Ah, diesen Wunsch nach Freiheit kann ich nur allzu gut nachvollziehen. seufzte ich und drehte währenddessen meine Ohren, um mögliche Geräusche von den dichten Nebelschwaden ausmachen zu können. Die Körperhaltung war noch immer ein wenig rigide und ich versuchte mir nichts aus der Umgebung entgehen zu lassen, das auf eine eventuelle Gefahrenquelle hindeuten könnte. Wenn ich mich recht erinnere, ist die Beziehung zwischen uns Silberwölfen und den Schattenwölfen prinzipiell nicht die Beste.. kommentierte ich ihre Antwort mit einem fragenden Unterton am Ende. Dabei überraschte ich mich selbst ein wenig mit der Art, wie flüssig ich 'uns Silberwölfe' ausgesprochen hatte. Wenn man bedachte, dass es mir vor gar nicht allzu langer Zeit bei dem Gedanken, einem Rudel beizutreten, die Nackenhaare aufgestellt und die Kehle zugeschnürt hatte - meine Weltansicht hatte sich wahrlich verändert....oder besser gesagt, das Silberrudel hatte mich verändert. Zum Besseren.
~Not your faults define you, but what you make out of them~
Verdutzt blickte ich wieder zu der hellen Wölfin. Ich hatte mit Sai nie über ihre Vergangenheit gesprochen und sie war auch schon da gewesen, bevor ich zum Silberrudel dazustieß - auch wenn sie damals noch nicht Mitglied des Rudels gewesen war. "Warst du etwa auch bei den Menschen?" hakte ich freundlich nach und hoffte, dass sie mir etwas von ihrer Geschichte erzählen würde. Ich fand es wichtig, dass man die Wölfe um sich rum kannte. Das hatte mir meine Mutter schon immer erklärt, dass man nur demjenigen vertrauen darf, der einem auch vertrauen schenkte.
Je näher wir dem Geisterdorf kamen, umso mehr Fährten konnte ich wahrnehmen. Aber nicht nur von Wild. Hier waren in letzter Zeit einige Wölfe vorbei gekommen. Langsam lichtete sich auch der Nebel, sodass die Sicht auch immer besser wurde und wir konnten die schemenhaften Umrisse der alten Gebäude sehen. "Das stimmt, aber soweit ich es mitbekommen habe, kommt niemand so richtig mit den Schattenwölfen klar." ging ich noch auf ihre Aussage ein, ehe ich weiter zum Geisterdorf lief.
Nur für ein halbes Jahr erwiderte ich meine Mundwinkel zogen sich sachte nach oben bei Acyras Neugier. Allerdings hatten die Menschen nichts mit der Sehnsucht nach Freiheit zu tun. Auch unter Wölfen kann man sich eingesperrt fühlen. Bei dem letzten Satz konnte ich einen verbitterten Unterton nicht verhindern. Schnell konzentrierte ich mich auf auf ihre darauffolgenden Aussage. Das scheint wohl der Fall zu sein. Während ich diese Worte aussprach, merkte ich, dass der Nebel sich endlich lichtete und atmete einmal erleichtert aus. Dann folgte ich Acy in einem leichten Trab in das Geisterdorf.
Alles war kalt, nass und der Boden war eklig. Ich schlurfte eine leichte Erhöhung hoch und legte mich erschöpft hin. Nebelschwaden zogen sich über die Wiesen und in der Ferne zwischerten die Vögel - zwar etwas nervig und ziemlich grässlich, aber immerhin noch besser als der Wind, der die Bäume zum rascheln brachte. Im liegen schaute ich mir meine Hinterläufe an. Mein rechtes Bein war von der Kälte und vom ganz laufen wieder ganz starr geworden. Als das noch nicht genug war, began auch noch mein Magen sich zu beschweren. "Zeig doch etwas mitleid, mit dem Alten..", antwortete ich meinem Magen und legte mich auf die Seite, während ich darüber nachdachte, was ich jagen sollte. Ein Fasan wäre echt Lecker oder ein Büffel.. vielleicht sollte mich einfach mit dem zufrieden geben, was mir in den Mund kommt, dachte ich und akzeptierte die Realität. Noch im gleichen Moment, wo ich meinen Gedanken beendet hatte, sah ich eine Schnecke über meine Pfoten kriechen. Mit einem schütteln der Pfote, warf ich sie von mir runter, wobei sie beim Aufprall ein schaumiges Furzgeräusch von sich gab. Auch wenn das Geräusch ziemlich unappetitlich klang, dachte ich ernsthaft darüber nach, sie zu probieren, aber ich lehnte ab: "Dich will ich nicht essen.. bitte schick mir was leckeres, liebe Luna!" Weiterhin geschah nichts, während ich noch die Schnecke beobachtete und die leisen Geräusche der Natur belauschte, bevor ich mich auf den Weg zum Jagen machen musste.
Ich schreckte aus dem Schlaf hoch und knurrte mürrisch. Bin ich eingenickt? Herrje.. Vorsichtig rappelte ich mich auf, mein Körper knackte bei jeder Bewegung, und beim Strecken hatte ich beinahe einen Krampf bekommen. Die Schnecke war ebenfalls schon fort und hat mich eiskalt alleine gelassen. Mein Magen ließ mir keine Zeit für Morgenrituale, weshalb ich mich sofort in Bewegung setzte, um was zum essen zu finden.
Ich landete wieder in den freien Gebieten und blickte nicht zurück. Barbossa - Der kleine Hase Marco - Seine zwei Söhne. Noch immer verstand ich sie nicht wirklich und... irgendwie wollte ich es nicht mehr. Ich war zu alt - In meiner eigenen Art und Weise bereits in einer Sackgasse. Ich hatte diesen Weg gewählt und ich war fest überzeugt, dass ich ihn nicht mehr ändern konnte. Ich konnte mich keinem Rudel mehr anschließen und schon gar nicht lange unter Wölfen sein. Der kleine Ausflug mit Barbossa war eine Bestätigung gewesen. Deshalb trugen mich meine Pfoten stetig weiter. Ich würde weitermachen wie bisher. Ein wandernder Streuner sein und um Artgenossen einen großen Bogen machen. Ein Tal wie dieses... würde ich bestimmt nicht wiederfinden. Und wenn doch würde ich es nicht betreten. Ohne einen Blick zurück verließ ich die freien Gebiete und betrat die unbekannte Wildnis dahinter.
>> Mercer verlässt das Tal und wird nicht mehr zurückkommen (@Morgana, @Lyvianne - Der Account darf gelöscht werden)
Ich konnte mich nicht erinnern je hier gewesen zu sein. Der Nebel hing tief an den Hügeln und umwaberte die Landschaft. Der Schnee war weich unter meinen Pfoten und es war kein Geräusch zu hören. Es war wohl niemand sonst hier. Wo Cupo wohl ist? Langsam begann ich mir Sorgen um meinen Bruder zu machen. Ich hatte ihn lange nicht gesehen und so lange wie jetzt waren wir noch nie von einander getrennt gewesen. Ich sah zum Sternenhimmel auf und betrachtete den Mond, der mir sehr hell erschien. Vielleicht kam es mir auch nur aufgrund des Schnees so vor. Ich hatte unterwegs einen Hasen gegessen, weshalb ich die Mäuse um mich herum zwar hörte, aber keinen Drang hatte, mir einen kurzen Snack zu gönnen. Ich seufzte kurz. Es war so schön hier. Ich ließ meine Deckung fallen und trabte weiter fröhlich über die Hügel.
Unaufmerksam war ich gewesen. Dumm und unaufmerksam! Wie hatte mir das nur passieren können? Wie ein dummer kleiner Welpe war ich über den Schnee gelaufen und plötzlich hatte der Boden unter meinen Pfoten einfach nachgegeben. Einfach so! EINFACH SO!!! Jetzt fand ich mich in einem tiefen Loch wieder. Der Boden war hart und kalt. Mit Anlauf sprang ich an den Seiten hoch, stieß mich von den Wänden ab. Alles vergebens. Ich kam nicht raus. Ich saß hier fest. Knurrend sah ich mich um, ob ich irgendetwas entdecken konnte. Der Sturz hatte meinen Pfoten nicht gut getan. Meine Beine waren bei der Landung komisch verdreht gewesen und taten nun weh. Nicht allzu schlimm, doch genug, dass es mich störte. "HALLO?", rief ich. "Hallo! Hört mich jemand?" Ganz langsam spürte ich wie Panik in mir hochkroch und mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich winselte leise. Ich komme hier nicht weg. Ich legte den Kopf in den Nacken und ließ mein lautestes Heulen ertönen. Bitte bitte hört mich jemand, flehte ich innerlich. Bitte bitte bitte bitte!
Mit langen Sprüngen jagte ich durch die Schneedecke. Links und rechts von mir stoben die Flocken zur Seite. Knoten aus Eis hatten sich in meinem Bauchfell verfangen, doch ich ignorierte es. Die Nebellanden waren riesig und so uneben, dass man nicht jeden Winkel sehen konnte. Also blieb ich schließlich stehen und sah mich um. Nichts als weiß und Bäume, trotz des Winters hing auch hier eine leichte Schicht Nebel. Es war einer der seltenen Male an denen ich mir wünschte, es wäre klare Sicht. Liora? Wo bist du? Bist du hier . Rief ich laut. Denn auch wenn es aus der Richtung gekommen war, konnte es sein, dass ich mich irrte. Dass sie gar nicht hier war. Erneut legte ich den Kopf in den Nacken und schickte ein Heulen gen Himmel. Es war ein wo bist du bloß und was ist passiert ?.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
Hoffnungslos und verzweifelt hatte ich mich in der Grube zusammengerollt. Niemand hatte mich gehört. Ich hatte endlos lange geheult. So lange bis ich keine Stimme mehr hatte. Ich werde hier drin sterben... Der Gedanke trieb mir Tränen in die Augen. Ich will aber nicht sterben! Plötzlich durchdrang ein mir bekanntes Heulen die Stille. Es war nah! Mama! Ich sprang auf, legte den Kopf in den Nacken und heulte noch einmal so laut ich konnte.
Auch wenn ich nichts entdecken konnte, hörte ich kurz nach meinem Heulen eine Antwort. Erleichterung durchströmte mich sofort, es war als fiele ein riesiger Stein von meinem Herzen. Eine Sekunde schloss ich die Augen, atmete durch und lief dann in die Richtung aus der es gekommen war. Sie klang nah, aber immer noch konnte ich einfach keinen anderen Wolf sehen. Liora? Ich kann dich nicht sehen, wo bist du?, rief ich immer wieder. Die Nase am Boden, versuchte ich durch den Schnee etwas zu riechen, aber vergeblich. Langsam irritierte mich die Situation, ich wollte mich endlich davon überzeugen, dass es meiner Tochter gut ging. Sie klang verstört, als brauche sie Hilfe und es frustrierte mich, dass ich sie nicht finden konnte.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
"Mama!", rief ich immer noch ängstlich, aber wieder mit mehr Hoffnung. Vielleicht würden wir doch einen Weg finden, mich hier rauszuholen. "Ich bin hier unten! Ich bin runtergefallen.""
Erleichterung überflutete mich, als ich Lioras Stimme hörte. Sie klang ängstlich aber sie lebte, trotzdem lag die Sorge wie ein Stein in meinem Magen. Durch ihre rufe fand ich sie schließlich und wäre beinah auch in das Loch gefallen. Oh gott, geht es dir gut mein Schatz? . Kurz kippten sich meine Ohren nach hinten, während mein Verstand rasend nach einer Möglichkeit suchte, sie herauszuholen.
ich bin der Schatten in der Dunkelheit und unsichtbar im Licht. Ich bin die Stille vor dem Sturm und die Klinge deines Schwertes
Ich nickte und wedelte mit der Rute. "Ja, es ist nichts passiert. Ich hab das Loch nicht gesehen. Keine Ahnung, wie ich hier reingeraten bin, aber ich komme nicht raus!", redete ich hektisch. Was, wenn auch Mama mich nicht rausbekommen würde? Doch! Bestimmt schafft sie das! Mama, kann alles!
Irgendwie hatte sie es geschafft. Mama war sogar noch größer und stärker als ich dachte. Ich war in die Luft gesprungen und sie hatte mich aus der Luft gepackt und nach oben geschleudert. Als ich wieder richtigen Boden unter den Füßen hatte, sprang ich sofort ein paar Sätze nach hinten. Weg von diesem Loch! "Danke, Mama! Danke! Danke!" Ich rannte zu ihr und schleckte ihr über die Lefzen, während meine Rute unaufhörlich wedelte. "Lass uns zurück zum Rudelplatz gehen. Ich mach sehen, ob alles in Ordnung ist." Mama drehte sich um und lief voraus. Voller Freude sprang ich ihr hinterher. Ich muss mir auf jeden Fall gleich etwas zu essen suchen!
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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07.04.2021 18:54
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