Auf der weiten grünen Ebene angekommen, sog ich den Duft von den frischen Blumen ein, die nun langsam wieder begannen, zu sprießen, bevor ich begann einfach drauf los zu sprinten. Der Wind, der durch mein Fell strich, war herrlich, während ich meinen Herzschlag in meinen Ohren hören konnte. Badumpbadumpbadump... Ich genoss das Gefühl zutiest. Es schien Ewigkeiten her zu sein, seitdem ich so frei rennen und dabei all meine Gedanken hinter mir lassen konnte.

Erst als ich am Fluss ankam, der die Reviergrenze markierte, verlangsamte ich mein Tempo. Ich hatte mich verausgabt und war am Hecheln, aber es war ein gutes Gefühl von Erschöpfung mit dem Wissen, mal wieder etwas für meinen Körper gemacht zu haben. In gemütlichem Tempo trottete ich zum kühlen Nass und tunkte meine Schnauze hinein, um meinen Durst zu stillen. Danach blieb ich am Rande des Ufers zuerst einmal ein wenig liegen. Mit dem Rauschen des Flusses im Hintergrund konnte ich mich endlich mal ein wenig auf die Geschehnisse der letzten Tage konzentrieren und meine Gedankengänge sortieren.

Es begann zu regnen und ich richtete mich wieder auf. Die Zeit hatte gereicht, um meinen Kopf größtenteils wieder zu leeren. Genau in dem Moment knurrte mein Magen. Ja, es war eindeutig an der Zeit, mir ein Mahl zu jagen. Ich machte mich auf zu der Waldgrenze. Bei den ersten Bäumen angekommen, zügelte ich mein Tempo und bewegte mich nur mehr leichtfüßig vorwärts, darauf achtend keinen Laut von mir zu geben. Meine Ohren drehten sich in alle Richtungen, während ich an der regnerischen Luft schnupperte. Der seichte Wind kam mir entgegen, was mir nur recht kam. Schließlich konnte ich die noch frische Fährte eines Kaninchens ausmachen und sofort maximierte ich meine Konzentration. Schließlich konnte ich meine Beute ausmachen, wie es an ein paar frischen Gräsern schnupperte. Langsam, vorsichtig pirschte ich näher und spannte meine Muskeln an. Einen Moment später schnellte ich mit einem Satz nach vorne und pinnte das Nagetier mit meinen scharfen Klauen am Boden fest. Es begann zu zappeln und ohne weiter zu zögern riss ich die Kehle des Tieres heraus. Nach ein paar Momenten stillte es komplett in seinen Bewegungen. Ich packte es und schleifte es mit mir zu einer Mulde unter einem Baum, die halbwegs trocken zu sein schien. Zuerst schüttelte ich mein Fell ausgiebig, bevor ich begann, meine Beute zu verzehren.

Nachdem ich den Hasen verzehrt hatte, beschloss ich noch weitere Beute für das Rudel zu jagen. Ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, eigennützig zu jagen und meinen Magen zu füllen. Nicht, wo ich jetzt abermals Teil eines Rudels war und somit nicht mehr nur für mich allein zuständig war. Somit trat ich schlussendlich mit noch einem weiteren Hasen, einem Kaninchen und einen Raben meinen Rückzug an. >> Silberrudel Rudelplatz

Ich hielt mich weiterhin am Fluss als ich wieder im Sonnental ankam. Kurz blieb ich stehen und schüttelte mein Fell aus, das durch den Regen triefend nass geworden war, bevor ich mich wieder in Bewegung setzte. Vielleicht sollte ich mich gleich auf den Weg zum Rudelplatz machen und mir dort eine trockene Stelle suchen. Hier in der flachen Graslandschaft würde das etwas schwierig werden.

Wir wechselten das Gebiet und standen am Rande einer Lichtung, die eine friedliche Atmosphäre versprühte, was mich ein wenig an den Leuchtwald erinnerte, wo ich auf Casanova getroffen war. Casanova… Kurz stieg der Gedanke in mir auf, dass ich wünschte, er wäre hier, denn ich war unsicher wie ich auf das Grab meiner Schwester reagieren würde. Gleichzeitig war ich aber auch in gewisser Weise froh, denn er konnte sich bestimmt schönere Dinge vorstellen als mich trösten zu müssen. Au weia. Unsicher drehten meine Ohren sich, während ich abwartend zu Marek blickte. „Alles… in Ordnung?“, fragte ich zögernd und spürte wieder diese nagenden Gewissensbisse, dass ich ihm dies hier abverlangte.

Während ich weiterlief, wurde mir der Geruch von Marek und einer anderen Fähe herübergeweht. Kurz versuchte ich, zu erschnuppern, zu welchem Rudel sie gehörte, konnte sie aber keinem zuordnen. Vielleicht bedeutete das, dass sie eine Rudellose war. Oder ich war nicht so gut im Merken von Gerüchen, wie ich es gerne hätte. Ich verlangsamte mein Tempo, während ich überlegte, ob ich kurz bei ihnen vorbeischauen sollte. Neugierig war ich schon. Dann fiel mir allerdings mein letztes Gespräch mit Marek ein und meine Überlegung. Die, die schlussendlich nicht geschafft hatte, über meine Lippen zu bringen. Ich fühlte mich noch immer ein wenig verletzlich. Unsicher. Würde ich ihn jetzt von selbst aufsuchen, würde ich nicht wissen, was genau ich sagen sollte. Vielleicht war es besser, zuerst einmal wieder zum Rudelplatz zu gehen und unser nächstes Treffen dem Zufall zu überlassen. Ich scluckte. Ja, so würde ich es machen. Mit diesen Gedanken nahm ich wieder Schwung auf und trabte zurück zum Rudelplatz
>> Rudelplatz Silberwölfe

"Oh", kam es von mir bei seinem "Geständnis" und im ersten Augenblick wusste ich gar nicht was ich da noch weiter zu sagen sollte. Aber das so stehen zu lassen, kam mir auch seltsam vor, da ich auch nicht den Eindruck an Marek vermitteln wollte, dass ich fand, er bräuchte deswegen definitiv ein schlechtes Gewissen zu haben. Nachdenklich sah ich kurz über die Lichtung, ehe ich mich dann doch traute das Wort erneut zu ergreifen. "Mir steht es zwar vermutlich nicht zu das zu sagen, aber ich denke nicht, dass du dich schämen musst. So wie man mir von Rey erzählt hat, hätte sie sicher nicht gewollt, dass du dein Leben damit verbringst sie dauernd zu besuchen." Zumindest konnte ich mir nicht vorstellen, dass nach allem was ich bisher über sie gehört hatte, sie das gewollt hätte.
Als der Alphawolf sich in Bewegung setzte, folgte ich ihm, wobei mir mit jedem Schritt schwerer ums Herz wurde, vor allem als ich dann ihr Grab sah, welches mich gefühlt innerlich bluten lies. Meine Atmung ging flacher und kurz dachte ich, dass mich die Welle der Emotionen mitreißen und unter sich begraben würde, aber tatsächlich hielt ich mich glücklicherweise noch ganz gut auf den Beinen. Zögernd blieb ich neben Marek stehen und vernahm seine Frage. Unsicher blickte ich von dem Grab zu Marek und wieder zurück. "Es kommt mir so unwirklich vor", gestand ich ihm schließlich nach einem Moment des Schweigens. "Eben habe ich noch nach ihr gesucht und dann ist sie..." Ich schüttelte meinen Kopf und hätte am liebsten die Pfoten über mein Gesicht gelegt, denn wenn ich nichts sah, war es auch nicht da, oder? Es kam mir so surreal vor, dass ihr Grab alles war, was von ihr geblieben war, also zumindest von ihrem Körper. So gerne hätte ich sie kennengelernt, hätte mit ihr geredet und mich davon überzeugt, dass sie hier wirklich ein besseres Leben hatte. Ich bemerkte gar nicht wie einzelne Tränen feuchte Spuren auf meinem dunklen Fell hinterließen. Die ganze Zeit über hatte ich mich schwer zusammengerissen, doch nun wo ich das Grab wirklich vor mir sah, war es als hätte man mich in einen eiskalten See im tiefsten Winter geschmissen. "Ich habe mich immer gefragt, ob sie mich gemocht hätte. Ob ich sie gemocht hätte. Ob ich vielleicht ein Teil ihres Lebens werden könnte. Jetzt, wo ich die Wahrheit weiß, ist alles... weg..." Leise schniefte ich und senkte schuldbewusst den Kopf, denn irgendwo schämte ich mich auch etwas dafür, dass ich hier neben Marek stand und heulte wie ein hilfloser Welpe. "Entschuldige, es... es ist eigentlich nicht meine Art", bat ich leise um Verzeihung.

Die Worte von Marek lösten ein wenig von der Wärme in mir aus, von der ich gehofft hatte sie bei meiner Schwester zu finden, was mich aber tatsächlich sogar aufheiterte, weshalb ich den Kopf nun auch etwas mehr hob wieder. "Es ist lieb von dir, dass du das sagst", erwiderte ich im sanften Tonfall und versuchte meine Emotionen wieder in den Griff zu kriegen, denn eigentlich schrieb ich mir selbst etwas mehr Selbstbeherrschung zu als... das hier. "Ich schätze damit ist meine Suche wohl vorbei", stellte ich leise seufzend fest. Stellte sich jetzt nur die Frage, was ich mit meinem Leben nun anfangen sollte? Nun, wo ich gänzlich neuen Tatsachen gegenüberstand, musste ich auch komplett umdenken, auch wenn ich genau genommen nie ganz genau gewusst hatte, was ich tun würde, nachdem ich Reyleigh und Chris gefunden hätte. Ein wenig hatte ich vermutlich gehofft, dass sie mir das dann sagen würden und dass es sich quasi von alleine fügen würde. Aber wenn ich ehrlich war, hatte ich den Gedanken einfach nur vor mich hergeschoben. Ich räusperte mich leise. "Du hast sicher viel zu tun", begann ich mit einem unsicheren Lächeln, "deshalb möchte ich dich auch nicht weiter stören. Ich danke dir für alles, Marek. Aber ich glaube ich sollte mir langsam ein Plätzchen suchen gehen."