Abwartend hatte ich zu Nanouk gesehen, als Hikari ihm mein Angebot noch mal vor Augen hielt. Als er jedoch nicht darauf einging, sondern weiter versuchte, sie nach Hause zu holen, sah ich für einen Moment gen Himmel. Wolken zogen auf und bedeckten den ganzen Himmel, doch ich wusste auch so, wie der Stand des Mondes war. Bald ist Alphatreffen, wiederholte ich meine Worte und sah wieder zu den beiden weißen Wölfen, die bei mir standen. Ich habe nicht verlangt, dass ihr für immer bleibt oder euch den Zigeunern anschließt, versuchte ich in Erinnerung zu holen. Ich möchte euch, und vor allem die Welpen, lediglich in Sicherheit wissen. Kommt für heute mit mir, bekommt einen klaren Kopf und morgen schauen wir, wie es dem Rest eures Rudels geht. Ich wollte und musste wegen dem Pakt sowieso mit Emfan sprechen. Ob vorher oder während dem Alphatreffen war mir gleich.. ebenso wie es mir egal war, ob der Pakt solch ein Verhalten verlangte. Hier standen Wölfe vor mir, die Hilfe brauchten und ich war nicht abgeneigt, sie ihnen zu geben.
Ich atmete einmal tief durch, meine Miene noch immer fest, doch beruhigte ich mich schnell und ihre letzten Worte waren ehrlich, das konnte man raushören. Mich wieder etwas entspannend ging ich ein Schritt auf sie zu. "Ich dich auch Aylia.." sagte ich ebenfalls leicht traurig, doch war es die richtige Entscheidung. Mit einem leichten Nicken ging ich dann langsam an ihr vorbei direkt zu Nanouk. Direkt vor ihm blieb ich stehen, sah zu seiner geknickten Gestalt und wartete ab, schaute wie er auf mich reagierte.
Irgendwas stimmte nicht. Doch was es war verstand ich nicht. Ich hatte nur mit bekommen wie Papas Geruch immer stärker wurde und war von Haki herunter gekrabbelt. Meine Rute hatte fröhlich zu wedeln begonnen, da stand plötzlich Mama über uns und knurrte in Papas Richtung. Ich legte die Ohren verunsichert an und drückte mich instinktiv näher an Haki heran, die Rute unter meinem Po eingeklemmt. Mit unsicherer Miene und kleinen, leisen Fieplauten hatte ich das ganze verfolgt. Als Mama wegging wäre ich ihr gerne hinterher gegangen, doch da stellte sich der große Wolf über uns, mit dem Mama sich unterhalten hatte. Das Mama und Papa sich stritten gefiel mir gar nicht. Tränen begannen sich in meinen Augen zu sammeln. Verstört drückte ich mein Gesicht in das Fell meiner Schwester und weinte leise. Aufhören!
Ich blickte nach unten, als Luen sprach. Ich war komplett hin und her gerissen von seinen Worten. "Ich weiß deine Hilfsbereitschaft zu schätzen, Luen...", stieß ich nach einigen Momenten aus, "Ich mache mir Sorgen um Aylia. Ich will sie nicht allein lassen, besonders nicht mit Chryso. Ich weiß, wie er manchmal ticken kann. Ich will nicht, dass noch ein Streit entfacht. Es fällt mir echt schwer, das zu sagen, Luen, aber... ich kann nicht. Ich muss versuchen, mit den anderen zu reden. Wirklich, ich danke dir, Luen. Ich will die Lage auf dem Rudelplatz mitverfolgen. Es ist mir peinlich, das zugeben zu müssen, aber es ist viel falsch gelaufen." Ich schüttelte leicht den Kopf, bevor ich Hikari, dann die Welpen anblickte. "Ich werde alles Mögliche versuchen, um das alles wieder auf die Reihe zu kriegen und mich gegebenenfalls auch bei dir zu revanchieren. Ich kann auf mich aufpassen, ich bin mir sicher, dass sie in Sicherheit sind..." Langsam beruhigte ich mich wieder, doch mein Herzschlag wollte einfach nicht langsamer werden. In einer Situation wie dieser wahrscheinlich verständlich. "Aber bitte, nimm sie mir nicht weg...", flüsterte ich dann in Hikaris Richtung, ohne sie wirklich anzusehen. "Pass bitte auf dich auf. Ich hab nie aufgehört, dich zu lieben, okay? Es tut mir so leid, dass ich dir das nicht genug gezeigt habe. Es tut mir so leid, Hikari. Du bist frei, ich zwinge dich zu nichts... bitte, geh mit Luen. Ist wahrscheinlich besser für... heute zumindest." Ich zuckte nervös mit dem Ohr, dann blickte ich zu meiner kleinen Tochter, die sich jetzt bemerkbar machte. Ich sah zu Hikari, fragte mich, ob ich zu ihr gehen sollte oder ob ich das ihr überlassen sollte, ich war mir nicht sicher, wie sie reagieren würde. Verrückt, dass ich mich sogar im Umgang mit meinen Welpen dazu verpflichtet fühlte, eine Erlaubnis einzuholen. Vielleicht achtete ich Hikari auch einfach zu sehr.
Ein verwandter Geruch stieg mir in die Nase, er ließ mich in eine Starre fallen. Und er weckte Trauer in mir. Aber vor allem Sehnsucht. Schließlich trat sie vor mich, und mit sie meine ich niemanden geringeren als meine beste Freundin, von der ich mich in letzter Zeit so getrennt gefühlt hatte. Leevi. Tausende von Fragen strömten mir durch den Kopf, doch es war ein simples Wort, das mich am meisten beschäftigte - warum? Meine Lefzen zuckten und ich unterdrückte mir ein Schluchzen, denn ich realisierte ein weiteres Mal, wie zerstört alles war. Ich sah sie schon beinahe flehend an, größtenteils jedoch vollkommen ratlos und fragend, vielleicht auch enttäuscht. "Was hat das alles zu bedeuten?", fragte ich sie leise. "Warum passiert das?" Ich legte den Kopf ein wenig schief und zuckte mit dem Ohr.
Ich nickte Luen für ein paar Sekunden bluß zu, horchte dann auf Nanouks Worte. Es war ehrbar, dass er für sein Rudel, als auch für die Welpen und mich da sein wollte und ich war irgendwie...etwas stolz auf ihn, auch wenn ich seinen Glauben an das Schattenrudel nicht teilen konnte. "Dann werden wir uns bald wieder sehen und das weitere Planen." Ich wollte sein Liebesgeständnis erwidern, als ein fiepsender Schrei an mein Ohr drang und mich bis ins Mark erschütterte. Die Welpen! Ich sprang an Luen vorbei zu den dreien, blickte mich noch nach Nanouk um, der sich gerade mit Leevi zu beschäftigen schien versuchte Ravyn zu trösten. "Schätzchen, es ist doch alles gut." Ich rieb sie mit der Schnauze, um zu zeigen, dass ich da war, schob sie und die andern beiden zusammen und legte mich um alle drei. "Es wird alles gut, meine kleinen, euch passiert nichts, dafür gibt Mama alles." Ein zumindest teilweise hilfesuchender Blick ging zu Luen. "Werden wir uns dann auf den Weg machen?"
Aufmerksam lauschte ich Nanouk, als er mich diesmal direkt ansprach, und neigte leicht den Kopf. Scheu dich nicht davor, uns zu rufen, solltet ihr Hilfe benötigen, bot ich dem weißen Rüden an. Wenn Leevi Chryso gebrochen hatte, konnte man unmöglich voraussehen, wie er jetzt reagieren würde. Jeder Wolf reagierte da anders. Viele wurden ruhig, manche stürzten sich in den Tod, aber andere wussten nicht, wohin mit sich selbst und äußerten sich einfach in Gewalt und Aggression. Für einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, Nanouk einfach sofort zu den Schattenwölfen zu folgen, doch dann ertönte das zweite Heulen von Kasai. Diesmal schwächer und hilfloser. Es erinnerte mich daran, dass ich unbedingt nach Hause musste. Ich wollte gerade die Schnauze öffnen, als Leevi zu uns kam und sich an Nanouk wandte. Dann ist das Gespräch mit Aylia wohl zu Ende. Mein Blick glitt ganz von allein zu der rötlichen Fähe, die weiterhin abseits stand. Ob es ihr gut ging? Doch da ertönte auch schon das leise Weinen der Welpin, die vor kurzem noch meine Rute fixiert hatte, und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ich konnte doch keine Welpen weinen sehen.. wie würde es da erst bei Toboe und Jace werden? Ja, am Besten sofort, brummte ich leise gen Hikari, als sie ihre Kleinen beruhigte. Ein wenig unschlüssig stand ich da, ehe ich den Kopf zu der kleinen, weißen Fähe hinab beugte. Kann ich dir helfen? Soll ich auch einen tragen? Ich wollte rasch voran kommen, da würde das Tempo der Welpen nur hinderlich sein.
(Ihr könnt schon mal vor, Leevi kommt dann einfach nach :D) Seine Abwesenheit, welche dort war endete urplötzlich als er mich bemerkte und sein Blick richtete sich auf mich. Noch immer vor ihm stehend blieb meine Miene standhaft neutral, auch wenn es mir gerade wirklich schwer fiel dies aufzulösen. Es geschah selten, dass ich ein solches Gesicht sah und mich dabei berührt fühlte. Meist hatten diese Gefühle auch nie was mit mir zu tun, es war immer nur eine Beobachtung anderer gewesen, doch nun sah er mich an. Hilflos. Verwirrt. Fertig. Meine Ohren klappten langsam nach unten und seine Worte klangen so verletzt, da legten sie sich ganz an. Ihn noch kurz mitfühlend ansehen trat ich nun doch zögernd vor und rieb vorsichtig meinen Kopf an seinem. Es war nur ein kurzer Moment und doch war ich aufgeregt. Es war noch seltener, dass ich einem Wolf näher kam und dann auch noch auf diese Weise. Mein Herz raste, ich war für so etwas einfach nicht gemacht, weswegen ich mich dann auch ziemlich schnell wieder löste und seufzte. "Es bedeutet nicht, dass wir nicht noch Freunde sein können..." raunte ich leise und sah den etwas kleineren Rüden entgegen. Er war so viel jünger als ich und es tat mir weh ihn so zu sehen.
Ich nickte langsam, als Leevi sprach, rieb meinen Kopf leicht an ihrem. "Lass uns bitte Freunde bleiben, ja?", murmelte ich leise, in ihren Augen nach Bestätigung suchend. "Es tut mir unglaublich leid, dass es so gekommen ist, Leevi. Ich hätte da sein müssen. Auch für dich." Ich seufzte tief, blickte kurz nach unten und leckte mir die Schnauze. "Du kannst immer mit mir reden, Leevi...", fügte ich dann leise hinzu. "Wann auch immer du willst. Übrigens - was hast du vor, zu tun?", fragte ich dann und stellte die Ohren auf.
[] alles gut, tut mir leid, bin abgelenkt worden :(
Ich wollte die Kleinen eigentlich diesmal laufen lassen, sie mussten es ja auch lernen, doch ich erkannte die Eile in Luens Blick. Er musste wohl zurück, um sich um sein Rudel zu kümmern, vielleicht kamen die zwei Rufe ja sogar von seiner Gefährtin. Mitfühlend legten sich meine Ohren für einen Moment an. "Gut, dann...nimm Akai." Ravyn wollte ich ihm definitiv nicht geben, nicht weil ich sie ihm nicht anvertrauen würde, doch sie hatte am heftigsten reagiert, da wollte ich sie einfach bei mir haben. Ich nahm sie und ihre Schwester auf und wartete auf Luen, um vorzugehen.
So sehr Mama auch versucht hatte, mich zu beruhigen, ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Auch wenn ich nicht alles verstand was die Großen sagten, verstand ich sehr wohl dass ich Papa so schnell nicht wieder sehen würde und dass Mama und er streit hatten. Papaa! Entfuhr es mir daher leise, weinerlich. Ich hatte doch beide so lieb, warum mussten sie sich da streiten?
Es wurde immer unruhiger um mich und meine Geschwister herum,hektischer. Ich verstand einfach nicht was los war und fiepte ängstlich und traurig vor mich her. Als Mama mich und Haki aufnahm erstarrte ich zwar instinktiv, konnte aber nicht verhindern das mir weiterhin Tränchen die Wangen runter rollten. Ravyn Papa lieb.. flüsterte ich in Nanouks Richtung.
Ein wenig erleichtert, dass sie mir ihren Sohn anvertraute, nickte ich und beugte meinen Kopf zu Akai hinab. Wenn ich dir weh tue, sag es bitte sofort, ja? Für einen Moment witterte ich an ihm und lächelte ihn freundlich an, ehe ich mein Maul um seinen Rücken legte und ihn sanft packte. Ja, definitiv kleiner als Toboe und Jace. Vorsichtig hob ich ihn hoch und schaute noch mal zu Nanouk und Leevi. Bis bald, verabschiedete ich mich, ehe ich zu Hikari schaute und dann mit Akai an ihr vorbei den Abstieg wagte. Bei Aylia blieb ich noch einmal stehen und setzte Akai noch mal zu meinen Pfoten. Auch du bist uns jederzeit willkommen. Ich rede bald mit Emfan, versprach ich ihr und hoffte, dass mein Vorhaben wirklich so einfach war, wie es klang, und dass Emfan überhaupt mit mir sprechen wollte. Einen Moment lang betrachtete ich die rote Fähe noch und Sorge begleitete wohl meinen Blick, dann hob ich Akai wieder auf und machte mich auf den Weg. Nicht so schnell, wie ich es konnte und wollte, da ich auf Hikari und ihre beiden anderen Welpen Acht geben würde.. aber doch schnell genug, um Kasai hoffentlich noch eine Hilfe zu sein.
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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29.07.2017 23:45
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