Die Dunkelheit hatte mich mit der Zeit eingelullt und ich hielt ein Schläfchen - als ich wieder erwachte, war ich immer noch von Dunkelheit umgeben. Doch irgendwas hatte sich verändert. Die Umgebung roch anders - die Luft war frischer und roch vertraut. Zudem schien sich der Boden beständig zu bewegen. Verständnislos sah ich mich um und bemerkte, dass es ein wenig heller war. Um mich herum waren Wände, doch wiesen sie Löcher auf, die sich spiegelten, als wären sie Wasser. Eigenartig, dachte ich perplex und versuchte meine Schnauze so gut wie möglich durch die Gitter zu schieben, um mich schnüffelnd nach den Löchern zu recken. Eines der Fenster war einen Spalt offen, weshalb frische Luft in die Box strömte. Wie hypnotisiert starrte ich auf die Bäume, die an uns vorbeizogen. Wir bewegen uns!, schoss es mir durch den Kopf und ich wuffte kurz panisch auf.

Unruhig sah ich mich endlich in dem Raum um und starrte beinahe direkt auf mehrere andere Wölfe, die sich mit mir im Raum befanden - jeder in seinem eigenen Käfig. Bei ihrem Anblick zuckte ich kurz überrascht zusammen, sträubte aber im nächsten Moment mein Nackenfell. Niemand von ihnen kam mir bekannt vor und doch schwang ein Geruch in der Luft, der mir vertraut und bedrohlich vorkam. Lautlos hob ich meine Lefzen.

Als ich zu mir kam fuhr ich hoch und sah mich um. Es war dunkel und etwas bewegte sich, ich wurde zur Seite geworfen und versuchte das Gleichgewicht zu halten.
Müde blinzelte ich um meinem langsam erwachenden Verstand auf die Sprünge zu helfen.
Liora? , rief ich und schnupperte angestrengt. Als ich ihren Geruch roch seufzte ich und wurde wieder ruhig. Sie war hier und es roch nicht nach dem leckeren Blut das im Zusammenhang mit ihr gar nicht gut gewesen wäre.
Dieses komische Gefühl in meinem inneren wallte auf und kühlte mich. Es schien mir etwas sagen zu wollen doch ich hörte nur halb zu, meine Aufmerksamkeit war nach außen gerichtet auch wenn das nicht oft passierte.

Dunkelheit, alles bestand aus Dunkelheit. Ich träumte eine Weile von zuhause, von meinem Rudel, der Menschen, der Besucher. Es war ein schöner Traum, er entspannte mich aber dann war die Dunkelheit zurück. Doch als das dunkle, Licht und damit der Angst wich, wünschte ich es mir zurück.
Wimmernd krabbelte ich rückwärts und stieß gegen harte Stäbe, Gitterstabe. So wie die in der Auffangstation die ab und zu benutzt worden um uns zu anderen Orten zu bringen. Trotzdem kannte ich diese Menschen die das getan hatten nicht und die Situation machte mir Angst, ich war doch gerade dabei neue Freundschaften zu knüpfen.
Wimmernd drückte ich mich an die Stäbe und wünschte mir meine Freunde zurück, ich fühlte mich schrecklich einsam.

Das Licht war dämmerig und der Boden unter meinen Pfoten wackelte. Ich setzte mich auf, zwinkerte gegen die Dunkelheit an. Es roch nach Wölfen. Nach fremden Wölfen, nach fremden Rudeln. Plötzlich erschrak ich, wo war mein Bruder? Apollo? wuffte ich leise. Ich hörte andere Stimmen hinweg über das ratternder Motorengeräusch.

Es war dunkel und wackelte als ich zu mir kam. Ich konnte andere Wölfe riechen. Dann hörte ich meine Schwester.
Bricca! Ich streckte winselnd eine Pfote durch die seltsamen kalten Äste, erreichte sie aber nicht. Sie war zu weit weg.
Bricca ist alles ok? Wo sind wir?

Die anderen Wölfe wurden alle nacheinander wach, doch schienen sie mich nicht weiter zu bemerken. Ich brummte beleidigt, entschied aber, dass ich mit den Kleinkindern sowieso nichts zutun haben wollte. Sowieso war ich viel zu abgelenkt, denn plötzlich machte unser Gefährt einen dermaßenen Ruck, dass es mich fast von meinen Pfoten haute. Irritiert sah ich zu dem Loch in der Wand und erkannte, dass wir wohl standen. Es roch bestialisch nach Mensch und ich rümpfte angewidert die Nase.

Für eine Weile tat sich nichts - doch dann öffnete sich plötzlich die Wand und ich blickte direkt in die blauen Augen eines Jungmenschen. Fragend, ein wenig verängstigt, sah ich das Wesen an, das eigenartige Töne von sich gab und schließlich die Tür der Metallstangen öffnete. Als die Tür offen war, sah ich das Wesen an - grollend dachte ich kurz darüber nach, ob ich ihn jetzt töten musste. Doch das Wesen wich selber zurück und verschwand schließlich. Zurück blieb ich mit ein paar Fremden und dem Blick auf ein unbekanntes, aber freies Gebiet. Nur eine Sekunde zögerte ich, dann drückte ich mich aus dem Käfig und sprang ins Freie. Meine Pfoten trafen auf kühlen Schnee und kurz leuchteten meine Augen auf. Ich musste hart gegen den Drang in mir ankämpfen, mich in dem Schnee zu wälzen. Wie ein Geschoss gab ich schließlich Gas und rannte gen Wald - auf die anderen achtete ich gar nicht.

Kaum hatte ich Luft geholt um meinem Bruder zu antworten, da erschien ein kleiner Mensch an den komischen Boxen. Er sprach etwas, doch verstand ich ihn nicht. Schließlich machte die Kiste ein hohes Pling! Und vorne verschwanden die Stäbe die mir den Weg versperrt hatten. Mutig sprang ich vor, knurrte so bedrohlich wie ich konnte. Ich wollte weglaufen, doch etwas hielt mich auf. Ich drehte mich um, sah nach meinem Bruder. Apollo! Apollo komm schon! Der kleine Mensch hatte sich auch an seiner Box zu schaffen gemacht und ganz offensichtlich würde auch mein Bruder gleich herausgesprungen kommen.

In einiger Entfernung hörte ich ein schreckliches Geräusch. Ohrenbetäubend lautes zischen, rattern und quietschen. Meine Ohren presste ich fest an den Kopf, in der Hoffnung ein wenig der Lautstärke heraushalten zu können. Dann sah ich auch die Quelle der Geräusche, eine gigantische Raupe! Sie war rießig, laut und blechern und sie war schnell und kam in unsere Richtung. Wow! Mit offenem Maul starrte ich in die Richtung, wärend ich auf meinen Bruder wartete.

Ich sprang los als ich meine Schwester hörte und rannte zu ihr ohne Nachzudenken.
Bricca, wohin sollen wir? dann sah ich auch dieses ... Ding. Es war riesig und laut und schnell.
Wir müssen hier weg und zwar schnell. Ich sah mich nach den anderen Jungwölfen um. Was ist mit denen?

Alles ging sehr schnell und plötzlich strahlte mir Licht entgegen. Blinzelnd sah ich nach draußen, da waren einige der anderen schon heraus gesprungen unter ihnen Liora.
Trotzdem verharrte ich wie eine Statue auf der Stelle an der ich saß.
Erst als meine Schwester meinen Namen rief löste ich mich aus meiner Starre und sprang in das Unbekannte. Es behagte mir gar nicht, dass ich den Ort nicht kannte. Ich mochte keine Veränderungen und sah mich vorsichtig um während ich dicht an Liora tart. Etwas komisches kam auf uns zu und ich starrte es nur an, ich wusste nicht was Körpersprache war. Für mich war es nicht so selbstverständlich wie für andere Wölfe.

Alles war zu viel, zu laut und plötzlich zu hell. Ich wimmerte leise und drückte mich zitternd gegen die Gitterstäbe. Doch der Wagen hielt an und ich hörte wie die Wölfe aus ihren Käfigen sprangen. Als ich die Augen öffnete war ich alleine in Auto, der Rest war draußen. Dies machte nur fast noch mehr Angst und auch wenn es mich eine große Überwindung kostete krabbelte ich geduckt zum Rand und sprang nach draußen. Ohren angelegt und Rute eingeklemmt drückte ich mich in die Nähe des Reifens. Aber ich achtete darauf ihn nicht zu berühren, ich wusste, dass die Dinger der Menschen gefährlich waren. Doch diese Situation machte mir mehr Angst als alles andere.
Ein Mensch kam auf uns zu und ich stellte die Ohren leicht auf aber er sah nicht nett aus also legte ich sie wieder an und begann erneut leise zu wimmern.

Ich weiß nicht! Der Mensch der uns gefangen hatte, war auf den Tumult aufmerksam geworden. Mittlerweile mussten alle Wölfe frei sein, zumindest ging ich davon aus. Wir müssen hier weg! Bellte ich laut gegen die vielen Stimmen, den schreienden Menschen und die laut dampfende Lok an. Mein Blick fiel auf einen offenen Wagen. Da! Ich weißte mit meiner Nase auf das laut tuckernde Ungetüm. Damit kommen wir schnell weg!