Immer und immer wieder hatte ich meine Runden in dem Gebiet gedreht. War rastlos umhergewandert und hatte nur wenig Zeit mit Schlaf, Nahrung und Trinken verschwendet. Es gab keine Spur - und wenn es einmal eine gegeben hatte, dann war sie längst von den Witterungen fortgetragen worden.
Mein Herz war schwer, als ich mir eingestehen musste, dass ich meine Suche beenden musste. Ich musste für Nimble da sein, auch wenn Naron es nicht mehr war. Noch hatte ich keinen Schimmer, wie ich es unserem Sohn beibringen würde.
Wie ferngesteuert kehrte ich dem Schwarzbach den Rücken zu und lief zurück zum Rudelplatz.

(Rudelplatz)

In nur wenigen Minuten hatte ich den Bach erreicht und stieg vorsichtig die Böschung hinab. Auf einem breiten Stein schien es mir, als hätte ich genug Halt, sodass ich mich runterbeugte und das kühle Nass die Kehle runterlaufen ließ. Ich hatte einen großen Durst, doch selbst das kalte Wasser konnte das Verlangen in mir nicht stillen, egal wie viel ich trank. Meine Gedanken schweiften wieder ab. Zu gerne hätte ich mich über mich selbst, als auch über Dash geärgert - doch irgendwie konnte ich es nicht. Ich mochte es an seiner Seite zu sein und noch lieber hatte ich es, wenn er mir seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. Am liebsten würde ich mich irgendwohin verziehen, nur mit Dash und eine Weile dort mit ihm verweilen, doch sein Alphaposten war in dieser Angelegenheit ziemlich hinderlich. Ich ließ ein Seufzen hören und starrte ins Wasser, welches langsam an mir vorbeifloss.

Ich trat leise aus dem Gebüsch hinter Bijou hervor und betrachtete einige Momente lang still die schwarze Fähe, wie sie da am Bach saß und ganz friedlich wirkte. Ein wunderschöner Anblick, der nur durch eine einzige Kleinigkeit verbessert wurde. Wir sind endlich ganz alleine. Traurig, meine Schöne? Ich trat an Bijou heran und strich mit meinem Körper an ihrem vorbei, ehe ich meine Schnauze gegen ihren Nacken drückte und das Fell dort sanft mit meiner Zunge durchkämmte.

Ich hörte ihn kommen. Unter tausend Wölfen würde ich seine Schritte wohl immer raushören. Für einen Moment verharrte er, ehe er auf mich zukam und sofort erschien ein Lächeln auf meinen Lefzen. Mit geschlossenen Augen genoss ich die Berührung von ihm, ehe ich auf seine Frage antwortete. "Die Zeit rennt. Ich habe gerade daran gedacht, dass ständig irgendwas los ist." Mir fiel selbst auf, dass das keine richtige Antwort war. "Ich habe kurz daran gedacht, dasss ein Moment der Zweisamkeit schöän wäre." Mein Blick suchte die bernsteinfarbenen Augen des Rüden, während ich langsam aufstand und ihm schon fast nötigend meine Rute entgegenstreckte. Ich wollte nicht mehr warten. Unser letztes Mal war viel zu lange her.

@Dash

Bijous Geruch hüllte mich ein, er vernebelte mir die Sinne und endlich hatte ich keinen Grund mehr meine Leidenschaft für sie zu unterdrücken. Ein Wort und ich gehöre dir. Ein Versprechen, das ich nicht immer umsetzen konnte, so dehr ich es auch wollte, es war zu viel zu tun, da hatte sie leider recht, aber für den Moment konnte ich loslassen, für den Moment gab es nur uns beide. Wir waren völlig alleine und ungezwungen überließ ich meinem Instinkt die Führung, Bijou wollte es genauso wie ich und ich bemerkte erst, als ich aufsprang wie sehr ich diese nähe vermisst hatte. Als wir fertig waren legte ich mich hechelnd dicht neben Bijou und begann damit das Fell an ihrem Nacken, das ich in Unordnung gebracht hatte, wieder glatt zu schlecken.

Ich reagierte und drehte mich sofort komplett Dash zu, drückte mich gegen ihn und blinzelte. Es brauchte keine Worte zwischen uns in diesem Moment. Mir war bewusst, dass dieser Rüde mir niemals ganz gehören würde, doch in diesem Moment hatte er nur Augen für mich und für niemanden sonst. Keine Jungwölfe, die Ärger machten, keine Rudelmitglieder die unsere Gespräche unterbrachen. Und mir war auch bewusst, dass diese Aufmerksamkeit wahrscheinlich nur der Läufigkeit geschuldet war. Sonst hätte Dash schon längst die Worte gesagt, nach denen ich mich sehnte aber selbst nicht sagen wollte.

Er übernahm die Kontrolle und sprang auf. Obwohl ich diesen Moment herausprovoziert hatte, traf es mich unerwarftet und meine Vorderpfoten drohten unter dem Gewicht nachzugeben, doch ich konnte es noch abfangen. Zufrieden schloss ich die Augen, genoss die Zweisamkeit. Sie würde schneller vorbei gehen, wie mir lieb war.

Als wir fertig waren, ließ ich mich einfach auf die Steine fallen, die Zunge hing mir aus dem Maul und ich kniff die Augen verliebt zusammen, während der Rüde mein Fell glättete. Zufrieden drückte ich meine Nase in sein Fell.

Meine Rute klopfte müde, aber freudig auf die Steinte unter uns, ich spürte Bijous Wärme und Nähe neben mit und für den Moment fühlte ich mich vollkommen zufrieden und angekommen, ich wollte nirgendwo lieber sein als neben dieser wunderschönen Fähe. Du bist wunderbar. Nachdem ich ihr Fell geglättet hatte legte ich meinen Kopf auf ihren Nacken und lächelte glücklich vor mich hin.

Gefühlt stand die Welt still. Ich bemerkte nicht einmal die Vögel, welche um uns herum zwitscherten oder das plätschern des Baches und blickte nur tief in die Augen des Wolfes, der mich gefühlt um 180° gedreht hatte. Ich war wie ausgewechselt, seit ich ihm begegnet war und bis zur letzten Haarspitze ihm verfallen. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, was wäre, wenn der Rüde klar machen würde, dass er nicht so dachte. Also beschloss ich, dies auch nichts zu tun. Ein warmes Lächeln erschien auf meinem Gesicht. "Du auch." hauchte ich und fügte noch schnell "Manchmal" mit einem Grinsen hinterher. Ich konnte es nicht lassen ihn aufzuziehen.

Hey. Protestierend tatzte ich mit meiner Pfote nach Bijous Seite, war aber nicht recht gewillt meinen bequemen Platz zu verlassen, also blieb es bei dem Versuch. Ich konnte auch meinen Blick kaum von Bijous so tiefen grünen Augen abwenden, die mich gefangen hielten, denen ich aber auch niemals entfliehen wollte. Ich grinste selbst auch kurz, ehe es wieder zu einem liebevollem, warmen Lächeln wurde und ich die Fähe nur noch so ansah als wäre sie das einzige auf der Welt das zählte, was allerdings in diesem Moment auch vollkommen stimmte.

"Du bist ja nun auch nicht mehr der jüngste." stellte ich mit einem Zwinkern fest, als Dash mit der Pfote nach mir tatzte, mich aber nicht berührte. "Irgendwann kann man die Pfoten halt nicht mehr so ausstrecken." Lachend streckte ich die Vorderpfoten nach vorne und schmatzte zufrieden. Mir ging es gut und ich fühlte mich wohl. Dash gab mir zu jeder Zeit das Gefühl, dass er aufpassen würde und meine Augen wurden schwer wie Blei.

Doch Schlaf war mir nicht vergönnt. Eine kalte Berührung ließ mich erschrocken aufspringen. "Aaaaaaaaah!" Mit allen vier Pfoten war ich in die Luft gehüpft und landete graziel neben dem Rüden, die Augen weit aufgerissen und sah mich um. Als mir klar wurde, dass ich mich das Wasser aus dem Bach berührt hatte, musste ich laut loslachen. "Ich dachte schon, dass mich ein Monster angreift." prüstete ich zwischen zwei Lachern hervor.

Wir können nicht alle so junge Hüpfer sein. Ich streckte Bijou kindisch die Zunge heraus, doch schmiegte meine Schnauze dann wieder in ihr weiches, duftendes Fell, meine Augen glitten langsam zu, ich war völlig entspannt und lauschte nur auf das sachte heben und senken unter mir, welches Bijous Atem verursachte.

Bijous plötzliches aufspringen und schreien allerdings riss mich erfolgreich aus meinem Dösen und verpasste mir einen halben Herzinfarkt. Ich war auch sofort auf den Pfoten und sah mich um, bis ich kapierte was passiert war. Aber das hat es ja auch, das böse Wassermonster. Mit einem Lachen spritzte ich etwas von dem kühlen nass mittels meiner Pfote nach Bijou.

Das Wasser war um diese Jahreszeit noch sehr kalt, sodass ich versuchte den Wasserspritzern auszuweichen. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Das passierte mir nicht zum ersten Mal in Anwesenheit des Alphawolfs.
"Nachdem ich nun dafür gesorgt habe, dass du nicht eingeschlafen bist, sollten wir wohl zum Rudelplatz zurück." Alles in mir weigerte sich, diese Worte auszusprechen und doch tat ich es. Ich wusste genau, dass ich den Rüden nicht aufhalten dürfte und wahrscheinlich würde ich ihn nur bei mir halten können, wenn ich ihn freigab. Also lächelte ich ihn an, schleckte ihm über die Schnauze und legte den Kopf schief. "Hast du noch ein Plätzchen in deiner Höhle für mich?"

Oh ja, sehr heldenhaft. Meine Rute wedelte hinter mir und das wurde nur noch mehr, als Bijou mir über die Schnauze leckte. Ich lächelte und stupste sie an, ehe ich mich auch schon in Bewegung setzte, auch wenn ich bur zu gerne noch länger mit ihr hier geblieben wäre, nur wir beiden in unserer eigenen, kleinen Welt. Für dich wird dort immer Platz sein. Ich warf Bijou über die Schulter einen warmen Blick voller Gefühle zu, die ich selbst nicht genau definieren konnte.
(Rudelplatz)

Ich folgte Dash zum Rudelplatz.

-> Rudelplatz

Der kurze Spaziergang ließ mich richtig schnaufen. Außer Atem kam ich endlich am Fluss an und ließ das kühle Nass die Kehle runter laufen, schwemmte den ekligen Geschmack der Galle weg. Das flaue Gefühl im Magen wollte mich aber nicht verlassen. Hinzu kamen noch die ruckartigen Schmerze, die sich wie Tritte in der Magengegend anfühlten. Mein Magen rebellierte dagegen, was natürlich verständlich war. Unzufrieden trat ich mit dem Hinterbein dagegen, wollte das der Bereich Ruhe gab. Wahrscheinlich war unsere Beute krank gewesen und ich hatte mir den Magen verdorben. Das musste es sein. Ich war krank.
Da wäre es sicherlich am besten, wenn ich in der Nähe vom Wasser blieb und mich hier zusammenrollte. Ich ließ mich direkt an Ort und Stelle nieder - meine Kraft schien vollkommen aufgebraucht und schloss die Augen.