Ich sah Boreas dankbar an. Dass er hier war und helfen wollte, rechnete ich ihm hoch an. Auch Ambi war eine gute Seele. Mit einem leichten Lächeln lief ich auf sie zu, um zu meiner Tochter zu gelangen. Sanft schmiegte ich meinen Kopf an den winzigen Welpen. "Es wäre schön, wenn ich ein wenig mit meiner Tochter und...Rey alleine sein könnte. Es wäre schön, wenn du dich um Naila kümmern würdest, Ambi. Ich bin euch zu Dank verpflichtet", sagte ich sanft und dankbar. Ich war noch nicht bereit, Rey loszulassen. Rebell sollte auch die Chance bekommen, sich von seiner Mutter zu verabschieden.
Gleich als der große Rüde auf mich zukam, stellte ich meine Pfoten auseinander, sodass die Welpin wieder krabbeln konnte und Marek an sie heran kam. Selbstverständlich, meinte ich leise und legte ergeben die Ohren an. Reyleigh war meine Freundin gewesen und ich würde ihre letzte Bitte nicht unbedacht lassen. Sie hat leider nicht viel Zeit,.. wir bleiben also in der Nähe, wenn du gestattest. Vorsichtig erhob ich mich wieder auf meine Läufe und trat ein paar Schritte zurück, um Naila gänzlich frei zu geben und meinen Gefährten anzustupsen.
Meine Ohren legten sich an, als noch mehr Wölfe im Tal in das Heulen einstimmten oder es fortsetzten. Leise seufzend kuschelte ich mich enger in Dashs Fell. Es störte mich nicht, dass er ein Schattenwolf war, dass er meine Tränen sah oder meine Trauer miterlebte. Er war da und nur das zählte. Er ist die ganze Zeit schon da. Der Gedanke erwärmte meine Brust und vertrieb die Hoffnungslosigkeit, die das Verschwinden meiner Eltern und der Verlust von Tante Rey hinterlassen hatten. Danke, flüsterte ich leise und verbarg mein Gesicht wieder in seinem hellen Fell, um Ruhe zu finden.
Noch einmal sah ich Marek an, ehe ich Boreas zum Rand des Rudelplatzes folgte. Geh ruhig zu den Unseren, meinte ich dort leise und leckte meinem Gefährten über die Schnauze. Ich werde bleiben und folge mit Naila sobald es geht, versprach ich. Saikko war bestimmt mächtig sauer auf mich, weil erneut etwas unsere Kräutersuche unterbrochen hatte.
Ich wurde wieder frei gegeben. Ich tapste umher, immer noch auf der Suche nach dem wichtigen Ding. Irgendwas großes (Pfote von Marek) lag plötzlich im Weg. Als ich daran schnupperte sagte mir etwas, dass auch dieses Ding wichtig war, zwar nicht so Wichtig, wie das Ding dem es nicht gut ging, aber wichtig. Mühsam zog ich mich rauf. Oben hob ich den Teil von mir mit der Öffnung und Quiekte auffordernd. Wenn es auch wichtig war sollte es mich zu dem anderen wichtigen Ding zurück bringen!
Ich lächelte. Naila war wunderschön. "Ich verspreche dir, dass alles gut werden wird", flüsterte ich ihr zu und schleckte ihr über den Kopf. Dann ging ich mit ihr zu Rey. "Deine Mutter war die schönste Wölfin auf dieser Erde. Stark, mutig, liebevoll und jeder hat sie geliebt." Verletzt sah ich auf Reys Körper hinab. Es war mir als wäre eine Hälfte von mir gestorben. Ein Teil von mir war gestorben...
Ich kam am Rudelplatz an. Viele Wölfe waren hier, doch meine ganze Aufmerksamkeit galt meiner Mutter. Ihr schwarzer Körper, der schlaff auf dem Boden lag. Blut um sie herum und Papa mit einem kleinen Wollknäuel vor sich. "Mama!" Tränen traten mir in die Augen. Ich rannte zu ihr. "Mamaa!" Weinend drückte ich meine Schnauze in ihr Fell. Das darf nicht sein. Das ist nur ein Traum. Bitte! Lass das nicht passiert sein.
Mit Tränenverschleiertem Blick sah ich zu Papa und den Wollknäuel hinüber. "Was ist passiert?", fragte ich mit einem Schluchzen und hasste mich dafür, dass ich nicht ruhig bleiben konnte.
Ich sah Rebellen sanft an. "Deine Mutter hat deine Schwester geboren und die Geburt nicht überstanden", sagte ich vorsichtig. "Das hier ist Naila", erklärte ich und deutete auf den Welpen vor mir.
Fassungslos sah ich Naila an. Meine Schwester... dachte ich tonlos. Hilfesuchend sah ich wieder zu Mama, doch was könnte sie nun schon tun. Da , wo sie jetzt war, könnte sie nichts mehr für mich zu tun.
Ich runzelte die Stirn bei Rebells Blick. Dann ging ich näher zu ihm. "Ich möchte Rey im Sonnental begraben. Kannst du deine Schwester nehmen. Dann nehme ich Rey", sagte ich mit brüchiger Stimme.
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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15.05.2017 00:03
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