Ich beobachtete wie Huttser und Sam Gin zur Ruhe betteten und lauschte dann den Worten des grau-weißen Rüden, wobei ich meinen Kopf und auch Blick gesenkt hielt. Als die Rüden mit dem Heulen begannen, hätte ich mich zu gerne angeschlossen - doch fehlte meinem Körper und meiner Kehle dir Kraft dies zu tun. Etwas in mir drängte danach zu Gin ins Grab zu springen und mich mit ihm beerdigen zu lassen, doch unterdrückte ich diesen Impuls. Meinen Blick hebend und über die Gegend schweifend lassend nickte ich. Dann atmete ich tief durch, bevor ich leicht einen Erdbrocken mit der rechten Vorderpfote anstieß, um diesen in das Grab plumpsen zu lassen. Mehr Energie brachte ich nicht auf, sondern lehnte mich dankbar bei Treb an.

Nachdem das Grab ausgehoben war, füllte Kasai einen Teil mit weichem Moss, bevor Huttser mit Sam den Leichnam in das Grab herab ließen. Als die Rüden ein Abschiedsheulen anstimmten, sah ich kurz zu Kasai, welche scheinbar keine Kraft besaß um einzustimmen. Ich atmete tief durch, ehe ich meinen Kopf in den Nacken legte und melodisch in das Heulen mit einstimmte. Der Wind fing das Heulen von uns ein und trug es mit sich. Huttsers Worte waren schön und bedeutungsvoll gewesen. Doch blieb nun die Frage, wie es mit dem Rudel weiter gehen würde. Mein Entschluss stand fest. Sollte Huttser hier bleiben, würde ich es auch. Ich würde ihm zur Seite stehen, so gut es mir möglich war.

Noch immer mit einem unbehaglichen Gefühl in meiner Brust, weil ich meine Schwester zurück gelassen hatte, folgte ich der Spur der anderen. Noch bevor ich diese jedoch erreichte, erklang ein Abschiedsheulen. Ich stellte meine Ohren auf und knurrte kurz. Sie hatten nicht gewartet!? War ihnen denn nicht klar wie schwer es für uns war so plötzlich unseren Vater zu verlieren und uns verabschieden zu müssen? Auch wenn Mama fertig von dem Ganzen war, so schien sie einfach Entscheidungen zu treffen, ohne uns einzubeziehen. Ich schnaufte kurz, ehe ich weiter lief und schließlich zu den anderen aufschloss. Nur kurz schloss ich mich dem Heulen an, ehe ich an das sichtbare Grab heran trat und auf den Leichnam herab starrte. Worte verließen mich nicht, auch keine Blicke zu den anderen.

Ich stimmte - wenn auch etwas zurückhaltender - mit in das Lied ein. Ich wollte meine Unterstützung deutlich machen. Zwei Fähen kamen gerade vom Rudelplatz zu uns und ich meinte, auch einen der Jungwölfe gesehen zu haben.

Mit einer sichtbaren Nervosität folgt ich Runa weiter, es wäre das erste mal das ich am Grab eines Freundes stehen würde. Lass uns Abschied nehmen, brachte ich nur zögerlich heraus.

Ich hatte ihre Stimmen gehört, aber erst als ich mein Klagelied beendete und den Kopf senkte, sah ich auch Jangal, Arjuna und Runa.
Jetzt war wohl die Zeit für einen Schlussstrich. So schob ich den ersten kleineren Erdschwall mit der Nase in Gin's Grab, um dann anzufangen mit den Pfoten immer mehr der Erde Richtung Erdloch zu schieben.

Ich zuckte leicht mit den Ohren, als Jangal mit einem Mal am Grab stand, jedoch keinen Ton sagte. Am liebsten hätte ich ihn nach Sky gefragt, doch erschien mir seine Haltung auszudrücken, dass er gerade nicht reden wollte. Runa und Arjuna stießen ebenfalls hinzu und stimmten in den Abschied ein. Als das Heulen verklang, begann Huttser damit Erde in das Loch zu schieben. Ich schob ebenfalls ein paar Brocken hinein, ehe ich mich entkräftet neben dem Grab sinken ließ, den Kopf zwischen den Vorderpfoten auf den eisigen Boden ablegend und die Augen schließend.

Kasais Sohn gesellte sich zum Grab und wenig später zwei weitere Fähen, welche in das Heulen mit einstimmten. Als dieses endete begann Huttser mit der Schließung des Grabes. Rasch stellte ich mich neben Kasai, welche sich neben dieses gelegt hatte und schnupperte etwas besorgt an ihr. Doch sie schien einfach nur erschöpft zu sein. Ich setzte mich vor ihr hin und murmelte undeutliche Worte, welche wohl aufmunternd sein sollten.

Ich war zwar schon dankbar dafür, dass alle sich am Abschied beteiligten, doch andererseits war ich noch immer sauer. So trat ich vom Grab zurück, nachdem das Heulen verklungen war. Wie soll es ohne Papa nun weiter gehen? Wer würde uns anführen? Würde Mama es durch stehen? Was war mit all meinen Geschwistern?

Langsam verklang mein heulen und ich sah Huttser und Kasai zu wie sie eine Nase voll Erde in das Loch warfen.
Ich nickte Amal zu und zusammen schoben auch wir ein wenig Erde in das Loch.
Im Augenwinkel erblickte ich Arjuna und Runa auf den Platz kommen.

Das Schließe des Grabes überließ ich den Wölfen, die Gin gekannt hatten. Ich hätte geholfen, jedoch war es ihre letzte Möglichkeit, den verstobenen Alpha noch einmal zu sehen. Nun wartete ich lediglich auf die Möglichkeit, mit Huttser zu reden. Ich wollte mir eigentlich die Pfoten vertreten gehn, doch noch konnte ich das nicht.

Die Erde türmte sich nach und nach höher und höher, bis von dem beigen Fell nichts mehr hindurch schaute. Verschwunden war Gin, wie auch vor vielen Monden Sinner. Ich kam nicht umher mich zu fragen ob die beiden sich wohl treffen würden, wo auch immer sie waren. Und ob ich sie wiedersehen würde, wenn meine Zeit endete.
Schließlich war der letzte Rest Erde aufgetürmt.

Die ganze Beerdigung hatte mich ermüdet. Ich ging zu Makulay, drückte mein Gesicht in ihr Fell und atmete ihren Geruch ein. Wie gerne wäre ich jetzt auf der Stelle einfach auf ihrem Rücken eingeschlafen. Ich seuftzte, dann schüttelte ich mich. Es war an der Zeit wichtige Entscheidungen zu treffen. Ich würde ein Alphatreffen einleiten müssen, damit die anderen Rudel erfuhren, dass Gin nicht mehr lebte. Ich entfernte mich ein Stück von den anderen und starrte auf die Gleise.
Entscheidungen.
Wer würde das Rudel führen? Was würden die anderen wollen und was von mir erwarten? Wäre es unangemessen, die Rudelführung zu beanspruchen? Oder wäre es genau das, was alle erwarten würden? Genau das wofür das Schicksal mich hergeführt hatte?