Ich verfolgte die Fährte immer weiter, ein Ohr zurück in Richtung Mali gedreht. Meine Nase immer wieder suchend gen Boden gerichtet, folgte ich der Spur tatsächlich bis ich Bewegung zwischen den Bäumen bemerkte. Abrupt blieb ich stehen, die Muskeln angespannt und meine Ohren aufgestellt. Mali, da sind sie. Was möchtest du machen? Ich bin sehr schnell, ich kann das Reh verfolgen. Willst du es töten, dann kannst du um die Herde herum schleichen und ich lenke es zu dir . Flüsterte ich leise da wir bestimmt bereits in Hörweite waren. Meine Rute hing zur Vorsicht einfach herunter aber meine Rute spitze zuckte vor Freude und Aufregung, leicht hin und her. Auch meine Muskeln zuckten ungeduldig, ich wollte laufen. Energie pulsierte durch meine, Venen, Arterien und die inneren Organe wie ein überlebenswichtiger Bestandteil meines Körpers. Ich sah bestimmt etwas flauschige aus als sonst, da sich mein Fell vor Aufregung aufgebrauscht hatte.

Es dauerte erstaunlicherweise nicht so lange wie erwartet, bis Azzuan erneut stehenblieb und auf das Unterholz stierte. Ich konzentrierte mich und plötzlich roch auch ich die appetitliche Fährte. Erleichtert begann meine Rute leicht zu wedeln und meine Ohren spitzten sich. Als Azzuan die Jagdaufgaben von uns festlegte, erstarrte ich leicht und drehte die Ohren zurück. "Seh ich wirklich so aus, als hätte ich die Kraft um ein größeres Tier als mich zu töten?", fragte ich verlegen und blickte kurz auf die Erde. Doch anderseits schien der weiße Rüde neben mir nahezu ganz wild auf eine Verfolgung. Nach ein paar Sekunden nickte ich schließlich. "Okay, ich mache es." Meine Stimme war leise, doch ich versuchte jede Entschlossenheit aufzubringen. Bevor es sich der Rüde anders überlegen konnte, wandte ich mich auch schon von ihm ab und verschwand im Dickicht. Wenn ich eines konnte, dann war es schleichen. Ich war leicht, schlank und wendig. Die Äste boten keine Probleme und irgendwann konnte ich unsere Beute tatsächlich sehen. Vor Anspannung begann ich leicht zu zittern. Nur nicht aufregen!

Ich wollte ihr gerade sagen, dass ich ja auch noch da war und ihr zur Not helfen konnte aber da war sie schon ohne ein weiteres Wort im Dickicht verschwunden. Schulterzuckend sah ich ihr nach und drehte mich dann aufmerksam zu unserer Beute. Ich schlich näher und schnupperte, so stellte ich fest dass eins der Rehe eine Entzündung am Bein hatte. Nervös zuckten seine Flanken und es drehte die Ohren hin und her, seine Nüstern flackerten ängstlich. Vorsichtig näherte ich mich bis es nah genug war und machte dann einen großen Satz nach vorne. Sofort jagte es davon, alle anderen stoben in alle Richtungen davon. Aber ich folgte dem kranken, das sich erstaunlich schnell durch den Wald bewegte. Ich setzte ihm mit langen Sprüngen nach, meine Muskeln gaben alles und ich war ihm binnen Sekunden dicht auf den Fersen. Immer weiter trieb ich es zu Mali, mein Herz pumte kräftig und Adrenalin, Freude und Glück pulsierten durch meinen Körper. Ich liebte das jagen und das Laufen und lenkte das Reh mit eleganten und wenigen Bewegungen immer wieder auf die richtige Spur. Es musste balb bei Mali angekommen sein, ich wartete einfach auf ihren Einsatz.

Nachdem ich einen Platz als gut auserkoren hatte, war ich unschlüssig stehengeblieben. Wusste Azzuan wo ich war? Mir war nicht klar wie man in Gruppen jagte, soweit war ich mit meiner Familie nie gekommen und Lava und die anderen hatten mir auch nicht mehr beigebracht, als die Grundregeln zu erklären. Praktische Erfahrungen fehlten mir gänzlich. Doch mehr Zeit zum grübeln hatte ich gar nicht, denn plötzlich setzten sich die Rehe in Bewegung und ich ließ mich erschrocken auf den Boden plumpsen. Es war mehr ein Reflex gewesen, als Taktik. Auf dem Bauch begann ich mich dann so lange hin und her zu wiegen, bis meine Beine so lagen, dass ich mich gut abstoßen konnte. Mit gespitzten Ohren und leicht geöffneten Maul verfolgte ich nun das Schauspiel, das mir der ältere Rüde bot. Geschickt trieb er das Reh zu mir und ich versuchte mir seine Taktik zu merken. Doch es wirkte wie Zauberei. So elegant und als wenn er die kommenden Bewegungen des Rehs vorhersehen könnte. Unbewusst begann meine Rute leicht zu wedeln, doch ich konzentrierte mich. Je näher das Reh kam, desto mehr zwang ich mich zur Ruhe und unterdrückte verzweifelt den Impuls aufzuspringen und das Weite zu suchen. Näher, näher, näher,..., beschwor ich mich und das Reh. Schließlich brach es direkt vor mir durch das Dickicht und ich stieß mich ab. Eine Sekunde später und ich hätte garantiert seinen Lauf gegen die Schnauze bekommen. Doch meine Zähne legten sich um den Hals und ich hielt es mit aller Macht fest. Das Reh strauchelte und kippte durch mein Gewicht nach vorne. Brüllend fiel es auf die Vorderbeine, versuchte aber wieder aufzustehen und weiterzurennen.

Wir brachen beide durch die Grenze der Bäume und schon war Mali da. Wie eine Sprungfeder katapultierte sie sich nach vorne und brachte so das geschwächte Reh zum straucheln. Eh es wieder auf die Beine kam, sprang ich ebenfalls und verbiss mich in seiner Flanke. Mein Gewicht und meine Zähne pinnten es auf den Boden, sodass Mali Zeit hatte ihm die Kehle durch zu beißen. Meine Rute peitschte hin und her und ich versuchte das Zappeln des sich im Todeskampf windenden Tieres auszugleichen und auf ihm zu bleiben. Das Blut lief meine Kehle herunter und ließ mich ein Grollen ausstoßen.

Azzuan half mir - Ein Glück! Seine Schnauze erwischte die Flanke unseres Beutetieres und riss es auch von hinten zu Boden. Meine Rute stand vor Anstrengung und Anspannung leicht erhoben in der Luft und ich zitterte leicht. Ich wartete kurz bis ich mir sicher sein konnte, dass Azzuan das Reh im Griff hatte, dann ließ ich meine vorherige Stelle am Hals los und packte es stattdessen direkt am Hals unter dem Kieferknochen. Das Reh stieß ein hohes Quietschen aus und begann heftiger mit den Vorderbeinen zu strampeln. Immer wieder stießen sie gegen meine Pfoten, doch ich stand fest auf der Erde. Das warme Blut lief mir über die Schnauze und auch ins Maul. Ich spürte, wie das Reh allmählich erstickte und starrte ihm in die Augen, während es starb. Mein Blick war eine Mischung aus mordlüsterner Kälte und Panik. Doch bevor auch nur irgendeines der Gefühle siegen konnte, starb das Reh und der Körper erschlaffte in meinem Maul. Hechelnd ließ ich es los und sah zu, wie der Kopf mit einem dumpfen Knall auf die Erde fiel. Mein Maul war rot und ich konnte nicht anders als auf die offenen Augen zu blicken, die mich bis eben noch im Todeskampf angestarrt hatten. Langsam gaben meine Hinterbeine unter mir nach und ich sackte in eine sitzende Haltung zusammen, während sich meine Ohren an meinen Kopf drückten. Mein Maul stand offen und mein Blick war leer, als ich die Bisswunde anstarrte, die von meinen Zähnen herrührten.

Das Reh erschlafft langsam und aus meiner Kehle drang ein leises wuffen. Als ich mir sicher sein konnte, dass es tot war ließ ich los und wollte mich fröhlich grinsend zu Mali wenden. Doch diese sah ganz und gar nicht fröhlich aus, was meine noch vor wenigen Sekunden glücklich wedelnde Rute erschlaffen ließ. Sie sank langsam gen Boden und mein Kopf legte sich schief bevor ich über den toten Körper sprang. Schnell war ich an ihrer Seite und lief ein mal um sie herum. aufmerksam schnupperte ich , Ohren wachsam aufgestellt. Aber augenscheinlich fehlte ihr nichts, das Blut war das des Rehs. Mali?, fragte ich sanft. Ihr Blick war so weit weg, so abwesend als wäre sie an einem anderen Ort. Hatte sie noch nie getötet?, aber das war für einen Wolf ihres Alters ungewöhnlich. Alles okay bei dir?, fragte ich also noch ein mal mit meiner sanften Stimme.

Azzuan war so schnell bei mir, dass ich gar nicht die Zeit hatte um in Panik zu verfallen. Verblüfft sah ich auf und in seine bernsteinfarbenen Augen. Doch gleich senkte ich den Blick wieder. "Ja, alles gut. Es ist nur...ich habe noch nie einem Tier dabei zugesehen wie es starb. In meinem ganzen Leben habe ich bisher nur Kaninchen und Mäuse selbst erlegt, sowas wie ein Reh kannte ich nicht." Meine Stimme war leise und ich war mir nicht sicher ob Azzuan mich verstehen konnte. Noch immer starrte ich etwas verloren auf die klaffende Wunde und die aufgerissenen Augen des toten Rehs.

Ich setzte mich vor sie und legte die Rute sachte um meine weichen Pfoten, es ist unser Lebensinhalt zu jagen. Der Kreis des Lebens ,die Nahrungskette sieht vor dass wir Beutetiere töten um uns zu ernähren. Es kann manchmal wenn man darüber nachdenkt oder es nicht oft gemacht hat grausam wirken. Aber wir tun das um zu überleben, die Natur gibt uns die Kraft andere Lebewesen zu töten um selbst am Leben zu bleiben. Du kannst ein Stück des Rehs vergraben und dem Geist des Waldes für das Opfer danken. Das habe ich immer gemacht, vielleicht hilft es dir. Es ist nicht umsonst gestorben, diese Tatsache hat mir zumindest geholfen. Ich zuckte die Schultern und legte erneut den Kopf schief, musterte sie aus besorgten hellen Augen.
Wenn sie wollte würde ich ihr mein Lied für den Geist des Waldes zeigen aber noch wartete ich ab was sie machen wollte.

Im Wald angekommen bemerkte ich schnell, dass ich auch hier nicht zur Ruhe kommen würde und meine Gedanken nachgehen könnte. Was für ein Glück ich doch habe, erst das Pärchen an den Felsenfällen dann das an der
Höhle. Und jetzt laufe ich sogar noch ein Rüden und einer Fähe, direkt entgegen kam mir etwas sarkastisch in den Sinn. Und versuchte genaue ihre Witterung auszumachen, da ich keine großen Ambitionen nickte den beiden in die Pfoten zu laufen. Als ich die Witterung ausgemacht hatte, setzte ich meinen Weg fort und machte einen großen Bogen um die beiden. Es schien nur noch eine Ort zu geben, an dem man in Ruhe seinen Gedanken nachhängen kann. Bevor ich jedoch zu diesem Ort aufbrach, wollte ich mich erstmal um eine kleine Stärkung kümmern. Und machte mich im Unterholz auf die Jagd nach kleineren Beuteltiere.

vielleicht später. Ich sollte vielleicht mal üben so lange wie ihr zu laufen. Bei euch sieht das immer so leicht aus aber wenn ich jetzt so lange gelaufen bin kann ich immer kaum noch laufen und habe das Gefühl kaum mehr atmen zu können, also es wird so schwer. Lass uns doch lieber zu den anderen zurück erklärte ich ihnen während ich mit noch etwas an sie kuschelte

Es war nichts Neues, was mir Azzuan da erklärte, doch ich hörte ihm zu. Seine Stimme war beruhigend und langsam lichtete sich der bedrohliche Schleier vor meinen Augen. Mein Herz hämmerte noch in meiner Brust, doch ich schaffte es aufzusehen und zu dem weißen Rüden zu blicken. "Danke", sagte ich leise und blickte kurz wieder nachdenklich auf unsere ziemlich tote Beute. "Ich weiß das alles. Aber es ist dennoch traurig." Unglücklich blickte ich erneut in die dunklen Augen des Rehs. "Vielleicht bin ich einfach zu sensibel um ein Wolf zu sein." Ich mochte es nicht, wie mich mein Mitgefühl immer wieder runterzog.

Ying:

Lächelnd rieb ich meine Nase sanft an Evos Wange. Wir werden dir so gut es geht helfen zu trainieren. Glaub mir, auch mir fiel es am Anfang schwer mit zu halten und über einen längeren Zeitraum in Bewegung zu bleiben. Aber du bist noch jung und deine Knochen sowie Muskeln wachsen noch. Langsam erhob ich mich und stubste Evo aufmunternd an. Geh vor, wir folgen dir. Damit würde Evo das Tempo vorgeben.

Yang:
Zufrieden und zustimmend brummend hatte ich Evo und Ying beobachtet. Als meine Liebste sich erhob tat ich es ihr gleich und sah Evo mit weich wedelnder Rute wartend an.

Ich beobachtete wie sie aus ihrer eigenen Welt wieder auftauchte und lächelte zufrieden. Ach weißt du, ich glaube nicht dass Mitgefühl eine Negative Eigenschaft ist. Du musst nur aufpassen, dass sie dich nicht zu sehr einschränkt. Du brauchst etwas das dir hilft damit umzugehen, ein Ritual oder ein Satz den du dir im Kopf sagst. Ich habe immer gesungen, das hat mir als junger Wolf geholfen und es ist doch egal wann es jemand lernt. Es dauert eben bei manchen länger als bei anderen, du wirst damit schon umgehen lernen da bin ich mir sicher . Zufersichtlich wedelte ich mit meiner Rute und stellte die Ohren auf.

Ich lächelte verlegen und sah erneut auf. Diesmal war mein Blick erleichtert. "Danke Azzuan", sagte ich leise, während meine Rute kaum sichtbar wedelte. Ich erhob mich vorsichtig auf meine zitternden Beine, die sich jedoch rasch wieder in Griff kriegten und versuchte meine innere Ruhe wiederzufinden. Schließlich sah ich wieder zu dem weißen Rüden. "Es geht mir besser, wollen wir fressen?"