Ich zog eine Augenbraue hoch und musterte Arctica. Traute sie sich tatsächlich aus dem Rudelrevier raus? "Tolle Idee!" bekräftigte ich sie. "Ich passe solange auf den Rudelplatz auf." Damit würden die beiden sich gegenseitig beschäftigen und ich hatte wieder Zeit und Ruhe für mich. Die Idee gefiel mir. Ohne die beiden Wölfe weiter zu beachten begann ich, meine rechte Vorderpfote abzuschlecken und mit dieser über mein Gesicht zu gehen. Irgendwann würde Dash ja wieder auftauchen und dann wollte ich hübsch aussehen. So wie vor den Welpen.

Mein Heulen blieb nicht lange unbeantwortet, denn in einer ruhigen Ecke des Rudelplatzes erblickte ich eine Bewegung und unter einem Haufen Blätter tauchte Billys Sohn Polaris auf. Ein Seufzen entfuhr mir, während ich den Rüden dabei beobachtete, wie er auf mich zu lief. Auf seine Frage zuckte ich mit den Schultern. "Ich hab den Rudelplaz bereits leer angetroffen." Aus dem Augenwinkel nahm ich einen weiteren Wolf wahr und drehte den Kopf. Ein weiteres Seufzen entfuhr mir, als ich das weiße Fell nicht Dash, sondern Arctica zuordnete. Ich hatte für die Gefährtin von Billy wenig übrig und verstand auch nicht, was er an ihr fand. Sie war mir zu ängstlich und vorsichtig und das genaue Gegenteil von ihrem Gefährten. Auch sie stellte die gleiche Frage wie ihr Sohn. Wieder zuckte ich mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung, wo sie hin sind."

Ich fühlte mich richtig zufrieden und erholt, als ich auf den Rudelplatz trottete. Nachdem Dash eingeschlafen war, hatte ich noch eine Weile seinen ruhigen Atemzügen gelauscht und meine Gedanken etwas schweifen lassen. Die Welpen waren nun richtig groß und fast schon selbstständig, es wurde Zeit, dass ich mich endlich wieder um mich selbst kümmerte. Also hatte ich mich auf den Weg zum Bach gemacht, mein Fell ordentlich sauber geleckt und bei der Ruhe musste ich eingeschlafen sein.

Als ich nun den Rudelplatz betrat, schien er wie ausgestorben zu sein. Wo sind sie denn alle? wunderte ich mich und blickte in die Höhle. Aber dort war weder von Dash, noch von den Welpen etwas zu sehen. Auch sonst schien niemand auf dem Rudelplatz zu sein. Mit der Nase begann ich den Boden abzuschnüffeln und überlegte kurz. Sollte ich den Rudelplatz verlassen oder lieber hier warten? Ich entschied mich für letztes und setzte mich mitten auf dem Platz einfach hin und ließ ein Heulen ertönen um zu erfahren, ob eventuell jemand in der Nähe war.

Mein Blick ging in die gleiche Richtung wie die des weißen Rüden um sehen, was er dort so liebevoll anlächelte. Sein Blick ruhte auf Billy, der sich in der Nähe von uns zum schlafen hingelegt hatte. Wieder einmal bewunderte ich die Ähnlichkeit zwischen uns, manchmal hatte ich das Gefühl mich in einer Pfütze zu betrachten, wenn ich auf den Rüden blickte. Er war etwas kräftiger gebaut und seine Augen leuchteten in einer anderen Farbe, aber selbst der weiße Fleck an der Brust glich meinem wie ein Abbild. Ein leises Seufzen entfuhr mir. Ob er mich genauso ansieht? Es wurmte mich, dass ich mir diese Frage überhaupt stellte. Früher wäre es mir egal gewesen. Wenn nicht Dash, wäre ein anderer Rüde an seiner Stelle schon gekommen. Doch ich wollte diesmal wirklich, dass er mich so ansah und nicht ein anderer. Wieder seufzte ich, ehe ich mich auf die Worte konzentrierte, die an unsere Kinder gerichtete waren. Seth verfolgte es mit gespitzten Ohren und schien sich auch wirklich Gedanken zu machen, doch die Aufmerksamkeit hielt nich lange an. Ein lautes, helles Lachen erklang aus meinem Mund als ich nickend die Erlaubnis gab. "Geh ruhig raus. Doch bleib in der Nähe, bis wir dir die Rudelgrenze gezeigt haben!" ermahnte ich ihn noch.

"Dann lass uns doch damit beginnen, Ihnen das Revier zu zeigen." schlug ich mit einem Lächeln vor und schmiegte den Kopf an den Rüden. "Und wenn es sich ergibt, können wir auch direkt noch das Jagen angehen." Ich war froh, dass das Interesse meiner Kinder inzwischen auch anderen Dingen galt und nicht nur mir. Das Gefühl ein lebender Milchbehälter zu sein, war unangenehm gewesen und mein Bauch schmerzte. Die Zähne und Pfoten hinterließen blaue Flecken auf meinem Bauch und die Schwellung drückte unangenehm. Es wurde mehr als langsam Zeit, dass ich meinen Körper wieder für mich selbst hatte und wieder in Form kam. Das Gefühl einer wabbelnden Tonne hatte schon vor längerer Zeit Besitz von mir ergriffen. Auf die Frage nach den anderen Wölfen blickte ich hilfesuchend zu Dash. Wie erklärte man in kindlicher Form, dass Wölfe nicht nur nett waren, sondern auch böse? Und wie erklärte man das alles, ohne ihre Neugier nach den anderen zu wecken? Ich seufzte leise während ich mich aufrichtete, teilweise aus Schmerz und teilweise um Zeit zu schinden. "Weißt du Kleines, außerhalb des Reviers gibt es noch mehr Wölfe. Streuner, aber auch andere Rudel. Und sie sind nicht immer nett zu anderen." Wieder blickte ich hilfesuchend zu Dash.

Die Augen halb geschlossen genoss ich die Nähe zwischen Dash und mir für einen Moment, ehe ich ihm antwortete:
"Wir können es gerne aufteilen oder auch zusammen machen." erklärte ich mit einem Lächeln. "Und wir müssen ihnen dringend zeigen, wie sie die Grenzen erkennen. Wir können sie nicht ewig auf dem Rudelplatz halten. Zumindest im Revier sollten sie sich bewegen können."
Vitani war sofort Feuer und Flamme beim Thema jagen. Schmunzelnd schleckte ich meiner Tochter über die Schnauze. "Bald meine Kleine." Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie auch Setz langsam erwachte, sich aber näher an mich rankuschelte und die Situation beobachtete.

Innere Wärme hüllte mein Herz ein, als Dash davon erzählte, es ginge ihm gut, solange er bei mir und den Welpen war. Schüchtern lächelte ich ihn an, ehe ich den Blick wieder abwandte. "Sie sind so wahnsinnig groß geworden." murmelte ich zu dem Rüden und robbte ein Stück näher heran, bis meine Schnauze sein Brustfell berühren konnte. "Wir müssen sie lehren zu jagen, damit sie in dieser Welt selbst überleben können. Und irgendwann müssen sie auch lernen zu kämpfen. Draußen lauern Gefahren. Sie müssen lernen ihre Eigenschaften für sich zu nutzen." Vorsichtig legte ich die Schnauze ab, sodass ich nun Flach vor Dash lag. "Wir brauchen einen Plan." Ich brauche einen Plan. Damit ich bald wieder mein eigenes Leben für mich habe, dachte ich und seufzte leise. Wenn die Welpen mal selbstständig waren, würde Dash dann bei mir bleiben?

"Ich weiß mein Schatz." antwortete ich Seth und schleckte dem jungen Rüden über den Kopf. "Und wenn du wach bist, dann kannst du mir genaueres erzählen... oder es mir direkt zeigen." Für einen Moment ließ ich meinen Blick auf dem Wolf ruhen, ehe ich mich meinen anderen Welpen zuwandte. Vollo hatte Seth ziemlich kritisch dabei beobachtet. Anstatt jedoch vom Fleisch zu probieren, gesellte er sich lieber zu seinem Bruder. Ich kniff auch hier wieder die Augen zusammen. Die Zähne der Welpen wurden immer spitzer, mittlerweile war das saugen nur noch eine Tortour, die ich über mich ergehen ließ. Angenehm war es schon lange nicht mehr. Vitani dagegen war da schon etwas neugieriger. Anstatt zu warten, bis ich das Fleisch vorgekaut hatte, hatte sie sich bereits ein Stück geangelt und begann darauf rumzukauen, doch die spitzen Zähnchen waren noch nicht stark genug für das feste Fleisch. Sie ließ daher ziemlich schnell davon ab und wandte sich dem durchgekauten Stückchen zu. Hoffnungsvoll beobachtete ich sie dabei, dass sie sich bald äußert, ob es ihr schmeckt - während ich Dashs Fragen beantwortete. "Danke, aber mir gehts nach meinen Ausflug wieder richtig gut. Es hat gut getan wieder ich selbst sein zu dürfen und über meine Zeit selbst bestimmen zu können." antwortete ich ihm ehrlich. Die Welpen hatten mich verändert, trotzdem freute ich mich darauf, bald meinen Körper wieder alleine für mich zu haben. "Und wie gehts dir?"

Dash stimmte mir zu und für einen Moment sah ich den stolzen Rüden an, musterte sein Gesicht und stellte fest, dass er wirklich zufrieden aussah. Seine ganze Haltung strahlte eine Ruhe aus, die sich auf mich übertrug. "Natürlich werden wir sie beschützen!" stimmte ich ihm zu und blickte wieder zu unserem Sohn, der sich dem Fleischklumpen annahm und voller Überforderung diesen wieder fallen ließ. Er sah so süß aus, dass ich anfing zu lachen. "Wenn du möchtest, kannst du das jetzt immer haben." meinte ich liebevoll zu ihm. "Und wenn du groß bist, kannst du das sogar selber jagen. Wie die Maus." Der kleine Ausflug schien ihn müde gemacht zu machen, denn er gähnte nun immer mehr. "Na komm her." Vorsichtig schob ich den Rüden mit der Nase näher an mich heran und schloss die Augen. Nach der ganzen Zeit fühlten sich meine Zitzen wund an und die Zähne der Welpen machten die ganze Angelegenheit nicht angenehmer. Es wurde Zeit, dass sie so langsam mal anfingen feste Nahrung zu sich zu nehmen. "Wir sollten sie langsam aber sicher an feste Nahrung gewöhnen. Lange halte ich das nicht mehr aus." sagte ich an Dash, während ich Seth dabei beobachtete, wie er nach einer Zitze suchte.

Ein Sturm der Gefühle war in mir aufgezogen, als Dash mir berichtete. Die Welpen wurden schnell erwachsen. Einerseits bedeutete das Freiheit für mich. Je schneller sie selbstständig wurden, desto schneller konnte ich mich wieder frei bewegen. Doch gleichzeitig überkamen mich meine Muttergefühle, ließen mich sorgenvoll in die Zukunft blicken. Wenn sie den Rudelplatz verließen, wären sie auf sich alleine gestellt. Weder ich noch Dash könnten sie beschützen. Und mein Egoismus kam zwischen all dem nicht zu kurz: Wenn die Welpen nicht mehr sind, würde Dash dann weiter bei mir bleiben. Nach all der Zeit hatten wir immer noch nicht über uns gesprochen und für mich war nicht klar, was das war. Ich konnte es ja selbst nicht in Worte fassen und spürte die Eifersucht in mir, bei der Vorstellung, dass Dash sich einer anderen Wölfin zuwenden würde. Doch ich sprach die Gedanken nicht aus und lächelte den weißen Rüden an. "Sie werden so schnekk groß. Einerseits kann ich das kaum erwarten, ihnen die Welt zu zeigen. Andererseits habe ich Angst." erklärte ich ihm, während ich Seth dabei beobachtete wie er immer wieder am Fleisch schnupperte. Zugegeben, der durchgekaute Klumpen sah nicht besonders gut aus - aber die kleinen Zähnchen konnten das wahrscheinlich nocht nicht durchkauen oder? Aufmerksam sah ich ihm dabei zu, wie er das Fleisch nun doch probierte. "Und? Schmeckts?"

Dankbar lächelte ich Dash an, als er nicht nur Seth wieder zu mir brachte, sondern auch direkt eine großes Stück Fleisch vor mir fallen ließ. Gierig stieß ich meine Zähne herein und während ich drauf rumkaute, überkamen mich die Muttergefühle und ich würgte das Fleisch vor mir auf den Boden und nickte den Welpen zu, dass sie sich daran probieren sollten. Erst dann riss ich mir ein weiteres Stück heraus, welches ich gierig runterschlang. Ich hatte noch nie zu viel auf den Rippen, aber momentan fühlte ich mich wie ein Skelett. Auch die Kraft fehlte mir und ich musste viel mehr liegen als früher. Das musste sich dringend ändern.

Als mein Hunger gestillt war, nahm ich mir Zeit für die Frage. Seth hat Aylia eine Maus geschenkt. Wo war er und wieso hat er das getan?" Ich wollte verstehen, wieso mein Sohn so gehandelt hat und aus welchem Grund er einfach weggelaufen war.

Dash tauchte recht schnell mit dem Ausreißer wieder auf und ich unterdrückte den Impuls ihm entgegen zu laufen und mit Seth zu schimpfen. Mein Blick wanderte zu @Vollo @Shimuck und @Vitani die hinter mir in der Höhle waren, ehe ich wieder zu Dash blickte. Entgegen meiner Erwartungen kam er mit Seth nicht wieder zu mir und lieferte ihn ab, sondern ließ den jungen Rüden zu Aylia gehen. Das Gespräch zwischen ihnen konnte ich von meinem Platz nicht hören, doch beobachtete ich die Körperhaltung. Aylia schien nicht wirklich zu wissen, wie sie reagieren sollte, ehe sie meinem Sohn zulächelte. Ein deutlicher Seufzer entfuhr mir, ehe ich mich entspannte. Dash würlde die Situation mit den Welpen niemals eskalieren lassen. Er würde unsere Welpen nicht in Gefahr bringen.

Vollo reagierte zuerst auf mich und hüpfte aufgeregt zu mir, dicht gefolgt von Seth. Ich zog mir einen nach dem anderen zu mir und blickte mich dann nach den beiden anderen Welpen um, während zwischen meinen Pfoten der eine Fragen stellte und der andere diese direkt beantwortete. Lachend schleckte ich beiden Rüden über den Kopf. "Ich war in den freien Gebieten unterwegs mein Kleiner." Irgendwann würde ich meinen Welpen die freien Gebiete zeigen - doch bis dahin würde noch einiges an Zeit verstreichen und sie wären dann groß genug um sich zu beschützen vor dem, was da draußen alles lauert. Seth schien scheinbar nicht vergessen zu haben, dass er eigentlich böse auf seinen Bruder war und sprang diesen nun übermütig an und schnappte nach seinem Ohr. Ich ließ ihn gewähren. Nur wenn die beiden ihre Grenzen austesteten, wussten sie sich später zu verteidigen. Genüsslich schloss ich die Augen, als Dash seine Schnauze gegen meinen Nacken rieb. "Es hat mir gut getan." erwiderte ich auf seine Frage und blickte ihm kurz in die Augen. "Wir hatten einen Nebelwolf an der Saphirhöhle im Revier." teilte ich ihm mit. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich nur noch drei Welpen um uns rum. Vollo, @Shimuck und @Vitani hielten sich um mich herum auf, während Seth verschwunden war. Dash schien bereits sein verschwinden bemerkt zu haben, denn er lief mit der Nase am Boden davon. Wut stieg in mir auf, dass mein Sohn so ungehorsam war. Also sammelte ich die restlichen drei Welpen am Nackenfell ein und trug sie zurück in die Höhle. Wer sich nicht an Regeln hielt, durfte auch nicht am Rudelplatz bleiben. Demonstrativ platzierte ich mich vor dem Eingang, damit niemand von ihnen rauslaufen konnte.

Schweigend hatte ich Polaris vor mir herlaufen lassen. Die Fähe an der Reviergrenze hatte ich bereits vergessen. Als ich den Rudelplatz betrat und ich Dash erblickte, schlug mein Herz schneller. Der Rüde saß zwischen unseren Welpen und schien total vertieft in seine Handlung mit ihnen. Zufrieden blickte ich mich um. Mein Leben hatte sich so sehr verändert und mittlerweile liebte ich es, auch wenn mir meine Freiheit hin und wieder fehlte. Der Ausflug hatte mir jedoch gut getan und ich fühlte mich wieder stark und ausgeglichen, bereit den Welpen alle Fragen zu beantworten.

Während ich auf den weißen Rüden zulief erblickte ich Billy. "He Ghost, ich habe deinen Sohn an der Saphirhöhle aufgegabelt." rief ich ihm zu und trat dann neben Dash. Liebevoll lächelte ich meiner kleinen Familie zu. Kann man das so nennen? Sind wir eine Familie? Amüsiert bekam ich noch mit, wie Seth versuchte zu erklären, was Vollo gefressen hat. "Meinst du einen Schmetterling mein Schatz?" Vorsichtig ließ ich mich neben ihnen nieder.

Seine Erklärung klang logisch. Ich schnupperte nochmals an der Fährte und folgte sodann Polaris.

-> Rudelplatz

Mir war, als hätte ich Schritte gehört - doch als ich zwischen dem Gebüsch auftauchte stand da nur Polaris. Bei seinem Anblick schüttelte ich den Kopf. "Hattest du nicht eine Aufgabe erhalten? Wieso bist du nicht zurück zum Rudelplatz?" Meine Stimme klang zickig, während meine Nase durch die Luft tanzte. Die Grenze roch frisch markiert, doch zwischen all den Gerüchen entdeckte ich noch einen. Einen Nebelwolf. Sofort schellte mein Kopf nach oben und ich legte die Ohren an, während sich mein Nackenfell aufstellte. "Hier waren Fremde in unserem Revier."

Ich war in einigem Umkreis um das Revier der Schattenwölfe unterwegs gewesen - doch nirgendwo war ein Schattenwolf zu sehen, sodass ich mich dazu entschloss doch wieder nach Hause zu gehen. Langsam tänzelte ich auf einem schmalen Pfad entlang, meine Laune war enorm angestiegen und ich fühlte mich wieder stark genug dem Tumult auf dem Rudelplatz entgegen zu treten und meiner Aufgabe als Mutter nachzukommen. Manchmal blieb ich stehen um an Blättern zu riechen, sammelte die Informationen welche sie an sich trugen auf. Hin und wieder genehmigte ich mir einen Grashalm, mittlerweile schmeckten sie aber nicht mehr so süß wie im Frühjahr. An einer Ecke entdeckte ich dann einen Geruch, den ich doch kannte. Hier hatte vor nicht langer Zeit ein Sohn von Billy und Arctica markiert. Sofort spitzte ich die Ohren. "Polaris?" Weit konnte er noch nicht gekommen sein. Ich würde den Bengel direkt mit nach Hause bringen.

Zum ersten Mal seit Monaten hatte ich das Gefühl, dass sich meine Lungen mit Luft füllten und ich klar denken konnte. Zwischen Milchbar und Muttersein, hatte ich schon Sorge dass ich selbst verloren gegangen war. Aber nein, ich war hier und hüpfte leichtfüßig zwischen den Bäumen hervor um den Lachsfluss anzustarren, der zu dieser Jahreszeit gut mit Wasser gefüllt war. Freudig hoppste ich auf ihn zu, rutschte elegant die Böschung runter und landete mit den Pfoten im eiskalten Wasser. Erinnerungen kamen in mir auf an meine Anfangszeit im Tal. Hier hatte ich Casanova kennen gelernt und musste leicht schmunzeln, als ich an unsere gemeinsame Zeit dachte. Seit dem hatte ich den Rüden nicht mehr wieder gesehen. Ob es ihm gut ging?

Ich erblickte ein paar Forellen, die im Wasser standen und watete bis zum Bauch hinein. Natürlich stoben die Fische sofort auseinander, aber das machte nichts., Ruhig verharrte ich an meinem Platz, bis sich alles beruhigt hat. Zum Glück schienen Fische nicht mit viel Verstand gesegnet zu sein, denn sie kamen schnell wieder zurück. Ich brauchte nur zugreifen, was ich auch tat und schon zappelte einer in meinem Maul. Zufrieden schleppte ich ihn ans Ufer, verschlang ihn genüsslich und begann mit meiner Fellpflege. Diese hatte ich in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt. Im Hinterkopf hatte ich mein Versprechen an Dash, dass ich nicht lange weg bleiben und nach Rudelmitgliedern Ausschau halten würde. Das würde ich auch noch erledigen. Aber zuerst die Fellpflege.

Nachdem ich damit fertig war, begann ich nun doch meine Mission zu erfüllen. Doch am Lachsfluss trieben sich keine Schattenwölfe rum, also machte ich mich wieder auf den Weg zum Revier.

-> Saphir Höhle

Ein wohliger Schauder durchfuhr mich, als Dash seine Nase auf meinem Kopf ablegte. In diesem kurzen Momenten klang seine Stimme anders, fast wie ein beruhigendes Summen und ich schloss kurz die Augen. Es fiel mir schwer, mich von ihm zu lösen - doch ich wollte etwas tun. Also würde ich schauen, wo sich der Rest des Rudels aufhielt. Vorsichtig drückte ich mich von ihm weg und schleckte ihm über die Schnauze. "Unsere Welpen haben den besten Papa der Welt. Genieß die Zeit mit ihnen." grinste ich, ehe ich mich abwandte und davonlief. Ich freute mich auf das neue Abenteuer.

->Lachsfluss

Entschlossen nickte ich. "Die Welpen haben auch noch einen Vater, der Zeit mit ihnen verbringen kann. Dann merken sie gar nicht, dass ich weg bin." Ich wollte ja nicht verschwinden, mir nur die Beine vertreten und endlich was anderes als nur den Rudelplatz sehen. Wenn ich das Schöne mit etwas Notwendigem verbinden konnte, war doch allen geholfen. Gefühlt fiel mir hier der Himmel auf den Kopf. Ich musste meine Gedanken sortieren. "Ich geh ja nicht für immer fort. Bevor sie bemerken, dass ich gehe - bin ich sofort wieder da. Aber bitte lass mich nicht tatenlos am Rudelplatz die Zeit absitzen, während alle anderen etwas tun können. Ich kann das Rudel zusammentrommeln." schlug ich fast flehend vor und drückte meine Nase gegen seine Schulter. "Hm.... du riechst soooo gut." murmelte ich in sein Fell hinein.