Ich sah Marek an wie er dort lag und seiner Trauer nachgab. Ich kannte das Gefühl.
Sein Schmerz durchfuhr mich in diesem Moment genauso und ich war unfähig seinen Schmerz zu lindern.

Vorsichtig zog ich mich mit Naila zurück, als sie zu mucken und zu zappeln begann. Shhshh, machte ich leise und zog mich weiter mit der Tochter zurück, bis mein Hintern gegen Boreas stieß. Winselnd drehte ich mich mit Reys Welpen im Maul zu ihm um. Sanft legte ich Naila zwischen meine Pfoten, ehe ich mich ebenso trauernd an meinen Gefährten schmiegte. Können wir ihnen nicht irgendwie helfen?, fragte ich leise und unterbrochen von Schluchzen.

Ich nickte.
Langsam ging ich zu Reys leblosen Körper. Sanft schob ich mich unter ihn und wuchtete sie auf meinen Rücken, bevor ich mich an Marek wande.
Wo soll deine Rey ihre letzte Ruhe finden Marek. Ich kümmere mich darum, dass alle Wölfe des Tals einen Ort finden, an dem sie sich verabschieden können.

Als ich abgesetzt wurde versuchte ich zu dem Ding zurück zu kommen. Da ich nicht wusste wo es war kroch ich in irgendeine Richtung. Als plötzlich nichts mehr um mich herum zu sein schien fing ich laut ab zu fiepen (so laut ein Welpe mit ein paar Minuten halt kann). Ich kroch trotzdem weiter. Irgendwo musste das Ding sein! Und es musste zu mir! Es musste einfach!

Doch er rührte sich nicht. Verzweifelt sah ich wieder Tante Rey an, stupste immer wieder gegen ihren Hals und beschmierte mich so mit ihrem Blut. Tante Rey, flehte ich flüstertend und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Sie bewegt sich nicht. Hilflos sah ich mich unter den Anwesenden um. Was passierte hier bloß? Wieso wachte sie nicht mehr auf? Nein, bitte.. das kann doch nicht richtig sein. Ich schüttelte den Kopf und suchte den Platz nach Tante Toooh ab. Doch sie war nirgends zu entdecken. Und dann war da plötzlich der große Graue, der mich an die Seite drängte und Tante Rey auf seinen Rücken wuchtete. Ein Regentropfen landete auf meiner Nase und floss herab. Noch immer rührte sich Tante Rey nicht und der Welpe bei der Fremen war einfach nicht still. Langsam trat ich den Rückwärtsgang an und schob mich wieder zwischen den Wölfen hindurch, bis ich am Rand des Rudelplatzes ankam. Und dann war da Papas Heulen. Taurig hielt ich inne und sah zum Himmel, ehe ich ganz automatisch meinen Fang hob und mit in sein Heulen einstimmte. Laut und voller Kummer.

Als Reys Körper plötzlich abhob sah ich auf. Ein Rüde hatte sie auf seinen Rücken geladen. Ich sah zu dem Rüden, den er Marek genannt hatte. Bitte... bitte begräbt sie wo... wo ich sie auch besuchen darf... sagte ich tränenerstickt. Ich bemerkte Arrikus Geruch und drehte meinen Kopf in die Richtung. Meine Familie lag am Rand des Lagers. Ich konnte Rey nicht mal erzählen, dass Arriku es schafft, dass die Stimme leise ist... Ich sah nochmal zu den beiden Rüden vor mir. Bitte... bitte versprecht mir... dass ich sie besuchen darf...

Immer wieder zog ich Naila zurück zwischen meine Pfoten, wenn sie es geschafft hatte, sich einen Zentimeter vom Fleck zu ruckeln. Sanft leckte ich ihr über den Rücken. Ssh.. ruhig, schlaf meine Kleine. Was sollte ich nur tun? Die Kleine brauchte Milch.. und der Rudelplatz war nur mit Wölfen gefüllt, die dem Geruch nach nicht zu den Silberwölfen gehörten. Nur die junge Wölfin, die nun kummervoll zu heulen begann. Ob ich sie mitnehmen sollte? Ob Lina etwas dagegen hatte? Langsam versiegten meine Tränen und machten der Trauer um die verlorene Freundin Platz. Nun hatte ich nur noch Fauna außerhalb des Rudels.. und Anthony, falls er noch im Tal war. Ich schluckte und leckte Naila weiter über den Rücken, zog sie an meinen Bauch heran und führte sie zu meinen eigenen Zitzen. Saikko hatte heute morgen noch getrunken und die Hoffnung, dass meine eigene Milch noch nicht gänzlich versiegt war, bestand noch.

Ich blieb abseits stehen und wartete auf Dash. Als ich mich umsah merkte ich das es nicht unbedingt gut war herzukommen.

Ekkis Heulen war ertönt als wir schon ganz nahe gewesen waren. Ich war schneller geworden und stürzte zu der anderen Jungwölfin hinüber. Als ich näher kam wurden meine Schritte aber langsamer. Ich roch Blut und sah eine schwarze Fähe auf dem Rücken eines großen grauen Rüdens liegen. Alle weinten oder schienen zumindest zu trauern. Die Fähe war tot. Neben Ekki blieb ich erstarrt stehen. Tot. Das war das erste mal das ich einen toten Wolf sah. Ihre Augen waren Ausdruckslos und starr, der Körper schlaff und dass Fell stumpf. Tante Rey? Das... das muss sie sein aber... warum ist sie...

Ich brach mein Heulen erst ab, als Dash neben mir erschien. Dash, flüsterte ich erstickt und lehnte mich augenblicklich gegen ihn. Der Tod von Tante Rey überschattete völlig die Freude, dass ich nun wusste, dass Papa noch lebte. Weinend vergrub ich mein Gesicht im Fell seiner Flanke. Erst als ich Onkel Mareks Stimme wieder vernahm, sah ich zu dem Alpha zurück.

Dash... ich wusste wir sollten nicht hier sein. Nicht jetzt. Marek würde mich töten wenn ich nur ein Falsches Wort von mir geben würde.

Tränen füllten wieder meine Augen, als Marek zu sprechen begann, und ich schluckte. Ich kümmere mich so lange um eure Tochter, bot ich an und legte die Ohren an meinen Hinterkopf.

Immer wieder würde ich zurückgezogen. Irgendwann wurde ich an eine warme Wand gesetzt, an der kleine Erhebungen waren. Etwas sagte mir, dass ich an diese Wand gehörte, aber gleichzeitig, dass es die falsche Wand war. Ein schwacher Geruch, der meine Aufmerksamkeit erregte brachte mich dazu still sitzen zu bleiben. Er drang aus den Hügeln in der Wand. Ich wüsste, dass ich diesen Geruch mochte, aber er war sehr schwach. Unsicher schnupperte ich daran. Ich wusste nicht, was ich damit machen sollte. Es war nicht so, wie es sein sollte. Mein Instinkt sagte mir, dass der Geruch viel stärker sein sollte. Ich stieß ein erneutes Quieken aus, ehe ich meine Pfötchen vorsichtig seitlich von dem Hühel platzierte und zögerlich anfing daran zu saugen. Es kam nicht recht viel raus, weshalb ich bald wieder aufhörte. Erneut versuchte ich von dieser Wand weg, du dem Ding zu kommen, das sich so wichtig anfühlte.

Ekki kuschelte sich an mich und weinte. Chryso wurde so unwichtig wie Staub in meinem Fell. Sacht schleckte Ich Ekki über die Ohren und löste mich somit aus meiner Starre und meinen Blick von dem leblosen Körper. Ich brummte leise und, zumindest hoffte ich das, beruhigend. Als sie ihren Alpha ansah tat ich das nicht, sondern sah nur Ekki an. Ich wollte nicht das sie weinte, traurig war oder litt.