Ok dann wollen wir mal warten sagte ich und nach einiger Zeit tauchte auch schon eine Herde Hirsche auf. Der Leithirsch Ging wie Svoboda es provezeiht hat in den Bach zum Salzleck und die anderen zu den Kräutern und dem Moos. Ich flüsterte leise zu Svoboda So, welchen Hirsch schlägst du vor sollen wir uns schnappen?
Ich konzentrierte mich und nahm intensiv Witterung auf. Es war nicht ganz einfach, die verschiedenen Beutetiere auf die Distanz zu unterscheiden und ihren Feinheiten nachzuspüren. Das dauerte ein bisschen, aber wir hatten ja Zeit! Dann kam ich zu einem Ergebnis. Also krank oder geschwächt ist keiner von denen, aber siehst du da vorne den Junghirsch mit dem halbabgescheuerten Bastgeweih? flüsterte ich zu Iki. Der ist nervös - wahrscheinlich juckt ihn der Bast und deshalb sind seine Nerven nicht die besten. Ich schätze er wird sich bei einer Flucht zu schnell verausgaben, vor allem natürlich, weil er jung und unerfahren ist, aber auch, weil er genervt und ist und nicht geduldig und überlegt sein wird, nicht so wie die anderen. Das ist zwar nur ein kleiner Vorteil, aber wir können ihn nützen. Wenn wir ihn schnell verwunden, wird er Panik kriegen und alle Kraft in ein schnelles Entkommen legen. Aber wir - wir bleiben ihm auf den Fersen, nicht wahr, Iki? Mmmmh! Iki soll seinen Triumph bekommen! Wir sind beide schnell, aber ich weiß am besten, wie man ihn in die richtige Richtung treibt. Deshalb schlage ich vor, du kommst von der Seite und verjagst die anderen Hirsche nach rechts und ich nehme unsere Beute ins Visier, versuche sie zu verwunden und treibe sie nach links. Wenn der Junghirsch allein ist, wird er unsicher und das macht seine Panik größer -vor allem wenn er verwundet ist. Ich bleibe dran an ihm, du schlägst einen Bogen, wenn du die anderen weggejagt hast und da hinten, bei den Felsen, kommen wir wieder zusammen. Dann ist er müde, wir zu zweit und wer näher dran ist, beißt ihm die Beinsehnen durch. Und dann - Sei bereit für den Todesbiss! Das musst du lernen, Iki! Entweder du wählst den Biss ins Genick oder in die Kehle. Machen wir es so, Kumpel ? Ich lächelte Iki an. Der Angriff sollte gleichzeitig sein - in etwa, das heißt, du lenkst mit deinem Angriff von links nach rechts die Aufmerksamkeit auf dich, während ich gezielt unsere Beute nach links treibe. Hast du den Rest der Herde vertrieben, schlägst du einen Bogen zu den Felsen. das ist kein großer Bogen. Ich werde den Junghirsch aber in einem großen Bogen treiben, so daß er seine Kraft vergeudet. Bei den Felsen sehen wir dann weiter, wer einen guten Biss anbringen kann. Er wird uns nicht entkommen! Lächelnd sah ich Iki an.
Ich wartete auf einen günstigen Moment. Der kam schnell. Der Leithirsch hatte wohl genug von der Salzlecke und jetzt kamen die erfahrenen Kühe an die Reihe. Alle Sinne der Hirsche waren darauf konzentriert und ich flüsterte zu Iki: Jetzt! Als ich sah, wie sich der weisse Rüde in Bewegung setzte, schoß ich wie ein Falke nach vorne und verpasste dem Junghirsch sofort eine klaffende Wunde im Oberschenkel. Ich hätte ihn auch leicht im ersten Anlauf töten können, aber dann hätte Iki nichts gelernt und die Jagd wäre schon zu Ende. Also hetzte ich ihn nach links, dorthin, wo das Ufer steiler wurde und er in seiner Panik all Kraft aufbringen musste, um es zu erklimmen. Dabei gelang es mir noch, ihm zwei eher harmlose Bisse in den anderen Oberschenkel zu verpassen. Noch bemerkte er in seiner Panik weder den Schmerz noch die Schwächung und so hetzte ich ihn nach allen Regeln der Gunst in einem weiten Bogen zu den Felsen-dorthin, wo ihn Iki erwartete.
Ich sprintete auf die Herde los und trieb sie nach rechts. Dann zog ich sofort meinen Bogen nach links und rannte zum Stein wo genau als ich ankam mir der Hirsch über denn Weg lief was ich gleich nutzt um mit einem gezielten Sprung nach vorne eine seiner Beinsehnen zu zerbeißen.
Es klappte alles wie am Schnürchen. Der junge Hirsch wusste gar nicht wie ihm geschah. Locker jagte ich ihn zu den Felsen und er war tatsächlich schon reichlich matt, als er dort ankam. Da schoß Iki hervor und biss ihm blitzschnell die Beinsehnen durch. Ich jubilierte. Nun töte ihn auch, mein Freund! sagte ich zu Iki. Lass´ihn nicht leiden. Es ist dein Vorrecht und dir gebührt die Leber der Jagd. Ich sagte es angemessen feierlich, grinste aber dann doch Iki an und freute mich für ihn, dass er es so gut gemacht hatte.
Ich sprang so wie Svobodas es sagte dem Hirsch an denn Hals und biss ihm die Kehle durch um sein Leid zu beenden. Nun stand ich da und war Stolz meinen ersten Hirsch erlegt zu haben und sagte fröhlich Svoboda ich habs geschafft, ich hab meinen ersten Hirsch erlegt.
Das hast du, Iki Hirschtöter! Du hast es gut gemacht! Das ist toll! Ausgelassen, weil mich auch der Triumph meines Freundes so freute, tanzte ich um ihn herum. Siehst du, es war gar nicht so schwer! Gute Planung ist alles! Dann hielt ich an und meinte ernsthaft. Wir haben ein Leben genommen - das Leben des Hirsches. Wir hatten das Recht des Jägers, aber gerade deshalb ehren wir auch die Beute. Nach altem Glauben sitzt die Seele der Beute in der Leber. Es ist eine ganz besondere Kraft. Dir gebührt die Ehre, sie zu essen. Damit ehrst du die Beute und es ist auch deine Ehre. Es ist ein uralter Brauch!
Oh grosse Wolfsmutter! Er hat ja wirklich überhaaupt keine Ahnung! Ich unterdrückte ein Kichern und riß die Beute fachmännisch auf. Dann förderte ich die Eingeweide zutage - mmh! - wie lecker die dufteten! Und dann auch die blutige Leber - endlich - die ich Iki vor die Schnauze legte. DAS ist die Leber! meinte ich nachdrücklich und damit auch kein Zweifel bestand.
Ok Danke sagte ich und begann dann auch schon die Leber zu essen. Sie schmeckte sehr gut Die schmeckt aber lecker sagte ich und aß sie dann komplett auf.
So ist es recht, Iki! lobte ich ihn. Die Leber ist tatsächlich voll lecker und deshalb mag sie jeder und deshalb gehört sie dem besten Jäger! Es ist uralte Tradition. Nicht einmal der autoritärste Anführer würde für sich die Leber einfordern, die ein anderer Jäger verdient hat. Im Rudel gilt für gewöhnlich, daß nach der Rangfolge gegessen wird, aber auch wenn der Anführer beginnt, läßt er doch die Leber demjenigen, der die Beute getötet hat. Daann räusperte ich mich kurz, denn das nächste Thema dazu war ein bisschen heikel. Der Jäger, der Beutetöter hat das volle Recht auf die Leber, aber er kann es auch abtreten, die Leber jemandem anderen schenken - zum Beispiel um ihm zu danken oder ihn zu ehren, aber eine Handlung ist etwas ganz Besonderes. Wenn er die Leber teilt mit einem anderen Wolf, denn DAS bedeutet soviel, wie lebenslange Verbundenheit. E ist ein heiliger Schwur und weh dem, der ihn bricht. Eine Leber geteilt- das heißt ein Leben geteilt! So etwas sollte kein Wolf leichtfertig machen, verstehst du Iki? Dann zwinkerte ich ihm zu. Darf ich jetzt auch ein bisschen von DEINER Beute naschen, Iki?
Natürlich darfst du von der Beute essen sagte ich und erschrickte schon fast das sie mich sowas übehaupt fragte. Aber mal so ne Frage zu dem was die Leber teilen angeht. Heißt das dass wenn man die Leber mit einem anderen Wolf teilt dass man ihm sozusagen damit fragt ob er der Gefährte von einem sein will?
So ist es, mein Schlaukopf! Aber es ist noch mehr[b], es ist wie Blutsverwandtschaft. Gefährten können auseinandergehen - aber der Bund der Leber bleibt, verstehst du? Man kann ihn nicht rückgängig machen. Ich seuftzte. Es gab schon Gefährtenschaften, die die Leber geteilt hatten und dann dennoch irgendwann und irgendwie zerbrochen sind, aber das ist sehr tragisch und alle leiden darunter bis zum Ende ihres Lebens. Deshalb sei achtsam, mein lieber Freund, wann und wem du diesen Bund anbietest, denn er bindet euch fürwahr mit allen Kräften des Schicksals. Dann stürzte auch mich mich auf die Beute und vertilgte eine Menge der noch warmen und schmackhaften Eingeweide - eine echte Köstlichkeit. Schließlich hatte ich auch schon eine Weile nichts mehr gegessen und meinen Fasan abgetreten. Ich leckte mir das Maul und die Lefzen, rülpste gut gelaunt und meinte dann zu Iki: Wenn du willst iss´noch einen Happen - und dann schaffen wir DEINE Beute zurück zum Rudelplatz. Ich stöhnte leicht. Das wird ein ganz schöner Kraftakt werden.
Ich nahm noch ein paar bissen von der Beute und sagte dann So, ich wäre so weit satt. Das kann jetzt ein Stück arbeit werden das die Berge hoch zu kriegen
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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11.07.2018 17:57
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