Ich wachte auf und hatte sofort wieder ein schlechtes Gefühl in der Magengegend. Ich kuschelte mich kurz an Casanova. Dann wurde mir klar, dass ich mich stellen musste. Meinem Rudel und alles anderen. Ich atmete tief ein und trat aus der Höhle. "Hört mal alle zu", rief ich laut. Mir fielen die Fremden auf dem Rudelplatz auf. Erstaunt sah ich, dass auch Ravik unter ihnen war. Ich räusperte mich. "Auch die Neulinge."

Als ich meinen Namen hörte hob ich ruckartig meinen Kopf. Ich erkannte Svobodas Stimme und nahm viele fremde Gerüche wahr. Schnell trat ich durch den schmalen Gang auf den Ruheplatz hinaus und wollte mich zu Svoboda begeben um ihr zu antworten, da ergriff auch schon Lyvianne das Wort. Ich ließ meinen blick über die vielen Neuankömmlinge schweifen und lächelte. Sofort fühlte ich mich weniger alleine, denn ich konnte ihrer Nervosität gut erkennen. Nach einem letzten aufgeregten Blick zu Svoboda schenkte ich der Alphafähe meine volle Aufmerksamkeit.

Naya:

Schleunigst wandte ich mich um und trat zu Aletheia, als Lyviannes Stimme über den Platz hallte. aufgeregt wedelte meine Rute und ich lächelte die vielen fremden Wölfe an, die mit Svoboda und Ski auf den Platz gekommen waren.

Ich sah in die aufmerksamen Gesichter und holte tief Luft. "Für die unter euch, die mich nicht kennen: Mein Name ist Lyvianne. Ich bin die Alphawölfin der Bergwölfe." Ich sah die mir unbekannten Wölfe freundlich an. Nach einer kurzen Pause fuhr ich fort. "Gestern Abend war das Alpha-Treffen. Es lief nicht besonders gut. Wir sollten uns auf jeden Fall in Acht nehmen. Bevor ich Alpha wurde hat Marek, der Alphawolf der Silberwölfe, seine Tochter hier bei einer Fähe, die Junge hatte, abgegeben, damit sie nicht verhungern würde. Seine Gefährtin war bei der Geburt des Welpen gestorben. Die Fähe, Lina, ist seit einer Weile verschwunden und mit ihr auch die Tochter des Alphas. Er hat uns die Schuld daran gegeben und den Pakt der Berg- und Silberwölfe schon immer verbunden hatte, aufgelöst." Ich war selbst überrascht davon, wie stark meine Stimme klang. "Die Schattenwölfe sind aggressiver, denn je und die Zigeuner reagieren dumm, wenn ihr mich fragt. Ich bitte euch, sich vorerst von beiden Rudeln fernzuhalten. Auch die Silberwölfe sollten wir vorerst meiden. Doch macht nicht den Fehler und unterschätzt irgendjemanden von ihnen." Ich kam mir plötzlich sehr alt vor. Hatte ich doch schon so viel gesehen und so viel erlebt. Ich ließ meinen Blick über die neuen Wölfe schweifen. "Ich bitte die neuen Anwärter fürs Rudel mir zu folgen. Ich möchte alleine mit euch reden und euch etwas über die Rudel erzählen, damit ihr wisst, worauf ihr euch einlasst, wenn ihr hier bleiben wollt."
Saikko war unruhig und misstrauisch und ich war mir sicher, dass auch Rolf mir dankbar sein würde, wenn ich den Schwung Streuner erst einmal von unserem Rudelplatz schaffte. Ich sah zu Casanova. "Casanova....das...das ist alles meine Schuld." Plötzlich fühlte ich mich wieder wie ein kleiner unsicherer Welpe, doch ich riss mich zusammen."Wir sind ohne Schutz. Bitte suche für jeden Wolf eine Aufgabe, die unser Rudel zusammenbringt. Svoboda soll sich einen Jagdtrupp aussuchen und Saikko soll genug Zeit haben, um sich mehr Wissen anzueignen. Wir brauchen jemanden, der sich um die Welpen kümmert und jemanden, der einmal am Tag durch die Gebiete streift. Ich möchte, dass täglich jemand in die Freien Gebiete geht und sich umhört, wie die Lage zwischen den Rudeln ist und ich möchte, dass immer jemanden am Rudelplatz haben, der Wache schiebt. Noch sind wir zwar mit niemanden im Krieg, aber ich fürchte wir stehen kurz davor." Ich sah zu Boden und dann hob ich wieder den Blick. "Bitte, hilf mir. Ich will diesen Ort nicht verlieren. Ihr seid meine Familie. Mein Zuhause." Ich spürte, wie mir die Tränen kamen und lief zu Rand den Rudelplatzes. Ich sah mich noch einmal nach den Streunern um, damit sie mir auch nachkämen und lief voraus.

>> Wiesen

Casanova nahm die gleich Haltung ein, die er bei unserer Ankunft auch gehabt hatte. Es war erstaunlich wie viel Mühe er sich ganz seinem Erscheinen entgegenzuwirken. Allerdings war mir nicht nach lächeln zumute. Bei den Worten der Alpha wurde mein Gesichtsausdruck ernst, fast schon finster. Der Silberwolf vom Fluss hatte also mit seiner Wortwahl garnicht so Unrecht gehabt. Ich legte meine Rute beschützend um Naya, die sich zu mir gesellt hatte. Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, würde ich an der Stelle der Silberwölfe auch den Bergwölfen die Schuld geben. Ich weiß nicht was passiert ist, aber einen Welpen zu verlieren? Aufgaben, die das Rudel zusammenbringen sollen? Wenn die Bergwölfe schon keine guten Krieger sind, wie sollen sie sich dann ohne guten und verlässlichen Zusammenhalt verteidigen? Naya braucht Schutz. Ich kann sie nicht bei einem Rudel lassen, das sich so sehr um sich selbst kümmern muss. Lyvianne ging, doch ich sah ihr hadernd nach. Mein Kopf war gefüllt von Zweifeln, doch ich fühlte mich schlecht bei dem Gedanken mein anliegen einfach wieder zurückzuziehen. Die Wölfe, die ich bisher kennengelernt hatte, waren alle freundlich gewesen. Casanova hatte mir schon viel über sich anvertraut. Naya hatte ausgelassen mit ihm gespielt und Saikko und sie waren schon zusammen jagen gegangen, hatten es zumindest versucht. Svoboda und Iki hatten mit mir gejagt und uns dem Rudel vorgestellt. Alle waren so hilfsbereit gewesen. Aber könnte ich ihnen mit meinem, und insbesondere Nayas Leben trauen? Voller Zweifel beobachtete ich wie die anderen den Platz verließen und folgte zu Schluss, instinktiv dicht bei meiner Schwester bleibend.

--> Wiese

Naya:

Geduldig lauschte ich der weißen Fähe. Was sie sagte machte mir Angst. Die Sache mit dem Welpen war sicher keine Absicht gewesen aber ein bevorstehender Krieg war nichts gutes. Unser Rudel war bei einem solchen Krieg ausgelöscht worden. Das wollte ich nicht nochmal erleben. Und wie ich mich in das Rudel einbringen könnte wusste ich auch nicht. Unsicher drückte ich mich an Aletheia und ging dann mit ihr Lyvianne hinterher.

--> Wiesen