Meine Rute wedelte immer wilder, als ich dem Rudelplatz näherkam. Die letzten Meter rannte ich regelrecht, bis ich mit einem gewagten Sprung auf dem Rudelplatz aufsetzte und mich mit einem lauten Wuffen bemerkbar machte. Mein Blick schweifte über die Anwesenden, es schienen alle anwesend zu sein. "Ich habe jemanden mitgebracht", rief ich und sah erwartungsvoll in die Runde.

Jangal:

Ich murrte und gähnte dann, ich hatte soooo schön geschlafen und von der komischen Höhle geträumt. Ich war noch gar nicht richtig wach, da erklang eine mir vertraute Stimme. Wie ein geölter Blitz, oder eher ein mittelgroßer Feuerball, sprang ich auf und rannte nach draußen, wobei ich gelegentlich über die eigenen Pfoten stolperte. Paaaawwaaa! Mit wild wedelnder Rute rannte ich auf Gin zu und sprang diesen dann an. Glücklich fiepsend versuchte ich immer wieder mit meiner kleinen Zunge ihm begrüßend über die Lefzen zu lecken.

Kasai:

Ich hatte Enya bemerkt und sah mit einem freundlichen Nicken zu ihr, als eine Stimme ertönte welche dafür sorgte, dass es unter meinem Fell kribbelte. Leicht plusterte sich mein Fell auf, doch mehr vor Freude als vor Angst oder Wut. Ich warf Huttser einen sanften Blick zu, ehe ich loslief. Doch noch bevor ich bei Gin ankam sah ich aus dem Augenwinkel etwas rotes. Im nächsten Moment erklang Jangals helles Stimmchen und er sprang wild vor Gins Kopf hin und her. Ich musste leise lachen.

Ich erblickte Gins Rückkehr zufrieden. Nicht der einzige sein zu müssen, der den Überblick behielt war erleichternd. Ich machte einen eleganten Hops von dem Felsen und erwartete die angekündigte Ankunft hinter dem großen Rüden.

Hechelnd erreichte ich den Rudelplatz und verlangsamt meine Schritte bevor ich durch die Bäume trat. Ich zuckte mit dem linken Ohr und schüttelte kurz den Kopf um ein Blatt loszuwerden das sich auf meiner Stirn nieder gelassen hatte. Ebenfalls wieder da, brummte ich und setzte mich auf meinen Hintern.

Es brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, ehe die helle Stimme eines ganz bestimmten Wolfes ertönte. Ruckartig fuhr mein auf Keyib gerichteter Kopf herum und ich erblickte meinen halbadoptierten Sohn, der voller Begeisterung auf mich zuraste. Ich grinste breit und senkte langsam mein großes Haupt, um dem Welpen zumindest ein wenig entgegenzukommen. "Junge, du bist aber groß geworden!", rief ich anstelle einer Begrüßung ausgelassen. Ich wusste noch nicht ganz wie ich mit dem Welpen umzugehen hatte, immerhin schien Kasai bislang nicht erfreut über meine unfreiwillige Vaterschaft bezüglich Jangal. "Du bist ja schon fast ein Jungwolf!" Es war die Übertreibung des Jahres - ich war lange weg gewesen aber nicht SO lange. Doch ich wusste was junge Wölfe gerne hörten. Mein nächster Blick galt Enya und Kasai, wobei ich besonders letztere lange ansah, bevor ich zu Sinner sah, der hinter uns auftauchte. Ich hatte den Rüden kaum beachtet dort draußen. "Oh Sinner, tut mir Leid für meine Ignoranz", entschuldigte ich mich auf der Stelle und sah Angesprochenen schuldbewusst an. Dann sah ich in die Runde. Huttser war anwesend, das war gut. Sanft schob ich den quirligen Welpen zu meinen Pfoten zur Seite und näherte mich dem grauen Wolf. Seine Verletzungen schienen gut zu verheilen. Anerkennend warf ich einen Blick auf Enya, dann wieder zu Huttser. "Huttser. Bevor ich mich mit Keyib beschäftige, würde ich mich gerne mit dir unterhalten."

Jangal:
Als Pawa seinen Kopf senkte leckte ich ihm wild über die Lefzen und mein Köpfchen an seiner Wange, bei seinen Worten musste ich kichern. Als er sich Huttser zuwandt hopste ich zu Sinner und hüpfte ich leise kläffend an. Wohl um ihn ebenso zu begrüßen. Meine Rute rotierte regelrecht. Verspielt ließ ich mich auf den Rücken fallen und streckte die Vorderpfoten nach Sinner aus.

Kasai:

Ich würde es eh nicht ändern können, dass Jangal Gin als seinen Vater sah, also schwieg ich einen Moment. Als Sinner ebenfalls wieder den Platz betrat lächelte ich ihm zu. Dann sah ich wieder zu Gin, nur um zu merken dass er mich musterte. Wieder kribbelte es unter meinem Fell und ich senkte den Blick. Ruhig setzte ich mich hin und beobachtete das Treiben auf dem Platz. Ich fühlte mich seit langem wohl, wohl und sicher.

Vorsichtig hatte ich mit dem Schwanz gewedelt als Gin und Sinner zurückgekehrt waren. Verschmitzt grinste ich Sinner zu. Ich war froh das er wieder da war, er war schließlich genau wie Treb einer meiner besten Freunde. Mein Blick ruhte auf dem fröhlich umherhopsenden Jangal der sich nun an meinem Kumpel zu schaffen machte, als Gin mich ansprach. Ich stand auf und legte die Ohren. Kla! brummte ich leise zu Gin hinüber.

Huttser leistete Folge und ich war heilfroh darüber. Der Rüde schien entspannt und sicher, ich musste also keine weitere Beruhigungsarbeit leisten. Kurz sah ich mich unentschlossen auf dem Rudelplatz um, doch dann entschied ich mich, dass das Rudel das Gespräch ruhig mitbekommen durfte. "Also", setzte ich an, während ich mich langsam auf meine Hinterläufe sinken ließ. "Du hattest eine Auseinandersetzung mit einem Wolf aus einem fremden Rudel, richtig?"

Ja... setzte ich vorsichtig an. Jedenfalls hat er gesagt das er ein Schattenwolf ist. Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. Jede von Gin's Regungen versuchte ich sofort zu analysieren, versuchte dahinter zu kommen was er darüber dachte.

Fast war ich gewillt, auf Gins Blick wie ein Schulmädchen zu Boden bescheiden zu Boden zu sehen, wie ich es früher in der Ausbildung getan hatte, wenn ich für gute Leistungen gelobt wurde. Doch ich brauchte Gins Anerkennung nicht. Ich war mir selbst bewusst, dass ich durch meine Fähigkeit unentbehrlich war.
Als es um Huttsers Kampf ging horchte ich auf und streckte sichtbar mein Ohr aus, um dann aber mich komplett dorthin umzudrehen. Sein Gesicht zeigte zumindest keine Reue. Ob Gin sie ihm beibrachte?

Ich nickte und sah dem Rüden nachdenklich entgegen. Er war vorsichtig, doch scheinbar verspürte er keinen Scham. Das hatte ich tatsächlich nicht erwartet und nun war ich überrascht. Doch ich fuhr mit meinen Worten fort: "Und was war das Motiv für den Kampf?" Natürlich hatte ich schon so halb mitbekommen, dass es wohl nur dem Frustabbau diente - etwas, was ich absolut nicht nachvollziehen konnte. Doch ich wollte es aus Huttsers Maul hören, bevor ich mein Anliegen aussprach.

Im Augenwinkel konnte ich Enya's Blicke spüren. Auch wenn ich ihr dankbar war, war sie für mich immernoch seltsam. Fast war ich ein wenig misstrauisch ihr gegenüber.
Ich schnaufte. Auch wenn du es vermutlich nicht hören willst, es ging bloß darum Druck abzulassen. Wir waren beide aufgeladen und sind einfach aneinandergeraten. Im Nachhinein war es dumm aber ich weiß einfach nicht mit diesem Schmerz klarzukommen. Mit angelegten Ohren schielte ich kurz zu den anderen, meine Stimme war leiser geworden. Ich bin zwar ein Hitzkopf, aber kein Narr, wenn ich zum Schutz der anderen gehen muss, dann zu ich das. Mein Herz wog schwer bei diesen Worten. Sie lagen wie eine Eisenkette in meinem Maul. Ich würde für jeden hier mein Leben geben Gin. Aber ich würde das selbe nie von ihnen verlangen. Das meine Worte nicht Arjuna galten musste ich ja wohl nicht ausführen.

Als ich auf dem auf den Rudelplatz kam sah ich, Gin mit Hustter unterhielt während der Rest Rudels in der Nähe der beiden Rüden aufhielt und im Gespräch lauscht. Als ich einen Fremden Wolf erblickten ging ich schnaubend weiter, und setzte mich etwas abseits der anderen mit dem Rücken zu ihm gewandt hin. Mir passt die momentan die ganze Situation nicht wirklich, zudem wusste ich nicht mal was Treb von mir hält nachdem ich ihn erklärt hatte dass ich mir selbst Wunden zufügen in gewissen Situation. Ich ich blickte zurück in die Richtung des Stiller Tümpel, und kurz darauf auf meine linken Vorderlauf. Es ist noch nicht hier und du willst es doch auch, ging mir durch den Kopf und legte meine Pfote auf die Brust.

Auch ich hatte Enyas Blicke bemerkt, doch ich sah weiterhin geradewegs zu Huttser, der sich nun reumütig gab. Mit neutraler Miene lauschte ich seinen Worten und gönnte mir, nachdem er verstummte, ein paar Sekunden Bedenkzeit. Ich legte mir die Worte im Kopf gut zurecht, ehe ich den grauen Rüden vor mir ernst ansah. "Du hast recht, sowas möchte ich tatsächlich nicht hören, Huttser", begann ich langsam und mit fester Stimme. Ich wollte dem Rüden den Ernst der Lage verklickern. "Du hättest dabei nicht nur sterben können, du hast auch das Rudel in Gefahr gebracht. Druck ablassen sollte niemals durch Blut geschehen. Das ist eine wichtige Regel. Du hättest dich unserem Rudel anvertrauen können, oder zumindest deinen Freunden. Ich denke, es gibt hier niemanden der dich von sich gestoßen hätte." Allmählich nahm meine Stimme einen sanfteren Klang an. "Aber dennoch möchte ich dich hier behalten. Du bist ein Kämpfer und auch wenn du dem Rudel noch nicht ganz dein Vertrauen schenkst, so möchte ich es dir gegenüber tun. Es wäre nicht nur ein Verlust für das Rudel, wenn du gehst, es wäre auch gefährlich für dich. Du hast dich mit einem Rudelmitglied aus einem fremden Rudel geprügelt und die Chance, dass sie zurückschlagen, liegt 50:50. Was wäre ich für ein Alpha, wenn ich dich einfach in die Wüste schicke? Versteh mich nicht falsch, du bist ein starker Wolf, aber einem ganzen Rudel wärst selbst du nicht gewachsen. Ich gebe dir die Möglichkeit, dem Rudel beizutreten. Nimmst du diesen Vorschlag an?" Meine Miene verwandelte sich nun zu einem offenen Lächeln und meine Rute begann leicht zu schwingen. Ich war noch nicht lange Alpha der Zigeunerwölfe und würde es auch nicht für immer sein. Doch dieser Moment war auch für mich ein wichtiger. Ich übernahm endgültig Verantwortung für den Zuwachs des Rudels und seine Sicherheit. Und dennoch vertraute ich dem grauen Rüden voll und ganz. In mir brodelte eine noch viel größere Idee, doch wollte ich erst abwarten, was Huttser zu meinem Vorschlag sagen würde.

Zunächst hatte ich meine trübselige Miene behalten. Natürlich war Gin nicht erfreut über meine Aktion. Das war mir doch eigentlich auch von Anfang an klar gewesen. Was hast du dir auch dabei gedacht? Doch als Gin mir dann einen Platz im Rudel anbot war ich außer mir vor Freude. Innerlich hätte ich platzen können. Freudig wedelte ich mit dem Schwanz. Aber natürlich! Natürlich möchte ich hierbleiben. Die ganze Last fiel von meinen Schultern. Tagelang hatte ich sorge meine Freunde verlassen zu müssen und nun sollte es doch anders kommen.