Angestrengt hatte ich versucht Tayro zu folgen und seine Worte zu verstehen, doch meine Gedanken schweiften ab und schneller als mir lieb war, war ich tief und fest eingeschlafen. Ich wollte doch so gerne erwidern, dass er mich nicht zwingt und es mir eigentlich auch egal war, in welchem Rudel wir wären. Ich wollte so gerne mehr von ihm kennen lernen und ihn auch besser verstehen, denn vom ersten Moment an war mir klar gewesen, dass dieser Wolf eine interessante Vergangenheit haben muss.

In meinem Traum rannten wir zusammen über eine Wiese, fielen lachend übereinander her. Ich sah Schmetterlinge um uns flattern, es schien richtiger Sommer zu sein. Automatisch rannten meine Pfoten mit, ich streckte mich richtig um mit Tay mitzuhalten und erwischte ihn im Schlaf hin und wieder mit der Pfote und trat ausersehen zu. Doch schnell wurde aus dem schönen Traum ein Alptraum, denn plötzlich gab die Wiese unter mir nach. Ich kam nicht mehr vom Fleck, der Boden klebte förmlich wie Kaugummi an meinen Pfoten. Überall stiegen Raben hoch und der Lärm war ohrenbetäubend.

Laut keuchend kam ich zu mir und brauchte einen Moment, bis ich wieder bei Sinnen war und verstand, dass das leise winseln aus meiner Kehle kam. Ich schien nicht lange geschlafen zu haben, gefühlt war ich eben eingeschlafen. Benommen rappelte ich mich hoch, streckte die schmerzenden Muskeln und blickte zu Tayro. Auf leisen Pfoten entfernte ich mich etwas von unsrem Schlafplätze um mich hinzuhocken und meine Blase zu leeren, dabei hob ich die Nase in die Luft. Wölfe? Hier sind Wölfe in der Nähe. Ganz nah!

Da ich momentan eh nichts ausrichten konnte, als auf der Hut zu sein, trat ich wieder zu dem Wolf und setzte mich neben ihn.

Ich runzelte die Stirn. "Ich dachte, ich hätte jemanden über die Silberwölfe reden gehört und ich wittere zwei Wölfe", erklärte ich Nava. Der Geruch des einen Wolfes wurde stärker und mir wurde klar, dass es sein Urin sein musste. Es müsste sich sogar um eine Fähe handeln. Erstaunt darüber, dass ich das durch meinen Geruchssinn erkannt hatte, sah ich kurz zu Nava und folgte dann dem Geruch der zwei Wölfe.

Ich hatte nicht lange Zeit Tayro zu beobachten, denn der Rüde erwachte ziemlich schnell aus seinem Schlaf. Auch er schien geträumt zu haben, denn ich hatte seine Bewegungen noch mitbekommen.

"Wir haben leider nicht lange geschlafen, aber mir zumindest hat das gereicht um wieder ein bisschen zu Kräften zu kommen," meinte ich und prüfte wieder einmal mit der Nase die Umgebung. "Hier in der Nähe sind andere Wölfe, gar nicht weit entfernt." Tay wird sie sicherlich selbst gerochen haben, trotzdem machte ich ihn darauf aufmerksam. Ich streckte die Vorderpfoten und ließ mich dann komplett mit dem Bauch auf den Boden sinken.

Ich nickte. „Ja, lass uns nachsehen, wer das ist“, sagte ich und folgte der Fährte. Es dauerte nicht lange, da sah ich die zwei fremden Wölfe. Eine Fähe und ein Rüde. Sie schienen uns zu erwarten. Vorsichtig trat ich aus dem Dickicht hervor. „Grüßt euch“, sagte ich freundlich, aber richtete mich dennoch zu meiner vollen Statur auf. „Wir wollten euch nicht belauschen, aber wir haben gehört, dass ihr über die Silberwölfe gesprochen habt.“ Abwartend sah ich die beiden Wölfe an und hatte ein Ohr nach hinten zu Nava gedreht, um sicher zu sein, dass wir nicht in einen Hinterhalt liefen und dass Nava noch da war.

Mich würde ja interessieren, was Tay erlebt hat, dachte ich und schluckte. Wenn sich jemand erst an Schlaf gewöhnen musste, schien er keine schöne Vergangenheit zu haben. Ich dachte an meine Vergangenheit, ich hatte mich nie fürchten müssen oder hatte gar Schlafmangel. Doch noch fand ich das Leben hier draußen toll und weigerte mich, an die Menschen zu denken.

Auch ich spannte meine Muskeln an, doch ich hatte nicht vor zu fliehen. Ich würde mich bei der kleinsten Andeutung auf die fremden Wölfe stürzen.

Geduldig wartete ich, bis die zwei in unserem Blickfeld erschienen. Beide Wölfe sahen nicht sehr alt aus, den dunklen Wolf schätze ich sogar jünger ein als mich. Ich nickte beiden zu, beschloss aber Tayro das erste Wort zu überlassen. Er soll entscheiden, wie wir Ihnen entgegentreten werden.

Eigentlich hatte ich erst prüfen wollen, ob sie vom Silberrudel gut oder schlecht gesprochen hatten, doch jetzt da Nava so vorgeprescht war, musste ich wohl abwarten, wie die beiden Wölfe reagieren würde. Aufmerksam sah ich die beiden Fremden an und war auf jede Reaktion gefasst, die sie uns entgegen bringen würden.

(Rebell stimmt dein Stecki noch? Oder ist dein Wolf wirklich so jung?)

Angespannt blieb ich an Tayros Seite stehen und beobachtete argwöhnisch, wie die beiden Wölfe näher kamen. Ich ließ meine angespannte Rute etwas sinken und lauschte den Worten. Die Wölfin erinnerte mich mit ihrem gehopse irgendwie an Basta, meine Ohren züchten vor und zurück. Keine Ahnung, ob ich noch so einen Wolf ertragen würde.

Doch meine Sorge war unbegründet, freundlich stellte Nava sich vor und teilte mit, dass sie zum Silberrudel gehören. Ein Stich fuhr mir durchs Herz. Wir waren auf der Suche gewesen, trotzdem hatte ich auf mehr Zeit mit Tayro gehofft. Sofort schämte ich mich für meinen Gedanken, trat einen Schritt vor und lächelte: “Es freut mich, euch kennen zu lernen. Ich bin Acyra und das ist Tayro.“