Ich genoss seine Nähe und schloss wohlig meine Augen, schweifte langsam ab in einen dosenden Zustand bis sein Kopf sich von meiner Seite hob. Verwirrt öffnete ich sie Augen und legte den Kopf schief, Tristan? .fragte ich vorsichtig, er sah aus als hätte er einen Geist gesehen.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
Ich starrte sie an. Oh nein... wie? Wie sollte ich jemals...? Ich schloss die Augen und atmete tief durch. "M-Morgana. W...Wir sind nicht allein", sagte ich dann, was womöglich der dümmste Satz war, den ich jemals hervorgebracht hatte, aber in diesem Moment wusste ich nicht, wie ich es anders hätte sagen sollen. Ich warf einen Blick auf ihren Bauch. Er war tatsächlich etwas runder. Oh nein! Nein! Das darf einfach nicht sein!
Ich legte die Ohren an und setzte mich mit etwas Mühe. Verwirrt starrte ich meinen Gefährten an, was meinst du? Natürlich sind wir nicht alleine. Wir sind auf unserem Rudelplatz und da sitzt mein Sohn . Jetzt hatte er mich völlig verwirrt und irgendwie machte mir sein Verhalten Angst.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
"Nein! Also, ja...aber ähm nein....Ich meine, weißt du, da sind nicht nur du und ich....Du bist schwanger!" Erleichtert, dass es endlich aus mir herausgebrochen war, sah ich sie an. Ansonsten war ich doch auch der direkte Wolf. Schwanger! Das Wort klang unheilvoll in meinen Ohren nach und ich schluckte.
Ich versuchte schlau zu werden aus deinem Gestottere. Was war denn los mit ihm, sonst war er doch nicht so , fragte ich mich und hätte beinah sein letztes Wort überhört. Erst hatte ich das Bedürfnis zu lachen, dann legten sich meine Ohren an. Ich... Bitte was? Da ist doch.... . Wollte ich ansätzen um ihm zu sagen wie schwachsinnig diese Annahme war. Aber ich hielt inne, eigentlich hatte ich es gewusst. Mein Gehirn hatte es einfach kategorisch verdrängt. Oh nein... Nein nein nein... Ich... Oh nein . Ich stand auf und ging rückwärts. Ich war wirklich deutlich dicker geworden und merkte es nun beim Laufen. Ich war lange nicht aufgestanden, Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich kann nicht.... Ich . Mein Atem ging immer schneller, Bilder von Toten Welpen wechselten sich ab und jagten vor meinem inneren Auge vorbei. Von Familien die ich zerstört hatte, Eltern denen ich ihre Kinder genommen hatte. Nein... Ich wollte doch nie.... Ich kann nicht , jetzt schluchzte ich wirklich. Ich konnte doch keine Kinder bekommen wenn ich so schreckliche Dinge getan hatte, eigentlich hatte ich mir verziehen aber das war meine einzige Prämisse gewesen. Die Pfeiler auf denen alles stand, ich würde nie Welpen bekommen. Das hatte ich mir damals geschworen als ihr Blut mein Fell rot färbte, die Dunkelheit sich zurück zog und mich wissen ließ was ich getan hatte. Mein Körper, vielleicht nicht mein Geist aber es waren meine Zähne gewesen. Eigentlich müsste die Dunkelheit sich nun freuen, sie hatte so lange geschwiegen. Mich glauben lassen sie wäre weg, doch diese Qual. Diese schiere Verzweiflung und mein gebrochenes Herz müssten ein Paradies für sie sein. Aber es blieb still, ich war alleine in meinem Kopf. Alleine mit der Schuld und den Schmerzen. Aber plötzlich trat etwas heftig gegen meine Bauchdecke, von innen. Ich japste und krümmte mich. Es drückte heftig als von innen immer wieder etwas vor stieß. Hatte ich es bis jetzt nicht bemerkt oder wieso war es so heftig. Hatte Tristan nicht 2 Herzen gehört? Das hier war nur eines der Welpen den ich spüren konnte . Ich wimmerte leise, ob vor Schmerzen oder Verzweiflung wusste ich nicht. Ich nahm es auch gar nicht wahr, langsam sank ich auf den kalten schneebedeckten Boden. Der Wind peitschte von rechts und links, ich nahm ihn kaum wahr. Meine Sicht verschwamm, alles was ich sah war Tod und Schmerz.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
Eine Weile stand ich nur da. Fassungslos und überfordert. Am liebsten wäre ich weggerannt. Egal wohin. Ins nächste Tal. Weg von all diesen Sachen. Aber es war Morgana! Es war Morgana die Welpen von mir bekam. Sie war nicht irgendeine Fähe. Sie war die Fähe, die ich liebte. Ich sah wie sie im Schnee zusammenbrach und lief zu ihr. Der Wind wurde immer heftiger, doch ich nahm ihn kaum war. Ich packte Morgana sanft am Nackenfell und zog sie vorsichtig durch den Schnee in ihre Kuhle. Hier war sie windgeschützt. Ich kuschelte mich zu ihr, leckte ihr über die Ohren und drückte meine Schnauze an ihren Hals. Mein Herz pochte wie verrückt. Einer von uns musste nun stark sein. Wenn Morgana es nicht konnte, musste ich das übernehmen. Ich legte mein Ohr auf ihren Bauch und lauschte den Herzschlägen. Kann ich das denn? Ich hatte nie eine Vater-Sohn-Beziehung geführt. In dem Rudel, in dem ich afgewachsen war, war vieles anders gelaufen. Ich werde Vater! Ob ich es konnte oder nicht konnte war relativ. Ich würde ein Vater werden und ich würde das Beste draus machen. Das versprach ich hoch und heilig. Mir selbst, den Welpen und auch Morgana. Ich versuchte Morgana so gut es ging warm zu halten und nachdem ich ihren Herzschlag hörte, der von zwei weiteren leiseren Herzschlägen untermalt wurde, begann ich zu lächeln.
Auch am Rudelplatz pfiff uns der Wind um die Ohren, aber hier war er nicht so stark wie es mir schien. Ich leitete Nero zu unserer Familien-Schlafkuhle und ließ ihn und Marco kurz dort um Fenris noch dazu zu holen. Anschließend legte ich mich auf die Windseite um meine Söhne vor dem noch in die Kuhle kommenden Wind zu schützen. Wo war Kobalt? War sie noch nicht wieder zurück? Und Breeze... wo sie nur sein mochte.
Erchöpft ließ ich mich in die Kuhle fallen. Leckte Papa kurz dankbar über den Vorderlauf, das einzige was ich erreichen konnte. Meine Ohren lagen eng an, der Wind fegte noch immer über uns. Und ich kuschelte mich an meinen Zwillingsbruder. Fenris murmelte ich um Kraft aus seiner Gegenwart zu ziehen.
Schwanger? Mama war schwanger? Mir fiel die Kinnlade runter. Zurecht, wie ich fand. Hatte ich noch Tristan hinterhergesehen und über Mamas Konter bezüglich Tristans Worte "Wir sind nicht alleine" gegrinst, zog sich nun alles in mir zusammen. "Schwanger??", platzte es aus mir heraus und ich drehte ungläubig die Ohren zurück. Dass ich aufgesprungen war, bemerkte ich gar nicht. Mamas Tränen ließen mich die Lefzen aufeinanderpressen und unschlüssig zwischen ihr und Tristan hersehen. Schwanger...ich fass es nicht! Nicht, dass ich mich nicht freute, doch im Moment musste ich diese Information erstmal verarbeiten. Vor allem, da mir Mamas Aufklärung wieder in den Sinn kam und sich vor meinen Augen ein unschönes Szenario abspielte. Mama, Tristan...und noch mehr. Ich schüttelte mich um die Bilder aus meinem Kopf zu verbannen, ehe ich auf Mamas zutrat und ihr tröstend gegen die Lefzen stupste. "Mama, ich werde ein großer Bruder! Und ich kann dir doch helfen, ich bin bestimmt ganz toll im Welpensitten!", versuchte ich sie irgendwie aufzumuntern. Während ich an viele kleine Babywölfe dachte, die lustig um mich herumtollten, fiel mir jemand anders ein. Hoffnungsvoll hob ich den Kopf und suchte den Rudelplatz ab, was dichter Schneefall jedoch schwierig machte. Ist Kobalt etwa immer noch nicht zurück?, fragte ich mich und drehte besorgt die Ohren zurück. Bei dem Wetter...??
Unsicher löste ich mich von Tristan und Mama und tapste über den Rudelplatz. Der Boden war binnen weniger Minuten von einer hohen Schneedecke bedeckt und es schneite immer weiter. Am Rande des Rudelplatzes blieb ich stehen und starrte in den Wald. Der eisige Wind zerrte an meinem Fell, fuhr darunter, ließ mich frösteln. Doch meine Gedanken drehten sich einzig und allein um Kobalt. Meine Kobalt, die irgendwo da draußen war. Bewegungslos verharrte ich einige Minuten im eiskalten Wind, bis ich die Kälte nicht mehr aushielt und zur Bewegung getrieben wurde. Diesmal drehte ich mich hastig um und sprang mit weiten Sätzen zu meiner Familie. "Mama, du solltest in die Höhle gehen!", wies ich meine Ziehmutter an, wobei ich mir einen strengen Unterton nicht verkneifen konnte. "Versuch dich warm zu halten, die Kälte ist gefährlich." Unsicher sah ich zu den restlichen Wölfen, die auf dem Rudelplatz standen. "Vielleicht sollte der Rest auch ins Trockene", überlegte ich laut, doch die Entscheidung wollte ich Mama überlassen. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck sah ich wieder zu ebenjener Fähe. "Ich gehe Kobalt suchen!" Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte ich mich auf dem Absatz um und raste vom Rudelplatz.
Am Rudelplatz war der Wind gleich ruhiger und auch vor dem starken Schneefall schön man eher geschützt. Wie schön, das sichere Rudel. Erleichtert kuschelte ich mich tiefer gehen die anderen, atmete den vertrauten Geruch von Familie ein und genoss die Wärme. Dennoch war da etwas was mich sehr beunruhigte: der Sturm tobte noch immer und ich war fast sicher, dass er nicht nachgelassen hatte. Wahrscheinlich dauerte ein großer Sturm auch 2-3 Tage dachte ich mir. Dich etwas anderes war nicht viel wichtiger: Hunger war seit ich mich in der Schlinge verfangen hatte ein wachsender Begleiter gewesen. Und jetzt endlich in Sicherheit, konnte das Gefühl ungehindert meine volles Bewusstsein beschlagnehmen. Mami, ich hab Hunger murmelte ich verschlafen in Papas Fell und ein Winseln folgte sofort.
Die letzten Meter (oder Kilometer) waren unfassbar anstrengend gewesen. Durch die Berge hindurch hatte ich Kobalt noch relativ leicht tragen können - durch die vielen Felsen und Vorsprünge gab es durchaus regelrechte Pfade, die der Schnee nicht so leicht erreichen konnte. Doch im Wald lag der Schnee noch einige Meter höher und ich hatte meine liebe Not mich dort durchzukämpfen. Meine Muskeln brannten und meine Pfoten waren taub - doch in meinen Augen loderte eine Entschlossenheit, wie ich sie nur selten gespürt hatte. Ich dachte an Kobalt und an Mama und an all die wunderbaren Dinge, die auf mich zukamen. Unermüdlich kämpfte ich weiter, bis ich endlich die Bäume und Wege erkannte - hier war ich richtig. Hier war unser Revier. Es war ein Ansporn, dass ich es so weit geschafft hatte und ich spürte viele Emotionen auf einmal. Freude, Stolz, Müdigkeit. Ich gönnte mir eine kleine Pause, in dem ich mein Tempo drosselte. Der Weg war nicht mehr weit. Ich wusste nicht, wie es Kobalt ging, doch ich wollte auch nicht anhalten um nachzusehen. Lediglich meine Ohren waren beide aufmerksam zurückgedreht und auf sie gerichtet.
Der Rudelplatz war verschneit, jedoch musste hier irgendwo etwas sein, was den Wind abfing. Es war noch immer kalt und der Schneefall wurde und wurde nicht besser, doch zumindest war es hier nicht ganz so stürmisch wie in den freien Gebieten und dem restlichen Revier. Mein Atem ging schwer, doch ich hielt nicht eher an, als bis ich den halben Rudelplatz überquert hatte und Kobalt nahe des Baumes von mir runtergleiten ließ. Hier brach auch ich erschöpft zusammen. Mein Atem ging rasselnd und ich spürte plötzlich Muskeln, von deren Existenz ich vorher gar nichts gewusst hatte. Hechelnd blickte ich mich um. Mama und Tristan lagen noch immer draußen, was mir missfiel. Aber zumindest Kobalt konnte ich in die kleine Höhle unterhalb des Baumes bringen. Vorsichtig reckte ich meine Nase nach meiner Freundin und stupste sie vorsichtig an.
Mein Atem ging flach und die Kälte stach in meine Lungen. Liebend gerne hätte ich mich ausgeruht. Mein Vorankommen wurde mit der Zeit langsamer. Ich war völlig fertig. Jetzt nicht aufgeben du sturer Ochse. Ich hielt auf zwei Schneehügel zu, unter denen sich wohl Büsche befanden. Als ich sie passierte, wurde der Wind schlagartig weniger. Kurz strauchelte ich, da ich mich gegen den Wind gelehnt hatte, um nicht umzufallen. Ein leichter Duft stieg mir in die Nase und erkannte den unverkennbaren Geruch eine Rudels. Vor Erschöpfung brach ich an Ort und Stelle zusammen und rührte mich nicht mehr. Starr blickte ich geradeaus. Meine Gedanken gingen Weit zurück, zu meinem alten Rudel. Ich komme zu euch. Bald ist es vorbei.
Ich wusste nicht mehr, wie wie wir überhaupt aus den Bergen heraus gekommen waren. Geschweige denn, wie es danach weiterging. Mein Kopf fühlte sich leer und dumpf an und doch erinnerte ich mich an eines ganz genau. An einen kräftigen Herzschlag, der direkt unter meinem Ohr seinen Ursprung fand. Nach wie vor konnte ich ihn hören und meine Konzentration hatte sich schon vor einiger Zeit auf diesen Ton gestürzt. Er schien in mir zu wiederhallen , fast schon... zu mir zu gehören. Doch plötzlich war es vorbei und ich rutschte zurück auf den kalten Boden. Ein unwilliges Murren entwich meiner Kehle und ich zwang mich praktisch dazu meine Lider zu heben. Verwirrt blinzelte ich und betrachtete kurz reglos das bekannte, bräunliche Fell vor meinen Augen. 'Du trägst mein Herz in deinen Pfoten, Kobalt.' Abermals rauschte eine Art von Wärme durch mich hin durch, die mich zu verschlingen drohte. "Dir darf niemals etwas passieren... denn... ich wüsste wirklich nicht, was ich ohne dich tun sollte', wiederholte ich wispernd ein paar meiner vorherigen Worte und streckte mich, sodass meine Nase seinen Pelz berührte. Ich bemerkte gar nicht wirklich, dass das Heulen des Windes etwas sanfter war und nicht mehr so wütete, wie oben in den Bergen.
Ich musste trotz der Erschöpfung schmunzeln, als ich Kobalts dumpfes Murren vernahm und ihr irritiertes Blinzeln bemerkte. Erneut stupste ich gegen ihr Kinn, um sie ein wenig zu animieren - als Antwort hatte ich ihre Nase anschließend in meinem Fell, begleitet von ein paar sehr leisen Worten, die mein Herz kurz irritiert aussetzen ließen. Tief in mir drin hatte ich es immer irgendwie gewusst, doch meiner Hoffnung keinen Glauben schenken wollen. Nun musste ich zugeben, dass ihre Worte alles oder auch nichts bedeuten konnten, doch das war mir egal. Für den Moment nahm ich sie so an, wie ich es verstehen wollte und leckte ihr zart über die Stirn. "Ich pass auf mich auf, versprochen", gab ich zurück. "Aber dann verstehst du ja wie es mir gehen würde, wenn dir etwas passieren würde." Ich überlegte kurz, bevor ich noch hinterhersetzte: "Aber ich kann ja auch nichts dafür, wenn du ständig Blödsinn machst und ich dich immer retten muss." Ich wusste, dass das gerade verdammt dünnes Eis war - sie machte sich ja schon Vorwürfe ohne Ende. Doch ich hoffte, dass sie es so auffassen würde, wie es gemeint war: als eine unschuldige Neckerei. Aus den Augenwinkeln sah ich mich kurz um. Barbossa war da und seine Zwillinge. Mama und Tristan und...wo war Mond? Für einen Moment erstarrte ich. Mond fehlte, ebenso wie die kleine Fähe, die ich am Lachsfluss aufgegabelt hatte. Verdammt...
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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08.01.2019 01:02
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