Die Reaktion der schwarzen kam genauso unerwartet, wie verdächtig.
Sie wurde angespannt und nahm eine Haltung ein, die ich dieser Situation nicht ganz zuordnen konnte.
Möglicherweise hatte sie sich vor der Fähe erschrocken, die wir bis eben nicht bemerkt hatten..
Es konnte allerdings auch sein, dass sich die beiden sehr wohl kannten und ich fühlte mich auf der Stelle bedroht.
Ich machte einen Satz nach hinten, stemmte alle vier Pfoten in den weichen Waldboden und nahm eine verteidigende Haltung ein.
Ich stand jetzt so zwischen den beiden Wölfinnen, dass ich sie zumindest teilweise beide sehen konnte.
"Nagut, was ist hier los?!"
knurrte ich und machte mich bereit mich verteidigen zu müssen.

Knurrend wich ich nun zurück. Jede Faser meiner Muskeln angespannt. Das Blut in meinen Adern kochte sogleich auf. Meine Sinne und meine Stimmung fuhren Achterbahn. Die Wölfin roch ganz deutlich nach Rudelwolf. Als der Rüde auch eine nervöse Haltung einnahm, rasten in meinem Kopf die Gedanken. Für mich war klar, dass ich mit Rudeln nichts am Hut haben wollte. Wer weiß, vielleicht gehörten sie und Odhran ja bald zusammen in einem Rudel. Ich musste ein würgen unterdrücken. Wieder ging mein Blick zu meiner Beute. Nervös, angespannt. Das wüsste ich auch gern?! Die Wölfin schien friedlich gesinnt, außerdem war sie schmaler als ich und so sah ich sie weniger als Bedrohung an. Soso...

Ich war erleichtert, als ich erkannte, dass der schwarzen das Augenpaar ebenfalls unbekannt war.
Meine Haltung entspannte sich ein wenig. Nun, da die unbekannte aufgesprungen war, konnte ich sie erkennen.
Es war eine relativ junge, weiße Fähe. Zwar nahm sie eine aufrechte Position ein, doch so richtig überzeugend war sie in ihrem Handeln nicht.
Es war an der Zeit ein wenig Licht in die Sache zu bringen. In der Hoffnung, dass die beiden nur so agierten um sich zu verteidigen, versuchte ich etwas zu schlichten.
Meine Haltung war weiterhin angespannt, doch ließ ich mein bereits erhobenes Nackenfell sinken und nahm eine etwas entspanntere Haltung an.
"Was ist das für ein Ort?"
fragte ich und versuchte so ruhig so klingen, wie es mir nur möglich war.
"Wer seid ihr und woher stammt ihr?"
fuhr ich fort. Zugegeben - all diese Fragen kamen mir recht unpassend vor, doch jemand musste handeln, bevor die Situation eskalierte.

Nur ein knurren konnte ich mich abgewinnen, als die Wölfin sich vorstellte. Alpha.
Mein Name ist Morgra. Kurz überlegte ich noch, was ich weiter anführen sollte. Ich bin ein einsamer Wolf? In Gedanken musste ich fast bitterlich lachen. Ich behielt eine angespannte Haltung bei. Da Lyvianne schon erklärt hatte wo wir waren, musste ich dies sicher nicht nocheinmal wiederholen.
Unauffällig hatte ich ein wenig Laub über meine Beute geschoben. Eine der wenigen Sachen, bei denen ich absolut instinktgesteuert war.
Und DU bist? Wiederholte ich meine Frage, die ich bereits gestellt hatte, nochmals energisch. Der Anstand sollte ihm hoffentlich nicht ganz fremd sein. Selbst unter freien Wölfen stellte man sich vor.

Odoru:

Ich murrte innerlich, als in der Ferne sowas wie ein Streitgespräch vom Wind zu uns getragen wurde. Konnten die sich nicht an einem anderen - weniger friedlichem Ort zanken? Ich leckte Nora langsam über den Kopf, ehe ich mich streckend erhob.

Freie Gebiete sagt sie? Was soll das bedeuten?

In meinem Leben hatte ich zwar viel erkundet, gesehen und bin umhergewandert,
doch ein 'freies Gebiet' hatte ich noch nicht betreten. So etwas passte nicht in mein Verständnis.
So lagen hier doch so zahlreiche Gerüche von fremden in der Luft und machten sie fast schon schwer. Wie konnte das sein?
Was mich zusätzlich irritierte war, dass die zierliche Fähe davon sprach Alpha zu sein. Wenn das der Wahrheit entsprach,
konnte ein ganzes Rudel wohl nicht weit sein.
Die schwarze, die sich Morgra nannte, unterbrach mich in meinen Gedanken. Sie hatte Recht. Obwohl ich mir vorgenommen
hatte vorsichtig zu sein und nicht direkt herauszustechen, hatte ich meine Höflichkeit wohl fast vergessen.
Zu lang waren die Tage und zu weit die Reise, ich fühlte mich erschöpft. Obwohl diese Situation so unangenehm für mich war,
hatte ich doch Glück gehabt, dass ich zuerst auf diese beiden gestoßen war.

"Mein Name lautet Ravik. Ich bin auf der Suche nach.."

Meine Stimme brach ab. Ja, was suchte ich denn eigentlich? In erster Linie war es wohl Sicherheit. Ein Ort an dem ich schlafen
konnte, ohne mich zu fürchten. Ein Ort, an dem es wieder etwas fruchtbares Land und die Chance auf etwas zu essen gab.

"Ich bin auf Reisen."

ergänzte ich rasch.
Die schwarze schien eifrig etwas verbergen zu wollen. Ihr war bereits vorher ihrem Blick gefolgt, konnte aber zunächst nicht entdecken
worum es sich handelte. Als sie etwas Laub zusammenscharte, hatte ich eine Ahnung.

"Ich habe nicht vor euch zu bedrohen.

fügte ich kurz an.

Der irritierte Blick des Rüden, Ravik, war mir nicht entgangen. Offenbar war er wirklich wie ich - soetwas wie hier hatte er noch nicht erlebt. Die freien Gebiete sind Niemandsland. Jeder kann sich hier herumtreiben. Erklärte ich den unausgesprochene Frage in seinem Blick.
Natürlich war er auf Reisen, das waren wir alle gewesen bevor wir unseren Weg hierher gefunden hatten. Kurz musste ich lachend aufschnauben. Also ich für meinen Teil... Ich schaute mich zu der weißen Wölfin um, Fühle mich sicher nicht bedroht von dir. Glaub mir, es gibt schlimmeres.
Innerlich tobte in mir ein Konflikt. Am liebsten wäre ich gegangen, ich empfand es als nervenaufreibend das mir ein Rudelwolf gegenüberstand und außerdem war ich aktuell innerlich zu Zerrissen um große Reden zu schwingen und Unterhaltungen zu führen. Meine Beute jedoch hielt mich an Ort und Stelle. So sehr ich wollte, meine Pfoten konnten sich einfach nicht wegbewegen.
Also machte ich halt weiterhin gute Miene zum bösen Spiel. Jedenfalls droht dir hier nichts. Du hast die Wahl, dich einem Rudel anzuschließen oder dein Leben hier in den freien Gebieten zu führen. Ich zuckte mit den Schultern.

Die Antwort der schwarzen sollte vielleicht etwas Klarheit bringen, doch das tat sie nicht.
Allerdings hatte ich gerade wirklich anderes im Kopf, als mir über diese seltsame Zusammenstellung Gedanken zu machen.
Mir fiel auf, dass sie erneut in ihre abschätzende Haltung verfiel und sich über meine Worte zu amüsieren schien.

"Du scheinst deinen Weg ja offenbar bereits gefunden zu haben."

bemerkte ich ebenso spöttisch. Das sie mich nicht als eine Bedrohung ansah ignorierte ich gekonnt. Das war sowieso nicht
meine Absicht gewesen. Zwar schienen wir alle einen leicht gereizten Eindruck zu machen, doch wäre ein Streit wohl keine Lösung gewesen.
Was Morgra da von sich gab ließ mich erneut leicht abschweifen.

Ein Leben in diesen sogenannten freien Gebieten? Unter all diesen Fremden? Wie soll das funktionieren?

Ich malte mir ein Szenario aus, in dem all diese fremden jeden Tag aufs neue in diese Lage geraten würden. Immer allein und doch unter vielen.
Nein, das klang noch viel merkwürdiger, als die Tatsache an sich, dass offenbar niemand hier dieses Gebiet zu beanspruchen schien.
Doch sich Hals über Kopf in diese Wälder zu stürzen, sich vor wildfremden auf den Boden zu schmeißen, unterwürfig und ohne eigenen Willen
zu leben, obwohl hier doch alles so fremd war - Nein, dieser Gedanke klang in meinem Kopf noch abwägiger als all das zuvor gesagte.

"Ich denke nicht, dass es das ist wonach ich suche."

sagte ich mit ernstem Blick und sah erneut zu der weißen Fähe hinüber.

Auch ich brummte eher unzufrieden. Ich zog kurz die Fänge hoch in die Richtung des Gesprächs und sah dann treu doof zu Odo...wo wollte er denn nun hin!? ( Ja sie wird anhänglich... XD )

Odoru:

Weg ging ich nicht wirklich, ich ging lediglich zu unserer Beute und zerrte diese näher an unseren Ruheplatz. Der Streit ging mich nichts an. doch sollte einer von denen versuchen an die Beute zu kommen, oder gar Nora zu nahe treten, würde derjenige meine Fänge zu spüren bekommen. Nachdem die Beue nah genug war, fraß ich mich satt und räkelte mich dann, ehe ich Nora verspielt anhopste, darauf bedacht ihrem Bauch nicht zu nahe zu kommen.

Meine Rute wischte schwer über den Boden und ich stand auf. Ich schüttelte mich. Dann fraß ich ebenfalls etwas. Mein Oberkörper ging verspielt runter als Odo mich ansprang und ich Hopste ihm nach. Ich schnappte verspielt nach seinem Ohr und grinste breit.

Mehr als ein Schulterzucken war es mir nicht wert. Vielleicht sieht man sich ja nochmal. Ich wandte mich ab, schnappte mir den Rest meiner Beute und trottete davon.

{Ebene}