Ich erwiederte Blues zärtliche Geste und meinte: Dann komm´mein Herz! Das Haselnussgebüsch war nahe und dicht. Wir werden gaaanz unter uns sein, mein ganz besonderes Kaninchen! ---- So ihr Kids! Schluss mit zuschauen! FSK !
Athe: Als Blue und Jukko sich zurück zogen schob ich die Medizin zusammen und legte mich hin. Nach einem kurzen seufzer ließ ich meinen kopf auf meine Pfote sinken.
Ich brachte mein zerzaustes Fell wieder in Ordnung und verliess dann das Gebüsch. Es wurde bereits dunkel und immer noch war von den Silberwölfen nichts zu sehen. Mir gefällt das hier nicht! stellte ich fest. Man ruft keinen Heiler und lädt ihn nicht ein. Vielleicht sind die Verantwortlichen gerade nicht da - aber es könnte auch eine Falle sein! Wir werden hier unser Nachtlager aufschlagen und dann noch einen Tag warten. Wenn dann niemand kommt, werden wir gehen und dieses Rudel fortan meiden!
Auch ich schüttelte mich und blickte mich um. ich könnte die nacht wache halten. wenn wir angegriffen werden sollten weck ich euch beide. meinte ich und sah beide an.
Athe: Meinst du das es eine sein könnte? Verunsichert zuckte ich mit meinen Ohren.
Ich denke nicht, dass sie uns hier einfach so angreifen werden, sonst hätten sie es längst getan. Die Falle wäre gewesen, wenn wir gutgläubig der unbefugten Jungwölfin ins Revier gefolgt wären. Dann hätten sie uns als Eindringlinge vernichten können und dazu noch behaupten können, wir hätten die Jungwölfin verfolgt und angegriffen. Kein Wolf im Tal hätte dagegen protestiert, wenn sie den "Streunerabschaum" ausgelöscht hätten. Keine Wache! Warten wir noch einen Tag! Dennoch machte ich mir Sorgen um meine Lieben. Bisher hatte ich noch nichts Gutes von den Rudeln hier gesehen und gehört. Ich erinnerte mich: Der psychopatische Bergwolf, die verängstigte Arctica, die nicht einmal Essen annehmen wollte aus Angst vor ihrem eigenen Rudel, Juri, ein Rudelwolf, der gekämpft hatte, die Verschleierungen des Komödianten, der angeblich jeden Wolf im Tal kannte, aber nichts sagen wollte ...
Das Tal hätte ein Paradies sein sollen, können - aber nein! Ich war alt und mein Leben war billig. Aber jetzt hatte ich einen Schüler und eine Gefährtin. Beides war mir lieb und teuer! Vielleicht wäre in anderer Ort besser für uns.
Wir brauchen keine Höhle, Liebes! Das Wetter ist angenehm. Wir warten hier! Ich will endlich wirklich wissen, wie die Rudelwölfe hier sind - ob sie Ehre kennen, die alten Gesetze achten und den heiligen Frieden der Heiler - oder eben nicht! Bisher habe ich viel Bedenkliches hier gesehen und gehört, aber es ist dennoch nicht klar und eindeutig. Bevor wir zu unserer Sicherheit das Tal verlassen, will ich Gewissheit haben. Wir, der Streunerabschaum dürfen nicht zu ihnen in die heiligen Gebiete, aber diesmal haben sie uns gerufen - diese Chance müssen wir nützen, dieses Risiko müssen wir eingehen!
Müde und satt von der guten Mahlzeit und dem anschliessenden Liebesspiel legte ich mich nieder. Die Nacht brach herein und ich brauchte meinen Schlaf. Doch vorher wandte ich mich an Athe, der gut ausgeruht erschien. Schüler, wenn du möchtest habe ich eine neue Aufgabe für dich! Wenn es so ist, wie ich vermute, werden wir wohl einen festen Verband anlegen müssen. Dafür fehlt uns noch Baumrinde, am besten von Birken und Weiden! Die könntest du besorgen! Kennst du diese Bäume?
Ich nickte beifällig. Nicht jeder Wolf wusste die Bäume zu unterscheiden. Die Rinde ist sehr unterschiedlich - nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Struktur und Festigkeit. Du wirst es bemerken, wenn du sie ernten willst. Birke ist spröder - wie Bast - lässt sich aber dafür ziemlich leicht in grossen Stücken vom Baum lösen. Wir brauchen ein grosses Stück als Schiene für den Verband. Weidenrinde ist viel geschmeidiger, lässt sich aber nicht so einfach vom Stamm lösen. Man muss sie schälen,wenn man will, dass sie an einem Stück bleibt. Das könntest du üben! Du wirst es immer wieder gebrauchen können! Versuche es! Wenn dir kein langes Band aus Weidenrinde gelingt, dann ist es auch nicht schlimm! Bring´aber in jedem Fall die Buchstücke mit. Die brauchen wir!
Nachdenklich schaute ich Athe hinterher, der beflissen in den Wald rannte. Guter Junge! dachte ich. Er ist aufmerksam, fleißig und lernt schnell! Außerdem hat er gute eigene Ideen. War es am Anfang Mitleid gewesen, als ich ihm angeboten hatte, mein Schüler zu werden, um eine Überlebenschance ohne Rudel zu haben, so sah ich das nun anders. Athe war vielversprechend. Die entscheidenden und großen Prüfungen würden noch kommen, aber der Anfang war eben vielversprechend. Wenn er so weitermachte, konnte tatsächlich ein echter Heiler aus ihm werden und nicht nur ein amateurhafter Stümper, der gerade drei Heilpflanzen kannte und sich dann schon Heilerwolf nannte. Normalerweise galt es als Ehre,wenn ein namhafter Meister einen Schüler erwählte, denn die guten Heiler halfen zwar jedem, der sie brauchte, aber in der Wahl ihrer Schüler waren sie sehr eigen. Schließlich lebte ein Heiler von seinem guten Ruf. Und auch seine Schüler profitierten davon. Ich seufzte. Wie es bei uns Heilern Brauch war, hatte ich mit ihnen immer und jederzeit mein Wissen geteilt, aber ich hatte noch nie einen Schüler erwählt, denn mein Leben war zu unsteht gewesen. Doch jetzt, im Herbst meines Lebens, sollte ich vielleicht Verantwortung zeigen, damit all das Wissen nicht verloren ging, das ich auf meinen langen Reisen durch so viele Länder mühsam erworben hatte. Vor meinem geistigen Auge entstand ein Bild. Zwei Wölfe unterhielten sich. "Hast du schon gehört? Der berühmte dreibeinige Heiler soll in der Gegend sein!" - "Waaas ?? Ich dachte, der wäre nur eine Legende!" - "Doch, tatsächlich!!!" Ich schmunzelte. Athe hatte den Schwur geleistet. Ich würde ihn halten... Zufrieden schlief ich ein.
Ich pretschte durch das Gebüsch, meine Nase verriet mir wo sie waren. Heeeeiiiiler! rief ich und überwand die letzen Meter. Hechelnd blieb ich vor ihm stehen.
Ich schlief tief und fest - eine ganze Weile wohl - bis mich ein lauter Ruf weckte. Gerade hatte ich davon geträumt, wie ich zusammen mit Li - Chen - Huang durch die Berglandschaft am Ufer des gelben Flusses gestreift war und er mir das Geheimnis von Gingkko und Ginsengwurzel erklärte, als ich den Ruf vernahm: Heeeeiiiiler! Sofort war ich wach. Es war kurz vor dem Morgengrauen. Als erstes sah ich mich nach Blue und Athe um. Dann erkannte ich die Jungwölfin, die uns hierher geführt hatte. Ein grosser imposanter Rüde war in ihrer Begleitung. Ich richtete mich auf. Hier bin ich! Seid gegrüsst! Ich bin Jukko der Heiler. Das ist Blue meine Gefährtin und Athe Canoni mein Schüler! Wir wurden gerufen und warten respektvoll auf die Erlaubnis, das Revier der Silberwölfe betreten zu dürfen. Wir kommen in Frieden und ohne böse Absicht!
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
Thema drucken
16.06.2019 17:16
Antworten