Gebannt hörte ich Akelas Geschichte.
Sie war voller Leid, voller Blut und Tränen, voll enttäuschter Hoffnungen und voll verlorener Kämpfe.
Doch es war auch eine Geschichte von Mut, von Tapferkeit, von Stolz und von dem Bestreben, niemals aufzugeben.
Viele waren gestorben, aber sie hatte überlebt.
Ist es das, was uns auszeichnet? Ist es das Überleben? Und wenn es so war- war es das wert?
Ja, jetzt verstand ich vieles - auch ihre Zurückhaltung.
Wie ich war sie keine große Rednerin, aber sie konnte sagen, was wirklich wichtig ist. Sie konnte reden - wenn sie es wollte.
Ein Clan geführt von starken Fähen!
Es war nicht das erste Mal, dass ich so etwas gehört hatte. Die Rudel hatten unterschiedliche Sitten und Gebräuche.
... und am Ende kamen die Menschen und das große Sterben. Halt, nein! Das war eben noch nicht das Ende! Das Ende kommt erst, wenn wir es zulassen.
Sie hatte nie aufgegeben, sie hatte den Welpen gesucht, sich um andere Wölfe gekümmert, gelitten -ja - aber nie aufgegeben.
Eine wahre Kriegerin, eine würdige Anführerin hätte sie sein können!
Jetzt da ich verstand, wuchs mein Respekt vor ihr noch ein Stück und ich spürte den Wunsch sie zu trösten.
Sie sah gerade so hilflos und erschöpft aus-so müde vom Kampf des Lebens!
Wie gut ich das verstand! Wie oft hatte ich ähnlich gefühlt, wenn auch aus anderen Gründen. Wären die Berge nicht gewesen, wäre ich vielleicht auch wahnsinnig geworden.
Der Beinahe-Kampf mit Lunas kam mir in den Sinn. Ich schauderte.

Immer am Abgrund - unser Leben! meinte ich nachdenklich zu ihr.

Ich widerstand der Versuchung, ihr tröstend über das Fell zu lecken, denn auch wenn sie im Moment schwach wirkte, war sie doch stark. Ich würde sie nicht mit plumper Zudringlichkeit beleidigen. Stattdessen lehnte ich mich an sie und gab ihr Halt. Sie sollte spüren, dass ich ihr nahe war, aber sie nicht beherrschen wollte.
Stattdessen fragte ich sie:
Du hattest einen Gefährten, wie du sagst. Du sprachst von vielen Wölfen in eurem Rudel. Von eigenen Welpen hast du nichts gesagt.
Das war eine Feststellung, aber gleichzeitig auch eine Frage. Sie konnte darauf antworten oder auch nicht.

Ich spürte wie er sich an mich lehnte und es gab mir genug halt das es mich wieder beruhigte aber noch genug freiheit hatte um in meinem stolz nicht gekränkt zu sein.
Doch ich hatte Welpen, eine Tochter. Ihr Name war Morgana und ihr Fell war so flammfarbend wie es nur die Untergehende Sonne trug. Sie war mein ganzer Stolz, ein Wildfang.
Ich musste lächeln. Sobald sie laufen konnte rannte sie immer davon, zusammen mit Kanai waren sie als Jungwölfe oft Tagelang weg und kamen dann hungrig, zerzaust, zerschrammt, mit kleinen Verletzungen aber glücklich und immer ein Stück schlauer wieder.
Sie wurde so schnell groß... mit einem langen seufzter erinnerte ich mich an die schönen Tage als sie noch tapsig und verspielt auf dem Rudelplatz herumtollte.
Hattest du je Junge? fragte ich ihn leise, ich wusste nicht ob er es nur nicht erzählt hatte aber in seiner Geschichte fand ich nicht eine Andeutung.

Ich war noch jung, als ich mich verliebte-gerade mal knapp 2 Jahre alt. Sie war eine Streunerin und kam in unser Gebiet. Sie hatte Angst, aber auch Charakter. Unser Rudel war gefürchtet und mein Vater regierte mit Zahn und Klaue. Er duldete keine Schwäche. Wir trafen uns heimlich, aber irgendwann flog es auf und mein Vater reagierte erbost. Sein Sohn, sein Nachfolger sollte sich nicht mit einer unbedeutenden Streunerin paaren. Er biss sie weg, vertrieb sie aus unserem Revier und ich hatte nicht den Mut, meinem Vater zu widersprechen. Ich war ein Feigling. Ich hätte mit ihr gehen sollen! Aber ich war jung und hatte bereits meinen Eid geleistet.
Als ich die Eide brach, war es bereits zu spät. Sie war fort - für immer.
Dann war ich Bradwr, ohne ein Recht, eine ehrenhafte Wölfin zu umwerben ohne ein Recht, ein Rudel zu gründen - eben ein Wolf außerhalb der Gemeinschaft. So etwas kannst du keiner Gefährtin zumuten und Welpen - sollten sie einen Verräterwolf als Vater nennen?
Nein, Akela, ich hatte nie Welpen und ich hatte nie eine Gefährtin. Ich war nicht würdig und die Fähen spürten es oder ich sagte es ihnen. Weißt du, ich rede nich´viel, aber ich lüge nie.

Die erste Liebe ist nie ganz leicht und besonders du scheinst damit schmerzhafte Erfahrung zu haben. Doch du solltest nicht hoffen deine Ehre wieder zubekommen indem du einem Rudel beitrittst und wieder treu und blind unter einem Alpha kriechst. meinte ich ehrlich und kurz. Natürlich wirst du so deinen Eidesbruch wieder gut machen aber deine Ehre ... ich schüttelte den Kopf. Wenn mein Eid daraus bestehen würde wiederspruchslos einem Wolf zu folgen der mich als Mordwerkzeug gegen unschuldige nutze, würde ich ihn nie wieder gut machen wollen.
Deine Ehre kommt nur durch Taten wieder.
Ich sah in die untergehende Sonne. Und in meinem Blick bist du bereits ein Wolf der es würdig ist wieder als ehrenhaft zu gelten. Du rettetest mich vor dem Tot, du zogst deine Nichten groß und lehrtest sie, du stelltest dich gegen das Sinnlose Morden deines Vaters und ich bin mir sicher das war noch nicht alles.
Endlich ließ die brütende Hitze nach, ich nahm mir vor morgen vor Sonnenaufgang im Teich baden zu gehen.
Damit hatte ich alles gesagt was es zu sagen hab, er litt unter seiner Ehrenlosigkeit un dich wusste wie sehr einen dies belasten konnte denn auch ich litt unter der Ehrenlosigkeit meines Bruders. Doch ich zog Kanai groß, ich tötete Remo, ich lehrte die Welpen und endlich setzte ich eine Tochter in die Welt. Dies alles verschaffte dem linderung.
Deine Jungen würden dich nie als einen Wolf ohne ehre sehen, denn für sie wärst du alles und sie wären alles für dich. Ob Ehre oder nicht, Welpen schenken einem bedingungslose Liebe. Als ihr Vater wärst du jemand der ehrbarer nicht sein könnte.
Ich glaubte an meine Worte, Odhran war kein Wolf der sich einfach aus dem staub machte, er würde sein letztes Fell geben um für ihr Wohl zu sorgen.
Ehre ist schwer, sie hat mehr als nur ein Gesicht.

Ich hörte ihre Worte und sie bewegten mich. Sie sprach nichts anderes als die Wahrheit - und nun, nachdem ich meinen Schatten besiegt hatte, konnte ich ihr auch glauben.
Hast recht!meinte ich und senkte meine Schnauze.
Nie mehr würde ich vor einem Tyrannen kriechen und die Ehre - tja, die Ehre! Wer fragte danach, wenn man seinen Wolf stand - in einem eigenen Rudel.
Bist klug, bist weise, meinte ich zu Akela.
Sie hatte mir etwas gegeben, was mir kein Rudel gegeben hatte - eine Einsicht.
Danke,fügte ich leise hinzu.

Nicht dafür. erwiederte ich. Auch Odhran hatte mir etwas zurückgegeben. Ein stück meines alten Ichs. Freude, Vertrauen, Hoffnung. Wir waren quitt und das ließ mich entspannen. Ich ließ mich auf die Seite fallen und streckte mich bis in die Krallen bevor ich aufstand. Genug der schlechten stimmung, scherzte ich mit einem fröhlichen Klang in der stimme. Ich trat zurück, als ich hinter ihm stand senkte ich den Kopf und zwickte ihn neckisch ins Ohr und zog die leftzen zu einem auffordernen grinsen hoch.
Mal sehen ob der Berggeist auch ein bisschen Spaß haben konnte.

Ich war im ersten Moment völlig überrumpelt, als sie mich ins Ohr zwickte. Damit hatte ich nicht wirklich gerechnet.
Dann sah ich ihr schelmisches Grinsen.
Sie wollte SPIELEN ???!!
Ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wann ich zuletzt mit jemandem gespielt hatte.
Einen Moment lang sah ich sie verdattert an, bis ich begriff.
Dann lächelte ich.
So, du meinst also, du könntest einfach so nach mir schnappen! meinte ich mit einem amüsierten Funkeln im Blick.
Na dann versuch´s nochmal! forderte ich sie auf und sprang hoch.
Aufmunternd wedelte ich mit der Rute.

Ich wedelte mit der Rute. Odhran war sicher schneller als ich.
Ich sprang auf ihn zu schnappte nach seiner Schnauze ohne wirklich treffen zu wollen. Dabei machte ich mich etwas kleiner das mein Scheinangriff von unten kam.
Ja meine ich! lachte ich.

Ich hatte hatte ihr Muskelspiel beobachtet und konnte leicht nach der Seite ausweichen, als sie sprang.
während ich an ihr vorbeihuschte, streifte ich sie leicht mit meiner Rute.
Dann nahm ich hinter ihr Position ein und wartete ab, bis sie sich zu mir umgedreht hatte.
Meine Zunge hing mir hechelnd aus dem Mundwinkel
Bin hier!

Anstatt mich um zu drehen ließ ich mich rückwärts fallen und lag auf dem Rücken. Mit den Beinen paddelnd in der Luft schnappte ich ihn mir und zog ihn herunter.
Jetzt nicht mehr bellte ich und hielt ihn sacht am Ohr fest. Das machte mehr spaß als erwartet.

Uups!
Die hatte aber Tricks drauf!
Und schon wieder hatte sie mich am Ohr.
In einem richtigen Kampf hätte sie allerdings jetzt schon verloren, denn ich brauchte jetzt nur meine Lage minimal verändern und hätte sie am Boden festgenagelt.
Doch das hier war Spiel!
Also ging ich zum Schein auf ihre "Überlegenheit" ein, senkte meinen Kopf und tatzte dann mit beiden Vorderpfoten gleichzeitig nach ihren Ohren, so dass ich sie ebenfalls am Boden festhielt.
Hab´dich stellte ich triumphierend fest. Jetzt lag ich halb über ihr und sie konnte mir nicht mehr so einfach entschlüpfen.

Festgenagelt konnte ich den Kopf nicht mehr heben und ließ sein Ohr los. Ich zog die Hinterpfoten an den Bauch und stemmte sie gegen Odhran. Du bist leichter als gedacht. scherzte ich und drückte den rüden ein Stück in den Luft, kurzerhand nahm ich die Vorderpfoten dazu und warf ihn von mir runter.

Ich hatte einen Moment zu lange gezögert und mich nicht fest am Boden verankert. Deshalb hatte ihre Taktik auch Erfolg.
Doch in dem einen Moment, als sie so unter mir lag, da spürte ich Gefühle in mir, die ich schon lange so nicht mehr empfunden hatte.
Zärtlichkeit! Liebevolle Fürsorge!
Natürlich war sie kräftiger und stärker als ich, aber ich war schnell und wendig.
Als ich spürte, wie mich ihre Pfoten wegdrückten, hielt ich nicht dagegen, sondern gab nach, nutzte die Kraft und den Schwung aus und katapultierte mich in die Höhe, wo ich eine Vierteldrehung vollzog und "angriffsbereit" bereits neben ihr stand, bevor sie sich selbst erheben konnte.
Vorwitzig zwickte ich nun sie am Ohr, ließ aber auch gleich los und lächelte.
Sie war gut! Das machte richtig Spass!

Ich sprang auf und pustete ein Stück Fell von meiner Nase. Es gehörte Odhran. Ich drückte meinen Rücken ein Stück durch sodass mein Hintern ein stück in der Luft hing und mein Oberkörper ein bisschen in Bodennähe. Meine Rute wedelte fröhlich hin und her. Odhran hatte gute Tricks, aber war eben auch nur ein Rüde. Grinsend erhob ich mich und sprang an ihm vorbei und strich eng an seiner Flanke lang.

Nähe, Vertraulichkeit, Vertrauen ...
Es war ein gutes Gefühl. Auch ich wedelte mit der Rute.
Hab´Lust zu laufen! Kannst mich ja fangen, wenn ´de willst !
Aufmerksam sah ich Akela mit gespitzten Ohren an, bereit, sofort zu reagieren, wenn sie auf mich losspringen sollte.
Ich war natürlich schneller als sie, aber das spielte keine Rolle. Ich würde es spannend machen.
Außerdem lernte sie dabei auch noch die Gegend besser kennen.