> Zigeuner Rudelplatz

Ich lief über die leicht bewachsene Ebene und sagte nichts. Nur ab und zu schaute ich mich um, ob Runa mir noch folgte. Davon abgesehen konzentrierte ich mich nur auf die Suche. Ich hatte die seltene Pflanze hier doch irgendwo vor kurzem gesehen.
Da erstreckte sich der violett bedeckte Stiel der Küchenschelle. "Hilf mir, Gras auszurupfen, wir dürfen den Duft der Pflanze nicht einatmen und müssen sie gut verpacken", wies ich meine Begleiterin an, bevor ich selbst meine Schnauze zur Arbeit nahm.

Ich kam vom Gebirge her, lief ein Stück durch einen Wald und fand dann die Ebene.
Der Frühlingswind spielte mit dem Gras.
Überall roch es nach Wölfen.
War das schon das Paradies, das ich suchte?

Der Wind, welcher mir beim Rennen entgegen geweht hatte, hatte mein Fell fast trocken geföhnt. In einem leichten Trab näherte ich mich dem Rand der Ebene und sah zu der Wisentherde. Ich erinnerte mich mit Stolz daran, dass ich es war, die das Wisent ausgesucht hatte, welches das Rudel gemeinsam erlegt hatte. Doch spürte ich auch die Trauer und Argwohn gegen diesen Ort. Hier war es gewesen, wo ich gegen den Vielfraß gekämpft hatte. Ich ließ mich auf die Hinterpfoten sinken und schloss die Augen. Ich erinnerte mich an die Fähe, welche mir hatte danach hatte helfen wollen. Doch ich war zu vorsichtig, zu argwöhnisch gegenüber Fremden, als dass ich mir hätte helfen lassen. Casanova war es, welcher mich später im Wald gefunden und nach Hause gebracht hatte. Nach Hause..
Die Erinnerung an meine Familie kehrte zurück, an meine leibliche Mutter, welche mich stets voller Liebe behandelt hatte. Egal wie sehr mich die anderen gepiesackt hatten. Sie hatte mich sogar vor meinen Halbgeschwistern beschützt, wenn diese mich zu arg gezwackt hatten. Ich versank einen Moment in Gedanken, mit geschlossenen Augen und nahm niemanden um mich herum wahr.

Ich wanderte über die Ebene und prüfte die verschiedenen Düfte, die mir meine Nase zutrug.
Da bemerkte ich eine junge dunkele Fähe, die irgendwie verträumt oder abwesend wirkte. Sie hing wohl ihren eigenen Gedanken nach.
Ich wollte sie nicht stören. Bestimmt dachte sie gerade über etwas sehr Bedeutendes nach. Allerdings war ich auch neugierig und ich hatte bisher noch keinen direkten Kontakt zu den Wölfen hier im Tal gehabt.
Ob ich überhaupt hier richtig war?
Nun, ich hatte Geduld. Ich beschloss einfach in angemessener Entfernung zu warten, wenn oder ob die Fähe mich bemerken wollte.
Ich setzte mich also. Meine alten Knochen konnten ohnehin eine Rast vertragen.

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, in welcher ich in der Vergangenheit ruhte. Ich sah schließlich auf, ließ meinen Blick Richtung Berge gleiten. Dorthin wo ich Shizukani das erste Mal begegnet war. Während ich meinen Blick weiter schweifen ließ blieb dieser schließlich an einem anderen Wolf hängen. Ich konnte auf die Entfernung nicht beurteilen ob es ein Rüde oder eine Fähe war. Doch ich merkte dass der fremde Wolf mich musterte, ja auf etwas zu warten schien. Das machte mich nervös und mein Nackenfell sträubte sich. Ha..hallo.. Entfuhr es mir schließlich leise und ich legte verunsichert die Ohren an.

Nach einer Weile bemerkte mich die Fähe.
Sie wurde nervös, sprach mich aber an.
Hallo, junge Dame! antwortete ich.
Darf ich ein paar Worte mit Euch wechseln? Ich bin fremd hier.
Dann fügte ich hinzu:
Ich bin keine Bedrohung für Euch - nur ein alter Rüde.

Ich zögerte merklich, nickte dann jedoch. Der Wind zeugte davon, dass der Geruch des fremden Rüden keinen Rudelgeruch mit sich brachte. Also war er wohl einer jenen Wölfe die frei durch das Tal stromerten. Darum bemüht entspannt zu bleiben, oder mich zumindest ein wenig zu beruhigen setzte ich einen freundlichen Blick auf. Willkommen im Tal der 5 Rudel..

Erfreut wedelte ich mit der Rute, als ich diese Worte vernahm.
Das Tal der 5 Rudel! Ich hatte es also tatsächlich gefunden!
Langsam näherte ich mich der Fähe und blieb dabei in unterwürfiger Haltung. Ich wollte nicht, dass sie wegen meiner Größe Angst bekam.
Es ist also wahr! Es gibt diesen legendären Ort tatsächlich! Das Paradies der Wölfe! Den Ort, wo alle Wölfe in Frieden miteinander leben, wie man mir erzählt hat.

Ich legte den Kopf etwas schief, als der Rüde derart unterwürfig näher heran kam. Ich war doch kein hochrangiger Wolf!
Bei seinen Worten schüttelte ich den Kopf Es mag wie ein Paradies scheinen, doch in Wahrheit schwillt der Hass zwischen den Rudeln. Jedes Rudel versucht mehr Macht zu erlangen. Als Frieden würde ich das nebeneinander her leben wahrlich nicht bezeichnen. Eher mehr..als eine trügliche Ruhe vor dem Sturm..

Bei diesen Worten blickte ich bekümmert zu Boden.
So ist es hier auch nicht anders, als anderswo, meinte ich mit leiser Stimme enttäuscht.
Überall gibt es Hass und Mißgunst.
Ich hatte zu gerne geglaubt, dass hier anders sein könnte.
Ich hätte es besser wissen müssen.

Ich seufzte Es..es war einige Zeit hier wirklich wie ein Paradies. Doch durch...einige Ereignisse ist der Hass zwischen den Rudeln mehr aufgelodert. Man bemüht sich zwar, außerhalb der Reviergrenzen weiterhin höflich miteinander um zu gehen. Doch es gibt einige, die sich nicht an die Grenzen der Rudel halten und dadurch die Unruhe nur noch mehr schüren. Erklärte ich dann unsicher. Es war sicher nicht meine Absicht den fremden direkt aus dem Tal zu vergraulen.

Ah, ich verstehe! Also war doch nicht alles falsch, was ich gehört habe.
Immerhin ist ein geregelter Waffenstillstand noch viel besser als ein offener Krieg.
5 Rudel in einem Gebiet - und dann noch Wanderer dazu! Schon ein brüchiger Frieden war da wohl ein Erfolg.
Dann hob ich meinen Kopf ein wenig und lächelte die Fähe an.
Ich bin übrigens Jukko, stellte ich mich vor.

Ich zuckte mit den Ohren und seufzte innerlich Ja ein trügerischer Frieden..wobei ich Schuld daran trage, dass das Silberrudel gegen uns ist.. Ich hob meinen Kopf, nicht stolz aber entschlossen. Mein Name ist Saikko, Heilerin des Bergrudels. Erwiderte ich die Vorstellung.