Der Rüde mit dem Schwarz weißen Fell lächelte mir zu, ich lächelte zurück. Neigte meinen Kopf als Zeichen, dass ich nicht einfach nur lauschte sondern respektvoll Abstand hielt. Das knurren des grauen Wolfs Rolf nahm ich hin, quittierte es mit einem kurzen nicken. Ich hatte gehört, dass er es schwer hatte mit Fremden. Auch wenn ich mich nicht fremd fühlte so musste ich mich doch erinnern, dass ich es für die anderen dennoch war. Meine Aufmerksamkeit glitt zurück zu dem Mittelpunkt meiner Welt und ihre Körpersprache gefiel mir ganz und gar nicht. Ich kannte ihre Stärke und ich würde sie niemals unterschätzen, aber sie sah so klein und einsam aus, dass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. Ich trat zu ihr, hielt einen kleinen Abstand ein, wartete bis sie mich ansah um ihr mit meinem Blick zu sagen, dass ich da war wenn sie meine Nähe brauchte. Dann wartete ich ab wie ein weiterer mit Schnee bedeckte Felsblock auf der Anhöhe des Gipfels.

Ich drückt meinen Kopf gegen Mayestril, während ich mit nur leicht in meinen Augen sichtbaren Misstrauen, das war an meinem leisen Knurren wesentlich deutlicher zu bemerken, Azzuan beobachtete, der sich der schweigenden Lyvianne näherte.

Lyvianne nickte, aber ich mochte ihr nicht recht glauben, dass sie wirklich in Ordnung war, auch wenn sie nickte. Ich legte etwas den Kopf schief und sah dann Azzuan zu, wie dieser sich unserer Gruppe näherte, speziell unserer Alpha. Auch ich schwieg nun und beobachtete nur.

Meine Ohren stellten sich kurz vor Verwunderung auf, als sie sich gegen mich warf. Aber mein Körper blieb standhaft und mein weiches, dichtes Fell schien die zierliche Wölfin beinah aufzunehmen, so fest drückte sie sich gegen mich. Ihre Trauer brach mir das Herz und ich wünschte mir nichts sehnlicher als ihr all den Schmerz und die Last abzunehmen. Aber das ging nicht und mir blieb nichts anderes übrig, als ihr beizustehen und bei ihr zu sein. Mein Kopf senkte sich wie von selbst auf ihren Nacken, meine flauschige Rute lag um ihren Rücken, als würde ich die Welt von ihr fern halten wollen. Schh, unendlich sanft kamen leise Geräusche des Trostes aus meiner Kehle, während meine Wange über ihr Fell strich. Auch wenn ich den Hintergrund nicht ganz verstand, das Gespräch dahinter nicht gehört hatte, wusste ich worüber sie sprach. Ich sah die Gräber, ich hatte ihren Blick gesehen, die Schuld und den Schock über etwas das ich vorher nicht verstanden hatte. Jetzt wusste ich wieso sie sich so fühlte, sie war die Alpha Wölfin und sie hatte die Namen ihrer Toten nicht mehr gewusst.
Alles wird gut, schhh. Es hat nichts damit zutun, dass du sie nicht genug geliebt hast. Es bedeutet das gegenteil, du hast sie so sehr geliebt, dass du ihre Namen vergessen musstest um weiter machen zu können. Du hast alles getan um dein Rudel zu beschützen, du bist so stark auch wenn es sich jetzt nicht so anfühlt. Dafür bin ich hier, ich geb dir meine Kraft. Meine Stimme war sanft, dunkel und weich. Einen Moment war es still doch dann begann ich leise zu summen, eine beruhigende Melodie. Ein Lied dessen Text von Helden und Stärke sang, aber auch von verlust und Liebe. Doch ich sang nicht die Worte, sondern benutzte die Vibration in meiner Brust und die sanften Töne um ihr Herz zu wärmen.

Lyvianne warf sich an Azzuan, der begann die weinende Fähe zu beruhigen. Ich schloss müde die Augen und lehnte mein ganzes, nicht besonders großes, Gewicht an Mayestrils Seite. Ich gestattete mir nicht über Lyvianne zu urteilen, nicht über ihre Reaktion, nicht darüber, dass sie einen großen Teil der Wölfe vergessen hatte, die hier begraben lagen. Es stand mir nicht zu zu urteilen. Es stand mir niemals zu.

Lyvianne sprang Azzuan förmlich an, der begann ihr gut zuzureden, da sie begann zu schluchzen und schließlich sogar für sie summte. Rolfs zusätzliches Gewicht war an meiner Seite kaum zu spüren, er war so leicht, so abgemagert, dass es fast keinen Unterschied machte wie sehr er sich an mich lehnte. Ich seufzte kaum hörbar und drückte meine Schnauze auf seinen Kopf. Ich verstand nicht wie Lyvianne unsere Toten hatte vergessen können und ich fand auch nicht, dass Azzuans Worte wahr waren, allerdings hatte er mit einem recht, Vergessen konnte eine Wohltat sein, das hatte sich bei Rolf auch schon gezeigt. Er hatte Cantarella und sogar unseren Sohn Taolan vergessen. Ich hatte ihn nie aufgeklärt und ich berehte es auch nicht geschwiegen zu haben, nicht einmal, dass mein Schweigen bedeutet hatte den Jungwolf dem wir uns angenommen hatten zu verstoßen, denn für mich standen Rolf und sein Wohl über allem.

Zuerst wimmerte lyvianne immer noch, doch je länger ich summte, umso ruhiger wurde sie. Erleichtert atmete ich durch, ließ meine Muskeln sich entspannen. Ich hatte nicht gemerkt wie angespannt ich war, bis die Sorge um sie nachlies. Bitteschön, mein Herz. Flüsterte Ich leise und ließ sie wiederstrebend los. Aufmerksam verfolger ich was sie tat, es musste schrecklich sein sich so zu fühlen. Mein Blick wanderte zu den beiden anderen die mit uns auf dem Plateau standen, doch ich konnte ihren Ausdruck nicht deuten. Sie wirkten beide verschlossen. Gerne hätte ich ein richtiges Lied gesungen, doch der Zeitpunkt war nicht passend. Deshalb schwieg ich und blieb weiter auf der selben Stelle stehen.

Schließlich löste Lyvianne sich wieder von Azzuan und machte ein lautes Versprechen an die Toten, dass sie sie nie wieder vergessen würde. Ich stand auch für mich selbst sehr plötzlich auf und ging leise und langsam davon. Ich war erschöpft, aber ich hatte das Gefühl es hier oben nicht mehr aushalten zu können. Meine eigenen Schuldgefühle und dazu noch Lyviannes Leid drückte zu schwer auf mich, es fühlte sich an als würde ich gleich ersticken.
(Rudelplatz)

Lyvianne löste sich schließlich von Azzuan und versprach den Toten sie nie wieder zu vergessen, was durchaus eine sehr löbliche Sache war, auch wenn meine Ohren immer noch etwas verwirrt über die ganze Sache hin und her zuckten. Sie legten sich allerdings gleich ganz an, als Rolf einfach aufstand und ging, leise und unauffällig, wie es eben seine Art war, aber da er zuvor noch gegen mich gelehnt hatte fiel mir das natürlich trotzdem deutlich auf. Rolf? Meine leise Frage bekam keine Antwort und ich seufzte leise, ich zog meine Rute ein und sah meinem Gefährten sorgenvoll nach.

Rolf stand auf und ging, doch sein Gefährte blieb sitzen. Da ich lyvianne nicht helfen konnte in dem Moment, beschloss ich mit ihm zu sprechen. Ist alles in Ordnung? , fragte ich also leise und freundlich, als ich langsam zu ihm trat und mich wieder setzte.
Er hatte bis jetzt immer eine angenehme Ausstrahlung gehabt, auch wenn ich noch nicht viel mit den beiden gesprochen hatte. Besonders nicht mit Rolf, wenn er mich nichtmehr anknurrte wäre das wohl schonmal ein Vorteil.

Azzuan kam zu mir und ich sah von der Srelle an der Rolf verschwunden war weg und zu meinen Pfoten hinunter. Ganz ehrlich? Es ist nie alles in Ordnung. Lyvianne kam auch dazu und ich gab mir die größte Mühe sie beruhigend anzulächeln, auch wenn es mir schwer fiel. Keine Sorge, es lag sicher nicht an dir. Ich schwieg kurz, ehe ich doch noch mit etwas Unsicherheit in der Stimme weiter sprach. Auch wenn ich nicht genau weiß was es dieses mal war. Ich schüttelte den Kopf und versuchte die Ohren wieder aufzustellen, auch wenn sie sich sogleich wieder zurück legten. Ist schon okay Lyv, es geht dir im Moment nicht gut, das kann ich verstehen.

Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, hörte ich dem schwarz weißen Wolf zu und versuchte mir ein Bild zu machen. Ein Bild von dem Leben, dass sie hier führten. Von den Wölfen die sie waren. Wenn es dir nicht zu persönlich ist, warum hat er solche Schwierigkeiten? . Fragte ich ruhig, wenn er nicht antworten wollte, würde ich das selbstverständlich verstehen. Doch es interessierte mich sehr, ich wollte jeden Wolf dieses Rudels kennen lernen. Meines Rudels, verbesserte ich mich mental selbst und spürte Wärme durch meinen Körper fließen. Lyvianne kam zu uns, sie wirkte immer noch durch den Wind. Ein kurzer Blick zu ihr, ein Moment Sorge der über mein Gesicht wanderte. Doch sie fing sich selbst, es war wichtig, dass sie das tat. So sehr ich auch helfen wollte, es würde sie nur von mir weg treiben. Dazu war sie eine zu starke Wölfin, ob sie es wusste oder nicht. Meine Aufmerksamkeit ging zurück zu Gunther, doch ein Ohr stand in Richtung der weißen Wölfin. Nur zur Sicherheit.