Da ich nicht wusste, was ich entgegnen sollte, starrte ich Jive erst einige Zeit von unten herauf sprachlos an. Meine Gedanken ratterten, suchten nach einer niederschmetternden Antwort, aber dann tat ich doch das einzig richtige: "Entschuldige... ich hatte wohl zu viel Schwung?" Nun doch ein wenig verlegen grinsend setzte ich mich auf und begutachtete seine kämpferische Mimik. "Aber wenn du willst kannst du ja eine Revanche haben!" Damit erhob ich mich vollständig und sah ihn mit deutlicher Herausforderung an, ehe Morgana meine Aufmerksamkeit von Jive fort zog. Fröhlich schwang meine Rute durch die Luft und ich begrüßte die schwarze Fähe, wie auch Tristan mit leisen beschämten Worten - meinen wilden Auftritt hatte ich noch nicht vergessen. Dann sah ich aber leicht fragend zu meinem besten Freund und legte leicht den Kopf schief. Wollte er Mond erwähnen oder sollte ich das tun?

Kaum hatte ich mein Fell durch kräftiges Schütteln gesäubert, vernahm ich auch schon Mamas Stimme, die meinen Siegesruf ebenfalls zunichte machte. Musst du mir auch noch in den Rücken fallen?, fragte ich sie brummend, ehe ich ihr meine Schnauze entgegenreckte und sie fröhlich begrüßte. Dann blickte ich wieder auf Kobalt, deren ratloser Blick mich grinsen ließ. Scheinbar hatte ich sie erfolgreich in die Parade gefahren. Der Geruch, der mir vorher gar nicht aufgefallen war, ließ mich hingegen aufsehen und direkt auf eine braune Fähe blicken, die mir nur noch schwammig in Erinnerung war. Ist das...Fauna?, fragte ich einen Moment komplett fassungslos, ehe ich mein Nackenfell sträubte und leicht grollend hinzufügte: Was macht sie hier?
Ich erinnerte mich vielleicht nicht mehr an ihr Gesicht, doch dafür hatte ich noch gut Mama vor Augen, als sie von Faunas Weggang erfuhr. So geknickt, so unglücklich! Wut pulsierte in meinen Adern, doch ich hielt mich noch zurück. Offenbar war Mama nicht entzürnt oder unglücklich. Was wurde hier eigentlich gespielt? Ich wechselte einen verwirrten und noch immer leicht verärgerten Blick mit Kobalt, wobei ich ihren bedeutungsvollen Blick bemerkte. Leicht nickte ich. Sie konnte es gerne ansprechen, wenn sie wollte. Und schon fokussierten sich meine Augen wieder ganz allein auf Fauna, die mir noch immer mehr als nur ein bisschen suspekt war.

Fauna... der Name war mir wohl bekannt und ich wusste auch, dass ihr Verschwinden einiges an Leid ausgelöst hatte. Doch verwirrte mich die Erwähnung ihres Namens, als auch Jives aufgebrachtes Verhalten - warum erwähnte er sie jetzt? Irritiert folgte ich seinem Blick und begutachtete die braune Fähe, die sich mit einem kleinem, dunkelbraunen Welpen beschäftigte. Ob sie das wirklich war? War das Fauna? Ich kannte sie nicht, weder ihr Aussehen noch ihren Geruch und so konnte ich nur spekulieren. Meine Ohren zuckten unruhig und spätestens als der braune Rüde neben mir verärgert grollte, wurden die Bewegungen meiner Rute langsamer. Natürlich konnte ich seine Gefühle verstehen - wenn jemand meine Familie verletzen würde, ich würde demjenigen wohl auch nicht verzeihen - aber Morgana wirkte nicht erzürnt über ihre Anwesenheit.
Vorsichtig trat ich etwas näher zu Jive und streifte so beschwichtigend seinen Pelz, während sich eine verärgerte Miene in den Zügen der schwarzen Alpha zeigte. Ihre Standpauke folgte fast augenblicklich und auch wenn die Worte nicht an mich gerichtet waren, so stand ich doch genauso vor ihr und meine Ohren drehten sich leicht zurück. Zudem war ich mir unsicher, ob ich Mond jetzt überhaupt ansprechen sollte. Zwar hatte mir mein bester Freund zugenickt, aber wollte oder besser gesagt sollte ich mich jetzt wirklich in diese Konversation einmischen? Unsicher schwang meine Rute leicht durch die Luft und mein Mund öffnete sich einmal kurz, bevor er sich tatenlos wieder schloss. Sollte ich oder sollte ich nicht? Papa würde es vermutlich auch nicht mögen, wenn ihm jemand in seine Erziehung reinfunken oder noch vor meiner oder der Antwort meiner Brüder das Thema wechseln würde.

Unverhofft kommt oft, wie ich mal so schön gehört hatte. Und Mamas Standpauke war nicht nur unverhofft, sondern auch noch peinlich - so vor Kobalt und Tristan. Hastig zog ich meine Rute ein, legte die Ohren an und duckte mich unter ihr, während ich winselnd aufsah. ´Tschuldige, Mama, murmelte ich in meinen nicht vorhanden Bart und blieb noch eine Weile auf der Erde liegen, ehe ich mich langsam wieder erhob. Peinlich berührt mied ich die Blicke der Anwesenden, bis ich mit noch immer angelegten Ohren zu Fauna blickte. Entschuldige, stammelte ich auch zu ihr, ehe ich zaghaft wieder zu Mama blickte. Kobalt schien die Angelegenheit ebenfalls peinlich zu sein, weswegen ich einfach das Wort ergriff und eingeschüchtert murmelte: Da ist eine Jungwölfin außerhalb des Reviers. Sie würde gerne dem Rudel beitreten. Sie war schon vorher auf dem Rudelplatz, aber da du nicht da warst und ich mir Sorgen machte, dass das in einem unschönen Tumult endete, habe ich sie rausgebracht. Sie wartet im Leuchtwald. Dürfen Kobalt und ich sie holen? Zaghaft wedelte ich wieder mit der Rute, während sich meine Ohren langsam wieder aufstellten. Sie ist wirklich nett.

Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Es heißt: Ich spiele mit Fenris, korrigierte ich meinen Sohn sanft und knuffte ihn dann erneut, diesmal in seinem Nacken. Du siehst aus, mein Spatz! Bist ganz dreckig! Schmunzelnd stupste ich ihn weiterhin an, schnappte spielerisch sanft nach seiner Rutenspitze und lächelte bei seinem aufgedrehten Gequassel. Wie süß er doch war. Ob Nikai als Welpe auch so war?
Im nächsten Moment lag mein Sohn plötzlich neben Flora auf der Erde und kuschelte sich an mein weiches Brustfell. Automatisch rollte ich meine Vorderpfote schützend vor sie und betrachtete meine Kleinen voller Wärme und Liebe. Sie waren ein Geschenk und ich würde sie nie wieder loslassen! Jetzt schlaf, mein Kleiner. Morgen kannst du wieder rumtollen, flüsterte ich Niak zu, als ich bemerkte, dass er sich wachhielt. Ein Grollen, wenn auch nicht sehr laut, ließ mich jedoch alarmiert aufsehen. Jive, der Sohn meiner Freundin, stand wenige Meter von mir - uns - entfernt und schien nicht begeistert über mein Erscheinen. Sofort stellte sich mein Nackenfell auf und ich spannte mich zitternd an. Ich fürchtete nicht um mich, ich hatte Angst um meine Kleinen. Doch Morgana machte dem Treiben schnell ein Ende und bei seiner Entschuldigung nickte ich erleichtert. Nichts wäre für mich schlimmer gewesen, wie jetzt aufzuspringen und meine Welpen verteidigen zu müssen. Jetzt, wo ich sie endlich wieder beide dicht bei mir hatte und ihr Fell spürte. Ihren Geruch roch. Und die zarten Bewegungen spürte, die sie im Schlaf machten. Zärtlich sah ich sie an, während ich meinen Kopf auf meinen Pfoten bettete und langsam die Augen schloss. Schlaf würde mir guttun. Und ich musste mir keine Sorgen mehr machen, dass einer von beiden weglief während ich schlief. Die anderen würden aufpassen. Dessen war ich mir sicher. Wir sind zuhause...

Ich hatte etwas bedrückt Niak nachgesehen, als diese zu Fauna lief. Es hatte grade so Spaß gemacht mit ihm zu spielen. Doch Fauna und auch die Welpen wirkten erschöpft und schließlich sah es so aus als ob die drei eingeschlafen waren. Ich ließ etwas den Kopf hängen. Ob Niak und ich hätten weiter spielen können, wenn Nero nicht dazu gekommen wäre? Ich warf meinem Zwilling einen unsicheren Blick zu, ehe ich dann zu der Gruppe um Morgana sah. Ich trottete schließlich hinüber und sah dann ein wenig unsicher Kobalt an Sisa? Das letzte Mal als wir uns wirklich..nun gesprochen hatten, schien sie sauer auf mich zu sein, weil ich mit ihrer Beute hatte spielen wollen. Den Rest der Zeit hatten entweder sie oder ich geschlafen. Verunsichert ob ich mich nähern durfte trat ich von einer Pfote auf die andere.

Die kleine Standpauke geriet zumindest für mich schnell in Vergessenheit, als Jive von Mond erzählte und ich nickte bei seinen Worten beipflichtend. Ich hoffte, dass diese leichte Bewegung seine Worte noch ein wenig bekräftigen würden und ich sah hoffnungsvoll zu Morgana. Ich vertraute auf ihre Entscheidung als Alpha und doch betete ich, dass sie sich für die, für sie fremde, Jungwölfin entscheiden möge. Tatsächlich stimmte sie Jives Vorschlag zu und meine Rute schwang fröhlich durch die Luft, während ich einen kleinen Dank formulierte: "Dankeschön Morgana!" Erfreut schaute ich sie und schließlich auch meinen besten Freund an, bis die Stimmung leicht gedämpft wurde. Nachdenklich und mit einem Hauch von Mitleid in den Augen schielte ich zu der braunen Fähe hinüber und betrachtete diese, bis mich eine leise, vorsichtige Stimme die Ohren spitzen ließ.
Automatisch wurde mein Schweif wieder ein wenig schneller und noch während Tristan ein paar Worte an mich richtete, warf ich Jive einen entschuldigenden Blick zu. Dann zog ich mich leise zurück und trottete mit federnden Schritten zu meinem kleinem Bruder. "Fenris!", begrüßte ich den jungen Rüden fröhlich und knuffte ihm liebevoll in die Seite, "Wie geht es meinem kleinem Bruder denn?"

Fenris:

Ich duckte mich etwas, als Kobalt auf mich zukam und zuckte unsicher mit den Ohren. Ich war sichtlich überrascht, als Kobalt mir sichtlich nicht böse war. Zögerlich begann meine Rute zu wedeln. Jive hat Nero und mir Futter gegeben und..und ich habe mit Niak gespielt! bei den ersten Worten warf ich Jive einen Blick voller Dankbarkeit zu, ehe mein Blick kurz zu Fauna und den Welpen glitt. Dann sah ich Kobalt wieder an. Sisa nicht böse mit mir?

Ich lauschte seiner kleinen Erzählung - das mit Jive wusste ich ja schon, nur das mit Niak war mir neu. Die darauf folgende Frage, ließ mich allerdings die Ohren zurückdrehen und für einen kurzen Moment stockte die schwungvolle Bewegung meiner Rute. "Nein! Deine Schwester ist nicht böse auf dich!", bestätigte ich und drückte meine Nase kurz gegen seine weiche Stirn, wobei mir leichte Schuldgefühle das Atmen erschwerten. Hatte er wirklich bis jetzt geglaubt, dass ich böse auf ihn war? Warum hatte ich das nicht gleich wieder klar gestellt? "Ich war dir niemals wirklich böse...", fügte ich dann noch an und knuffte ihm nochmals sanft in die Seite. Es war doch nur eine Kleinigkeit gewesen und ja... er hatte mich geärgert... aber deswegen war ich doch nicht gleich böse auf ihn!

Fenris:

Meine Rute wedelte nun sichtlich freier, erleichteter und ich kuschelte mich an Kobalt an. Immer wieder rieb ich meinen Fang an ihrer Schulter. Dann trat ich zurück und sah unsicher kurz zu Nero und dann wieder zu Kobalt. Mein Glück war sichtlich traurig. Buba hat uns beim Spielen gestört. Und Niak nun müde und nicht mehr spielen.. Ich ließ die Ohren hängen. Ich hatte mich so gefreut endlich jemanden zum spielen zu haben