Ich lächelte.
"Ja, es ist schön hier!" gab ich ihr recht.
"Ich mag den Wald. Der junge und der alte Wald - sie haben beides ihren Reiz. In meiner alten Heimat gab es den Bergwald. Den mochte ich auch. Aber das Revier hat noch andere schöne Plätze - du wirst sehen, meine Liebe!"
Als wir an der Reviergrenze angekommen waren, setzte ich pflichtbewusst meine Markierung.

"So", meinte ich.
"Jetzt kennst du das Wäldchen. Als nächstes zeige ich dir den Nebelsumpf. Da gibt es zwar nicht so viele Bäume, aber jede Menge Beutetiere - vor allem kleinere. Aber Rehe, Hirsche und Wildschweine kann man da auch erwischen. Es ist ein bisschen feucht da und darum oft neblig. Aber wir sind ja das Nebelrudel und machen uns den Nebel zunutze. Er dämpft unseren Geruch und versteckt uns vor unseren Feinden."
Während ich Dagger das erzählte, stieg mir immer wieder ihr Duft in die Nase. Das erregte mich natürlich - und ich wusste auch schon einen schönen Platz, wo wir uns ungestört lieben konnten. Der Mondscheinteich! kam es mir in den Sinn.
Am Ende unseres Revierrundgangs würde ich sie dorthin führen. Es war ein magischer Ort!

Und weiter ging es zum

------ Nebelsumpf.

Ich flog regelrecht durch den Nebel. Inzwischen kannte ich das kleine Wäldchen in und auswendig - Früher wäre ich bei meinem halsbrecherischen Lauf wohl über irgendeine Wurzel gestolpert und hingefallen.
Mein Herz pochte aufgeregt in meiner Brust. Ich war voller Energie. Erst nach einer Weile verlangsamte ich mein Tempo etwas und sprang eine kleine Anhöhe hinauf, wo ich mich nach Jive umdrehte.

Kobalts Fährte war nicht schwer zu verfolgen - ihr Geruch war viel zu lodernd zu dieser Zeit. Längst hatte sie der Nebel verschluckt, doch ich wurde nicht langsamer. Im Gegenteil. Je länger die Jagd dauerte, desto weiter wurden meine Sprünge, desto mehr streckte ich mich im Laufen. Ich wollte sie. Mein Herz pumpte und ich fühlte mich befreiter. Mit meinen Augen suchte ich den grauen Pelz meiner Gefährtin, doch es war letztendlich meine Nase, die sie fand. Sie stand auf einer kleinen Anhöhe und blickte mir entgegen. Ich verlangsamte mein Tempo und sah zu ihr auf. Wie wunderschön sie war. Wie eine Königin thronte sie über mir. Ich hechelte leicht und lächelte. Mein Herz loderte vor Liebe und vor Verlangen. Langsam machte ich einen Schritt auf sie zu. "Kommst du freiwillig runter oder...muss ich dich holen?". Meine Stimme war etwas dumpfer, mein Blick herausfordernd. Ich wusste worauf das Spiel hinauslief, doch ich wollte es auch gar nicht anders. Kobalt war meine Königin, ich nur der Prinz. Und sie konnte mich so verdammt gut um den Finger wickeln.

Jive durchbrach den Nebel - Die weißen Schlieren tänzelten um seine Gestalt und ließen ihn erhaben wirken. Allein sein bloßer Anblick genügte, um meine Sinne zu verwirren und durch Verlangen zu ersetzen.
"Hol mich." Meine Stimme war kaum mehr als ein Hauchen und doch war es eine klare Aufforderung. Gleichzeitig spannten sich meine Muskeln an - Auch in meinen grünen Iriden zeigte sich deutlich, dass ich es meinem Gefährten nicht einfach machen würde. Ich war bereit ihm auszuweichen. Zwar sehnte ich mich nach seinen Berührungen und seiner Nähe, doch meine Instinkte wollten noch nicht klein bei geben. Ich würde mit ihm einen Tanz wagen, den ich nur verlieren konnte. Früher oder später würde ich mich ihm freiwillig ergeben. Doch jetzt kostete ich noch das Gefühl meiner Überlegenheit und wurde davon nahezu beflügelt.

Mehr brauchte diese schöne Fähe nicht sagen. Sofort setzte ich mich in Bewegung, langsam und geduckt wie ein Jäger auf Beutesuche. Meine Augen ruhten auf ihr, voller Wärme, Liebe aber auch Ehrgeiz. Ein verschmitzter Ausdruck lag in meinem Gesicht, auch wenn ich mich in eher bedrohlicher Haltung auf sie zuschob. Doch Kobalt würde wissen, dass ich ihr nie was tun würde. Niemals. Das alles war ein Spiel. Ich genoss es in vollen Zügen, auch wenn es angesichts ihrer Reize mehr als anstrengend war geduldig zu bleiben. Ruhig näherte ich mich ihr, setzte langsam eine Pfote vor die andere. Und dann - zack. Ich machte einen kleinen Satz in ihre Richtung. Würde ich sie erhaschen? Ich wusste es nicht. Kobalt war so schmal und wendig. Meine Lenden zitterten und ich musste mich beherrschen sie nicht auf der Stelle zu überfallen. Diese Fähe - sie raubte mir den Verstand. Ihr Geruch umhüllte mich und ich sog ihn tief in meine Lungen. Er war so intensiv, dass ich ihn förmlich schmecken konnte. Meine primitivsten Instinkte loderten in mir und mein nächster Satz war um einiges beherzter.

Mit jedem seiner Schritte - so unglaublich langsam und geduldig gesetzt - zuckte ich sprungbereit zusammen. Er nahm sich diese Zeit, trieb meine Ungedulg ins unermessliche. Ich wusste es schon, als Jive einen kleinen Satz in meine Richtung tat und ich mit wild klopfenden Herzen etwas zurückwich: Er wies mir unentwegt meine Grenzen auf, die er bereits überschritten hatte - Jive hatte meine Sinne eingenommen. Er war mir bereits überlegen.
Und ich konnte und wollte ihm nichts mehr entgegensetzen. Als mein Gefährte mit einem beherzten Satz den letzen Abstand zwischen uns vernichtete, war ich nicht mehr als ein Reh im Scheinwerferlicht - Festgefroren, Nicht mehr in der Lage auszuweichen. Jive fing mich ein, ließ mir keinen Fluchtweg mehr. Ich hatte gespielt und diesen kleinen Tanz gewagt, welcher nun ein verfrühtes Ende fand. Ich hatte verloren, doch seine plötzliche Nähe war meine Belohnung. Mein Atem war schnell und zittrig, der Ausdruck in meinen Augen verschleiert. Stromstöße wanderten durch meinen Körper und mit einem ergebenen Winseln drückte ich mich ihm entgegen. Alles in mir verlangte - beinahe schon schmerzhaft - nach seiner Berührung.

Meine Gefährtin wich mir ohne viel Mühe aus. Unsere Blicke trafen sich und eine Gänsehaut machte sich über meinem Körper breit. Mit meinem zweiten Sprung erwischte ich Kobalt, doch das war abzusehen - die graue Fähe leistete keine Gegenwehr mehr, ergab sich einfach ihrem Schicksal. Unserem Schicksal. Ich liebte Kobalt mehr, als ich sagen konnte. Es war beinahe unerträglich für mich. Das, was sie und ich nun teilten, war Vertrauen, Liebe und Zärtlichkeit. Ich würde dieser Fähe überall hin folgen, wo auch immer es sie hintreiben würde.
Kobalt drückte sich mir entgegen, fordernd und verlangend. Ohne weitere Zeit zu verschenken, stellte ich mich auf die Hinterbeine und packte - so sanft und zärtlich wie mir möglich - ihren Nacken. Die Verbindung zwischen uns beiden war hingebungsvoll und intensiv. Für wenige Minuten vergaß ich die Zeit. Es gab nur noch mich und Kobalt.

In dem Augenblick unserer Verbindung - so leidenschaftlich und doch liebevoll - explodierte in mir ein Feuerwerk. Und obwohl es sich schlagartig in mir ausbreitete, meinen Verstand vernebelte und mich stürzen ließ - haltlos und im freien Fall... beruhigte es mich. Es richtete meine Gedanken einzig und allein auf Jive, dessen Gewicht und Nähe ich spürte. Auf seinen markanten Geruch, den ich mit jedem zittrigen Atemzug erhaschte. Jive war in diesen wenigen Minuten meine Welt. Mein einziger Bezugspunkt zur Wirklichkeit.

Unser kleiner Moment endete. Das Feuerwerk in mir verstummte.
Mit bebenden Flanken und Pfoten, die mein Gewicht nicht mehr tragen konnten, sackte ich zu Boden. "Jive?", wisperte ich leise und drehte mich vorsichtig auf die Seite, um meinen Gefährten sehen zu können. Ich war erschöpft. Gleichzeitig wurde ich von einem Gefühl von tiefer Zufriedenheit überrollt. "Ich liebe dich" Meine grünen Iriden funkelten vor Wärme und unausgesprochener Zuneigung, als ich ihm meine Nase entgegenreckte und sie zärtlich in seinem Brustfell vergrub.

Als sich unsere Verbindung löste, fühlte ich mich entkäftet, aber entspannt. Erschöpft ließ ich mich neben Kobalt auf die Erde plumpsen und begann mich zu lecken. Noch immer roch ich Kobalts Geruch, doch er ließ mich vorerst nicht mehr so besinnungslos werden. Meine Gefährtin sank derweil ebenfalls zu Boden - zitternd und bebend lag sie neben mir und ich verspürte das dringende Bedürfnis sie zu berühren. Zu trösten. Als meine Gefährtin meinen Namen sagte, folgte ich diesem Bedürfnis und näherte mich ihr. Ich war zu erschöpft um etwas zu sagen, daher sagte ich kein Wort. Liebevoll fuhr ich mit meiner Schnauze über ihre Stirn, über ihre Wange, betastete ihr ganzen Gesicht. Kobalt fuhr derweil fort und ließ einen Satz erklingen, der mich kurz innehalten ließ. "Ich liebe dich". Der Satz war so einfach, so unscheinbar und doch ließ er eine Welle von Emotionen in mir los. Glück, Liebe, Hoffnung - die Gefühle bauschten sich zu einem gewaltigen Tsunami zusammen, ich fand keine Worte. Ein leises Fiepen entwich mir und ich leckte erneut über Kobalts Kopf, deren Schnauze sich in meinem Brustfell befand. Die Gefühle in mir waren so überwältigend, dass es mir die Sprache verschlug und ich für mehrere Sekunde nichts zu sagen vermochte. Meine Flanken bebten, während ich voller Liebe fortfuhr meine Schnauze in Kobalts Nackenfell zu vergraben und einfach nur meinem Herzschlag lauschte, der ungesund schnell ging. Schließlich flaute das Gefühl wieder etwas ab, sodass ich in der Lage war zu denken, zu handeln und vor allem zu reden. Ich löste meine Schnauze aus Kobalts Fell und betrachtete sie voller Zärtlichkeit. "Ich liebe dich mehr".

Langsam kam ich zur Ruhe - Das leichte Zittern stellte sich ebenfalls ein. Nurmehr ein sanftes Kribbeln verblieb als Erinnerung der letzten Minuten.
Jive plumpste neben mir zu Boden und rückte sogleich näher zu mir. Unter seinen zärtlichen Liebkosungen entspannte ich mich vollkommen und schmiegte mich dankbar gegen meinen Gefährten. Es war ein Moment für uns allein, getränkt von unserer Liebe und Zuneigung füreinander.

Als Jive jedoch leise fiepte, seine Nase in meinem dichten Nackenfell vergrub und mein Herz, angesteckt von seinem holprigen Herzschlag den ich an seiner Brust spüren konnte, ebenfalls stolperte, linste ich zu ihm hoch. So begegnete ich seinem zärtlichen Blick, als er seinen Kopf etwas zurückzog - Was soll ich sagen...? Mein Herz taumelte gleich nochmal. Kräftig und verschnellt pochte es gegen meine Rippen. Ich war meinem Gefährten sprichwörtlich verfallen und ließ meinerseits ein leises Fiepen hören.
Bei seinen Worten fiepste ich gleich nochmal und verlor mein Herz. Sprichwörtlich. Für einen kurzen Moment glaubte ich tatsächlich, dass es einfach aus meiner Brust springen würde und bei Jive, ihm einen Kuss zuwerfend, einziehen würde.
Doch dann blies ich - gespielt - trotzig meine Backen auf und versuchte ernst zu bleiben. "Das ist unfair!" Ich musste trotzdem leise lachen, während es in meinen grünen Iriden liebevoll funkelte. "Du kannst das doch nicht einfach so... behaupten! Ich liebe dich doch mindestens genauso sehr!"