Wieder hatte ich Tayro zugehört, auch wenn man es erneut nicht sehen konnte. Kurz nickte ich nach seiner Erklärung und sah ihm dann nach. Als er seine Position einnahm, schlug ich mich nach rechts in die Büsche und robbte dabei nahezu über den Boden, da ich mich derart klein machte. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, während ich mich - wenn auch unbewusst - darauf konzentrierte dass der Wind meinen Geruch nicht zu dem Wildschwein trug. Ich selber konnte diese Tiere von ihrem Geschlecht her noch nicht auseinander halten, was ja daran lag, dass dies erst meine zweite Begegnung mit einem solchen war. Meine Nasenspitze zuckte aufgeregt, während ich mich bemühte meine Rute still zu halten, welche ein paar Sekunden zuvor auf den Waldboden geklopft hatte. Aufmerksam sah ich in die Richtung, in welche Tayro verschwunden war, und wartete somit auf den Moment, in welchem es Zeit wurde anzugreifen.

Nach einem Moment entspannte ich meine Muskeln und streckte meine Hinterläufe kurz. Wendigkeit und Geschwindigkeit sind nicht gerade meine besten Stärken. Ich muss die kurzen sehr schnellen Sprints machen um dem Wildschwein auszuweichen dachte ich dabei kurz und stand auf. Mit gefletschten Zähnen aber ohne knurren, damit das Wildschwein mich für nicht zu gefährlich hält um davon zu laufen, trat ich aus meinem Versteck hervor. Meinen Blick hatte ich dabei konzentriert auf das Wildschwein gehalten, welches mich sofort wahr nahm und erst den Anschein machte fliehen zu wollen.
Ich wollte gerade hinterher hetzen als mir auffiel, dass es doch nicht flieht und laufend eine Kurve auf mich zu machte. Mit einem kurzen Grinsen blieb ich stehen und machte mich bereit schnell auszuweichen. Als es nur noch zwei oder drei Pfotenlängen entfernt war, katapultierte ich mich in einen kurzen Sprint an die Seite wodurch das Wildschwein gerade so vor dem Busch, in welchem ich mich vorher befand, zum stehen kam. Doch es dauerte nicht lange und es rannte wieder grunzend und aufschreiend auf mich zu.

Ich fand es spannend und gut tuend wieder zu jagen und wich diesmal mit der selben Bewegung zur anderen Seite hin aus. Ich muss es nur außer Atem bringen, dann kann Zodiac angreifen sprach ich gedanklich zu mir selbst und wollte mich bereit machen wieder einen schnellen Sprint zu machen, als das Wildschwein scheinbar geahnt hat was ich vor hatte. In dem Moment, wo ich zum Sprint überging, rammte mir ein bulliger Schädel in die Flanke und ließ mich gegen den nächsten Baum donnern. Wraarr heulte ich eine Sekunde auf.
Kurz dachte ich dieser Schmerz sei mein Ende und musste etwas keuchen, doch das Wildschwein setzte an um mich zu zertrümmern. So gut ich konnte, mit dem Schmerz in meiner Schulter die den Baum getroffen hatte, rappelte ich mich so schnell wie möglich wieder auf. Gerade noch so konnte ich mich zur Seite drehen und mich schnell aufbäumen um mit meinen Vorderpfoten das Wildschwein wegzustoßen. Es lag kurz irritiert auf dem Boden und schien mittlerweile relativ außer Atem zu sein. Jetzt Zodiac! dachte ich einen Moment während ich auf das Wildschwein nun zulief und mich wie ein Fels in seine Beine warf, wodurch es wieder zu Fall kam, jedoch nochmal meine getroffene Schulter mit seinen Beinen traf worauf ich nochmal tief knurrte um den Schmerz zu unterdürcken.

Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, wodurch ich mich nicht mehr darauf konzentrieren konnte die Rute still zu halten, als Tayro seinen Angriff begann. Es mochte anderen wie Sekunden erscheinen, während ich verfolgte was sich da vor meinen Augen abspielte, doch für mich war es eine gefühlte Ewigkeit. Als das Wildschwein Tayro derart rammte, dass dieser gegen einen Baum geworfen wurde, konnte ich nicht mehr an mich halten und preschte geduckt auf die kleine Lichtung. Das Wildschwein war derart darauf fixiert Tayro zu zertrümmern, dass es meinen Geruch zu spät wahr nahm. Als es mich roch, war es gerade im Begriff erneut seine Hufe gegen Tayros Schulter zu schmettern. Mit einem Knurren und Zähnefletschen, welches mich selber wohl in Panik versetzt hätte sprang ich dem Wildschwein auf den Rücken, brachte es so aus dem Gleichgewicht, so dass es zu Boden sackte. Nur kurz flackerte wieder das Unruhige in mir, was mich normalerweise dazu gebracht hätte das Ganze als Spiel anzusehen, doch der Gedanke dass dieses Tier Tayro verletzt hatte, sorgte dafür dass es fort gespült wurde.

Statt dessen grub ich mit aller Kraft meine Zähne in den Nacken des Wildschweins. Es hatte mir erschienen, als ob es mit aller Macht versucht hatte dass Tayro diesen nicht erreichen konnte. Etwas sagte mir, dass der Nacken des Wildschweins seine Schwachstelle war. So hielt ich es mit all der Kraft die ich aufbringen konnte, mit meinem Körper zu Boden, während der Biss in den Nacken fester und fester wurde. Begleitet wurde das Ganze vom panischen Quitschen des Wildschweins und meinem aggressiven Knurren. Ersteres wurde leiser und leiser, bis es ganz verstummte. Doch noch immer ließ ich nicht los.

Als ich merkte und sehen konnte wie Zodiac sich voller Mut, Selbstbewusstsein und Verstand in den Kampf begab und diesen blitzschnell beendete war es für mich klar. Dieser Jungwolf, wird ein guter Jäger und Kämpfer. Seine Pfote ist keinerlei Schwäche. Schließlich atmete ich ein paar mal tief ein und aus bevor ich mich aufrappelte und mich zu Zodiac und dem toten Wildschwein stellte. "Das hast du sehr gut gemacht. Das Rudel wäre verwundert vor dieser Leistung, deine Mutter ist bestimmt stolz und ich bin absolut von deinen Fähigkeiten überzeugt. Das war dann wohl dein erster größerer Fang." sprach ich kurz sehr stolz zu Zodiac und hustete kurz einmal, ehe ich meine Schulter kurz begutachtete. Ich denke das könnte sich Sialuk oder Dawn mal zur Vorsicht anschauen dachte ich dann kurz.

"In Ordnung, schauen wir das wir noch ein oder zwei Hasen fangen. Möchtest du die fangen? Dann ziehe ich das Wildschwein mit." fragte ich ihn und schlug ihm gleich meine Idee mit vor während ich geduldig auf seine Entscheidung wartete und auch darauf, dass er den Biss vom toten Wildschwein lockerte.

Ich war nahezu blind vor Zorn, da das Wildschwein gewagt hatte Tayro zu verletzen, weshalb es wohl etwas länger dauerte bis Tayros gedämpfte Stimme durch meine Knickohren zu mir durchdrang. Schwer hechelnd ließ ich nun endlich vom Nacken meiner Beute ab. Die Gegenwehr des schweren Tieres hatte mich einiges an Kraft gekostet, zumal ich zuvor noch nie meinen Körper derart hatte einsetzen müssen. Besorgt sah ich zu Tayros Schulter und trat näher zu ihm. Mit einem fast welpenhaftem Winseln leckte ich ganz vorsichtig über Tayros Schulter. Du ruhst dich aus! Ich werde die Hasen fangen! sprudelte es dann aus mir heraus. Rasch sah ich mich um, ehe ich begann ein paar Blätter soweit es mir möglich war mit meiner Nase zu einem regelrechten Schlaflager neben dem Wildschwein zusammen zu schieben. Dann sah ich von dem Ruhelager zu Tayro und wieder zurück. Diesen Blick wiederholte ich ein paar mal, ehe ich mit erhobener Rute die Nase in die Luft hielt und nach dem mir bekannten Geruch von Hasen witterte.

Ich war kurz etwas verwundert über die plötzlich eintretende Führsorglichkeit von Zodiac, akzeptierte es jedoch und nickte kurz zustimmend. Einen Moment lang beobachtete ich sein treiben und verstand direkt was er wollte. Schließlich trottete ich zu dem angelegten Ruhelager hin und legte mich etwas nieder, meine getroffene Schulter entlastete ich dabei so gut wie möglich und bewachte somit in einem unsere gerade erlegte Beute. "In Ordnung, danke dir." sprach ich dabei freundlich zu ihm als er schon die Witterung aufnahm. Er ist voller positivem Ehrgeiz stellte ich dabei mit einem leichten Lächeln fest und wartete nun darauf das er noch ein oder zwei Hasen fangen würde, während ich still die Umgebung beobachtete.

Ich hatte Tayro nicht gehört - aber nicht weil ich nicht gewollt hätte - nein mein Kopf war einfach zu weit von ihm abgewandt. Aber es war wohl auch nicht zwingend nötig die Worte zu hören, zumal erneut der Jagd und auch Spieltrieb in mir erwacht waren. Wobei zweiterer nun doch überwog, wo nun der 'Stress' abgebaut war. Mit wedelnder Rute setzte ich mich schließlich in Bewegung, jedoch darauf achtend dass ich immer in irgendeiner Weise im Sichtfeld von Tayro blieb - so wie ich es eben immer mit Mama gemacht hatte. Bald schon hatte ich eine Hasenfährte gefunden und begann das, was ich von Tayro gelernt hatte umzusetzen. Wenig später fing ich tatsächlich einen Hasen, wobei ich zu Anfang eher Freude an kurzen Hetzjagten hatte, ehe ich ihn erlegte. Ein zweitere Hase folgte, jedoch nun mit mehr Aufmerksamkeit gefangen. Beide Hasen an ihren Ohren tragend trottete ich zu Tayro zurück, die Rute stolz erhoben. Mein Gang wirkte etwas tänzelnd, ja verspielt, ehe ich Tayro erreichte und ihm die Hasen hinlegte. Mit wedelnder Rute wartete ich sichtlich auf etwas.

Ich beobachtete aufmerksam die Gegend, wobei ich eher am meisten Zodiac und sein Verhalten beobachtete und fast schon am bewerten war. Er machte sich wirklich gut auch wenn man jetzt erkennen konnte, dass die Hasenjagd für ihn eher spielerisch war. Jedoch nach einem solchen Kampf gegen ein Wildschwein, kann ich dies ganz gut nachvollziehen und auch nicht böse nehmen. Ich streckte mich zwischendurch einmal wobei ich nochmal kurz den Schmerz meiner Schulter spürte, doch durfte ich jetzt nicht zulassen das der Schmerz meine Aufmerksamkeit verdrängt.

Als Zodiac schließlich mit zwei Hasen an den Ohren tragend zurück kam und diese bei mir hinlegte, war ich wirklich stolz auf ihn das er es so schnell geschafft hatte und gut gejagdt hatte. "Das hast du wirklich sehr gut gemacht Zodiac. Wir können alle stolz auf dich sein." sprach ich dabei sehr freundlich und anerkennend zu ihm, ehe ich mich erhob und das Wildschwein am Nacken packte.
Gedämpft durch das Fell des Tieres sprach ich Zodiac nochmal an. "In Ordnung, ich ziehe das hier zum Rudelplatz. Du nimmst die Hasen und gehst vor." gab ich ihm kurz die Anweisung und stemmte meine Beine so gut es mit der einen Schulter ging in den Boden, um dieses Tier ziehen zu können sobald Zodiac los gehen würde.

Ich legte den Kopf schief, nachdem ich Tayros Worte gehört hatte und schüttelte diesen dann. Nein. Sanft aber bestimmt versuchte ich Tayros Fang immer und immer wieder mit meinem anzustubsen, um ihn dazu zu bewegen das Wildschwein los zu lassen. Ich glaub das Gewicht dieses Tieres ist zu gefährlich für deine Verletzung. Ich..ich sehe vielleicht nicht so aus, aber ich bin wirklich stark! brabbelte ich dann weiter und setze mich schließlich mit einer für mich sehr ungewöhnlichen ernsten Miene so hin, dass Tayro kaum die Möglichkeit haben würde einfach an mir vorbei zu gelangen. Die Hasen sind viel leichter..bitte..lass mich das Wildschwein zum Platz ziehen!

Erst fand ich es niedlich und aufmunternd von ihm, doch dann erkannte ich das er doch Recht hatte sowie es ernst meinte. "Da hast du wahrscheinlich recht. In Ordnung, ziehe du das Wildschwein und ich nehme diese Hasen." stimmte ich ihm zu und ließ das Wildschwein los. Bereit die Hasen aufzunehmen und zurück zum Rudelplatz zu laufen.

Ich hatte Mühe derart still zu sitzen und ernst zu sein. Etwas in mir wollte einfach los sprinten und spielen. Doch das hier war, so wurde mir bewusst, eine ernste Sache. Das Rudel brauchte Nahrung und Tayro musste seine Verletzung schonen. Als Tayro mir zustimmte und dabei das Wildschwein los ließ, wedelte ich erfreut als auch erleichtert derart heftig mit der Rute über den Waldboden, das einige der Herbstblätter aufgewirbelt wurden und für einen Moment auf uns nieder fielen. Fast schon fasziniert beobachtete ich die Blätter und schnappte auch nach einem ehe ich mich wieder zusammen riss und erhob. So fest ich konnte verbiss ich mich am Nacken des Wildschweine und begann es mit einer doch Recht anstrengenden Kraftanwendung Richtung Rudelplatz zu zerren. Dabei verließ ich mich völlig auf Tayros Führung, ja seinen Geruch, da ich nicht so oft aufblicken konnte und allein sicher auch schwerer zurück gefunden hätte.

--> Rudelplatz Silberwölfe

Ich schaute Zodiac nochmal dankbar dabei zu wie er das Wildschwein wieder fest in seine Fänge klemmte, ehe ich kurz schmunzeln musste über die vorher schon spielerische Reaktion auf mein zustimmen. Schließlich packte ich kurzerhand die beiden Hasen an den Ohren und war froh jemanden wie ihn im Rudel zu haben. Nach einem Moment, in dem ich mich versicherte das sonst soweit alles ruhig um uns herum verlief und Zodiac das Wildschwein ziehen konnte, begab ich mich mit ihm zum Rudelplatz.
Vielleicht würde bis dahin meine Schulter auch wieder in Ordnung sein. Es war ja immerhin nur ein Baum den ich traf und kein mich tot trampelndes Wildschwein, dank Zodiac. dachte ich dabei, auch wenn ich eigentlich wusste das meine Schulter zumindest eine Nacht an Ruhe brauchte.

---> Rudelplatz Silberwölfe

Direkt an der Grenze vom Leuchtwald zum Fichtenwald blieb ich stehen. Hier war eine Weile keiner der Silberwölfe gewesen, zumindest roch es so. Dennoch wollte ich Marek um Einlass bitten, vorallem in Anbetracht des Paktes. Daher blieb ich stehen und legte den Kopf in den Nacken, ein lautes, dunkles uns weiches Heulen drang aus meiner Kehle. Es war eine Frage, eine Bitte um Erlaubnis. Entweder Marek würde jemanden schicken, selbst kommen oder die Erlaubnis heulen. Das er mich ignorierte oder abwies, stand für mich nicht zur Auswahl.

Ich folgte Casanova zum Rand eines weiteren Waldes, wo lauter Fichten standen. Doch auch ein paar Felsen konnte ich von unserer Position aus erspähen. Ich versuchte mich von meiner Unruhe und meiner Nervosität abzulenken indem ich die Umgebung musterte, als Casanova den Kopf in den Nacken legte und ein Heulen ausstieß. Ein schöner Klang, gestand ich mir ein und leckte mir ein weiteres Mal mit der Zunge über die Schnauze, was ich irgendwie öfters machte, wenn ich aufgeregt war. Automatisch senkte ich leicht meinen Kopf, denn das hier war nun wirklich ein Rudelgebiet und sollten gleich hier dutzende Wölfe auftauchen, wollte ich ihnen Respekt erweisen, wie man das als fremder Wolf in einem fremden Rudelgebiet nun einmal so machte. Zumindest hatte ich es so gelernt, auch wenn sich in unser Gebiet damals niemals ein Wolf gewagt hätte. Bis auf einmal. Doch diese Erinnerung schob ich weit von mir weg.