Ich lauschte Huttser aufmerksam und beobachtete, wie er von dem Felsen zu uns herunter sprang. Er schien ruhig und ich hatte nicht das Gefühl, dass wir in Gefahr waren. Bei seinen Worten stellte ich die Ohren aufmerksam auf. Gin ist tot? Fast ein wenig geschockt, sah ich Huttser an. Gin war in meinen Augen der einzige vernünftige Zigeuner gewesen.Tayro übernahm die Frage, die sich mir gestellt hatte. Seit Huttser als Mörder von zwei Jubgwölfen angeklagt worden war, hielt ich nicht mehr sonderlich viel von ihm. Hat Huttser ihn umgebracht? Ich beschloss keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und wartete die Antwort des Rüden ab.
Das Tayro nach Gin's Todesumständen fragte hätte ich erwarten müssen. Unmut machte sich in mir breit und der Schmerz des Verlustes schnürte sich wiederholt eng um mein Herz. Ich atmete tief ein um die Fassung zu bewahren. Ganz ruhig. So wirklich wissen wir es nicht. Er war plötzlich wie von einem Blitz getroffen und ist binnen weniger Augenblicke an Ort und Stelle Tod gewesen. Die Bilder von vom Vorfall erschienen vor meinem inneren Auge. Das Bild von der leidenden Kasai, das Bild von einem erschütterten Rudel. All das bereitete mir ernsthafte Sorgen und eigentlich wollte ich nur zurück, meinen Kopf in Makulays Fell stecken und ihn die nächsten Tage auch nicht mehr hervor ziehen. Der emotionale Schmerz war für mich noch immer schwer zu ertragen.
Als Huttser tief ein atmete war mir bewusst das es sehr schwierig schien davon zu erzählen, was ich sehr gut nachvollziehen konnte. Als er schilderte wie Gin starb, wusste ich nicht so recht was ich denken oder sagen sollte oder ob ich jetzt überhaupt etwas denken oder sagen sollte. Schließlich nickte ich einmal kurz mitfühlend und schaute anschließend zu Marek, darauf wartend das er das Wort ergriff.
>>Selbst wenn Hoffnung schwindet, darf man sie nie ganz aufgeben, dann findet sie zurück.<<
Einfach so? Ungläubig sah ich Huttser an, doch an seinem Gesichtsausdruck konnte ich sehen, dass es ihn sehr mitnahm und ich begann zu glauben, dass er Recht haben könnte. "Mein Beileid. Ich habe Gin immer repektiert", sagte ich dann sanft. Ich spürte Tays Blick auf mir ruhen und wusste, dass die nächsten Fragen nun von mir gestellt werden würden. "Wie geht es bei euch jetzt weiter?"
Es tat einfach nur weh die Worte auszusprechen. Gin war mein Freund gewesen, mein Alpha, einer der wenigen die immer an mich geglaubt und zu mir gehalten hatten. Sein Ableben schockierte mich noch immer. Ich schluckte den Schmerz herunter. Ich musste jetzt für das Rudel da sein. Ich werde das Rudel führen. Irgendwie ein komisches Gefühl das so auszusprechen, auch wenn ich wusste das fast alle hinter mir standen. Fast. Kurz musste ich an Jangal und Sky denken. Beide waren mir gegenüber die letzten Wochen nicht sehr zustimmend gewesen. Ich werde noch weiterlaufen, die Nebelwölfe über das Treffen informieren. Mein Blick wanderte von Tayro zu Marek und zurück. Die anderen sollten auch bereits informiert sein. Jedenfalls hoffte ich, dass Treb seine Aufgabe bereits erfüllt hatte - schneller als ich. Es ist mir ein Anliegen Gins Andenken in Ehren zu halten. Deswegen hoffe ich, dass die Silberwölfe den Zigeunern auch weiterhin wohlgesonnen gegenübertreten.
Zu meinem Erstaunen hatte sich tatsächlich jemand von dem innigen Heulen angesprochen gefühlt – und ließ auch nicht mehr lange auf sich warten. Zwei fremde Rüden [Marek & Tayro] traten aus dem Revier der wohl benannten Silberwölfe heraus. Es war leicht zu erkennen, dass der Weißbarsch ebendiese Präsenzen erwartet hatte. Sie kannten sich. Begegnet einander mit großem Respekt. Nur mir wurde es nun ein Stückchen zu drückend. Obwohl die Atmosphäre zwischen den Dreien achtungsvoll und friedlich erschien, rumorte es in mir, dass hierzubleiben keine gescheite Idee sein konnte. Nicht, dass ich Angst gehabt hätte. Auf gar keinen Fall. Es war bloß der Umstand, dass ich hier die eigentliche Fremde war, der mich lieber aus dem ganzen Verhältnis raushalten wollte. Bis auf die Namen bekam nicht viel von dem tiefen Gespräch zwischen ihnen mit und schlenderte bereits recht früh von den Wölfen fort. Bloß Weißbarschs – oder Huttsers – Schlagwort über ein vermeintliches Alphatreffen stieß in meinem Rückzug noch an meine Ohren und eröffnete Gedankenlöcher, die mir zuliebe lieber hätten verschlossen bleiben sollen.
⇸ Berge – Freie Gebiete
❝ she rememered who she was and the game changed ❞
Ich nickte auf Huttsers Worte hin. Die Zigeuner waren zumindest friedvoller als die Schattenwölfe was uns angeht dachte ich mir dabei und war innerlich gespannt wie die Entwicklung beim großen Treffen sein wird. Schließlich war auch schon einige Zeit vergangen und unser Rudel ist derweil stark gewachsen, auch wenn es recht schwierig war unsere Wölfe im Blick zu halten. "Ich hoffe das es dir gut gelingen wird. Mein Beileid nochmal." sprach ich ruhig und respektvoll zu Huttser. Das Keahi dabei war zu verschwinden fand ich jetzt nicht wirklich störend aber etwas schade, vielleicht hätten wir sie für unser Rudel gewinnen können.
>>Selbst wenn Hoffnung schwindet, darf man sie nie ganz aufgeben, dann findet sie zurück.<<
Die fremde Fähe ging, was im Moment für mich aber keine Rolle spielte. Ich nickte bei Huttsers Worten, wenn auch ein wenig zögerlich. "So lange sich nichts derartiges ereignet oder wiederholt, werden unsere beiden Rudel keinen Groll gegeneinander hegen." Ich hatte es absichtlich so ausgedrückt. Huttser wusste, was ich meinte und er wusste, dass ich es nicht gut gehießen hatte, was damals mit den zwei Jungwölfen passiert war. Ich beobachtete ihn genau. Ich wollte seine Reaktion sehen. Wie schnell würde er sich provozieren lassen und aus der Haut fahren? In welche Richtung hatte er sich weiter entwickelt? Hatte er das überhaupt?
Danke. Tayros Worte kamen mir ehrlich vor und genauso ehrlich meinte ich es. Es war schwer genug, zu versuchen das Rudel zusammenzuhalten, umso besser wenn die anderen Rudel keinen Stress auslösten. Bei Mareks Worten verengten sich meine Pupillen etwas und mir lief ein Schauder den Rücken hinunter. Gerne hätte ich Stellung bezogen, es lag mir förmlich auf der Zunge. Der Gedanke an Gin, dass er als einer der wenigen immer zu mir gehalten hatte, lies mich meine Worte runterschlucken. Ich nickte. Dir danke ich auch Marek. Ich werde jetzt weiterlaufen, damit ich schnell zurück nach Hause kann, ich werde dort gebraucht. Ich danke euch beiden für eure Zeit. Damit schüttelte ich mich, wandte den beiden Silberwölfen den Rücken zu und trabte davon.
Fast ein wenig beeindruckt, sah ich dem Rüden nach. Er hatte sich nicht provozieren lassen. "Was sagt man dazu?", sagte ich und sah Tay an. "Huttser als der neue Alpha. Ich frag mich, wie die Schattenwölfe reagieren werden." Bei dem Gedanken verfinsterte sich mein Blick. Die werden ganz und gar nicht froh darüber sein...
Ich nickte Huttser kurz zu, ehe ich ihm einen Moment nach sah und dann zu Marek schaute. Bei seiner Frage verkrampfte sich etwas mein Magen. Ich konnte nichts dafür, doch ich mochte diesen Schattenwölfen nicht weiter trauen, als man den eigenen Schatten sehen kann. "Das ist eine gute Frage. So wie ich sie kenne werden sie entweder schlucken und nicht erfreut sein oder etwas dummes und aggressives versuchen wie man es gewohnt ist. Alleine nachdem was deren Jungwölfe sich geleistet hatten und sie es nicht eingesehen haben. Wir sollten uns auf das schlimmste vorbereiten und auf das beste hoffen." ich pausierte kurz während ich über etwas nachdachte. "Vielleicht sollten wir das Rudel einmal zusammenrufen und zur Vorsicht alle zusammen trainieren wie wir uns und andere verteidigen. Wenn ich die Geschichten von Basta richtig in Erinnerung habe, sind wir Silberwölfe die Hüter des Tals. Wort sind definitiv besser als Krallen aber manchmal müssen wir handeln. Danach könnten wir welche auswählen die uns zum großen Treffen begleiten und andere auswählen die nochmal auf Jagd gehen." sprach ich meinen Vorschlag ruhig und respektvoll aus.
>>Selbst wenn Hoffnung schwindet, darf man sie nie ganz aufgeben, dann findet sie zurück.<<
Ich nickte. "Diejenigen von uns, die möchten", fügte ich hinzu und sah Tay an. "Lass uns zurückgehen und den anderen hiervon erzählen." Außerdem war es gut zu wissen, wer alles zugegen war.
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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15.06.2022 08:43
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