Ylvi sprang los um Wasser zu suchen, da schien Kaya zu Bewusstsein zu kommen. Sie trat um sich und schnappte in meine Richtung. Glücklicherweise erwischte sie mich nur am Fell, weil ich schnell einen Satz rückwärts machte. Geschockt starrte ich sie an, meine Ohren angelegt, mein Nackenfell gesträubt als meine Rute mit der Erkenntnis zu wedeln begann. Sie ist wach! Was ich als nächstes tat war leichtsinnig, geradezu dumm, aber ich setzte auf die Fähe zu, ließ mich vor sie fallen und fixierte sie mit meinen Vorderpfoten am Boden. Bitte beruhige dich, Kaya! Etwas leiser fügte ich hinzu: Ich weiß, du willst mich nicht sehen, aber du verletzt dich nur, wenn du so um dich beißt und trittst., meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, nahezu ein Wimmern. Alles... Alles wird gut... Ich werde wieder gehen.. Ich... Meine eigenen Worte stimmten mich traurig, doch es ging hier um Kaya. Um die Wölfin die ich liebte. Und was man liebt, das lässt man ziehen... Aber doch bitte nicht so, Kaya... Nicht so...

Etwas hilflos blickte ich auf das gurgelnde Nass vor meinen Pfoten. Es erschien zunächst unmöglich das Wasser zu der Fähe zu bringen, aber andersrum war momentan auch keine Option. Zwar war Sams Anweisung einleuchtend, aber in nächster Nähe fand ich nur Blätter und keine Rinde herum liegen. Wieder zurück rennen, ohne Wasser, wollte ich aber auch nicht. Ich setzte mich hin und starrte grimmig auf die Quelle Hättest du nicht ein paar Wolfslängen weiter dort drüber entspringen können? und dachte zurück an gerade eben. Eigentlich um mir die genauen Worte des Rüden wieder in den Sinn zu rufen, stattdessen schob sich ein anderes Detail davor.

Plötzlich hatte ich Heaven an meiner Seite spüren können. Kurz hatte ich gestockt ich in meiner Aufzählung an Unterschieden zwischen hier und zuvor, und als ich mich wieder gefangen hatte, war ich deutlich ruhiger gewesen als zuvor. Heavens Beruhigen hatte mich sofort geerdet. "Du bist nicht schuld" hatte ich gehört und versucht es zu glauben. Er musste ein Gespür dafür haben immer im richtigen Moment das Richtige zu tun oder zu sagen und vielleicht war ihm das gar nicht so bewusst, aber ich war Heaven unglaublich dankbar für diese Geste, nach der ich nicht selber hatte fragen können.

Und jetzt da ich überlegte wo man denn eine gewölbte Rinde bekommen sollte, kam mir auch nur ein Name in den Sinn, nach dem ich rufen würde. Heaven! Hier drüben ist Wasser hast du ein gebogenes Rindenstück gefunden?

Noch immer starrte ich auf die am Boden liegende Wölfin und Sam, der versuchte die um sich beissende Furie zu fixieren und gleichzeitig nicht ihren Fangzähnen zum Opfer zu fallen. Aus einem Impuls heraus wollte ich zu ihm springen und ihm helfen, als mich Ylvis Stimme erreichte. Unentschlossen drehte ich ein Ohr in ihre Richtung, Sam weiterhin nicht aus den Augen lassend. Doch meine Vernunft siegte. Ich würde dem Rüden nicht helfen können, aber vielleicht könnten wir Wasser beschaffen.

Mit wenigen Sprüngen war ich bei der sandbraunen Wölfin und lächelte ihr zu. Während ich nur rumgestarrt hatte, war sie fleißig gewesen und hatte Wasser gefunden. "WOW! Das hast du richtig schnell gefunden." meinte ich beeindruckt. Doch dann schüttelte ich den Kopf. Ich hatte nicht einmal nach einem gebogenen Rindenstück gesucht, wusste aber auch nicht wo ich auf die Stelle das passende finden sollte. Doch während ich mir die Gegend ansah, kam mir eine Idee. Immerhin sind wir hier im Wald. "Ylvi, pass auf! Wir sind doch im Wald." Ich begann die umliegenden Bäume anzusehen und erblickte einen, an dem ein kleines Stück Rinde fehlte. Nicht viel, aber genug um daran anzusetzen. Sofort beeilte ich mich, dahin zu kommen und sprang mit den Vorderbeinen an diesem hoch. Ohne zu zögern begann ich mit den Pfoten an der Rinde zu kratzen, doch es ließen sich nur kleine Stücke Rinde lösen. Frustriert grub ich meine Krallen tiefer in die harte Rinde und nahm meine Zähne zur Hilfe. So konnte ich dann doch ein größeres Stück lösen. "Meinst du das reicht?"

Ich erreichte den Wald, mein Schritt verlangsamte sich.
Sam? rief ich als ich ihn nicht an der selben Stelle fand wie zuvor. Er war sicher nicht weit gegangen, ich überlege nach ihm zu rufen aber vielleicht jagte er gerade und ich wollte ihn nicht stören.
Kurz überlegte ich ob ich für das Rudel nicht auch etwas jagen sollte aber dann hörte ich in nicht allzu weiter Entfernung Stimmen. Ich horchte auf und folgte der Unruhe.
Ich trabte um ein Gebüsch und entdeckte zu meiner Überraschung Sam, er stand neben einer Boden liegenden Fähe.
Sam! rief ich erschrocken auf. Was war hier los? Gab es einen Kampf? Ich nutzte meine Nase aber die üblichen Gerüche nach Schweiß, Blut und Kampf blieben aus.
Trotzdem sah die Fähe gar nicht gut aus.

Danke, aber es war ja ganz in der Nähe Ich wedelte sachte als Heaven bei mir ankam. Nur leider hatte er auch nichts weiter entdeckt was uns weiterhelfen könnte. Diese Kaya braucht aber sicher sehr bald das Wasser...hmm ich driftete schon wieder ins Grübeln ab, deshalb nickte ich nur auf Heavens Worte hin und drehte denn ich die Ohren zurück als ich verstand was er da sagte: "Wir sind doch im Wald". Ungläubig blickte ich ihn an. Hat er das gerade wirklich gesagtt? Das wüsste auch jeder neugeborene Welpe! Das Problem ist doch, dass wir trotzdem kein Stück Rinde am Boden finden, die kleben ja alle an den Bäumen fest.

Doch Heaven bewies mir direkt, dass ich zu früh geurteilt hatte. Was ich als Problem sah war für ihn der Weg zur Lösung: Er machte sich sofort daran die Rinde von den Bäumen zu kratzen. Aufmerksam verfolgte ich Heavens Werk. Zunächst erbrachten seine Anstrengunen nur mäßigen Erfolg, aber allein sein Ansatz zeigte mir, dass es durchaus möglich war. Ylvi, du denkst wieder viel zu kompliziert! Da wächst Rinde an den Bäumen, folglich kann man sich an den Bäumen an Rinde bedienen. Ich schüttelte den Kopf über mich selbst und ging dann zu dem neuesten Baum unter Heavens Bearbeitung. Diesmal schienen die Voraussetzungen besser gelegen zu haben und mit dem Maul sah es auch viel einfacher aus ein größeres Stück abzuziehen. Das könnte klappen! Aufgeregt schnüffelte ich an dem errungenen Rindenstück.
Das sieht gut aus. Ich glaube das reicht schon begeistert grinste ich Heaven an Los schnell, lass uns probieren darauf das Wasser zu balancieren und zu Sam zurück zu bringen.

Einer meiner Vorderläufe lag auf Kayas Hals, der andere auf ihrer Flanke. Ich versuchte sie weiterhin zu beruhigen, als ich Trebs Stimme vernahm. Er rief meinen Namen. Meine Ohren drehten sich in die Richtung, aus der seine Stimme kam, dann Blickte ich flüchtig in seine Richtung, konzentrierte mich aber direkt wieder auf Kaya. Alles gut, wuffte ich ihm über meine Schulter hinweg zu. Sie ist nur sehr aufgebracht.... Alles gut, Kaya... Beruhige dich... Ich sah wieder zu Treb. Ich glaube, sie hat Schmerzen, sie ist trächtig! Vorn mir..., fügte ich in Gedanken hinzu und sah Treb zweifelnd an.
Ich habe Angst, dass sie sich verletzen könnte.

Meine Aufregung übertrug sich auf Ylvi, denn ihre gesamte Haltung hatte sich geändert. Irgendwie wirkte sie nicht mehr nachdenklich und in sich gekehrt, sondern voller Tatendrang. Nachdem sie das Rindenstück untersucht hatte, hellte sich ihr Gesicht auf und sie begann zu grinsen. Ihre Freude steckte an, sodass ich mit der Rute zu wedeln begann. Ohne Worte schnappte ich mir das größte Stück Rinde und trabte zur Wasserstelle, die meine Freundin gefunden hatte. Dort blieb ich stehen und blickte sie an. "Wäre nicht etwas, was das Wasser aufsaugt besser?" Mir fiel es schwer zu glauben, dass wir das Wasser mit dem Stück Rinde transportieren können und sah hilflos zum Wasser. Sollte ich die Rinde nun einfach unter tauchen und dann? Wie sollten wir die Rinde transportieren, ohne dass wir das ganze Wasser dann gleich verlieren sollten?

Die Wut auf Sam ließ mich die Schmerzen kurz ausblenden. Ich entwickelte eine Kraft, die ich in diesem Moment selbst nicht von mir erwartet hatte und bäumte mich unter Samotny auf, stieß den Rüden zur Seite und stemmte mich auf die Pfoten. Meine Augen waren voller Tränen, meine Sicht dank der Tränen war getrübt. Trotzdem machte ich einen Schritt vor den anderen, auf wackligen Beinen versuchte ich Abstand zwischen mich und die Wölfsmeute zu bringen, die sich um mich herum versammelt hat. Meine Haltung war gekrümmt, doch ich hielt meinen Kopf stolz erhoben. Sam war an dieser Situation Schuld und das würde er noch büßen - doch in diesem Moment musste das warten. Ich musste irgendwie meine Welpen retten. Also schleppte ich mich einfach weiter, weiter an dem Fremden (@Nini-Nom ) vorbei. Ich würde schon irgendeinen Platz finden. Doch ich kam nicht weit. Wenige Schritte hinter dem Fremden spürte ich plötzlich etwas nasses zwischen meinen Beinen und blickte mich verwirrt um. Oh Gott. Bitte nicht hier. Bitte kommt nicht hier auf die Welt. Bitte haltet noch etwas aus. Panisch blickte ich mich um. Diese verdammte Fruchtblase. Musste sie unbedingt jetzt platzen?

Kaya wand sich unter mir und schüttelte mich so ab. Kaya, hör doch. Es tut mir leid! Ich will dir helfen... Bitte, du verletzt dich noch..., winselte ich besorgt doch da ging sie schon weiter. Tut mir leid, Treb... Die Situation ist milde gesagt unschön. Ich glaub... Ich hab echt Mist gebaut. Unzufrieden legte ich die Ohren an, sah zu Kaya und meine Augen begannen nahezu panisch zu funkeln. Unruhig machte ich zwei Schritte rückwärts, als ich das Szenario wirklich erfasste. Oh nein... Ich kannte mich vielleicht nicht gut mit Geburten aus, aber eins wusste ich: Fähen entbanden nicht irgendwo im Freien, wo sie anderen Tieren und dem Wetter schutzlos ausgeliefert waren. Kaya wollte mich nicht sehen. Sie wollte offensichtlich nicht bei mir sein und das versetzte mir einen Stich. Aber ich wollte ihr helfen! Unsicher ging ich auf sie zu. Ich bewegte mich langsam. Kaya, begann ich auf sie einzureden, bitte, ich weiß, ich hab's versaut und ich werde dich in Ruhe lassen... Lass mich dir nur helfen. Sag mir, wie ich dir helfen kann. Meine Muskeln zitterten angespannt, doch meine Stimme war ruhig und klar.

Ein weiteres tiefen Grollen trat aus meiner Kehle und ich entblößte meine Eckzähne. "Wolfsleer? Du solltest wohl eher deine Glotzen aufsperren!" Ein Wolf meiner Größe war ja wohl kaum zu übersehen. Einen weiteren Schritt auf den anderen Rüden zugehend, erhob sich mein Nacken- und Rückenfell, was meine Statur nur noch mächtiger erschienen ließ. "Willst du es wirklich drauf anlegen, alter Knacker? Wegen einem Reh?"

Wir standen uns nun zähnefletschend und drohend gegenüber. Durch sein aufgeplustertes, dichtes Nackenfell wirkte der schwarze Wolf mit Sicherheit etwas imposanter als ich. Meine Erscheinung war eher staksig und ausgehungert -- alter Knacker wirkte ziemlich passend -- aber das verminderte die Dominanz meiner Haltung nicht.
Wegen einem Reh? Der Kerl hatte wohl noch nie echten Hunger überlebt, ansonsten wüsste er, dass ein Reh über Leben und Tod entscheiden konnte. Und jetzt war ich in der Stimmung über ihn zu entscheiden. "Ja, das will ich," knurrte ich und schnappte mit den letzten Worten nach seiner Kehle. Meinen Körper versuchte ich in einer seitlichen Bewegung so weit wie möglich aus seiner Reichweite zu bringen.
Es war riskant diesen Kampf einzuleiten. Er wirkte zwar jünger, aber fitter und stärker. Ich wusste jedoch auch, dass ich schon eine Menge Erfahrung gesammelt hatte.

Kraftlos ließ ich mich zu Boden sinken und in jenem Moment, als mein Körper am Boden aufprallte, versiegten meine Tränen, welche mir über die Wangen gelaufen waren. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich weinte. Die Schmerzen in meinem Bauch stiegen ins unerträgliche an, aber diesmal wusste ich, was der Schmerz bedeutet und war auf ihn gefasst. Mit letzter Kraft begann ich zu pressen, denn mir blieb nichts anderes übrig. Ich hatte schon innerlich nachgerechnet und wusste, dass etwas nicht stimmte und ich meine Welpen übertragen hatte. Es müsste nun ein Wunder geschehen, dass ich sie alle gesund und munter auf die Welt bringen würde. Und dann würde ich mich um den Rest kümmern.

Sobald eine Wehe aussetzte, begann ich nach Luft zu schnappen. Meine Zunge hing mir aus dem Maul, ehe ich weiter hechelte und versuchte die Schmerzen irgendwie auszuhalten, als der Knoten platzte und ich spürte, wie etwas aus mir rutschte. Am Boden liegend krabbelte ich zu dem kleinen Winzling am Boden und begann mit der Nase daran zu stupsen, doch innerlich war mir schon klar gewesen, dass der kleine Kerl nicht überlebt hatte. Ein leises Wimmern kam aus meiner Kehle, welches sodann zu einem lauten Heulen anschwoll und im Tal sicherlich deutlich zu hören war.

Die Fähe, Kaya hieß sie, brachte einen Welpen zur Welt und ich überlegte kurz fieberhaft wie ich helfen konnte als sie einen schmerzlichen laut ausstieß.
Der Welpe hatte es nicht geschafft, ich trat zurück um Sam und ihr nicht im Weg zu stehen. Das war eine Sache die nur die beiden etwas anging.

Alles passierte so schnell und auch wenn ich begriff was passiert war, realisierte ich es erst so richtig, als @Kaya s Jaulen die Luft zerriss. Mit angelegten Ohren machte ich einen weiteren Schritt in ihre Richtung. Kaya? Meine Stimme war kaum mehr als ein winseln, ein Kloß hatte sich in meinem Hals breit gemacht und ich wusste nicht was ich sagen sollte.
Ich... Ich weiß. Es ist meine Schuld aber... Ich wollte doch auch nicht, dass es so kommt... Bitte... Ich will dir helfen!
Ich war verzweifelt und sah hilfesuchend zu Treb.
Ich machte einen weiteren Schritt, dieses Mal entschlossener. Sag mir, was ich tun kann.

Während ich durch die lichter werdenden Bäume lief drangen eine Menge Gerüche von anderen Wölfen zu mir herüber. Zuerst wollte ich umdrehen, Wut und Stress lag in der Luft, machte mich nervös. Aber dann fühlte ich eine so schlimme Traurigkeit unter all der Wut, dass ich wie angewurzelt stehen blieb und die Ohren aufstellte.
Der Wunsch zu helfen war größer als meine Angst, also richtete ich meine Körperhaltung auf und trat aus den Büschen. Ich bemühte mich eine extra ruhige und freundliche Ausstrahlung zu haben und betrachtete was vor mir lag.
Der Anblick ließ mein Herz schmerzhaft schlagen und ein stilles trauriges seufzen drang aus meiner Kehle.
Dennoch lief ich weiter, stellte mich entgegen meines Instinktes neben einen rötlichen Wolf (Treb). Ich bin hier um zu helfen, flüsterte ich ruhig. Das war meine Superkraft, das einzige bei dem ich mich wirklich nützlich und hilfreich fand. Helfen.