Ich kam auf einer riesigen Wiese an, Hügel aus Gras schauten aus dichten Nebelschwaden empor und ich machte große Augen. Dann rannte ich los, mir blieb ja nichts anderes übrig. Der Nebel haftete sich in mein Fell, griff mit gruseligen nassen Finger danach. Meine Nerven schienen zum zerreißen gespannt während ich über die Ebene jagte. Ich konnte kaum zwei Meter weit sehen und betete immer wieder nirgends gegen zu laufen. Gruselig, gruselig, gruselig , wiederholte ich in meinem Kopf wie ein Mantra während ich langsam der Meinung war es wäre vorbei. Ich rannte noch eine ganze Weile weiter bis ich einen dunklen Schemen vor mir sah und stark abbremste. Die Augen geschlossen rammte ich nicht sonderlich sanft aber mit nun moderater Geschwindigkeit einen Baumstamm. Uff , entfuhr es mir als meine Seite mit der harten Rinde kollidierte. Ich hatte mich schnell gefangen und schüttelte mich kurz bevor ich in den Wald hüpfte um die gruselige neblige Ebene hinter mir zu lassen. -Wäldchen
~Kindness is giving hope to those who think they are all alone in this world~
Ja, das war hier eindeutig ein anderes Gebiet als die grosse Wiese und der dunkele Wald! Es roch hier auch anders - nach mehr Feuchtigkeit. Das kam bestimmt von den vielen Bächen. Vor allem roch es hier nach Hasen. Die flinken Nager fanden hier ideale Lebensbedingungen vor. Aber gerade das ausgiebige Unterholz bot auch anderem Niederwild Platz, Nahrung und Schutz. Auch hier konnte man leben! Irgendwie erinnerte mich diese Gegend an die hochgelegenen Bergwiesen in meiner Heimat. Unwillkürlich sah ich mich um, ob ich irgendwo ein paar Murmeltiere sehen konnte, aber hier gab es natürlich keine - nur eben sehr viele Hasen. Flüchtige Gerüche von einzelnen umherstreifenden Wölfen gab es auch hier, aber es waren nur wenige und die meisten waren schon älter. Immer wieder fiel mein Blick auf die Klippen im Norden. Dort lebte das Rudel. Als der Wald zurückwich, hatte sich auch die Rudelgrenze verschoben. Längst schon wanderte ich nicht mehr nach Süden sondern nach Osten - immer durch das Hügelland und immer entlang der Klippen im Norden. Dann stieg mir ein besonderer Geruch in die Nase und meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich roch das Blut eines Wolfes. Die Fährte war schon alt und ich konnte nicht mehr alles rekonstruieren. Dennoch war mir sofort klar: Hier hatte ein Kampf stattgefunden!
Nachdem ich alles gründlich abgeschnüffelt hatte, fand ich etwas Bemerkenswertes heraus, das mich zunächst verblüffte. Die Reviergrenze im Norden hatte einen anderen Geruch. Offenbar grenzten hier zwei Rudelgebiete direkt aneinander. Das war ungewöhnlich, wenn es genug fruchtbares Land gab - so wie hier. Das Hügelland (Nebellande) voller Hasen und Wasser beanspruchte keiner, aber in den Felsen lagen die Markierungen so dicht beieinander, dass kein freier Wolf dazwischen hätte laufen können. Das war bedenklich, denn es konnte nur eins von zwei bedeuten: Die beiden Rudel waren entweder verbündet oder sogar befreundet oder aber sie waren in etwa gleichstarke Rivalen und verfeindet. Der Kampfplatz mit vergossenem Wolfsblut legte letzteres nahe. Ich überlegte. Da gab es vermutlich eine lange Vorgeschichte. Kein junges und neues Rudel hätte sich so ohne weiteres neben dem altetablierten Rudel ansiedeln können, wenn es nicht mindestens ebenso stark und mächtig war. Das alteingesessene Rudel hätte direkte Rivalen nie so dicht neben sich geduldet - es sei denn, sie kamen aus den eigenen Reihen und waren Abkömmlinge des Altrudels. Das war möglich. Meine Analye der Geruchsmarkierungen ergab, dass beide Rudel schon jahrelang im Tal lebten. Doch das Blut war ziemlich frisch und es stammte von einem Wolf aus dem älteren Rudel. Die Fährten sprachen sogar von drei verschiedenen Wölfen, einem grösseren Rüden und zwei kleineren Wölfen, möglicherweise Jungwölfen. Ich wusste nicht wirklich, was sich hier abgespielt hatte, aber ich hatte ein ungutes Gefühl. Hier lag ein Rudelkrieg in der Luft! Ich überlegte. Etablierte, starke und alteingesessene Rudel nahmen selten Fremde bei sich auf. Wozu auch? Sie hatten schliesslich ihren eigenen Nachwuchs unterzubringen oder loszuwerden, da brauchten sie keine Fremden. Ich war ausserdem kein unbedarfter charmiger Jungwolf mehr, den so manches Rudel als harmlos einstufte. Dass ich Rudelführer gewesen war, zählte jetzt nichts mehr. Nicht mal meine Erfahrung - im Gegenteil! Ein erfahrener Wolf ist eine Gefahr ... ganz bestimmt!!! So einem ist nicht zu trauen! Halte dich fern von dem alten Streuner!!! Aber ... wenn es hier einen Rudelkrieg gab, ... dann konnte vielleicht das eine oder das andere Rudel noch einen erfahrenen Kämpfer gebrauchen. ... Das könnte meine Chance sein!
Ich dachte lange über die ganze Angelegenheit nach. Schließlich war ich ein friedliebender Wolf und in einen Rudelkrieg verwickelt zu werden, war eigentlich nicht meine Vorstellung von einem guten Leben. Doch welche Wahl blieb mir? Die Rudel hier waren stark und alteingesessen. Für Schwächlinge und Zauderer war da kein Platz. Ich war weder das eine noch das andere. Ich konnte kämpfen - und ich würde es tun, wenn man mir eine neue Heimat gab. Ja, das war es wert!!!
So traf ich also meine Entscheidung und nachdem ich mich entschieden hatte, wollte ich natürlich mehr über die Situation und über die Rudel erfahren. Deshalb beschloss ich alles genau auszuschnüffeln - vor allem die Reviergrenzen. Der Weg führte nach Osten und ich folgte ihm - immer an der Reviergrenze entlang. Schließllich wichen die Hügel zurück und vor mir lag eine Siedlung der Menschen. Oha !!! Sorgfältig prüfte ich die Geruchsinformationen und kam zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass es hier nach Wölfen roch und nicht nach Menschen. Wie erstaunlich !!! Vorsichtig schlich ich näher und gelangte so ins
Das Wetter passte zu meinem Gemütszustand — grau und düster. Im Gegensatz zu dem frischen Wind, der mein Fell zerzauste, war der Boden unter meinen Pfoten noch ganz warm. Nicht einmal das veranlasste mich dazu mich hinzulegen und auszuruhen. Seit ich aufgebrochen war, flüchtend vor dem Groll und dem Gekeife, das noch immer in meinem Kopf nachklang, hatte ich nicht viel geschlafen. Meine Beine waren taub und so auch meine Gefühle. Das war nicht der Regelfall. Oft herrschte in meinen Gedanken ein undurchschaubarer und überwältigender Tumult, oder zumindest ein paar verschiedene, konkurrierende Gefühle. Jetzt aber war alles still. Ich hing in der leeren Schwebe zwischen meinem alten Ich und mir selbst, Mórrígan. Wie lang das jetzt schon anhielt wusste ich nicht, aber ich hatte mich fast schon daran gewöhnt, auch wenn es mir sehr apathisch erschien. Das Gebiet wurde nebeliger und für einen kurzen Moment dachte ich, dass ich wieder in meiner Heimat war, doch dann kehrte ich wieder in die Gegenwart und zu meinem ausgelaugten Körper zurück. Gegessen hatte ich auch seit Ewigkeiten nichts mehr, aber mir war auch nicht nach Essen zumute. Teilnahmslos starrte ich die weißen Schwaden an und ging einfach weiter geradeaus.
Meine Pfoten führten mich zu einer hübschen Hügellandschaft, die ich kaum weiter beachtete. Der Hunger wurde zwar gestillt, doch nun machte mir der Durst zu schaffen. Niemand hat gesagt, dass es Einzelgänger leicht haben Ich trottete gedankenversunken über die Wiese. Im Vergleich zu dem Geisterdorf herrschte hier überraschende Stille, woran ich mich zunächst gewöhnen musste. Natürlich mochte ich die Stille und das Alleinsein, doch auf irgendeine Art und Weise wurde ich unsicherer. Ich schüttelte mich energisch. Werd' nicht lächerlich! Es ist immer noch sicherer, als bei den fremden Wölfen im Dorf, glaubte ich zu wissen. Mich fragend, wo ich nun hin sollte, hoppelte ein Kaninchen, nicht weit entfernt, vor mir weg. Trotz meines nicht großen Hungers, beschloss ich, dem Tier hinterher zu jagen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit dazu habe. Duckend, schlich ich mich an und sprintete im richtigen Moment los. Entschlossen jagte ich ihm nach, als es mir mit einer scharfen Kurve kurz entwischte. Um mich blickend, konnte ich das Kaninchen wieder ausfindig machen und stürzte mich auf den hilflosen Nager. Genüsslich verspeiste ich es und legte mich währenddessen hin. Auf einmal stieg mir ein bekannter Geruch in die Nase. Einer, den ich nie wieder wittern wollte. Düstere Revier... Ich befand mich an der Grenze des Schattenrudelreviers. Abrupt sprang ich auf und konnte noch ein Revier riechen. Ohne langes Zögern schnappte ich mir das erledigte Kaninchen und sprintete davon. Immernoch schockiert setzte ich mich an einen Baum, legte die Beute hin und blickte zu der Gesteinsklippe, die anscheinend die Grenze der beiden verschiedenen Reviere bildete. So viele Fremde und so viele Reviere...wo bin ich hier nur gelandet... Weiterhin starrte ich auf die Klippe, während ich manchmal einige weitere Stücke des Kaninchens aß.
Regen prasselte auf meine Schnauze, was mich behutsam weckte. Gähnend öffnete ich die Augen und bemerkte, dass ich auf meiner halb aufgegessenen Beute lag. Ich setzte mich auf und kratzte mich mit meiner Hinterpfote hinterm Ohr. Tut das gut... Der leichte, angenehme Regen machte mich munter und durchnässte mein Fell, was für mich jedoch nicht lästig war. Mein Blick schweifte über die Landschaft, die nun von einem schwachen Nebel durchzogen war, und blieb an der Grenze des Schattenrudels hängen. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Es war zu gefährlich hier zu schlafen... Tatsächlich hätte mich das Schattenrudel sehen können und auch wenn es hier ein freies Gebiet war, Juri hätte sicher keinen Halt vor einem erneuten Angriff gemacht. Ich wandte mich schnell ab, schüttelte mein Pelz und zog weiter. Gefahren über Gefahren... So war mein Leben. Meine Sichte ruhte nicht auf das Schöne, sondern auf das Hässliche und Bedrohliche. Doch es schützte mich vor Gefahren, auch wenn ich nie die Möglichkeit hatte, etwas zu genießen.
Ich setzte mich neben jukko hin und überlegte kurz wie ich anfangen sollte. Vielleicht sollten wir Juri verbieten ins Geisterdorf zu gehen. Zumindest so lange bis die noch verletzte Fähe wieder gesund ist. Ich hab sie nochmal gefragt welcher Wolf ihr das angetan hatte. Sie meinte das es ein Wolf war der seltsam redet. Ich will nicht wissen was passiert wenn die beiden sich nochmal über den weg laufen. erklärte ich. Jetzt war ich gespannt wie Jukko reagieren würde.
Ich verstand Athes Bedenken. Mmmh ... mmhm ... sagte ich und wiegte den Kopf hin und her. Wir müssen immer neutral bleiben, wenn wir nicht in die Fehden hineingezogen werden wollen! Das heißt auch, dass wir jedem helfen, der Hilfe braucht. Wir treffen keine Entscheidung gegen irgendeinen Wolf. Deshalb können wir uns auch auf den Frieden der Heiler berufen. Wenn wir Partei ergreifen, dann ist es damit vorbei. Dann stehen wir ganz alleine und sind ohne Schutz. Sollte Juri also hier auftauchen, dann hat er den Frieden ebenso zu respektieren wie unsere neuste Patientin. Wir verurteilen nicht, wir helfen. Verstehst du?
Das weiß ich aber ich finde wir sollten keine partein für eines der Rudel ergreifen sondern für deine Patienten. Das ist auch dein recht als Heiler... Also finde ich. meinte ich jetzt und sah Jukko an. Zumindest würde ich es so machen sobald ich soweit war.
Ja, genau! Das meine ich auch! Unsere Patientin ist sicher- genauso, wie Juri sicher bei uns war- und wir werden sie schützen! Wenn Juri kommt und Ärger macht, dann werden wir ihn zurechtweisen. Wenn Juri kommt und unsere Patientin macht Ärger, dann werden wir auch sie zurechtweisen. Sie können sich meinetwegen beißen und prügeln - aber nicht bei uns! Wo wir sind herrscht Frieden - oder zumindest Waffenstillstand.
Ich grinste Athe gleichfalls an. Ja, das hoffe ich auch! Du merkst, mein Schüler, ein Heiler zu sein ist kompliziert. Es gehört viel mehr dazu, als nur ein paar gute Pflanzen zu kennen, nicht wahr?! Gerade jetzt lernst du etwas über Politik. Behalte deine Lektionen. Sie werden dir immer nützlich sein!
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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05.06.2019 22:23
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