Als Emfan einfach so tat, es wäre alles in Ordnung, war ich komplett baff. Vollkommen überrascht und paralysiert starrte ich ihm nach. Das ist nicht richtig, sprach ich zu mir selbst, nicht sicher, wie ich mich in dieser Situation fühlen sollte. Was hatte Emfan vor? Es machte für mich keinen Sinn. Ich stand auf und blickte ratlos zu Leevi, dann zu Luen. Luen sah zugerichtet aus, doch er machte nicht den Anschein, als hätte er starke Schmerzen. Vielleicht suchte ich in Leevis Blick die Erlaubnis, mich weg zu bewegen. Ich duckte mich etwas und schlich Emfan kurzerhand hinterher.

>> Rudelplatz der Schattenwölfe

Um ehrlich zu sein hörte ich Morgana kaum zu. Nein meine Gedanken beschäftigten mich viel mehr und erst als Emfan zum Sprechen kam sah ich auf. Er wirkte abwesend, ruhig und nicht so aufbrausend wie sonst. Seine Worte jedoch saßen tief denn nach ihnen erhob er sich. Nicht ein mal hatte er zu mir gesehen, kein Wort verloren und nur Luen anscheinend zu verstehen gegeben, dass er auf ihn zurück kommen würde. Stumm sah ich ihm hinterher, erstaunt, doch eher beleidigt. Auch Aylia war ohne Wort oder Mimik verschwunden. Mein Blick wandte sich zu Nanouk und er ebenso ratlos, doch einmal durchgeatmet nickte ich und sah auch ihn von dannen ziehen. Wortlos sachte mit den Kopf schütteln sah ich wieder nach vorne zu Luen, dem es nicht anders zu ergehen schien.

Mit großen Augen sah ich dem schwarzen Schatten nach, als er sich so wortkarg davon schlich. Ich konnte nicht verhindern, dass sich mein Nackenfell aufstellte, als er zwischen uns und dem Zigeuner vorbei lief, doch ich nutzte die Gelegenheit, um mich nach unseren Jungwölfen umzusehen. Keiner hatte ein Wort gesagt, keiner war gegangen und ich war sichtbar erleichtert, dass Garm nun bei Aski saß. Als Marek das Wort wieder erhob, sah ich zu Boreas, der sich gerade erhob und einen Vorschlag unterbreiten wollte. Meine Ohren drehten sich zurück, als die beiden anderen Schattenwölfe, die hinter Emfan gesessen hatten, ebenfalls gingen. Nur die graue Fähe hinter Luen blieb und ich fragte mich abermals, was es wohl zu bedeuten hatte.

Mein klopfendes Herz hatte sich gerade beruhigt gehabt, als Emfan einfach aufstand, meinte, dass es nichts zu sagen gäbe und mit einem Blick zu mir ging. Mein Maul öffnete sich ein Stück, mein Herz begann wie ein Vogel zu flattern und schien mir aus der Schnauze springen zu wollen. Und dann war er weg. Was war das? Sprachlos sah ich dem schwarzen Rüden nach, als ich auch schon das Knurren von Marek vernahm und mich widerwillig von dem Verbündeten abwandte. Mein Nackenfell plüschte sich ganz leicht, doch es würde wohl nur Leevi sehen, die hinter mir saß. Alle Aufmerksamkeit war wieder auf Marek und den Bergwolf gerichtet und so folgte auch mein Blick.

Ich tratt vor.
Die Menschen sind ein Gegner, der uns an Kraft und Anzahl überlegen ist.
Sie verfügen über Hilfsmittel um uns außer Gefecht zu setzen
Ich räusperte mich, da ich bis jetzt sehr negativ klang.
Jedoch sind wir ihnen an unseren Rudelplätzen und in den Wäldern überlegen.
Wir bei den Bergwölfen haben vorsorglich unseren Rudelplatz geschützt und getarnt, damit wir schlechter zu finden sind. Auch in den Wäldern sollten wir verstecke und Fallen anlegen.

ich setzte mich, da ich das folgende genauer erklären musste.
Menschen sind langsamer als wir und weniger aufmerksam.
Mit Stolpersteinen und ähnlichem, können wir sie ausbremsen und so besser fliehen.

Aufmerksam sah ich den großen, grauen Rüden an, der an Ambis Seite saß und versuchte mir in Erinnerung zu holen, was ich von ihm wusste. Als er dann Verstecke und Fallen vorschlug, schüttelte ich sachte den Kopf. Das bringt nichts, geisterte mir durch die Gedanken. Die Menschen waren bei uns auf dem Rudelplatz gewesen, es war egal, wie gut wir uns versteckten. Sie hatten Hunde und waren schlau. Sie fanden uns immer, wenn sie es wollten. Es war ein Wunder, dass sie uns nicht sofort erneut heimgesucht hatten, seit unsere Wölfe aus dem Menschendorf entkommen waren. Ich muss dort hin. Ich musste mich dort umsehen, schauen wie gefährlich sie uns wirklich werden konnten. Wenn es eine Jagdgruppe war, die dort im Dorf hauste und nur ansatzweise so bewaffnet war wie die aus meiner Welpenzeit, dann waren wir dem Untergang geweiht. Als Marek nun das Wort an uns Andere wandt, erhob ich mich und sah ernst zwischen den beiden Alphas hin und her. Ich wollte niemanden auf die Pfote treten. Eine gute Idee, aber das wird nichts bringen. Entschuldigend sah ich zu Boreas und Ambi und verzog leicht die Lefzen. Menschen sind schlau, sie haben Hunde und finden uns überall. Wenn wir wirklich etwas gegen sie unternehmen wollen, müssen wir wissen, womit wir es zu tun haben. Die Hunde müssen eliminiert werden und wir.. Ich unterbrach mich selbst, als ich merkte, in was für einen Redeschwall ich übergegangen war.

Ich nickte dem Zigeuner zu.
Ich gebe meinem Vorredner recht. Die Hunde sollten ein Ende finden.

Ich leckte mir über die Lefzen und schaute Marek offen an, als er mich aufforderte fort zu fahren. Wir müssen unsere Spuren verschleiern., beendete ich meinen Satz und suchte einen Moment nach Worten. Ich war noch nicht im Menschendorf, aber ich werde es mir ansehen. Es liegt an der Grenze zu meinem Revier und die Menschen sind somit eine meiner größten Sorgen. Allerdings sollten wir uns auch irgendwas wegen der Rudellosen einfallen lassen.. ich war gestern erst am Lachsfluss und er ist überlaufen von Wölfen, die keinem Rudel angehören., gab ich zu bedenken. Es wird nichts bringen, wenn die Rudel etwas gegen die Menschen unternehmen, wenn die Rudellosen sie immer wieder zurück in die Wälder führen. Ob mit Absicht oder aus Unachtsamkeit wollte ich nicht festlegen.

Ich folgte Rebells Erklärung und sah den Rüden, gegen den ich schon ohne ihn zu kennen einen enormen Argwohn empfand. Ich erkannte auch Leevi, die ich schon mal getroffen hatte und erkannte auch, dass sie zu dem gleichen Rudel, wie Emfan und Dash gehörte. Aber warum sitzt sie bei Luen? Außerdem sah ich Morgana ankommen, welcher ich freundlich zulächelte. Ich lauschte den Ausführungen der Alphas und stellte dann mit Empörung die Dreistigkeit des schwarzen Schattenwolfs fest. Ich war zwar noch nie hier gewesen, aber ich hielt es schon für eine Ehre, überhaupt zusehen zu dürfen. Fast schon begann ich zu knurren, doch ich erinnerte mich an die Ermahnung Mareks, still zu bleiben. Weiterhin hörte ich dem Gespräch über die Menschen zu und machte mir selbst darüber Gedanken. Der Gedanke, Hunde töten zu müssen, war mir nicht so geheuer, doch bevor sie uns in Gefahr brächten, stimmte ich zu, dass sie sterben mussten. Zu viele Wolfsleben standen auf dem Spiel und ich wünschte niemandem die Erfahrung, die ich bei den Menschen durchmachen musste.