Es war zu erwarten gewesen und trotzdem trafen mich die Worte von Apollo. Nicht, weil er sich gegen einen Heilwolf wehrte oder gar versuchte mich zu beleidigen. Ich hatte direkt einen Entschluss gefasst und musste diesen nun durchziehen. Sollte sich Apollo nicht überzeugen lassen, dass er Hilfe benötigt, würden sich hier unsere Wege trennen. Dabei hatte ich den Rüden zwischenzeitlich ganz gern, auch wenn ich es ungern zugab. Also holte ich tief Luft. "Du siehst Dinge, die nicht da sind Apollo." versuchte ich es noch einmal. "Bereits unten am Fluss hast du es gesehen und versucht zu überspielen. Ich vertraue meinen Sinnen... Lass uns einen Heilwolf aufsuchen, der dir helfen kann." Nach einer kurzen Pause sprach ich die Worte dann aus. "Ansonsten müssen sich hier unsere Wege trennen." Ich wusste, dass es Erpressung war. Vor allem hatte ich Apollo versprochen ihm all das zu zeigen, was er lernen wollte. Aber nicht zu dem Preis, dass mein Leben vielleicht in Gefahr wäre. Doch ich nahm mir auch vor, ihn nicht im Stich zu lassen. Ich würde Hilfe finden für ihn.

Ein Heilerwolf? ich sah in den Wald und zuckte mit den Ohren als ich wieder etwas hörte. Hatte Arko recht? war ich verrückt?
Ich starrte Arko in die Augen und suchte die Wahrheit darin.
Jemand lachte hinter mir und ich musste mich nicht mehr umdrehen um zu wissen wer es war. Und ich dachte, du wärest schlau und intelligent! hallte es.
Natürlich, wie konnte ich nur so blind sein? Arko hielt mich auch für dumm. Er hatte mir nie geglaubt, er hatte mir nie geglaubt as ich ihm die Geschichte mit dem großen Schlaf erzählte und jetzt glaubte er mir nicht das ich nicht krank war. In seinen Augen spielte sich meine Gestalt, ich sah mich selbst wie ich mit eingeklemmten Schwanz. Ich erschrak vor meinem jämmerlichem Selbstbild.
Hinter Arko knackte das Gebüsch und endlich bekam die Stimme im Hintergrund ein Gesicht. Mein Vater lief still hinter meinem Freund lang. Kurz blieb er stehen und musterte mich mit diesem enttäuschten Gesichtsausdruck. Er sah aus wie immer, die stolze Haltung, der gehobene Kopf. Ich konnte fast sehen wie er die Worte jämmerlich formte bevor er an Arko vorbei lief und verschwand. Ich bildete ihn mir nicht ein... vielleicht.
Du willst abhauen? knurrte ich. Wirklich? Dann geh doch! forderte ich Arko auf und richtete mich auf. Ich stellte die Ohren auf und straffte die Muskeln.
Besser! Vater? dachte ich leicht zynisch.
Du glaubst mir nicht, du hast mir nie geglaubt. Ich dachte wirklich du ... du wärst mein Freund.
Ich wartete auf Arkos Reaktion.

Zwischenzeitlich hatte der Mond alles in ein rotes Licht getaucht, sodass der Wald in allen möglichen Rottönen schimmerte. Moment, rot? Irritiert ging mein Blick gen Himmel und da war er: Die Kugel erstrahlte statt wie sonst in einem hellen grau nun in einem grellen rot und schmerzte beim längeren hinsehen in den Augen. Ich wandte sofort den Blick ab und blinzelte mehrmals um die tanzenden Lichtpunkte vor meinem Auge los zu werden. Apollos Ohren zuckten und er sah weiterhin aus, als hätte er einen Geist gesehen. Vorsichtig schielte ich mit ihm in die Richtungen, in die er hinsah - doch ich konnte beim besten Willen nichts erkennen, außer den Blättern, die durch den Wind raschelten und langsam zu Boden fielen. Es war niemand anderes in unserer Nähe. "Apollo. Selbst wenn ich taub wäre - ich kann auch niemanden sonst hier in der Nähe riechen." versuchte ich ihm nochmal zuzureden, denn seine Reaktion auf den Heilwolf war nicht wie gewünscht. Seine Stimmung kippte schneller, als ich erwartet hatte und ein schweres Seufzen entfuhr mir. Ich dachte du wärst mein Freund Traurig blickte ich in die Augen des Rüden, doch ich hatte nicht den Eindruck, dass er meinen inneren Schmerz wahrnahm. "Ich bin dein Freund. Und deswegen werde ich für dich einen Heilwolf suchen." meinte ich mit fester Stimme. Ich hatte keine Lust auf weitere Vorwürfe oder gar eine Diskussion. Also wandte ich mich ab. Drehte Apollo den Rücken zu. Ich würde in Richtung Berge gehen. Wenn es stimmt, dass Apollo von dort war, würde sein Rudel mir sicherlich einen Heilwolf nennen können.

Ich zögerte einen Moment. arkos Worte taten weh, alles war momentan schmerzhaft und verwirrend. Die Zeit im Tal war meine schönste gewesen aber jetzt kam mir auch der Wald wie ein Käfig vor.
Ich böieb unschlüssig stehen, wenn Arko ging dann blieb ich wieder allein. Ich hatte meine Familie sehr lange nicht mehr gesehen und meine Freunde auch nicht.
Im Moment hatte ich niemanden.
Widerwillig lief ich Arko nach.
,,Aber wenn wir keinen finden oder nichts mit mir verkehrt ist dann glaubst du mir endlich. ich suchte Arkos Blick als ich neben ihm stehen blieb und sah ihn auffordernd an.

Wenn auch etwas wiederwillig folgte mir der dunkle Wolf schlussendlich, nachdem er zuerst stehen geblieben war. Ich hielt kurz inne, sah ihm in die Augen ehe ich weiterging. "Ich glaube dir auch jetzt Apollo." erklärte ich ruhig. "Du siehst Dinge, die ich nicht sehen kann, weil dein Verstand dir etwas vorgaukelt. Und warum das so ist, werden wir herausfinden." Ich hatte mich einfach in Richtung Berge gewandte und lief nun auf die in der Ferne zu erkennenden Kolosse zu. "Du stammst vom Bergrudel ab. Ich werde dort nach einem Heiler suchen. Und sobald du wieder gesund bist, werden wir wieder zusammen im Tal umherziehen." versprach ich ihm in der Hoffnung, dass er tief in sich verstand, dass mich diese Situation genauso belastete wie ihn. Ich wollte ihm nicht weh tun und ich wollte nicht, dass er krank war.

Arkos versprechen gab mir Hoffnung. Ich nickte einwilligend und lief neben ihm her. Danke
Ich war ihm wirklich verbunden das er dies hier rat, vermutlich wöre es leichter für viele andere Wölfe einfach zu gehen.
In der Ferne konnte ich schon blass die Berge sehen, den Weg nach Hause würde ich blind laufen können.
Ein Heiler also... ich konnte den Blick nicht abwenden, in meinem Magen hatte sich ein Stein gebildet der mir das Gefühl gab meine Beine waren schwer.
Dann denke ich... ich würde vorschlagen wir suchen meine Tante auf. schlug ich ihm vor. Tante Saikko war die Heilerin in unserem Rudel gewesen und ich kannte sie seit meiner erstem Erinnerung. Wenn es einen Wolf gab der helfen würde können, dann sie.

"Es gibt nichts zu danken mein Freund." erwiderte ich und richtete meinen Blick wieder nach vorne, während ich meine Schritte verlängerte. Ich wollte so schnell wie möglich das Bergrudel erreichen und Hilfe für Apollo haben. Keiner von uns wusste, was mit ihm los war und ich wollte mir nicht ausmalen, was passieren konnte, wenn seine Fantasie ihn mal einen richtig bösen Streich spielen würde. "Ich bin gespannt auf deine Tante. Sie wird sicherlich wissen, was zu tun ist." sprach ich hoffnungsvoll und stupste den Rüden neben mir an. "Was genau siehst du eigentlich immer Apollo, was dich so aus der Fassung bringt?"

Ich lächelte kurz bevor ich Arko folgte und mein Tempo anpasste. Ich bin auch gespannt, ich hab das Rudel lange nicht gesehen. Saikko wird sich freuen... stimmte ich ihm zu. Aber Odhran wird da sein und Mutter auch. Und alle anderen, ich würde erklären müssen wieso ich so lange fort war.
Arkos frage brachte mich ein bisschen aus dem Konzept, da ich ihm nie viel von meiner Familie erzählt hatte konnte er meine Situation nicht kennen. Das letzte mal als ich meine Geschwister und meine Mutter gesehen hatte war lange her.
Mein Vater antwortete ich ihm ein wenig kurz abgebunden. Ich wusste nicht wie ich beschreiben sollte warum es mich so fertig machte.
Meine Eltern sind sehr traditionell und legen viel Wert auf... Regeln... Ruf und Ehre. Als ich meinem Vater das letzte mal begegnete... ich seuftze und drehte die Ohren. Wir sind nicht gerade im guten auseinander, er war enttäuscht von mir und jetzt sucht er mich scheinbar heim.

"Es ist ein trauriger Anlass, weswegen du zum Rudel zurück kehrst" stellte ich fest und blickte kurz zu dem Wolf, ehe ich mich wieder auf den Weg konzentrierte. Für mich war es nur wichtig, dass wir schnell Land gewinnen und ihn so schnell wie möglich heilen konnten. Und wenn nicht, wäre er in seinem Rudel am besten aufgehoben. Sofern er dort wirklich noch dazugehört schoss es mir durch den Kopf. Das Misstrauen war da und ließ sich leider nicht mehr so schnell abschütteln. Ich kannte mich hier aber nicht aus, also musste ich ihm für den ersten Moment glauben. Als er davon begann zu erzählen, dass er seinen Vater sah und die Familienkonstellation etwas schwierig war, wurde ich direkt in die Vergangenheit versetzt. "Suchen einen nicht immer die Toten heim?" Ich hatte noch nie gehört, dass ein lebendiger Wolf jemanden heimsuchte. Ich beschloss ihm etwas von mir mitzugeben: "Ich kenne meinen Vater nicht. Er war ein Reisender, der durch einen Zufall auf meine Mutter traf. Und ich bin die Erinnerung an dieses eine Mal, die Mahnung. Mutter hat viel darunter gelitten, dass ich anders bin als der Rest des Rudels."

Hört sich nach ner scheiß Kindheit an. erwiderte ich auf seine Geschichte. Tatsächlich wusste ich nicht was ich sonst sagen sollte, zum ersten Mal packte einer von uns überhaupt was aus. Und es war unserer beider beschissener Familie.
Darüber musste ich fast lachen, aber mir war nicht wirklich danach.
Bist du deswegen auf Wanderschaft gegangen?

Hatte ich wirklich eine beschissene Kindheit gehabt? Meine Ohren zuckten vor und zurück, während ich überlegte. "Abgesehen von den ekligen Kräutern war meine Kindheit gar nicht so übel." stellte ich dann fest. Es wurde erst schlimm, als die anderen Welpen älter wurden und verstanden, dass ich anders war. Und plötzlich machten sie einen Bogen um mich, weil ich auf Grund meiner Fellfarbe auffiel. Ich hatte nie die Chance gehabt mit ihnen zusammen das jagen zu lernen und wusste alles von Mama. Sie hat sich viel Mühe gemacht mich auszubilden, doch gleichzeitig hatte sie auch versucht mich zu verändern. Als Apollo mich nach dem Grund der Wanderschaft ausfragte, schluckte ich den Schmerz herunter ehe ich antwortete. "Meine Mutter lag im Sterben. Ich hatte niemanden mehr, der mich an Ort und Stelle hielt. Im Rudel war ich ein Aussätziger. Ich passte auf Grund meiner Fellfarbe nicht hinein. Also entschied ich mich für das einzig richtige und ging. Ich wollte nicht dort bleiben, wo ich unerwünscht war."

Die Berge vor uns kamen immer näher und wurden mehr und mehr präsenter. Auch der Untergrund unter meinen Boden veränderte sich. Hatte noch der Waldboden meine Schritte gedämpft und geschluckt, so wurde es immer felsiger unter meinen Pfoten. Wir würden wohl bald in den Bergen sein und dann musste Apollo die Führung übernehmen.

Was für Kräuter?, fragte ich ihn jetzt neugierig. Das wir den Fuß der Berge erreicht hatten war mir nicht entgangen, das Gras wurde dünner und der Boden unter unseren Pfoten steiniger.
Arkos Erwähnung seines Fell ließ mich aufhorchen, er sah für mich völlig normal aus.
-> Berge

War ich bereit, diesen Teil meiner Geschichte zu erzählen. Eine harmlose Frage und doch ließ mich der Gedanke an die Kräuter kurz zusammenzucken. Traurig blickten meine Augen auf den Rüden neben mir. Wenn ich wollte, dass er mir vertraute und Hilfe annahm, sollte ich ihm wohl auch vertrauen. Also erzählte ich zum ersten Mal mehr über mich, über einen Teil den ich eigentlich verschlossen halten wollte: "Meine Familie lebt in einem Tal, in dem die meiste Zeit Schnee liegt. Sie haben alle eine helle Fellfarbe. Ich falle dort auf, denn mein Vater ist kein Mitglied des Rudels sondern ein Fremder." Meine Gedanken flogen den weiten Weg zurück, den ich gekommen war und vor meinem inneren Auge blickte ich auf meine Mutter, welche zusammengekrümmt auf ihrem Schlafplatz lag, das Leben bereits fast ausgehaucht. Schnell schüttelte ich den Kopf um dieses Bild zu vertreiben. "Meine Fellfarbe fiel auf. Bei der Jagd war ich auffällig und konnte mich nicht tarnen, zwischen dem Rudel war ich immer der Erste, der auffiel. Also begann meine Mutter mit Kräutern zu experimentieren. Sie versuchte meine Fellfarbe zu verändern und entdeckte dabei viele heilende Kräfte. Doch mein Fell blieb wie zum Hohn gleich."

Vor dem Fuß des Berges blieb ich stehen und blickte hinauf. Es schien noch ein weiter Weg zu sein. "Komm, wir müssen schneller laufen." forderte ich Apollo auf und sprang den Berg hoch.

-> Berge @Apollo

-> berge