jeder Gedanke an das vorhergegangene wurde aber sowieso aus meinem Kopf gelöscht, als mir Bijous Geruch in die Nase stieg, der mir jetzt schon den Kopf verdrehte. Sie roch einfach unwiderstehlich und ich konnte nicht anders als das Tempo anzuziehen um dichter hinter ihr zu laufen.

Ich beschleunigte meine Schritte und senkte, ebenso wie Rhys und Bricca, den Kopf zum Boden. Der Schnee verschluckte leider so einige Gerüche, aber milde Duftspuren waren immer noch zu finden. Ich nickte Bricca zu. Da hast du wohl Recht. Wir sollten in der entgegengesetzten Richtung in der Nähe der Bäume suchen. Vielleicht haben wir da Glück, entgegnete ich, als Rhys schnaufte. Perplex hob ich meinen Kopf. Hey, alles okay bei dir?, fragte ich vorsichtig.

Ich kam wieder an das altbekannte Wäldchen. Ich war eine Weile nicht hier gewesen und so genoss ich erstmal den Anblick. Die Sonne schien, doch ein leichter Schneeregen rieselte auf das Tal hinab. Ich wusste noch nicht, wo mich die Ankunft im Tal dieses Mal hinführen würde, doch ich wusste, dass es wieder etwas besonderes sein würde. In mir kroch Unbehagen auf, als ich den Geruch von Menschen vernahm, der zwar verblasst aber deutlich in der Luft hing.

Setes Worte schienen Bricca zu schmeicheln. Das betrübte mich ein wenig. Gerne hätte auch ich so ein Kompliment empfangen, doch vermutlich hatte ich es mir noch nicht verdient. Ich gab mir Mühe mir nichts anmerken zu lassen, doch Sete schien dennoch etwas gemerkt zu haben. Als sie mich darauf ansprach, erstarrte ich für einen Moment und antwortete etwas verzögert. "Nein, nein.... alles in Ordnung." stammelte ich und versuchte dabei überzeugend auszusehen. In meiner Starre bekam ich nur beiläufig mit, wie meine Schwester über Füchse sprach. Ich sah das als Chance, um von diesem unangenehmen Thema abzulenken. "Ja, du hast recht. Hier stinkt es nach Fuchs. " brabbelte ich rasch vor mich hin. "Wir sollten in die andere Richtung gehen. Vielleicht finden wir ja sogar einen Hasen. An denen ist ohnehin mehr dran, als an einer kleinen Maus." Als ich diesen Satz beendet hatte, wandte ich mich sogleich ab und lief in die Richtung, in die Sete uns wies. Die Schnauze erneut auf den Boden gesenkt. Hoffentlich hatte sie nichts gemerkt...

In einigem Abstand folgte ich Rhys, ebenfalls die Nase auf dem Boden. Irgendwas liegt doch hier in der Luft? Ich war mir nicht ganz sicher was es war, aber mein Bruder verhielt sich seltsam.

Ich saß noch immer vor dem Seil, die Ohren gespitzt Sams Worten lauschend. Es waren nur noch ein paar Bisse, dann wäre der Wolf wieder auf dem Boden und konnte seines Weges gehen. Ein Seufzen entfuhr mich und ich wollte gerade beginnen, das Seil durchzunagen, als ein Ziehen in meinem Bauch mich zusammenzucken ließ. Verärgert zuckte ich mit dem Ohr - ich war alt genug, um diesen Schmerz einordnen zu lassen und scheinbar wollte Luna mich ärgern. Traf ich doch ernsthaft zum zweiten Mal um diese Zeit auf Sam. Außgerechnet auf Sam. Hätte ich nicht auf irgendeinen anderen Wolf treffen können. Wütend bearbeitete ich das Seil, bis es endlich riss und hörte Sam aufprallen. Ich hatte ihn nicht vorgewarnt, dass ich das Seil nun lösen würde.

Mit hochgezogenen Lefzen trat ich hinter dem Baum hervor, blickte den Rüden nur traurig an und drehte mich weg. Ich ließ ihn kommentarlos stehen.

-> Wiese

In entspanntem Tempo lief ich vor den beiden Rüden her - die Jagd war seit meiner Erkenntnis irgendwie zur Nebensache für mich geworden. Ich hatte den Kopf gesenkt, die Nase am Boden und blieb mal hier und mal dort stehen um die Stellen zu markieren und lief weiter. Wie selbstverständlich hatte ich die Führung übernommen, wusste ich doch, dass mein Geruch mir in diesem Fall in die Pfoten spielte und beide Rüden sicherlich keinen Ton sagen würden. Ich liebte es vor ihnen zu laufen und wedelte dabei lasziv mit der Rute hin und her, warf hin und wieder einen verstohlenen Blick zurück um mich zu vergewissern, dass sie mir auch folgten und tat dann wieder so, als würde ich mir Gedanken machen, wo wir auf eine Beue stoßen würden.

An einer Abzweigung entschied ich mich spontan, schneller zu werden und hüfpte nach rechts davon.

Bijou machte mich wahnsinnig, sie war immer gerade noch außer Reichweite, vermutlich auch, weil ich mich noch zusammennehmen konnte, aber es fiel mir zunehmend schwer, mit jeder Markierung verlor ich etwas mehr die Beherrschung und als sie plötzlich abbog rannte ich ihr ohne einen weiteren Gedanken hinterher, als wäre sie meine Beute und nicht irgendein Reh, nach dem wir eigentlich hatten suchen wollen.