Ich beobachtete genau, wie es Athe anging. Langsamer! Verschleudere nicht deine Kräfte! mahnte ich. Die richtige Technik ist wichtig und dein Gleichgewicht. Verlagere deinen Schwerpunkt und stelle deinen linken Hinterlauf viel weiter vor. Das gibt dir Stabilität! Denke an die Menschen! Sie müssen auf 2 Beinen balancieren - du hast 3.
das frag ich mich bis heute wie die Menschen das hinbekommen. überlegte ich und machte es jetzt so wie Jukko es mir geraten hatte. Ich hielt kurz inne da ich hörte wie ein Reh schrie. Dann aber machte ich weiter und hatte jetzt die wurzel ordentlich ausgebuddelt. Ein letzter Ruck an der pflanze selbst und ich hatte es geschafft.
Gut gemacht, Athe! lobte ich ihn. Hast du gemerkt, dass es so viel einfacher geht? Außerdem hast du noch deine Rute! Die kann dir sehr bei der Feineinstellung helfen. Es ist nur eine Sache der Gewöhnung und der Übung. Dann deutete ich auf die Wurzel. Und jetzt schau´dir die Wurzel an - wie eine kleine dicke Rübe, nicht? Wäre sie lang und dünn, dann hättest du Schierling erwischt - und der ist giftig. Ich sah Athe ernsthaft an. Die Patienten vertrauen uns. Da dürfen wir keine Fehler machen!
also dick ist Heilpflanze und dünn ist Giftpflanze. wiederholte ich für mich selber und sah dann Jukko an. also wär ich jetzt vergiftet wenn es Schierling gewesen wäre? Immerhin hatte ich es schon gepackt. jetzt hörte ich von einem reh einen panischen schrei der deutlich würgend klang.
Aber nein! Dafür müsstest du die Wurzel oder die Blätter schon kauen und essen, vor allem die Blätter! Nur wenige Pflanzen sind so giftig, dass sie schon Schaden machen, wenn man sie nur berührt. Und außerdem: "Dick ist Heilpflanze und dünn ist Giftpflanze" gilt nur für diese Pflanze - nicht für andere. Das ist eine Hauptschwierigkeit - Gift- und Heilpflanzen zu unterscheiden, vor allem, weil viele Pflanzen beides sind. Darum ist es für jeden Heiler wichtig, sich ganz genau auszukennen. Verstehst du das Athe?
Ich nickte zufrieden bei Athes Antwort. Diese Einsicht wird ihn lehren, genau und gründlich zu lernen. Gehen wir zurück! Ich glaube, es gibt bald etwas zu essen. ... und vergiss´nicht deine Wurzel! Ich zwinkerte ihm zu und machte mich auf zu unserem Lagerplatz.
Als wir wieder an der Reviergrenze waren, meinte ich zu Athe. Eine Wurzel ausgraben ist nicht schwer, aber weisst du, was eine echte Herausforderung ist? Einen festen Verband anlegen! Ich lächelte. Wie würdest du es angehen? Welches Material würdest du nehmen?
ich weiß es nicht. gestand ich und sah überfordert auf die Pflanzen die wir mitgenommen hatten. Aber wenn ich mich nicht irre geht das bei Brennesseln und Beinwell. fügte ich hinzu und sah Jukko fragend an.
Der Gedanke ist schon ganz gut! lobte ich ihn. Brennesseln und Beinwell haben nämlich lange und feste Fasern und damit kann man umwickeln und binden. Gut geeignet sind Hanf, Flachs, Bast und sogar die Sehnen von Beutetieren, je nachdem, was man gerade hat. Aber für einen richtig festen Verband braucht man manchmal auch eine feste Stütze und da ist Baumrinde gut geeignet - vor allem von Weide und Birke, denn diese Arten haben auch noch schmerzstillende und wundheilende Wirkung. Manchmal kann auch ein Stock als feste Schiene dienen.
Unser Medizinmann hatte immer die pazienten mit den Heilkräutern eingenebelt. Aber hab bis jetzt noch nicht rausgefunden wie er das feuer immer gemacht hatte. erzählte ich und versuchte mir es zu behalten.
Feuer ist gierig und gefährlich - so wie die meisten Menschen sind. Rauch enthält immer auch Gifte und es ist nicht gesund ihn einzuatmen. Wir Wölfe können es nicht beherrschen und das ist auch gut so! Wenn du von einem Baum die Rinde nimmst, dann heilt das wieder und der Baum wird ein anderes Mal wieder für dich da sein. Feuer tötet ihn, vielleicht sogar den ganzen Wald. Das ist schlecht.
Erschrocken nwas feuer anrichten konnte jaulte ich auf. Ich kannte nur das gezähmte Feuer und das mochte ich. das will ich nicht. die Natur ist bei uns Indianern sehr heilig. sagte ich und legte die Wurzel jetzt zu den Kräutern.
Blue: Mühsam zerrte ich das reh zu dem Ort von wo ich losgezogen war. Jukko und athe waren noch da und ich legte mich mit dem reh erschöpft dazu.
Ja, die Natur ist bei uns Heilern auch sehr heilig, sagte ich. Ich wusste ja, dass Athe sich noch immer als Sisika sah und es störte mich nicht wirklich. Es gab eine Zeit, als ich die Menschen verflucht hatte, weil sie am Tod meiner Gefährtin und meiner Welpen Schuld waren, aber ich hatte in meinem Leben viel gesehen und erlebt - gute und böse Wölfe und gute und böse Menschen. Die grosse Wolfsmutter lehrte uns Weisheit und Vergebung. Pirrko lehrte uns, dass Menschen und Wölfe Geschwister waren - schon zur Zeit, als wir noch gemeinsam das mächtige Mammut jagten. ---- Dann merkte ich auf, als Blue die Beute brachte. Oh, schau´ nur Athe! Ein Reh! Fröhlich lachend sprang ich auf und liebkoste meine sichtlich erschöpfte Gefährtin. Wie schön! Du bist ja wirklich eine grossartige Jägerin!
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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14.06.2019 20:53
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