Ich schoss wie eine Flamme durch die Bäume und folgte den Gleisen, zu der Stelle hin, wo ich vom Aussichtspunkt einen Wolf hatte verschwinden sehen. Je näher ich kam, desto deutlicher wurde der Geruch des Wolfes. Was hast du hier verloren! Schon von weiter weg knurrte und grollte der Dämon. Die Ohren waren nach Vorne gerichtet, die Rute aufgestellt. Das Nackenfell sträubte sich und die Lefzen waren drohend erhoben. Mit düsterem Blick näherte sich der Dämon dem Busch, aus welchem weißes Fell hervor schimmerte. Du befindest dich hier auf Rudelgebiet Mit gebleckten Zähnen ging der Dämon näher. Im Moment konnte ich nur zusehen. Egal wie sehr ich versuchte ihn zu beruhigen. Durch die Nähe der Weplen, Mikarus ständigem näher kommen obwohl diese merkte dass es kein guter Zeitpunkt dafür war, hatte dem Dämon Kraft gegeben. Kraft die mir fehlte. Wieder war ich durch Bilder aus der Vergangenheit gefangen in mir selbst. Ich konnte jedoch deutlich spüren, wie sehr der Dämon jemanden töten wollte. Insbesondere nachdem dieser Jungwolf des Schattenrudels sich derart schnell zurück gezogen hatte. Ich schaffte es nicht den Dämon zu beruhigen.

Gerade hatte ich versucht ein wenig zu schlafen, um wohl auch dem Schmerz ein wenig zu entgehen, als eine fremde Stimme an mein Ohr drang. Sie klang alles andere als freundlich. Rudelgebiet? Irritiert schob ich mich rückwärts, tiefer in das Gebüsch. Ich traute mich nicht etwas zu sagen, konnte jedoch das feuerrote Fell durch die Äste erkennen. Mami! Wo bist du? Ich begann angstvoll zu fiepen und drückte mich fest auf den Boden. Ich..ich will niemanden schaden. Ich..ich suche nur nach meiner Mama! Ich zog die linke Vorderpfote näher an mich heran, was aber weh tat und mich leise aufjaulen ließ. Meine Ohren drückten sich traurig und auch voller Angst an meinen Hinterkopf, die Rute drückte sich an die linke Hinterpfote und an die rechte Flanke. Ich machte mich so klein wie nur irgend möglich.

Der Dämon schnaubte. Und du glaubst dass du sie in einem fremden Rudelgebiet findest?! Verschwinde ehe ich dich töte du Wurm! Feste hieb der Dämon mit der rechten Vorderpfote gegen den Busch, dieser zitterte unter der Wucht des Hiebs. Es ist ein hilfloser Welpe! Hör auf! Der Dämon schüttelte kurz den Kopf und ignorierte meinen Einwurf völlig. Komm da raus! Wütend knurrend begann der Dämon den Busch zu umrunden, schnappte immer wieder nach unten, als wolle er sich mit dem Kopf unter den Busch schieben und den Welpen beißen. Hör auf! Wie sehr ich auch versuchte den Geist des Dämonen zu bekämpfen, er ließ sich nicht zurück drängen. Selbst wenn deine Mutter hergekommen wäre, sie wäre von uns längst fortgejagt oder getötet worden!

Mein Fiepen wurde lauter, als die fremde Fähe gegen den Busch schlug. Je öfter die Spitze der rötlichen Schnauze unter den Busch kam und die vorderen Zähne gefährlich in meine Richtung schnappten, desto nervöser wurde ich. Ich traute mich nicht hinaus. Was war wenn die Fähe mich tötete? Immerhin konnte ich mit der verletzten Pfote nicht besonders schnell laufen. Aber auch so, wäre die Fähe sicher schneller als ich. Ich wartete einen möglichst günstigen Moment ab, als sie hinter mir am Busch war und drückte mich dann vom Boden ab. Sofort schoss heftiger Schmerz aus der verletzten Pfote durch meinen Körper. Mühsam unterdrückte ich ein Aufjaulen und rannte dann aus dem Busch heraus. Allerdings war es mehr ein Hoppeln, als ein Rennen. Ich versuchte Distanz zwischen mich und die Fähe zu bringen, wobei meine Rute von Flanke und Hinterpfote nun zwischen meine Hinterpfoten wanderte und an den Bauch drückte. Ich..ich gehe ja schon! Brachte ich hervor. Tränen rannen über meine Wangen während ich versuchte den Weg, welchen ich gekommen war, wieder zurück zu finden.

Als der Welpe tatsächlich aus dem Busch hervorkam und davon lief wollte der Dämon ihm nach, es dürstete ihn danach jemanden zu töten. Und da kam dieser verlorene Welpe genau richtig. Zumal dieser verletzt schien. Niemand würde einen solchen nutzlosen Welpen vermissen! Das war der Gedanke und das Gefühl des Dämonen. Mit nur wenigen Sätzen war der Dämon beim Welpen und packte diesen am Rücken, warf ihn zur Seite, so dass der Welpe unweigerlich auf den Gleisen aufkommen würde. Hör auf! Er wollte gehen! Also lass den Welpen in Ruhe! Weiterhin ignorierte mich der Dämon. Als er auf den Welpen zuzuschreiten begann nahm ich alle Kraft die ich aufbringen konnte zusammen und sorgte dafür dass sich unser Körper nicht mehr bewegte. Was tust du da!? Knurrte der Dämon wütend. Ich schaffte es ihm die Kehle und die Kontrolle über den Kopf zu nehmen. Ich legte diesen in den Nacken und heulte so lange es mir möglich war um Hilfe. Ich konnte den Dämon allein nicht stoppen, nicht allein das unschuldige Leben des Welpen schützen.

Wie ich es mir dachte, holte die Fähe mich ein. Ich wollte sie grade bitten mich in Ruhe zu lassen, da hob sie mich auch schon grob auf und warf mich mit einem heftigen Ruck durch die Luft. Ich jaulte auf, als ich hart am Boden landete, ein paar Pfoten von der Fähe entfernt. Dabei schlug meine verletzte Pfote gegen eine der metallenen Schlangen. Ich heulte fast schon auf, auch wenn es mehr nach einem lang gezogenen Bellen klang. Ich warf einen hilflosen und vor allem schmerzverzerrten Blick zur Fähe zurück, die aussah als würde sie erstarren und dann mit sich selber reden. Als sie den Kopf in den Nacken legte und ein Heulen von sich gab, begann ich vor Angst zu zittern und versuchte aufzustehen. Aber der Sturz hatte auf meinen Körper gewirkt, welche wie taub war und sich einfach nicht rühren wollte.

Der Dämon schüttelte heftig den Kopf und sprang nach vorne, den Kopf zu Boden gerichtet. So stieß er mit aller Kraft gegen eines der Metallgleise. Sei still, sei still sei still! Wieder und wieder stieß er den Kopf gegen das Gleis. So entstand zwischen den Ohren eine Wunde, deren Blut über den Fangrücken lief und zu Boden tropfte. Alle Welpen haben den Tod verdient! Das weißt du doch am besten! Ich schauderte als er mir wieder Bilder der Vergangenheit vorschob, dieses Mal jedoch aus meiner Welpenzeit. Vielleicht hätte ich damals sterben sollen! Vielleicht war es ein Fehler dass ich überlebt habe! Aber das kannst du nicht an den anderen unschuldigen Welpen auslassen! Sie sind nicht für meine Taten verantwortlich! Meine Worte zitterten. Ich hatte nahezu keine Kraft mehr. Doch noch einmal nahm ich die mir verbliebene zusammen und ließ erneut ein Heulen erklingen, doch dieses klang kraftloser, hilfloser.

Verängstigt beobachtete ich die Fähe bei ihrem Handeln und dem Selbstgespräch. Sie kam mir wie eine Wahnsinnige vor, eine verrückt gewordene Feuerkugel! Ja genau! Ich schaffte es mit Mühe, mich aufzurichten. Der Schmerz in der Pfote und meinem Körper raubte mir sekundenlang den Atem und auch die Sicht, da Tränen in meine Augen schossen. Mami! Ich will hier weg! Schwankend und immer wieder leise aufjaulend wenn ich mit der verkrümmten Pfote auftrat versuchte ich wieder Distanz zu gewinnen, solange die Fähe mit sich selbst beschäftigt schien.

Wild bellend drehte mein Körper sich einen Moment um sich selber, ehe der Dämon aus dem Augenwinkel heraus wahr nahm, dass die Welpin zu flüchten versuchte. Mit nur wenigen Sätzen waren wir bei der Welpin. Ich hatte inzwischen jegliche Kraft verloren und konnte das folgende Geschehen nur wie durch einen Schleier wahr nehmen. Wild packte der Dämon die ohnehin bereits verletzte Welpin am Rücken und biss dort fest zu, was tiefere Bisswunden an dem Rücken hinterließ, zumal der Dämon den Welpen wild hin und her schüttelte, während die vor Schmerz und Angst laut winselte und jaulte. Der Wahnsinn leuchtete gradezu aus unseren Augen, dunkel - mörderisch. Der Dämon hatte eindeutig vor den Welpen zu töten und würde sich nicht davon abhalten lassen.

Kaum jagten meine Pfoten durch den Wald, mischte sich unter Kasais Geruch nun auch der Geruch einer fremden Fähe, aber auch Angst. Vor allem Angst. Mein Fell stellte sich auf, meine Rute zeigte gen Himmel, während ich den beiden folgte. Bitte, bitte, bitte!, flehte ich innerlich darum, dass sie jetzt nicht den Verstand verloren hatte. Doch meine Hoffnung wurde jäh zerstört, als ich sie eingeholt hatte. Ist das ein Welpe? Aber der Gedanke wurde noch nicht einmal zu Ende geführt. Knurrend und mit gefletschten Lefzen stürzte ich mich mit den Pfoten voran auf die feuerrote Fähe. Kasai!, grollte es dabei fordernd.

Den Welpen nicht loslassend, wurden wir von Luen umgeworfen, als er auf uns zuschoss. Der Dämon ließ ein tiefes Grollen vernehmen, während er sich darum bemühte die Fänge noch tiefer in den Rücken des Welpen zu graben. Dieser fiepte nun erstrecht laut, nicht einfach nur hell, sondern schrill. Es war nicht einfach nur ein Fiepen, sondern ein schreien. Wieder und wieder. Genervt rappelte sich der Dämon auf. Dadurch dass er den Welpen hielt, konnte er nicht sprechen. Ich fand nicht die Kraft, gegen den Nebel anzukommen, welcher sich nun wie ein roter Vorhang um meinen Geist schloss. Ich..ich kann nicht.. Der Wahnsinn hatte von meinem Körper, aber auch von einem Großteil meines Geistes Besitz ergriffen. Wild schleuderte der Dämon nun den Welpen zu Boden, ließ diesen endlich los und lachte hämisch. Ich reinige nur das unreine.. Kalt waren die Worte, während er eine Vorderpfote auf den zitternden Leib des Welpen legte und zudrückte.

Ich hatte es geschafft, dass er sie nicht mehr herum warf, aber sie.. oder viel mehr "er" ließ den Welpen nicht los. Grollend stellte sich mein Fell noch weiter auf, plüschte mich und machte mich noch größer als ich eh schon war. Meine Ohren drehten sich nach vorn, während ich mich wieder auf Kasai zubewegte und warnend knurrte. Doch da warf er die Jungfähe auch schon zu Boden. Eine Sekunde, die von mir nicht ungenutzt blieb. Mit Wucht stürzte ich mich erneut auf die Feuerrote, riss sie abermals zu Boden und versuchte sie auf den Boden zu pinnen. Unrein bist nur du, knurrte ich drohend, dominant und keine Wiederrede zulassend. Es war mir klar, dass da nur noch der Dämon an der Oberfläche saß. Ihn musste ich bekämpfen, nicht Kasai.

So einfach machte der Dämon es Luen jedoch nicht. Wild strampelte der Körper unter Luens Pfoten und seinem Gewicht. Ich bin reiner als dieser Welpe, reiner als es Kasai je sein wird! Knurrte der Dämon dunkel zurück und wand den Nacken dann soweit es möglich war und verbiss sich in die Stelle an Luens Körper, welche der Dämon erreichen konnte. Noch immer lag purer Wahn und auch Mordlust im Blick des Dämonen. Nicht einmal ein Glimmen meines Geistes war zu erkennen. Mein Geist war gefesselt, durch unsichtbare Ketten. Wieder und wieder konnte ich durch den Nebel blicken, sah aber nichts außer Dunkelheit. Oder aber eine der Erinnerungen an meine Welpenzeit als Fetzen vorbeiströmen. Kasai, ist tod! Der Dämon ließ von seinem Biss ab, jedoch nur um regelrecht triumphierend Luen diese Worte entgegen zu werfen.

Wieder war mein Fluchtversuch von der Fähe vereitelt worden. Nicht nur das. Schmerzhaft bohrten sich ihre Fänge in meinen Rücken, was dazu führte dass ich mit den Pfoten um mich schlug. Meine Angst und der Schmerz wurden mehr und mehr, so dass ich einfach nur noch schreien konnte. Mit verschwommenem Blick hatte ich etwas dunkles heran stürmen sehen, und fand mich kurze Zeit später benommen am Boden wieder. Gerade noch spürte ich das Gewicht der Pfote auf meiner Flanke, da war es auch schon wieder weg. Dennoch viel mir das Atmen schwer. Hechelnd versuchte ich mich zu bewegen, jaulte aber auf als vom Rücken aus Schmerz durch meinen Körper schoss und mich lähmte.

"Er" strampelte, aber lag am Boden unter mir. Es störte mich nicht, wenn "er" mich mit den Pfoten traf. Mein Fell war dick und die Erinnerung an die Kämpfe in der Holzkiste war noch nicht aus meinem Gedächtnis getilgt. Ich verzog auch keine Miene, als "er" sich in meinem Vorderlauf verbiss. Kasai mochte Blut in ihrer Kehle spüren und schmecken, doch ich knurrte nur, hieb hin und wieder die Pfoten auf den schmächtigen Körper, um sie weiter zu fixieren. Dann kann ich dich ja nun töten!, warf ich zurück, während ich bereits diesen Augenblick nutzte, um nach seiner Kehle zu schnappen. Nichts an mir würde einen anderen Schluss zulassen, das ich genau das tun würde, was ich soeben angekündigt hatte. Mein Blick war ernst, ehrlich und entschlossen. Meine Pfoten übten noch mehr Druck aus, als sie es eh schon taten. Und meine gesamte Miene war verzerrt vor Hass auf dieses Vieh in ihrem Körper.