Immer?, dachte ich und lächelte müde, während Mama mich näher zu sich heran schob. Jagen, wie die Maus., wiederholte ich die Worte in meinen Gedanken und ließ noch einmal kurz erfreut meine kleine Rute hin und her schwingen. Mama ich habe eine Maus gefangen. , sagte ich schläfrig, als mir einfiel, dass ich ihr noch gar nicht davon berichtet hatte. Jetzt war ich zu müde und irgendwie wusste sie es ja ohnehin schon. Papa hatte es bestimmt erzählt. Und später würde ich auch noch genauer nachfragen, was ich da eben überhaupt gefressen hatte. Jetzt stupste meine Nase gegen den weichen Bauch der dunklen Fähe und als ich endlich gefunden hatte, wonach ich suchte, fing ich an zu saugen. Süß und warm schmeckte die Milch. Es dauerte nicht lange, da wurde das genüsslich Schmatzen leiser und ich schlief zufrieden an meine Mama gekuschelt ein.

Ich stimmte Bijou mit einem Nicken zu und beobachtete dann liebevoll lächeln wie Seth, der nach einigen entzückenden Versuchen es doch schaffte etwas von dem vorgekauten Fleisch zu fressen, sich an seine Mutter schmiegte. Offenbar hatte er noch Hunger und schnell hörte man wie er trank. Aber nicht lange, denn er schlief rasch ein, das kleine, erlebte Abenteuer hatte ihn sichtlich ausgelaugt. Das nächste Mal können sie alle etwas Fleisch probieren. Ich ließ mich nun auf Bijous anderer Seite nieder und begann ihr Fell mit meiner Zunge zu glätten. Jetzt aber zu einem anderen, genauso wichtigem Thema. Wie geht es dir? Bist du auch nicht zu müde? Brauchst du was?

Ich beobachtete skeptisch wie Seth etwas von diesem Fleisch probierte und trat näher. Unsicher schnupperte ich um den Geruch aus der Luft aufzuschnappen und hob dann den Kopf um Mama anzusehen.
Allerdings kribbelte es mir nicht unbedingt in den Pfoten das auch zu probieren.
Stattdessen gesellte ich mich zu Seth und begann ebenfalls bei Mama Milch zu trinken.

Eine ganze Weile beobachtete ich das Geschehen um mich herum aufmerksam. Ab und an kamen, mir unbekannte, Wölfe hinzu und schienen sich zu streiten. Worum es dabei ging verstand ich nicht. Ich hielt mich nah bei Mama auf und vermisste sie schmerzlich, als sie für einen Moment verschwand. Als sie wieder da war und uns zurück in die Höhle brachte, kuschelte ich mich ein und schlief. Ich wusste nicht wie lange, aber es musste eine Ewigkeit gewesen sein. Als ich erwachte knurrte mein Magen unerträglich. Die anderen waren bereits wach und ich trat vor die Höhle, um zu sehen was sie taten. Ich hörte Seth von einer Maus sprechen und fragte mich was das wohl sein mochte.. Doch meine Gedanken wurden unterbrochen. Papa brachte ein großes Stück Fleisch und ich begann es ausführlich zu untersuchen. Neugierig nagte ich an dem merkwürdigen Ding - es roch gut. Leider waren meine Zähne noch nicht in der Lage die Haut zu durchdringen und so blieb mir nichts als ein Maul voller Fell. Angestrengt fletschte ich die Zähne, schüttelte den Kopf und versuchte das lästige Fell aus meinem Maul zu entfernen. Schließlich gab uns Mama etwas von ihrem Fleisch ab und ich beäugte es neugierig. Es war nicht so zäh und fest wie das größere Stück. Mit spitzen Zähnen versuchte ich mich daran. Es schmeckte eigenartig, ganz anders als die warme Milch, die Mama und sonst gab, aber es war köstlich! So gut ich konnte zerkleinerte ich die bereits vorgekauten Brocken und sah dabei sicherlich alles andere als elegant aus.

Mamas Frage fiel mir schwer zu beantworten, weshalb ich nur ein schwer deutbares “Hm” von mir gab. Als die Welpen aus ihrer Höhle befördert wurden, nahm ich unmittelbar einige Schritte Abstand. Ich wollte nicht noch mehr mit diesen unangenehmen Gefühlen konfrontiert werden. “Ich gehe etwas jagen. Für das Rudel,” erklärte ich Mama. “Keine Sorge, ich bleibe in der Nähe.” Mit diesen Worten drehte ich mich um und verschwand vom Platz, an den ich gerade erst zurückgekehrt war.

Ich brauchte eine ganze Weile, um ein geeignetes Opfer zu finden. An große Tiere wie Rehe wagte ich mich noch nicht alleine heran. Die Kälte hatte viele kleine Tiere in ihre Höhlen vertrieben.
Ein Raubvogel pickte an einem kleinen Kadaver herum. Eine Maus oder so. Ich pirschte mich an ihn heran und erlegte ihn ohne große Probleme mit einem kräftigen Biss. Von einem Vogel würde aber nicht mal ich selbst satt werden, also drehte ich noch eine weitere Runde.

-> Revier der Schattenwölfe/Schwarzbach

"Ich weiß mein Schatz." antwortete ich Seth und schleckte dem jungen Rüden über den Kopf. "Und wenn du wach bist, dann kannst du mir genaueres erzählen... oder es mir direkt zeigen." Für einen Moment ließ ich meinen Blick auf dem Wolf ruhen, ehe ich mich meinen anderen Welpen zuwandte. Vollo hatte Seth ziemlich kritisch dabei beobachtet. Anstatt jedoch vom Fleisch zu probieren, gesellte er sich lieber zu seinem Bruder. Ich kniff auch hier wieder die Augen zusammen. Die Zähne der Welpen wurden immer spitzer, mittlerweile war das saugen nur noch eine Tortour, die ich über mich ergehen ließ. Angenehm war es schon lange nicht mehr. Vitani dagegen war da schon etwas neugieriger. Anstatt zu warten, bis ich das Fleisch vorgekaut hatte, hatte sie sich bereits ein Stück geangelt und begann darauf rumzukauen, doch die spitzen Zähnchen waren noch nicht stark genug für das feste Fleisch. Sie ließ daher ziemlich schnell davon ab und wandte sich dem durchgekauten Stückchen zu. Hoffnungsvoll beobachtete ich sie dabei, dass sie sich bald äußert, ob es ihr schmeckt - während ich Dashs Fragen beantwortete. "Danke, aber mir gehts nach meinen Ausflug wieder richtig gut. Es hat gut getan wieder ich selbst sein zu dürfen und über meine Zeit selbst bestimmen zu können." antwortete ich ihm ehrlich. Die Welpen hatten mich verändert, trotzdem freute ich mich darauf, bald meinen Körper wieder alleine für mich zu haben. "Und wie gehts dir?"

Im Gegensatz zu Vollo und Seth war Vitani noch nicht zu den Zitzen seiner Mutter zurück gekehrt, ihr schien es sehr gut zu schmecken und sie richtete eine richtige Sauerei dabei an. Ich schnaubte amüsiert und lehnte mich vor, um ihr kurz ihre Schnauze sauber zu schlecken, ehe ich mich wieder Bijou zuwandte und ihr lauschte, wie sie auf meine Frage antwortete. Diese Möglichkeiten werden jetzt sicher immer häufiger, die Kleinen wachsen rasant. Ich lächelte liebevoll, als ich an unsere Welpen dachte, und sah dann nachdenklich drein. Wie geht es mir? Das war für mich eine recht seltene Frage und ich musste ernsthaft darüber nachdenken, auch wenn ich sowieso nur wieder zu dem kam was ich sowieso immer behauptete, ich wusste es sowieso nicht besser, mir fiel nichts ein. Gut. Mir geht es gut. Wie denn auch nicht, wenn ich bei dir und den Welpen ging?

Innere Wärme hüllte mein Herz ein, als Dash davon erzählte, es ginge ihm gut, solange er bei mir und den Welpen war. Schüchtern lächelte ich ihn an, ehe ich den Blick wieder abwandte. "Sie sind so wahnsinnig groß geworden." murmelte ich zu dem Rüden und robbte ein Stück näher heran, bis meine Schnauze sein Brustfell berühren konnte. "Wir müssen sie lehren zu jagen, damit sie in dieser Welt selbst überleben können. Und irgendwann müssen sie auch lernen zu kämpfen. Draußen lauern Gefahren. Sie müssen lernen ihre Eigenschaften für sich zu nutzen." Vorsichtig legte ich die Schnauze ab, sodass ich nun Flach vor Dash lag. "Wir brauchen einen Plan." Ich brauche einen Plan. Damit ich bald wieder mein eigenes Leben für mich habe, dachte ich und seufzte leise. Wenn die Welpen mal selbstständig waren, würde Dash dann bei mir bleiben?

Ohne darüber nachzudenken legte ich meine Schnauze sanft auf Bijous Kopf ab, als sie so dicht bei mir war, und lächelte dabei leicht, aber zufrieden. Es geht so schnell, oder? Es fühlt sich an als wären sie erst gestern zur Welt gekommen. Doch nun fingen sie schon an Fleisch zu fressen und sich für die Jagd zu interessieren. Bijou hatte völlig recht, es wurde höchste Zeit, dass wir ihnen weitere Dinge lehrten. Wollen wir die beiden Themen aufteilen oder beide gemeinsam übernehmen? Das war die erste Sache die mir dazu einfiel, wie wir das ganze einteilten um möglichst sinnvoll zu sein.

Papa beugte sich zu mir herüber und schleckte mir über den Fang. Widerwillig schüttelte ich den Kopf und legte die Ohren an. Zwar genoss ich insgeheim diese Zärtlichkeiten, doch war ich mir auch bewusst, dass ich jetzt schon groß war. Ziemlich groß sogar. Ich aß sogar dasselbe was die großen aßen! Stolz bei dem Gedanken setzte ich mich aufrecht hin und streckte die Brust gerade heraus. Es dauerte allerdings nicht lang, da lenkten Mama und Papa meine Aufmerksamkeit erneut auf sich. Jagen? Ich wollte unbedingt lernen zu jagen! Aufgeregt sprang ich näher an die beiden heran und drängelte mich zwischen sie. "Ich möchte auch mit!" wuffte ich hektisch und blickte vom einen zum anderen. "Wo gehen wir hin? Wann geht es endlich los?!"

Langsam erwachte ich aus dem erholsamen Schlaf. Es war so gemütlich an Mamas warmen Fell und - da war noch jemand. Mit geschlossenen Augen schnupperte ich mit meiner Nase und wusste sofort, dass Vollo neben mir lag. Kurz kuschelte ich mich gegen meinen Bruder, ehe ich ein protestierenden Knurren von mir gab. Denn Vitani war offensichtlich wegen irgendetwas sehr aufgeregt und die Ruhe war dahin. Mit einem Auge blinzelte ich vorsichtig zu ihr, ehe ich mich ausgiebig streckte und einmal herzhaft gähnte. Ich war wach! Aufrichten wollte ich mich jedoch noch nicht. Stattdessen lag ich jetzt so, dass ich Papa und Vitani sehen konnte und schmiegte meinen Kopf an Mamas warmen Bauch.

Die Augen halb geschlossen genoss ich die Nähe zwischen Dash und mir für einen Moment, ehe ich ihm antwortete:
"Wir können es gerne aufteilen oder auch zusammen machen." erklärte ich mit einem Lächeln. "Und wir müssen ihnen dringend zeigen, wie sie die Grenzen erkennen. Wir können sie nicht ewig auf dem Rudelplatz halten. Zumindest im Revier sollten sie sich bewegen können."
Vitani war sofort Feuer und Flamme beim Thema jagen. Schmunzelnd schleckte ich meiner Tochter über die Schnauze. "Bald meine Kleine." Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie auch Setz langsam erwachte, sich aber näher an mich rankuschelte und die Situation beobachtete.

Ich glaube gemeinsam ist gut. Ich verbrachte gerne Zeit mit Bijou und wenn wir zusammen arbeiteten konnten die Welpen viel mehr verschiedene Sichten und Taktiken erlernen. Stimmt, das ist besonders wichtig. Vor allem sollten sie nie versehentlich in ein Revier von den anderen stolpern. Was die anderen Rudel unseren Welpen antun könnten wollte ich mir gar nicht vorstellen, doch jeden der sie auch nur schief ansah würde ich ohne zu zögern in der Luft zerreißen. Seth schien nun ebenfalls aufgewacht zu sein, war aber bei weitem nicht so aktiv wie Vitani, die sich zwischen Bijou und mich zwängte und aufgeregt mehr Informationen verlangte. Ich lachte leise auf und stupste unsere Tochter mit der Schnauze an. Wirklich bald, so schnell kannst du gar nicht schauen.

"Bald" Sichtlich enttäuscht ließ ich mich auf die Hinterläufe plumpsen und legte die Ohren an. Ich wollte nicht warten, sowas langweiliges.. Noch während ich angestrengt überlegte, wie ich meine Eltern dazu überreden konnte, das wir lieber sofort damit anfangen sollten, erregte ihr Gespräch wieder meine Aufmerksamkeit. Die Anderen..? Meine Ohren schnippten wieder nach vorne und ich blickte erwartungsvoll zwischen Mama und Papa hin und her. "Wer sind die Anderen?" fragte ich neugierig. Mir war nicht bewusst gewesen, dass es noch mehr Wölfe gab, als die, die ich bereits kannte.

Auf dem Rudelplatz war ein bisschen Ruhe eingekehrt. Aylia und die Jungs waren aufgebrochen und aus der Alphahöhle konnte ich dumpf die Stimmen von Bijou und meinem Bruder ausmachen. Zum ersten mal seit einer Ewigkeit ließ ich mich auf den Staubigen Boden sinken und streckte mich auf der Seite aus. Mit einem tiefen Seufzen, das alle Anspannung der letzten Monate aus meinem Körper entfernte, schloss ich die Augen und ruhte mich aus.