Meine Restbeute schliff ich mit mir um gemütlich zu fressen, doch als ich in die Nähe der Ruinen kam schlug mir eine gewaltige Menge an Gerüchen entgegen. Genervt knurrte ich und schlug einen anderen Weg ein.

-》 Nebellande

Mit zu Boden gesenkten Kopf folgte ich der Fährte und ihr Geruch wurde immer intensiver und deutlicher. Mittlerweile hatte ich in meinem Kopf schon ein genaues Bild des Tieres. Ein junger Bock, vielleicht einen Winter alt, mit einer unauffälligen Verletzung am hinteren Sprunggelenk. Ihn behinderte es wohl kaum noch, dennoch machte es ihn immer eine Sekunde langsamer als die anderen. Und diese Sekunde vermochte ich mir zu einem Vorteil zu machen. Wenige Wolfslängen trennten mich noch von meinem Ziel. Aus dem hohen Gras hinaus konnte ich ihn sehen. Sein Gehörn war noch klein und kurz, sicherlich keine Gefahr, selbst wenn er ausschlagen würde. Unauffällig schlich ich näher, hoffte, dass der Wind nicht mehr drehen möge und mich somit verrate.
Und dann ging alles ganz schnell. Kaum war meine schwarze Gestalt aus dem Dickicht herausgeschossen, rannte meine Beute bereits in schierer Panik davon. Eine kurze Hatz konnte ich mir durchaus leisten, wenngleich ich auch kein Sprinter war. Ein Satz und mein Gewicht riss den jungen Bock von den Beinen. Als sich meine Zähne in das warme Fleisch gruben und das Blut auf den Boden triefte, war klar, dass das Leben den Körper meiner Beute verlassen hatte.

Ich hatte meine Beute bis auf einige wenige Reste vollkommen verschlungen. Nach einem ausgiebigen Verdauungsschläfchen war ich nun erwacht, schüttelte den Morgentau aus meinem Fell und beschloss die Reste der Natur zu überlassen.

(Lachsfluss)

Ich trabte über das stoppelige Gras, das von den Wiesents fast das komplette Jahr über kurz gehalten wurde und pfiff leise eine Melodie. Meine riesige fächerförmige Rute schwang von rechts nach links und meine Ohren drehten sich hin und her. Es war still hier, nur die Vögel und der Wind waren zu hören.
Im laufe der letzten Wochen war es heiß geworden und auch wenn mein Fell weiß war erhitzte es sich schnell. So war auch jetzt meine Haut heiß von der Mittagssonne in der ich den ganzen Tag über gelegen hatte. Ich hatte etwas Hunger und Durst , beschloss aber kurz Schatten zu suchen. Als ich diesen nach kurzer Suche unter einem großen Baum fast in der Mitte der Ebene fand ließ ich mich unsanft fallen. Ein Uff drang aus meiner Kehle und ich rollte mich hechelnd aber grinsend auf die Seite.

Wie eine Wilde raste ich aus dem Waldstück heraus, hinaus aufs weite Feld. Hinter mir glaubte ich das wilde Schnaufen meiner Verfolger zu hören, weswegen meine Panik immer weiter zunahm. Selbst als ich mir des freien Gebiets bewusst wurde, rannte ich weiter, immer weiter dem hohen Gras entgegen, in dem ich zu verschwinden versuchte. Doch weit und breit war kein einziger Grasfleck zu sehen. Nur Hügel und eine weite Steppe. In blinder Angst versuchte ich schneller zu laufen, doch es gelang mir nicht. Das Knurren wurde lauter und meine Augen rissen sich auf. Mit rasendem Herz hetzte ich einen niedrigen Hügel hoch, übersah dabei aber dummerweise ein Erdloch. Prompt trat ich hinein und fiel der Länge nach hin. Panisch sah ich zurück, dem vernebelten Wolf entgegen. Mit aufgesperrten Maul sprang er mich an, meiner Kehle entfuhr ein spitzer Schrei - dann verschwand er.

Ich hechelte immer noch und hatte gerade versucht meinen Augen zu zu machen als eine weiße Wölfin ( @Mali ) über eine Hügelkuppe rannte und stolperte. Als wäre jemand hinter ihr her hetzte sie über das Gras der Ebene und sah sich immer wieder um. Verwirrt stand ich auf und als sie fiel rannte ich los, vergessen war die Hitze und mein Hunger und der Durst. Sie schien Hilfe zu brauchen obwohl ich keinen Angreifer erkennen konnte.Hey du alles in Ordnung ? Kann ich dir helfen ,rief ich ihr zu während ich die Distanz zu ihr mit meinen federnden schnellen Sprüngen überbrückte. Ich war schon immer schnell gewesen.
Hey alles in Ordnung?, wiederholte ich als ich beinah bei der fast verstörten Wölfin ankam.
Ein Stück entfernt blieb ich stehen da ich nicht wusste wie sie auf mich reagierte, schnuppernd hielt ich die Nase in die Luft aber einen anderen Wolf roch ich nicht. Ja nicht mal ein anderes Tier, verwirrt sah ich mich um aber auch erkennen konnte ich nichts.
Hier ist doch nichts dass dich verfolgt, fügte ich dann sanft hinzu und reckte den großen weißen Kopf ein Stück in ihre Richtung .

Blinzelnd öffnete ich meine Augen, schielte an meinen Pfoten vorbei, die sich aus Reflex gegen mein Gesicht gedrückt hatten. Der Nebel hatte sich verzogen, nur noch letzte Rauchfetzen lösten sich langsam auf. Mein Herz raste so schnell, dass mein Brustkorb schmerzhaft drückte und auch meine Kehle hatte von dem plötzlichen Schrei und der plötzlich so schnellen Luftzufuhr ihre Spuren davongetragen. Würgend versuchte ich wieder zur Besinnung zu kommen. Es war nur eine Vision gewesen, das wurde mir jetzt klar. Doch mein ganzer Körper schrie nach Flucht und als plötzlich eine neue Stimme an mein Bewusstsein drang, schrie ich wieder auf. "Alles in Ordnung? Kann ich dir helfen?" Keuchend zog ich mich bäuchlings ein Stück über die Wiese und versuchte die Stimme auszublenden. Helfen? Ich war verwirrt. Blinzelnd hob ich den Kopf und erblickte einen weißen Wolf, der sich wenige Meter von mir entfernt aufbaute. Ein...ein Geist...? Flugs kehrte meine Angst zurück, doch etwas ließ mich innehalten. Geister haben doch keinen Geruch! Wie in Trance reckte ich meinen Kopf und schnupperte in die Richtung des Geistes. Nein, der Wolf hatte einen Geruch. Einen herben, starken Geruch - ein Rüde also.
Erleichtert versuchte ich mich zu beruhigen. Meine Augen blickten den Fremden scheu an. "Ja, alles gut. Ich bin nur...ich bin nur ausgerutscht", antwortete ich zögerlich. Mein Körper war sichtlich überspannt, die kurze Aufregung nagte noch an meinem Körper und meinem Geist.

Die Wölfin war völlig verstört, besorgt beobachtete ich ihre Reaktion auf meine Stimme. Es tat mir leid sie erschreckt zu haben aber ich zog mich nicht zurück, auch wenn sie das Gegenteil behauptete hatte ich das Gefühl bleiben zu müssen.
Irrational aber vielleicht war es die kleine Stimme in meinem Unterbewusstsein die sagte, wenn ich hier war kam das vor dem sie solche Angst hatte nicht.
Meine Berstein Augen funkelten belustigt und meine Lefzen zuckten verräterisch, es war mir deutlich anzusehen dass ich ihr nicht glaubte. Aber ich beließ es dabei.
Wie heißt du? Ich bin Azzuan, meine freundliche warme Stimme brummte in meiner Brust.

Ich runzelte bei seinem Unterton die Stirn, sagte aber nichts. Es war nicht das erste Mal, dass sich Wölfe, die Zeuge meines Austickens wurden, Sorgen machten, doch immerhin hatte der Rüde Anstand und hakte nicht weiter nach. Nervös versuchte ich mich zu entspannen, um meine Rute zwischen meinen Hinterbeinen zu befreien und dem Rüden seine Sorge zu nehmen. Es klappte halb, jedoch musste meine Rute in ihrer Position verharren und nur meine Rücken- und Schultermuskulatur entspannte sich, weswegen meine ganze Haltung ein wenig zusammensackte. "Ich bin Mali", gab ich leise zurück. Eigentlich hätte ich lieber geschwiegen, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich dem Rüden als Entschädigung für seine Sorgen meinen Namen nennen sollte. Zudem wirkte er vertrauenswürdig...wie...ja, wie Lava. Eine unbeschreibliche Sehnsucht erfüllte mein Herz und sofort spannte ich mich wieder an. Ich wollte ihn vergessen - alle vergessen!

Meine Rute wedelte von rechts nach links, wischte dabei den Tau von den Grashalmen und sprühte die winzigen Tropfen nach allen Seiten davon.
Freut mich Mali, hast du Hunger ? Ich jedenfalls sterbe vor Hunger, freundlich sah ich sie an während meine weichen Ohren sich sachte hin und her drehten. Mein Fell war ebenfalls übersäht mit kleinen Wasserpartikeln und ich bekämpfte den Drang mich zu schütteln um die Wölfin vor mir nicht nass zu machen.
Es war ein wenig neblig, die Schwaden zogen von den Nebellanden herüber und kündigten einen angenehmeren Tag an als gestern. So hoffte ich es zumindest.
Nun war es wirklich still geworden, man hörte kaum einen Vogel und nur ganz leise waren weit entfernt die Geräusche des Waldes zu erahnen wenn man sich anstrengte zuzuhören.
Eine ziemlich vorwitzige Nebelschwade strich über meine linke Vorderpfote, sie kitzelte die kleinen feinen Häärchen und ich zuckte mit meiner Pfote um sie los zu werden . Aber irgendwie klappte das nicht also senkte ich meinen Kopf und pustete meine Pfote an. Als auch das nicht klappte, knabberte ich daran herum und zuckte mit meinem rechten Ohr als mich nun dort eine zu kitzeln versuchte.
Nicht schütteln, wiederholte ich wie ein Mantra und grinste über die Situation.

Es ging so schnell! Perplex starrte ich dem weißen Rüden entgegen und versuchte die plötzliche Essenseinladung zu verstehen. Ich kenne ihn doch gar nicht. Alles in mir sträubte sich, ich wollte ihn auf dieselbe schüchterne Art und Weise abwimmeln - so wie immer.
Doch noch mehr als eine gemeinsame Jagd, machte mir der Gedanke allein zu sein Angst. Also nickte ich vorsichtig und richtete mich langsam auf. "Vielleicht könnten wir wirklich...was zu Essen suchen", murmelte ich zögernd, während ich seine Versuche beobachtete, als er den Nebel zu vertreiben versuchte. Sein Fell glänzte verräterisch und ich wich ein paar Meter zurück. Man musste kein Genie sein, um sein Problem zu erkennen. Dass er zuvorkommend war, hatte er ja schon bewiesen.

Ich hob den Kopf und kippte die Ohren kurz zurück als sie vor mir zurück wich. Aber ich erkannte schnell woran es lag und trat meinerseits ein paar Schritte zurück, danke. Brummte ich schnell und schüttelte mich heftig , die Tropfen flogen in alle Richtungen, die Nebelschwaden waberten davon und mein Fell gab alle Nässe an die Luft ab. Als ich mein Schütteln beendete ,war mein Fell ganz buschig von der ganzen Feuchtigkeit . Mein Nacken und Brustfell stand ab und ich ähnelte in diesem Moment eher einem weißen Löwen als einem Wolf.
Lachend trat ich wieder näher und sah sie aus fröhlichen Augen an, gerne was für Tiere magst du denn am liebsten ? Wir können ein Reh jagen oder Kaninchen, Wildschwein oder Fisch. Entspannt wippte meine Rute von links nach rechts während ich geduldig abwartete.

Ich hatte mich weit genug von ihm entfernt und sah ihm schweigend dabei zu, wie er sich von den lästigen Wassertropfen löste. Trotz der Entfernung traf mich ein Tropfen mitten auf der Schnauze, den ich jedoch fahrig wegleckte. Als Azzuan fertig war, sah ich ihn aus dunklen Augen etwas verloren an, bevor ich einfach mit den Schultern zuckte und die Ohren zurückdrehte. "Ich bin keine gute Jägerin", gab ich leise zu und meine Augen richteten sich auf meine Pfoten. Das war für mich Erklärung genug

Ich zuckte die Schultern, na und? wir finden schon was. Ich bin sehr schnell also könnten wir ein paar Hasen suchen. Ich kann aber auch ein Reh töten. Wir sind schließlich zu zweit, ein erneutes Schulterzucken dann sah ich mich um. Ich überlegte wo wir am besten hin gehen könnten und entschied mich dann für den Wald, dort hätten wir die meisten Möglichkeiten.

Die Bäume und Büsche hatte ich bald hinter mir gelassen und setzte meinen Weg über die Ebene fort. Mit interessiertem Blick schaute ich immer wieder zu den Wisents hinüber, doch behielt ich einen doch sehr großen Abstand zu ihnen. Eine aufgeregte Herde war das letzte was ich jetzt brauchte und wollte. Weiter trabend, spürte ich, wie mein Herz aufgeregt hüpfte.

-> Freie Gebiete - Lachsfluss