Zum einen weil ich seit längerem nicht mehr gejagt hatte und zum anderen, weil ich dafür Marco hätte alleine lassen müssen. Und das konnte ich nicht. Wenn er mit meinen Welpen unterwegs war, war das etwas anderes, aber auch da machte ich mir schon nach kürzester Zeit Sorgen. Wie ist das eigentlich bei dir? Hast du Welpen? Mercer war etwas jünger als ich, das war klar, aber damit war er trotzdem schon älter und sollte er Welpen gehabt haben, so konnten diese gut und gerne schon ausgewachsen und alleine unterwegs sein.

Ich kommentierte es nicht weiter. Seine Antwort war schlüssig und eine neue Frage warf sie nicht mehr auf.
Deshalb folgte ich Barbossa und dem kleinen Kaninchen schweigend. Erst, als er etwas wissen wollte, sprach ich wieder. "Nein. Ich habe keine Welpen.", gab ich leichthin zu und fügte wahrheitsgemäß hinzu, "Ich mag keine Fähen. Zumindest nicht im tieferen Sinne." Ich sah keinen Grund darin diesen Fakt zu verschweigen - Zumal es vielleicht ganz gut war. Sollte sich der Ältere nun vor mir ekeln, wäre ich immerhin noch nicht im Rudelgebiet und konnte noch einfacher meiner eigenen Wege gehen.
Dennoch betrachtete ich Barbossa aufmerksam und wartete auf seinen Reaktion. Wie auch immer sie ausfallen würde, ich würde sie akzeptieren.

Ich dachte einige Momente darüber nach was Mercer gesagt hatte, aber fand nicht, dass es mich besonders störte, dass er so fühlte, ich hatte bisher noch mit keinem Wolf engeren Kontakt gehabt der so war, aber am Ende war es doch egal für wen oder was man sich interessierte, solange man selbst damit zufrieden war und keinem schadete. Entsprechend reagierte ich darauf also nur mit einem akzeptierendem Nicken. Okay, also keine Welpen, sonst Familie?

Barbossa brauchte einen Moment.
Und als er akzeptierend nickte, glaubte ich ihm - In seinen bernsteinfarbenen zeigte sich nichts, was mich daran zweifeln ließ. "Nicht... direkt.", antwortete ich und zuckte leicht mit meinem rechten Ohr, "Ich habe einen Bruder und zwei Schwestern." 'Theoretisch zumindest' "Allerdings habe ich sie seit Jahren nicht gesehen. Ich werde es vermutlich auch nicht mehr. Inzwischen bin ich doch weit von unserer ehemaligen Heimat entfernt." Meine zwei Schwestern wollten damals immerhin beim Rudel bleiben und mein Bruder und ich waren irgendwann in zwei verschiedene Richtungen gestapft. Unwillkürlich fragte ich mich, ob meine Geschwister überhaupt noch lebten. Meine Eltern weilten mit Sicherheit nicht mehr unter uns - Wir waren ihr letzter Wurf gewesen und schon damals waren sie nicht mehr die jüngsten. "Ansonsten habe ich keine Familie."

Mercer war also offenbar völlig alleine unterwegs, keine Familie in der nähe auf jeden Fall, ein Rudel schien er ja im Moment auch nicht zu haben. So war ich auch eine ganze Weile herumgelaufen, ehe ich Marco gefunden hatte. Hattet ihr eine gute Beziehung zu einander?

"Ja.", antwortete ich und schüttelte mich leicht.
Meine Geschwister waren immerhin meine ersten Lehrer gewesen und ich hatte mich ihnen stets angepasst. Daher waren wir damals unzertrennlich gewesen - So hatten uns unsere Eltern zumindest immer genannt. Wirklich verstanden hatte ich es damals jedoch nicht, doch irgendwie hatten wir uns gut verstanden. "Mit meinem Bruder bin ich schließlich auch losgezogen. Doch unsere Wege haben sich getrennt, als er sich einem Rudel anschließen wollte.", fügte ich noch hinzu, obwohl seine Frage schon mit dem simplen "Ja" beantwortet war.
Es war stets besser mehr Informationen zu geben - Vor allem wenn sie mich nicht weiter betrafen und auch keine Schwachstelle offenbarten. Oft genug hatten sich früher Wölfe beschwert, dass man mir alles "aus der Nase ziehen musste".

Hm, und du hattest bisher kein Interesse an einem neuen Rudel? Das war durchaus etwas was ich nachvollziehen konnte, allerdings war ich ganz ohne ein Rudel aufgewachsen, das war wieder etwas anderes. Das Nebelrudel würde ich jetzt um keinen Preis mehr verlassen. Meinen Bruder hätte ich allerdings auch nie verlassen, wenn ich damals nur nicht darin versagt hätte ihn zu beschützen.

"Kurz nachdem ich mich von meinem Bruder getrennt hatte, wollte ich mich einem Rudel anschließen.", antwortete ich ehrlich, "Aber es hat einfach nicht gepasst. Auf beiden Seiten nicht." Damals konnte ich meine fremden Artgenossen noch nicht einschätzen und sie waren nicht bereit gewesen, mir meine Fehler zu verzeihen. Zumindest war das meine Einschätzung der Dinge. "Danach bin ich einfach immer weiter gezogen." Ich hatte es nicht nochmal versucht.
Allerdings war ich alleine glücklicher gewesen. Daher bereute ich meine Entscheidung keineswegs. "Hättest du dich einem Rudel angeschlossen, wenn deine Tochter nicht gewesen wäre?", fragte ich mit regen Interesse nach.

es lebt sich eben freier ohne Rudel. Das war die reine Wahrheit, selbst wenn ich mein Rudel liebte, so war man doch freier ohne, das war man allerdings auch ohne Welpen und nie im Leben würde ich meine Welpen gegen irgendetwas eintauschen. Sicher nicht, ich hatte vor diesem noch nie ein Rudel. Langsam näherten wir uns nun der Grenze unseres Revier sund überschritten sich dann auch rasch.
(Nebelwölfe/Wäldchen)

Nachdenklich folgte ich Barbossa. Ich stimmte seinen Worten zu - Obwohl ich nicht aus eigener Erfahrung sprechen konnte. Dennoch war es plausibel, dass man ohne Rudel freier war. Immerhin musste man sich als Streuner nicht zwingend anpassen - Ich konnte tuen und lassen was ich wollte, wenn ich nicht gerade mit anderen Wölfen sprach. Und auch dies war meine freie Entscheidung.
"Vermisst du etwas? Aus deinem Leben ohne Rudel?", fragte ich, als wir die Grenze überschritten und langsam vom Nebel umhüllt wurden.

>> Wäldchen (Nebelwölfe)

Erneut waren viele Tage und Nächte vergangen, seit @Lanessa und ich weitergelaufen waren, auf der Suche nach einem neuen Rastplatz und neuen Beutetieren, die wir während des Schneefalls erlegen konnten. Die letzte Beute war eigentlich viel zu lange her, doch versuchte ich das Knurren meines Magens zu ignorieren. Viel wichtiger war es für mich, dass Lanessa wieder etwas zwischen die Zähne bekam. “Achte darauf wo du hintrittst. Bei dem Schnee sieht man die Lücken zwischen den Felsen manchmal nicht so gut“, brummte ich in ihre Richtung und musste selbst darauf aufpassen wo ich meine Pfote als Nächstes am besten hinsetzte. Natürlich war mir klar, dass sie so was mittlerweile auch selbst wusste, aber ich konnte es nicht lassen ihr solche Ratschläge immer und immer wieder als großer Bruder zu geben.

Vorsichtig lief Lanessa hinter Thorin her. Diese Felsen waren ganz schön... unübersichtlich? Rutschig? Gefährlich? Irgendwas dazwischen beschrieb es ganz gut. Der Hunger und die Müdigkeit die sie verspürte würde sie jedoch nicht davon abhalten da sicher rüber zu kommen! "Ich weiß, Brummbär." sagte sie ein wenig frech auf seinen Ratschlag hin, denn immerhin konnte sie doch auf sich selbst auch aufpassen, vor allem beim laufen "Was denkst du, sind da im Fluss immernoch Fische? Oder sind die wohl weiter gezogen?" Ein wenig neugierig sah sie zum Wasser. Das wäre doch praktisch, nicht wahr? Nur... sehr kalt und auch wenn sie Wasser sehr mochte, wäre auch die Strömung einfach.... grausam. Also lief sie trotz der Frage einfach weiter, wobei sie kurz mit einer Pfote ausrutschte aber mit den anderen drei den Halt weiterhin hatte ehe sie weiterlief als wäre nichts passiert.

Das mit dem Brummbär ignorierte ich gekonnt, hatte sie immer wieder solche frechen Spitznamen auf Lager, denen ich aber oft keine große Beachtung schenkte. Während ich ihrer Frage lauschte, sprang ich auf den nächsten Felsen, kamen wir dem Boden immer näher, worüber ich auch ganz froh war, denn hier lag nicht nur eine dicke Schneeschicht, es war auch noch gefährlich rutschig, was mir absolut gar nicht gefiel. "Selbst wenn da Fische wären, bin ich mir sicher, dass die Strömung uns liebend gern gegen nächsten Felsen schleudern würde, sobald wir mit den Pfoten im Wasser sind", antwortete ich ihr und warf ihr über die Schulter hinweg einen mahnenden Blick zu, damit sie es gar nicht erst versuchte. Denn wenn sie ins Wasser sprang, würde ich sicher hinterher springen, mit dem kläglichen Versuch sie zu retten und am Ende wären wir Beide tot, wodurch wir beide nichts davon hätten. Doch dann schaute ich wieder nach vorne und machte einen letzten Sprung, wodurch ich endlich auf dem Boden landete. Ich machte zwei Schritte zur Seite und schaute zu Lanessa, ob sie alleine klar kam oder Hilfe benötigte. Auch der Gedanke Fisch zu fressen lies mich das Gesicht verziehen, aber immerhin war es besser als gar nichts. "Wir sollten dem Fluss folgen, vielleicht führt er zu einem Gebiet, wo wir uns ausruhen können", überlegte ich laut, wartete aber auch die Meinung meiner Schwester ab, da ich so etwas nicht alleine entschied und mir ihre Ansicht einfach wichtig war.

Kurz wartete Lanessa, bis Thorin vor ihr zum nächsten Felsen gesprungen war um seinem Pfad zu folgen, was für sie derzeit die einfachste und auch sicherste Variante war, denn dadurch wusste sie, dass der Weg auch so sicher war wie er hier eben sein konnte. "Ja, da hast du denke ich recht." stimmte die Wölfin ihrem Bruder zu und bemerkte dann seinen Blick "Keine Sorge, so verrückt bin nicht mal ich dass ich da rein springe." Lebensmüde war sie schließlich doch nicht. Ein wenig erleichtert sprang Lanessa vom letzten Felsen auf den Boden, neben Thorin, den sie aber fast erwischt hätte. Gekonnt. gab sie sich innerlich selbst ein Lob, was aber auch nur Glück war eigentlich. "Ja, vielleicht gibt es auch Stellen wo das Wasser ruhiger ist und Tiere zum Trinken her kommen." stimmte sie dem Vorschlag vor, denn schließlich hatten Beutetiere auch irgendwann durst, nicht wahr?

Ihre Aussage beruhigte mich etwas, dass sie es wirklich nicht versuchen wollte, doch lies ich mir das äußerlich nicht anmerken. Während ich auf sie wartete, hielt ich meine Schnauze in die Luft, ob ich fremde Wölfe wittern könnte, doch dem war nicht so, zumindest konnte ich keine frischen Gerüche wahrnehmen. Sobald sie neben mir stand und auf sicheren Pfoten stand, sah ich wieder zu Lanessa herüber. "Guter Einfall", brummte ich lobend, nickte zusätzlich zu meinen Worten und lies nochmal aufmerksam den Blick schweifen, ehe ich mich langsam wieder in Bewegung setzte. "Dann lass uns gehen." Ich hoffte nur, dass wir nicht blindlings in ein Rudelgebiet liefen, aber die Sorge hatten wir schließlich immer.

=> Lachsfluss