Ich hörte zu und nickte gelegentlich. Wieder dauerte es eine Weile, meine Worte und Gedanken zu sammeln. Sich allem Entgegenzusetzen wäre nicht sehr sinnvoll, das stimmt wohl. Ich blickte die Fähe an, die mir gegenüber war und mich anschaute. Ich vertraue Arctica. Ich vertraue Dash - wohl dem ganzen Rudel. Das ist wichtig und gut so. Sonst wäre ich nicht hier geblieben. Ich wäre mit meinem Vater gegangen. Ein Gedanke überkam mich, der mich schaudern ließ. Wenn es einen Krieg geben würde... Wenn mein Vater in einem Rudel wäre, das einen Konflikt mit unserem hat - ich müsste ihn töten, oder?

Meine Ohren drehten sich. Ich wusste nicht einmal ob ich unruhig war oder schlichtweg nachdenklich. Wohlmöglich aber beides. Lass es mich anders formulieren. Ich müsste ihn sterben lassen. Auf dem einen oder anderem Wege. Für das Wohl unseres Rudels.

Wieder nickte ich. Es fühlte sich an, als würde etwas in mir erkalten. Okay. Ich sah die Wölfin eindringlich an. Ich würde es tun. Für das Rudel würde ich.

Ich musste über ihre Aussage schmunzeln, obwohl mich meine eigenen Worte etwas erstaunt zurückließen. Hab ich das gerade wirklich gesagt? Ich schüttelte kaum merklich den Kopf und lief Aylia nach. Natürlich, lass uns das machen, sagte ich.

Ich sah einen Moment von Bijou weg, als Aylia und Corvin zu uns kamen, auf der Suche nach einer Aufgabe. Es gab genug zu tun und auch ich würde mich bald wieder aufmachen müssen, selbst wenn ich am liebsten bei Bijou und den Welpen geblieben wäre. Ich dachte einen Moment nach und nickte dann. Die Grenzen müssen neu markiert werden, das könnt ihr machen, und wenn ihr auf dem Weg Beute findet scheut euch nicht sie mitzubringen. Ich sah wieder zur Mutter meiner Welpen zurück, vor der Antwort an sie hatte ich mich gescheut. Es fiel mir schwer andere an meinen Gedanken teilhaben zu lassen, jedenfalls andere außer meinen Bruder, doch auch mit diesem musste ich vorsichtig umgehen und durfte nicht alles sagen. Ich wartete noch kurz bis die allgemeine Aufmerksamkeit sich von mir abgewandt hatte, ehe ich sprach. Du hast recht, wir sollten dem Rest des Rudels auch bescheid geben, aber ich glaube den Welpen sollten wir das ganze separat erklären, sie sind noch zu jung um das sonst zu verstehen. Ich warf einen Blick zu den Kleinen, die am Rudelplatz verteilt waren, doch ich sah sie nicht wirklich, ich fühlte mich abwesend, als wäre ich nicht wirklich in meinem Körper. Wir werden uns ruhig verhalten und keine Kämpfe beginnen. Es liegt in Huttsers Pfoten was er tut, aber sobald er uns reizt... Ich denke nicht, dass wir eine andere Wahl haben als zu kämpfen.

Am Dunkelfelsen haben Miro, Polaris und ich das mehr als ausgiebig getan. Wir sollten also wohl eher die anderen Grenzen erneuern, schlug ich Aylia vor und sah sie abwartend an.

Immer noch irritierten mich die Welpen, anscheinend waren sie von Onkel Dash und der schwarzen Wölfin die aussah wie Papa. Als Aylia Corvin Angriff wollte ich gerade dazwischen springen, aber sie stoppte ihn nur beim herum drehen. Dem Gespräch das folgte, hörte ich mit halben Ohr zu und grüßte meine Mutter. Meine Rute wedelte, ich hörte aber dabei auf weil es sich albern anfühlte. Ich war schließlich kein Welpe mehr.
Aylia und Corvin waren aufgestanden und mit Verzögerung sprang ich ihnen nach. Ich möchte mit kommen, hier sind Welpen und damit kann ich nichts anfangen. Erklärte ich ernst. Dann sah ich Onkel Dash an und zuckte unsicher mit einem Ohr. Also ich meine, nette Welpen Onkel Dash. Aber ich will lieber erwachsenen Aufgaben erledigen. Erklärte ich mit so viel Würde wie ich besaß.

Aylia tauchte wieder neben uns auf, im Schlepptau den nervigen Jungwolf. Wie viele Stunden meines Lebens hatte ich damit verbracht ihn und auch die Nachkommen von Billy zu suchen und nach Hause zu bringen. Man konnte sicherlich nachvollziehen, dass ich beim Anblick des Wolfs seufzte. Ich empfand ihn als anstrengend, aber er war ein Rudelmitglied und somit eben Familie. Also lächelte ich, auch wenn mein Lächeln krampfhaft wirkte. Dash verteilte eine Aufgabe, ehe er sich wieder mir zuwandte und ich mich aus meiner eigenen Gedankenwelt herauskämpfen wollte. Auch wenn wir alleine waren, so war dies wieder einmal ein schlechter Zeitpunkt anzusprechen, was das zwischen uns war. Vermutlich hätte jeder andere sich seinen Teil dabei gedacht, immerhin hatten wir Welpen zusammen - doch ich wollte, dass er es aussprach. Ich wollte wie eine Prinzessin behandelt werden und ich wollte, dass alle sahen, dass ich zu ihm gehörte. Doch momentan musste ich mich mit kleinen Gesten zufrieden geben. Und eine dieser Gesten war, dass er mir nun wirklich sein Herz ausschüttete. Vielleicht nicht ganz, doch immerhin offenbarte er einen Teil seiner Seele und ich hörte aufmerksam zu. "Mir ist es trotzdem wichtig, dass sie sich im Rudelgebiet aufhalten. Und niemals sich mit Wölfen anderer Rudel abgeben. Sie sollen ihnen aus dem Weg gehen." erwiderte ich. Aber Dash hatte Recht, momentan konnten wir nichts machen außer abwarten. Ich war gespannt, wie Huttser war und bereute es, dass ich nicht mit zum Alphatreffen konnte. "Lass mich auch etwas machen Dash. Die Welpen kommen ein paar Stunden ohne mich klar und ich möchte nicht nur am Rudelplatz abhängen und warten." meinte ich sanft zu ihm.

Ich sah einen Moment zu Miro und schenkte ihm ein Nicken des Verstehens und der Erlaubnis sich den anderen beiden anzuschließen. Vermutlich verstand er noch nicht wie wichtig Welpen für ein Rudel waren und wie erwachsen und wichtig es eigentlich war auf sie aufzupassen. Doch er war noch jung, vielleicht würde er es eines Tages lernen. Oder auch nicht, man würde es sehen. Bijou antwortete mir prompt und ich konnte ihr auch nur zustimmen, dass unsere Welpen keinen Kontakt mit den anderen Rudeln haben sollten, es war zu gefährlich, vor allem wenn man bedachte wie völlig unverantwortlich sie sich momentan verhielten. Du hast recht, die Lage ist im Moment viel zu gefährlich und unübersichtlich. Ich sah wieder nach vorne, diesesmal zu der Weide unter der wir als Welpen immer geschlafen hatten. Bist du sicher? Welpen brauchen ihre Mutter und sie sind noch so klein. Das wusste ich nur zu schmerzlich genau. Sicher, Bijou wollte nicht lange fort sein und die Kleinen waren ja auch nicht so alleine wie wir es damals gewesen waren, trotzdem weckte Bijous Bitte Erinnerungen an mir, die ich gerade wirklich nicht brauchen konnte.