Das freundliche Angebot von Marek überraschte mich zwar, aber freute ich mich gleichzeitig auch irgendwo darüber. „Das ist wirklich sehr nett von dir, vielen Dank.“ Erneut neigte ich für einen Moment meinen Kopf, hob diesen aber wieder, als er von einer Bedingung zu sprechen begann. Die Bedingung die er nannte, war für mich nur nachvollziehbar, denn ich wollte sicher nicht jemanden verstören oder etwas dergleichen. „Natürlich, ich werde darüber schweigen so lange du möchtest“, versicherte ich dem Alphawolf.

"Gerne", lächelte ich. Ich war froh, wenn ich Marek nicht allzu stark damit belastet hatte, sonst würde er mir wohl nicht danken, oder? Natürlich konnte ich mich auch irren, aber ich nahm es jetzt einfach mal an. "Sehr gerne, dann weiß ich auch an wen ich mich sonst noch wenden kann." Denn schließlich würde Marek sicher viel zutun haben als Alphawolf, da wollte ich ihn nicht die ganze Zeit ansprechen, wenn ich irgendeine Frage hatte, zu den Gebieten oder den anderen Wölfen, die sich hier so herumtrieben. Außerdem interessierte es mich natürlich wie das Rudel allgemein so war, in welchem Reyleigh gelebt hatte, auch wenn ich gar nicht wusste, ob noch Wölfe von damals sich hier noch aufhielten. Ich bemerkte wie Marek nochmal zu der Grabstelle sah und ich folgte seinem Blick. Ich war froh, dass ich jetzt schon einiges mehr in Erfahrung gebracht hatte über ihr Leben und auch über das von Chris, auch wenn Letzterer nicht sonderlich beliebt hier gewesen war, wie es mir schien. Aber ich wusste Bescheid und das bedeutete mir schon sehr viel.

Ich nickte bei Mareks Worten und setzte mich in Bewegung, um ihm folgen zu können, wobei ich immer wieder den Blick über meine Umgebung schweifen lies.

=> Rudelplatz der Silberwölfe

Mein Geruchssinn hatte mich an diesen Ort geführt, wobei ich verschiedene Geräusche wie die leisen Tappser von Kaninchen und Hasen wegen meiner Ohren nicht hören konnte. Die kleinen Beutetiere flohen vor mir, was ich nicht wahr nahm. Auch nahm ich den Rehbullen nicht war, auf welchen ich geradezu zusteuerte, während die Ricken der Herde nervös schnaubend Richtung Wald davon stoben. Erst als ich fast schon mit dem Kopf gegen den gesenkten Kopf - oder vielmehr das Geweih - des Rehbocks stieß und sein wütendes Schnauben hörte hielt ich verstört inne. Erschrocken machte ich einen Satz zurück, begann dann jedoch mit der Rute zu wedeln. Oh, willst du spielen? Ich mag es zu spielen! wuffte ich fröhlich und begann auf der Stelle hin und her zu hopsen. Ich war mir der Gefahr der Situation nicht bewusst, sondern begann verspielt den Bock zu umkreisen. Dieser drehte sich mit, ehe er mit einem wütenden Schnauben und gesenktem Kopf auf mich zudonnerte. Gerade so konnte ich ausweichen und patschte verspielt mit den Vorderpfoten gegen die Flanke des Bocks. Dieser sprang zur Seite und stieg dann auf die Hinterhufe, nur um nach schräg unten zu donnern, in der Absicht mich mit dem Geweih zu erwischen. Erneut gelang es mir diesem auszuweichen, wenn auch nur knapp. Dieses "Spiel" wiederholte sich immer wieder, bis mir vor Erschöpfung die Zunge begann aus dem Winkel meines Mauls zu hängen. Erst jetzt erinnerte ich mich daran, wofür ich unterwegs war. Es hat wirklich Spaß gemacht! Aber ich muss los! Wir spielen ein andern Mal weiter! Mit einem fröhlichen Bellen wand ich mich ab um mich fort zu bewegen, was der Bock nutzte um erneut mit seinem Geweih nach mir zu stoßen. Ich jaulte auf, als die scharfe Spitze an meinem rechten Hinterlauf entlang schrammte und eine Wunde riss. Jaulend rannte ich ein Stück weg und sah dann merklich irritiert zurück. Hey! Das ist nicht nett! Mama hat immer gesagt dass man sich beim spielen einander nicht verletzt! Der Bock schnaubte nur und gallopierte dann davon, seiner Herde hinterher. Derweil leckte ich mir über die Wunde. Es brannte und stach, auch wenn die Wunde nicht tief war. Ich schüttelte mich kurz durch, war es doch nicht das erste Mal dass ich mich beim spielen verletzte.

Gerade leckte ich mir erneut über die Schramme, als mit einem Mal dicht bei mir Acyras Stimme erklang. Wo kommst du denn auf einmal her? japste ich überrascht und plumpste um - sichtlich leicht erschrocken. Ich hatte die Fähe weder kommen sehen, geschweige denn hören. Alles gut, nur ein kleiner Kratzer. Mein Freund hat ein bisschen wild gespielt! bellte ich dann, während ich mich aufrichtete, nicht in der Bewegung eingeschränkt. Statt dessen wedelte meine Rute wild vor Fröhlichkeit hin und her Das große Tier mit dem komischen Zeug auf den Kopf und ich haben ganz toll gespielt! Wie ein naiver Welpe, welcher zum ersten Mal in seinem Leben einem Rotwild begegnet war strahlten meine Augen Acyra an. Dass das "Spiel" gefährlich gewesen war, war mir noch immer nicht bewusst. Ich wollte eigentlich nur einen Hasen oder anderes kleines Tier fangen..für Nava. Mama hat immer gesagt dass wenn man krank ist, dass es wichtig ist dass man sich viel Ruhe gönnt und etwas frisst. sprudelte ich unbedarft weiter hervor.

Mein Kopf legte sich merkbar zur Seite, als Acyra meinen Spielgefährten als Rotwild bezeichnete und dann meinte dass wir dessen Feinde seien. Oh.. kam es nun doch recht kleinlaut aus meinem Fang hervor, ehe ich sichtlich geknickt den Kopf hängen ließ. Aber es hat doch so Spaß gemacht.. murmelte ich dann halblaut, ehe ich wild den Kopf hob und diesen schüttelte. Nein, nein! Ich möchte für Nava jagen! überraschender Weise war mein Blick nun mehr als entschlossen, etwas, was man bei mir wahrlich selten zu sehen bekommen würde. Ich stand auf und schüttelte mich einmal durch, als wollte ich all den Trübsinn der mich bei Acyras Worten erfasst hatte, von mir werfen. Aufmerksam sog ich dann mit hoch erhobenem Fang die Gerüche um uns ein. Ich bin schließlich kein Welpe mehr. Nicht wahr? Auch wenn ich versuchte mein Lächeln unbekümmert herüber zu bringen, so erreichte es meine Augen nicht, während ich Acyra ansah. Meinen Kopf senkend nahm ich die Fährte eines Wildkaninchens auf, welches ich gerochen hatte. Ich würde nicht eher zum Rudelplatz zurück kehren, ehe ich nicht etwas für Nava gefangen hatte, das nahm ich mir fest vor.

Ich wedelte zart mit der Rute, als Acyra einlenkte, dass ich doch weiter jagen durfte. Erneut strich das Lächeln über meine Lefzen. Ich rieche ein Kaninchen..das ist wesentlich kleiner als das Rotwild, nicht wahr? Ich sah Acyra abwartend an, ob sie mir erlauben würde das Kaninchen zu jagen.

Erfreut über die Erlaubnis und den Zuspruch schlabberte ich Acyra einmal mit der Zunge über das Wangenfell - eine eher unbewusste Handlung. Dann nahm ich wieder den Geruch des Kaninchens auf und folgte diesem, bis meine Nase sich gen Boden drückte um der Spur zu folgen. Dort wo das Tal den Waldrand berührte war der Geruch besonders intensiv. Sofort fiel ich in die Haltung, welche ich gelernt hatte und schlich weiter, stets dem Geruch nach. Schon bald konnte ich das Kaninchen sehen und verharrte einen Momenten völlig regungslos, ehe ich einen kraftvollen Satz nach vorne machte. Allerdings verfehlten meine Vorderpfoten das Ziel und das Kaninchen huschte mit einem erschrockenen Laut Richtung offene Wiese. Mit einem frustriertem Wuffen setzte ich dem Tier nach, wobei die Hitze des Tages mir wirklich zu schaffen machte. Ich hatte bei weitem nicht soviel Ausdauer wie andere - wohl auch weil ich in einer Hetzjagd nicht geübt war. Dennoch gab ich nicht auf und jagte mit aus dem Maulwinkel hängender Zunge dem Kaninchen weiter nach. Vor meinen Augen versuchte es in einem Erdloch zu verschwinden - doch erwischte ich es gerade noch an einem seiner Hinterläufe. Ohne dass es mir selber bewusst war, setzte der Jagdinstinkt nun wie ein heftiger Schlag ein und ich zerrte das Kaninchen vom Loch weg, ehe ich es mit einem kräftigen Biss tötete. Hechelnd blieb ich dann stehen, ein Ausdruck der Verwirrung, aber auch der Freude auf meinem Gesicht. So blickte ich zu Acyra Guck, guck! Meine Rute wedelte aufgeregt hin und her, während ich voller Stolz das Kaninchen nun mit dem Maul aufnahm und in einem leichten Trab zu der Fähe tapste.