Unterwegs fiel mir auf, dass Morgana kurz bei mir gewesen war. Wo war sie jetzt? Wie lange hatte ich verdammt nochmal geschlafen? Meine Glieder begannen sich wieder zu lockern und ich spürte, wie Energie durch meinen Körper strömte. Ich wusste nicht, wann ich zuletzt so viel Energie gehabt hatte. Meine Schritte wurden langsamer als ich die Quelle des Heulens durch den Nebel hindurch erschnuppern konnte. Zigeuner! Ich fiel vom Trab in einen langsameren Schritt und trat mit ruhigen großen Schritten aus dem Nebel heraus. Wenn ich mich richtig erinnerte, war das der Beta. Wie heißt er nochmal? In gebührendem Abstand blieb ich vor ihm stehen und sah ihn an. "Hallo, Zigeuner", grüßte ich ihn dann mit meiner amüsierten Art. Vielleicht komme ich um den Namen drum rum...

Ich seufzte und sah zur Seite. "Na toll." Fast ein wenig genervt von der Situation wandte ich mich wieder Huttser zu und konnte den Schmerz in seinem Gesicht sehen. Ich war fast ein wenig erstaunt. So viel Mitgefühl hatte ich dem Rüden gar nicht zugetraut. Es ist nicht der richtige Moment für zynische Bemerkungen. Das lag in meiner Natur. Ich konnte gar nichts dagegen tun. Es passierte einfach. Ich meinte es auch nicht böse, doch jetzt gerade....tat er mir leid. Der Zigeuner tat mir leid. Ich leckte mir kurz über die Schnauze. "Mein Beileid, Huttser", sagte ich dann so ehrlich es mein Sarkasmus zuließ. "Ich werde Morgana berichten." Ich wollte den Rüden nicht noch mehr mit Fragen quälen und was würde es auch für einen Unterschied machen? Wenn es für die Nebelwölfe von Bedeutung gewesen wäre, wie Gin gestorben war, hätte Huttser es von selbst erzählt. Fakt war: Gin war tot.

"Davon gehe ich aus", sagte ich ernst, auch wenn ein bisschen Ironie mitschwang. Mit den Schattenwölfen werden sie schon genug zu tun haben. "Viel Erfolg in deinem neuen Posten." Versuch keine Jungwölfe mehr umzubringen. Am liebsten hätte ich mir für diesen Gedanken in die Schnauze gebissen. Wenigstens habe ich es nicht laut gesagt.

Mit langen Sprüngen jagte ich über die Hügel der Nebellande und streckte meine Beine so lang wie ich konnte. Trotz meines Alters, fühlten sich meine Muskeln stark an und meine Kraft unverändert. Ich merkte es nur wenn ich lange lag oder saß, dann brauchten meine Muskeln und Gelänke länger. Dann war alles ein bisschen steifer und angespannter. Aber etwas störte mich, es fühlte sich an als bekäme ich schlechter Luft als sonst. Meine Ausdauer war nicht gut, was mich stutzend dazu veranlasste, langsamer zu werden. Hechelnd atmete ich durch und trabte den Rest des Weges durch den nassen Nebel. Doch als ich dort angekommen war, wo der Zigeuner Geruch am stärksten war, sah ich keinen Zigeuner. Ich sah Tristan, was mich sofort dazu veranlasste, die letzten Meter schneller zu überbrücken.
Hey du warst wohl schneller als ich. Was wollte Huttser?, meine Freude über meinen Gefährten konnte und wollte ich auch gar nicht unterdrücken. Meine Rute peitschte freudig hin und her und ich drückte meine Nase stürmisch in sein weiches Halsfell.

Ich nahm Morgana erst wahr als ich ihre Stimme hörte, da ich dem Zigeuner noch eine Weile hinterhergesehen hatte. Fast überrascht zuckte ich kurz zusammen, als kurz danach auch die plötzliche Berührung folgte. Doch schnell hatte ich mich wieder unter Kontrolle und gab nur ein kurzer "Huff" von mir, dass ich dann aber direkte mit einem Lachen verzierte. "Hallo, du Schattenschönheit", sagte ich dann grinsend und meine Rute wedelte freudig hin und her, als ich meine Schnauze in ihrem dichten Fell vergraben und ihren Duft einsaugen konnte. "Als Beta muss ich dir schließlich auch etwas Arbeit abnehmen", sagte ich dann mit einem ironischen Zwinkern. Dann setzte ich mich vor sie hin und wurde ernst. Bei Morgana fiel es mir leicht, meine sarkastische und ironische Ader abzulegen. "Es sind keine guten Nachrichten, die er gebracht hat", begann ich "Gin ist tot. Huttser kam, um uns das mitzuteilen. Er übernimmt das Rudel und er plant ein Alphatreffen in 5 Monden." Ich ließ diese Nachricht erstmal auf sie wirken und beobachtete ganz genau, um direkt reagieren zu können, wenn sie mich brauchte.

Anscheinend hatte ich Tristan ein bisschen erschreckt, sein zusammen zucken war mir nicht entgangen. Grinsend rieb ich meine Nase an seinem Fell. Hallo mein Silberprinz, da sag ich natürlich nicht nein. Ich hatte ein interessantes Gespräch mit einer Zigeunerwölfin am Jägerstand. Erklärte ich ihm und trat dann ein Stück zurück. Mein Lächeln verschwand und ich nickte ernst, Ja sie hat mir diese Information auch gegen. Es ist eine Besorgniserregende Entwicklung und ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis beim Alphatreffen.
Meine Atmung hatte sich beruhigt aber ich fühlte mich müde und zuckte unruhig mit dem Ohr. Ich glaube ich muss dringend etwas essen und schlafen. Später vielleicht trainieren, ich hab es nichtmal durchgehalten vom Jägerstand bis hier zu rennen. Ich glaube ich werde alt. Schnaubte ich missmutig, Tristan war der einzige Wolf dem ich jemals so meine Schwächen offen legen würde.

Ich schleckte ihr über die Wange. "Interessant. Wir sollten die Situation wirklich beobachten." Sanft stupste ich sie mit der Schnauze an. "Wie wäre es, wenn wir zum Rudelplatz zurückgehen und uns unterwegs was Jagen? Hast du eigentlich unsere Welpen gesehen?" Mir fiel auf, dass ich sie entsprechend lange nicht gesehen hatte. Besonders Cupo.

Ich nickte ihm zu und sah nachdenklich über die nebligen Hügel. Das sollten wir wirklich, ich muss auch noch zurück zu Dagger und ihren Welpen. Es ging ganz schön chaotisch zu in letzter Zeit. Liora habe ich aus einer Grube hier irgendwo befreit aber es ging ihr gut, Cupo war mit den beiden Mädels unterwegs aber die drei habe ich auch länger nicht gesehen. Lass uns gucken wer am Rudelplatz ist und jagen klingt gut. Sprach ich alle möglichen meiner Gedanken aus. Das ausruhen hatte schon geholfen, zum jagen war ich sicher fitt genug. Da drang ein Heulen an mein Ohr. Das ist die kleine der Zigeuner von der ich gesprochen habe. Lass uns vor dem jagen schauen was sie möchte. Ich habe ihr gesagt sie kann nach mir heulen wenn sie etwas braucht. Neugierig sah ich in die Richtung aus der ihr Heulen gekommen war.

"Das wird ja immer spannender", sagte ich amüsiert. "Sie ist also noch jung? Ich bin gespannt auf die Kleine." Die anderen Sachen ließ ich unkommentiert. Liora war in eine Grube gefallen und Cupo war in Begleitung von Fähen. Das klang doch alles in allem nach Abenteuer und ich freute mich, dass unsere Welpen ihre jungen Jahre genossen. Geduldig wartete ich darauf, dass Morgana bereit war vorzulaufen. Schließlich kannte sie die Kleine schon. Es war sicher besser, wenn sie sie als erstes begrüßen konnte.

Ein kurzes Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich freute mich jedes Mal aufs neue, dass Tristan an meiner Seite war und dass es uns und dem Rudel gut ging. Ich konnte mir nichts weiter wünschen. Mit einem nicken lief ich los.
-Nebelmoor

Voll Vorfreude und neugierig auf die kleine Zigeunerin, folgte ich ihr.

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