Meine Pfoten traten leise über den dunklen Waldboden. Hier schien das Licht anders, dunkler und kälter. Es war stiller als im freien Wald als würden die Geräusche von etwas gedämpft oder verschluckt.
Hier wuchsen Tannen, da kaum Licht an diesen Teil des Tals kam.
Laub lag am Boden, raschelte ab und zu wenn man es berührte oder eine Maus durch den Wald huschte.
Dash?, brummte ich rau und sah mich um. Es roch als wäre er in der Nähe aber ich entdeckte ihn nicht .
Wo steckst du?, sagte ich eher zu mir selbst aber da entdeckte ich weißes Fell zwischen den Bäumen. Nur ein kurzes aufblitzen aber es hatte gereicht.
Eine weiße Kugel fell lag an einm Baum, ich konnte nicht mal entdecken wo seine Rute und wo seine Nase war.
Verwirrt zuckten meine Ohren Dash?. Fragte ich erneut aber diesmal klang es unsicher. Langsam näherte ich mich der großen Fellkugel die nach meinem Bruder roch und umrundete sie ein mal. Dann ließ ich mich Fallen wo ich Nase und Augen vermutete und bettete den Kopf auf den Pfoten. So wartete ich ob er sich bewegen würde, ob er regestrierte , dass ich da war. Aus irgend einem Grund traute ich mich nihct ihn zu berühren.

Ich nahm Billy nicht wahr, meine Ohren waren wie zugefallen. Ich hechelte, doch ich hatte das Gefühl zu ersticken, wenn ich zwischen den Krämpfen überhaupt dazu kam mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Wenn ich die Augen auch nur einen Spalt aufmachte sah ich eine verzerrte Welt aus verirrten Formen und Konturen. Alles schien sich zu drehen. Dann wieder blitzten Erinnerungen hinter meinen Augenlidern auf, wenn ich diese wieder geschlossen hatte. Meine Mutter, unter Wilma, der Weide, meine Schwestern die das Tal verließen, Sinner, der tot vor meinen Pfoten lag. Dann wieder kamen Bilder auf, die so nie passiert waren, mich aber immer weiter in ihre Welt hinein zogen. Billy, tot am Boden, das Rudel, das sich gegen mich stellte, mein Bruder, der mich anschrie, dass ich alles zerstörte was ich anfasste, der mir sagte, dass er mich hasste, dass ich ihm nicht half, das ich alles nur schlimmer machte. Das hielt sich besonder lange und kam immer wieder zurück.

Je länger ich Dash zusah, umso klarer wurde es, dass er mich nicht bemerkte. Er zitterte und machte leise gequälte Geräusche, was mein Herz tief erschütterte. Dash? , winselte ich leise, meine Stimme klang ängstlich und kläglich. Fast wie die des kleinen Billy's der Angst hatte alleine zu sein.
Langsam robbte ich näher zu ihm heran, stubste mit der Pfote gegen seine und wartete mit angelegten Ohren. Dies wiederholte ich und dann stubste ich ihm mit meiner Nase gegen seine Nase.
Wach auf, was hast du? , ich war beinah den Tränen nah. Hier war niemand sonst der uns sehen konnte, hier war nur mein Bruder. Die einzige Familie die ich je hatte und ich wusste nicht was mit ihm los war.

Ich zuckte heftig zusammen, als mich etwas anstupste und stieß ein gequältes und gedrücktes Winseln auf, als ich versuchte mich zurück zu ziehen, es aber nicht schaffte. Ich rollte mich noch fester zusammen, während mein Körper weiterhin krampfte und mein Atem zu schnell über meine Lefzen strich. Ich öffnete die Augen einen Spalt und sah durch mein dichtes Fell zu Billy, den ich aber nicht erkannte. Ich sah Dunkelheit an einem Fleck, doch die Bäume im Hintergrund schienen damit zu verschwinden und machten das ganze Bild zu einem wirren Wirbel, ehe sich wieder andere Bilder davor schoben. Der eigentlich weiche Waldboden unter mir schien mir plötzlich hart und rau, der leichte Wind, der durch den Wald strich und die Baumwipfel sanft rauschen ließ, fühlte sich unangenehm auf meinem Fell und darunter an und mein eigenes Atmen war zu laut. Viel zu laut. Es war alles zu viel. Viel zu viel! Ich presste die Augen wieder zu und hyperventilierte fleißig weiter.

Ich Winselte erneut und jaulte kurz leise auf als Dash sein Auge öffnete, mich aber nicht erkannte. Dann stand ich auf, Panik jagte Adrenalin durch meine Adern. Ich sprang mit den Vorderfoten ab und landete auf seinem Bauch. Dash wach auf, du machst mir Angst , rief ich gequält während ich ihn mit meiner Nase immer wieder anstieß. Immer härter rammte ich meinen Kopf und meine Nase gegen seinen Körper. Dann wartete ich kurz ob er reagierte, meine Beine zitterten vor Angst ihn zu verlieren. Ich war ratlos und hilflos, ich wusste nicht was mit ihm los war. Den Tränen nah, wartete ich ungeduldig ob er sich regen würde. Sekunden wurden zu Stunden, selbst der Wald schien den Atem an zu halten.

Die Welt nahm Wirrheit und Schmerzhaftigkeit noch mehr zu, als plötzlich ein schweres Gewicht meine ohnehin schon gestörte Luftzufuhr abschnitt. Billys Tatzen und seine Nase fühlten sich an als würde auf mich immer wieder einer der Donnerstöcke der Menschen abgefeuert werden. Ich jaulte gequält auf und bewegte mich endlich wieder. Panisch versuchte ich den Wolf auf mir abzuwehren, dessen Gesicht zwischen Billy, einem von Würmern angefressenen Sinner und meinen Schwestern abwechselte, dich besonders Erstered kehrte immer wieder zurück und drängte die anderen weg. Nicht! Billy! Meine Stimme war ein gequältes Jaulen. Gequält und voller Panik, doch ebenso atemlos und verzweifelt.

Plötzlich regte Dash sich, tatsächlich sagte er meinen Namen, gab endlich ein Lebenszeichen von sich und ich hörte sofort auf ihn anzustubsen . Die Schmerzen und die Angst in seiner Stimme drückten mein Herz zusammen bis ich kaum mehr Luft bekam.
Dash was ist los, hat dich etwas angegriffen? Hast du Schmerzen? Was hast du denn? . Fragte ich verzweifelt und schnupperte immer wieder in seine Richtung. Kein Geruch von Blut oder Erbrochenem, Gift oder sonst etwas. Nur mein Bruder und der Geruch Angst. Traurig und immer noch panisch lagen meine Ohren dicht an meinem Hinterkopf an. Mein Herz raste so schnell, dass es sich anfühlte als würde es gleich aus meiner Brust springen, meine Beine fühlten sich an wie Pudding. Ich konnte mich kaum aufrecht halten.

Ich würgte und zitterte, als Billy oder was auch immer von mir abließ. Mein Fell war tränennass und ich schluchzte panisch auf, alles schien auf mich einzudrücken, selbst die Luft un mich herum. Dann aber bekam ich endlich eine Nase voll von einem vertrauten Geruch. Ich konnte ihn nicht wirklich identifizieren, dich ich rutschte näher und vergrub mein Gesicht in dem warmen, weichen Fell vor mir, in dem Fell meines Bruders. Ich... ich kann nicht mehr. Immer noch bekam ich nur schwer Luft und hechelte hektisch, meine Stimme war nur noch ein heiseres flüstern und mein Herz flatterte in meiner Brust, wie ein eingeschlossener Vogel.

Dash gab ein richtiges Lebenszeichen von sich, ein riesiger Stein rollte von meinem Herzen herunter. Aber die Verwirrung und die Angst blieb, denn er verhielt sich seltsam und unnatürlich. Ich verstand nicht was los war und war immer noch schrecklich hilflos. Doch als Dash zu mir robbte und seine Nase in meinem Fell vergrub drückte ich mich gegen ihn. Ich versuchte mich halb um ihn zusammen zu rollen, doch er war deutlich größer als Arctica und größer als ich.
Schh Schhhh schhh , versuchte ich beruhigende Laute von mir zu geben. So wie ich schätzte, dass man mit Welpen sprach. Ich bin da, du bist nicht alleine. Du bist niemals alleine. Hier ist niemand sonst, nur ich. Du musst bei mir bleiben. Wir haben doch nur uns . Sagte ich mit fester Stimme, doch am Ende zitterte sie leicht.
Noch weinte ich nicht aber ich war kurz davor und damit hätte ich das zweite mal in zwei Tagen geweint. Genervt von mir selbst legte ich die Ohren an, bevor ich mich sofort wieder auf meinen Bruder konzentrierte.

Ich kann nicht mehr. Ich... ich weiß nicht mehr weiter. Ich weiß nicht was ich tue. Ich schluchzte nun heftig und versuchte mein Gesicht in Billys Fell zu verstecken. Der Damm we gebrochen und ich heulte wie ein Welpe. Und das noch dazu vor meinem kleinen Bruder, den ich doch unbedingt vor all dem schützen hatte wollen. Aber ich war rben ein Versager. Ein Versager der keine Ahnung davon hatte, wie er ein Rudel führen sollte und der dadurch eben dieses in einen Krieg gestürzt hatte. Am Ende hatten die anderen Alphas doch Recht: Ich war noch viel zu jung um Alpha zu sein. Ich war nicht dazu geboren worden. Niemand hörte auf mich und durch meine Schuld waren jetzt drei Wöfe tot und einer schwer verletzt.

Ich hatte die Ohren weiter angelegt und sah eine lange seit auf das weiße Fell meines Bruders. So unterschiedlich wir auch waren, wir gehörten doch zusammen.
Aber das ist doch nicht schlimm, du bist doch nicht alleine . Winselte ich hilflos und unterdrückte die Tränen. Meinen Kopf legte ich auf seinen Rücken und schloss meine Augen. Ich bin da, ich bin immer da und Aylia hilft dir auch. Wir sind doch eine Familie, du ziehst dich immer zurück und lässt mich nicht helfen. Das verletzt mich. Sprach ich endlich aus was ich fühlte, mein Herz hämmerte laut in meiner Brust. Das Blut rauschte in meinen Ohren.

Es... es tut mir leid. Ich will dich nicht verletzen. Ich will dich doch nur beschützen, aber ich versage immer und immer wieder. Ich habe dich so lieb, dass es weh tut. Ich will doch nur dein Bestes. Dein Bestes und das beste für das Rudel, aber ich bin ein Versager. Meinetwegen sind drei Wölfe tot und wir stehen vor einem Krieg. Es fiel mir schwer Worte hervor zu bringen und sie waren auch immer wieder von Schluchzern unterbrochen. Es fühlte sich an, als würde ich von Onnen zerrissen werden. Mir war schlecht und ich bebte am ganzen Körper, den ich an meinen Bruder heran kuschelte. Die Welt kam mir endültig dunkel und hoffnungslos vor. Der starke Dash hatte sich versteckt, außer Reichweite für mich. Was zurück blieb war Trauer, Angst und Verzweiflung. Alles Emotionen, die ich nicht zeigen wollte. Ich musste doch stark sein!

Selbstbewusst trottete ich des Weges und behielt die gegend im Blick. Ich hoffte sehr das ich doch irgendwo richtig lief.

(Vom Rudelplatz)

Ich lief Juri ruhig nach und behielt sowohl ihn, als auch die den Grenzen zugewandte Seite unseres Weges scharf im Auge. Nicht, dass ich Juris Gesinnung misstraute. Eher seiner Fähigkeit, vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Hier alles ruhig sein. sagte ich und sah mich um.