Auf leisen Pfoten und mit geduckter Haltung betrat ich den Fichtenwald. Der Schnee war mittlerweile verschwunden, was das jagen etwas einfacher machte, da man so die Geruchsspuren besser verfolgen konnte. Ich richtete meine Schnauze gen Boden und bewegte mich leise vorwärts, drehte meine Ohren in unterschiedliche Richtungen und hielt schließlich abrupt an als ich ein leises Knacken vernahm, kaum wahrzunehmen. Langsam hob ich den Kopf ein wenig um mich besser umsehen zu können, da entdeckte ich bereits ein Stück von einem Geweih hinter einem Busch. Wieder enorm leise, bedacht auf jeden Schritt, schlich ich zu diesem Busch und streckte meine Schnauze in die Richtung um den Geruch zu wittern. Ein Hirsch. Grinsend schleckte ich mir über die Schnauze und spannte all meine Muskeln an. Ich musste den Überraschungseffekt auf meiner Seite haben. Von dem Hirsch können die anderen vielleicht auch was haben. Shi-Long sollte immerhin nicht direkt so viel fressen. Ich schüttelte kurz den Kopf um die Gedanken erstmal nach hinten zu schieben, dann stieß ich mich kraftvoll vom Boden ab, sprang über den Busch, der glücklicherweise recht klein war und rammte den Hirsch dahinter mit voller Kraft, so dass er direkt umfiel. Ohne zu zögern stieß ich meine Krallen in seinen Körper um ihn festzuhalten und beendete mit einem kraftvollen Biss sein Leben. Ich stieg von ihm herunter und machte mich klein um unter ihm durchschlüpfen zu können. Mit dem Hirsch auf dem Rücken machte ich mich auf dem Weg zu den Anderen.
Fröhlich wedelnd suchte ich mir langsam einen Weg zwischen den Bäumen entlang und sah mich immer mal wieder um, bis der Rudelplatz ganz aus meinem Sichtfeld verschwunden war. Kaum war er hinter den Bäumen verschwunden, sprintete ich auch schon los. Über Stock und über Stein hüpfte ich davon in die weite Welt hinaus. Rechts, links, rechts, links an den Bäumen vorbei, über einen umgefallenen Baum hinweg und schon verfing sich meine Pfote in einer Wurzel und ich schlug Purzelbäume durch den Wald. Erst wollte ich beginnen zu schreien, doch der Laut erstickte in meiner Kehle und wurde übertrumpft von einem Lachen, dass aus meiner Schnauze kam, als ich endlich auf dem Boden liegen blieb. Bedeckt von Staub, Fichtennadeln und Moosresten ließ ich meinen Kopf eine Weile auf dem Boden liegen und kam erstmal wieder zu Atem. Papa hätte sich jetzt sicher wieder Sorgen gemacht. Vergnügt über den Unfall wischte meine Rute über den Boden hinweg, ehe ich meinen Kopf wieder hob. Langsam stellte ich mich erstmal auf meine Läufe und schüttelte mich, um den gröbsten Dreck los zu werden. Gut, schon mal keine Verletzung. Also alles halb so wild. Dennoch lief ich jetzt vorsichtiger durch den Wald.
Ekki!?, rief ich erneut und wartete auf eine Antwort, doch ich bekam wieder keine, stattdessen führte ihre Fährte aus dem Revier. Ich blieb stehen und schmiss meinen Kopf in den Nacken, nach meiner Tochter heulend und weiter laufend. Du bist nicht nur ein schlechter Gefährte, sondern auch ein schlechter Vater!
Als wir weit genug weg waren, drehte ich mich um. Doch es war nicht der junge Schattenwolf, der mir gefolgt war, sondern Kolja. Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Kolja? Ich wollte eigentlich mit dem jungen Schattenwolf sprechen." Ich setzte mich hin. "Wie geht es dir?", fragte ich meinen alten Freund besorgt.
Ich blieb mit einer Wolfslänge Abstand zu meinem Alpha stehen. Sein Name ist Dash, brummte ich ihm entgegen. Was wolltest du mit ihm besprechen, was du nicht im Beisein des Rudels besprechen kannst?, wollte ich von ihm wissen, seine eigenen Fragen völlig übergehend.
Etwas verwirrt sah ich ihn an, dann zuckte ich nur mit den Schultern. "Ich dachte, es wäre einfacher für Dash nicht vor allen anderen darüber zu sprechen. Ich wollte fragen, wieso er sich so oft hier bei uns rumtreibt, obwohl er doch zu den Schattenwölfen gehört. Aber sein Geruch, Kolja", sagte ich mit bedeutsamer Stimme. "Er riecht wie ein Streuner." Meine Ohren drehten sich aufmerksam. "Ich wollte wissen, was im Schattenrudel los ist und ob es ihm vielleicht besser gefallen würde, unserem Rudel beizutreten", sagte ich ehrlich. Ich sah Kolja in die Augen. "Er ist so jung und trotzdem alt genug. Eigentlich müsste er seinem Rudel verbunden sein, ist er aber nicht....Und außerdem scheint er Ekki zu mögen", sagte ich und wartete auf seine Antwort.
Meine Ohren zuckten als ich ihm zuhörte. Mir scheint es eher als würdest du uns nicht mehr vertrauen. Pell und Rebell hattest du auch mitgenommen zum Reden, konnte es so wichtig sein, ohne gleichzeitig wichtig genug zu sein, dass es das Rudel nicht hören brauchte? Meine Rute schwang unruhig zwischen meinen Hinterläufen hin und her. Dash war zweimal hier im Revier und wurde von deinem Sohn angemotzt, was er sich einbilde. Und jetzt willst du ihn im Rudel? Ihn ausquetschen? Ich erwiderte Mareks Blick und zog meine Lefzen leicht hoch als sich mein Nackenfell wieder aufstellte. Was Ekki und er miteinander zu tun haben, geht dich nichts an, Marek. Und mache dir selbst ein Bild über Dash, bevor du über ihn urteilst. Woher willst du wissen, dass er seinem Rudel nicht verbunden ist? Unsere Wölfe halten sich auch Tagelang in den freien Gebieten auf!
Ich ignorierte seine angriffslustige Art und sah in den Himmel. "Reine Intuition", sagte ich dann. "Wenn er dem Rudel nicht beitreten möchte, möchte ich ihn bitten, sich mit Ekki in den Freien Gebieten zu treffen. Sie ist nicht meine Tochter. Ich will ihr nichts vorschreiben, aber so wie es mit allen anderen Rudeln auch ist, sollen sie die freien Gebiete als Treffpunkt nutzen", sagte ich und sah Kolja an. "Mit Rebell und Pell habe ich über das Rudel gesprochen, ich habe sie gefragt, ob sie bei uns bleiben oder gehen möchten und wollte dass sie ganz offen sprechen, ohne die Blicke anderer im Nacken zu spüren" , sagte ich und stand auf. Dann lief ich einen Halbkreis um ihn. "Du redest, als würdest du mir nicht trauen", sagte ich und musterte ihn.
Du schreibst es mir aber gerade vor, entgegnete ich ihm. Dash ist ein Freund, genauso wie Basta. Kito hat auch so angefangen wenn du dich erinnerst. Wollen wir also alle, die nicht aus unserem Rudel sind, von hier verbannen? Wie soll da das Rudel dann wachsen? Wie sollen Freundschaften entstehen? Meine Rute erhob sich leicht. Glaubst du wirklich das Rudel hätte sie unter Druck gesetzt? Dass sie anders entschieden hätten, wenn wir anwesend gewesen wären? Ich drehte mich mit Marek mit als er um mich schritt und grollte, eine Warnung. Du redest nicht mehr mit mir. Du bindest mich nicht in Entscheidungen ein oder fragst nach Rat, Marek. Dafür hattest du mich als Beta ernannt, schon vergessen? DU scheinst mir nicht zu trauen, geschweige denn den anderen. Interessierst du dich überhaupt noch für dein Rudel?
Mit einem wütenden Knurren stürzte uch mich auf ihn und drückteuer ihn zu Boden. "Als im Frühlkng deind Hormone mit dir durchgingen, habe ich dich davor bewahrt, einen großen Fehler zu machen. Danach warst du Monde in Gefangenschaft. Ich habe die ganze Zeit nach dir gesucht. Immer wenn ich mit dir sprechen wollte, hast du nichts zu mir durchdringen lassen! Ich weiß, dass du deine eigenen Probleme hast, aber du bist nicht definitiv Einzige dessen Gefährtin gerade gestorben ist!" , knurrte ich wütend. Ich spürte, dass ich kurz davor war, ihn ernsthaft zu verletzen. "Außerdem hab ich damals Kito genau das gleiche gesagt und Basta auch. Aber dass sich Basta nicht dran hält, war ohnehin schon klar. Es war bisher nie anders, Kolja! Treffpunkte waren immer außerhalb unseres Reviers außer es gab irgendetwas Wichtiges!" Es machte mich wütend, wie er mit mir sprach. Hätte er normal mit mit gesprochen, müsste ich ihn nun nicht unterwerfen!
Knurrend und Zähne fletschend traf ich auf den Boden auf. Meine Pfoten hatte ich gegen Mareks Brust und Bauch gedrückt und meine Lefzen hochgezogen, meine Reißzähne entblößend. Damit fängt es doch schon an! Ich musste von Ekki erfahren, dass Rey tot ist! Du hast mir gegenüber kein einziges Wort verloren! Nichtmal über deine Tochter!, knurrte ich ihn wütend entgegen und stellte sämtliches Fell auf.
"Tut mir leid, dass ich mit Trauern beschäftigt war! Von dir habe ich schließlich nie irgendeine Information erfahren! Weder darüber, dass Nalani schwanger ist, noch darüber, was für eine Beziehung du zu Emfan oder Basta hast", knurrte ich wütend. "Je respektlos du dich mir gegenüber verhalten hast, desto mehr, ließ ich dich in Ruhe. Desto mehr hoffte ich, du würdest irgendwann wieder zur Vernunft kommen, doch dem ist wohl nicht so!" Ich ließ von ihm ab. "Was hast du denn erwartet, wenn du mir als Beta den Rücken kehrst und dich nur noch für deine eigenen Probleme interessierst", knurrte ich, doch ich wurde immer ruhiger, denn ich spürte, wie verletzt ich von Kolja war. "Es tut mir leid, wenn ich dich nicht mit einbezogen habe. Es schien mir jedes Mal der falsche Moment. Entweder warst du verschwunden oder hattest andere Probleme. Wenn es dich interessiert, dass ich dich miteinbeziehen, dann lass es mich auch wissen. Außerdem will ich, dass du mich mit dem gleichen Respekt behandelst, mit dem ich dich behandel. Ich habe es satt, dass du mich, wie einen Verräter darstellst." Ich knurrte, doch merkte, dass ich mich in meinen Gedanken verrannt hatte und verstummte. Kolja hat sich mit gegenüber schon seit langer Zeit komisch verhalten und jeden meiner Annäherungsversuche abgewehrt. Zumindest aus meiner Sicht...
Du bist nicht einmal auf mich zugekommen seitdem du und Rey mir erzählt habt, dass ihr den Pakt mit den Bergwölfen aufheben wollt. Das war letzten Herbst!, knurrte ich ihm nach und stand auf. Ich habe dich nie als Verräter dargestellt, nur dass du deinem Rudel anscheinend nicht mehr traust. Oder vielleicht auch nur mir. Und wie soll ich auf dich zukommen, wenn du nie da bist? Erklär es mir, Marek! Ich wäre sehr daran interessiert es zu erfahren! Meine Rute peitschte wütend hinter mir als ich meinen Zorn versuchte in Zaum zu halten. Tut mir leid, dass ich so eine Enttäuschung für dich bin, oh großer, unfehlbarer Alpha! Grollend setzte ich mich in Bewegung und blieb mit gewissem Abstand neben ihm stehen. Ich werde meine Gefährtin begraben und danach aus deinem Sichtfeld verschwinden, sodass du dir um mich keine Sorgen mehr machen musst, klärte ich ihn auf und ging an ihn vorbei in Richtung des Sees. Seht doch zu wie ihr allein klar kommt!
Ich hörte schon vom Weitem das Getose und missmutig legte ich meine Ohren an. Am Platz angekommen, sah ich Kolja gerade auf Marek zulaufen und ich hatte schon fast die Befürchtung, dass er ihn angreifen würde, als er neben ihm zu stehen kam. Mit gespitzen Ohren hörte ich aufmerksam zu und blieb nicht weit an einem Baum stehen, nicht versteckt, aber auch nicht unbedingt all zu auffällig. Will er.. das Rudel verlassen? Kaum hatte er seine Rede beendet lief er davon und lies Marek stehen.
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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06.03.2017 12:06
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