Er blickte etwas schmerzerfüllt, als er eine falsche bewegung machte.
Ist wirklich alles gut mit dir? , hackte ich nochmal nach.

Schulter tut ein bisschen weh, geht aber schon...

Wie soll man von der Müdigkeit keine Ahnung haben?
Doch ich mischte mich lieber nicht in ihrem Gespräch ein und verhielt mich diesem Thema gegenüber leise.
Wenn es zu doll weh tut helf ich dir gerne bis zu deinem Rudel.. wenn du eins hast.., bat ich ihm an.

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Lyvianne, während ein dunkler Schatten über meine Augen huschte und meine Ohren einmal kurz zuckten, nachdem sie fertig gesprochen hatte. Ein raues Knurren bahnte sich seinen Weg nach draußen, und ich machte nichts, um es zurückzuhalten. In null komma nichts schwankte meine Stimmung von freundlich über in eiskalt, so rasant, dass man, wenn man mich so sah, nie daran gedacht hätte, dass ich mich zuvor so komplett anders verhalten hatte.
Nein. Ich hab absolut keine Ahnung von Wölfen, wie auch? Meine Wolfseltern haben mich schließlich gleich nach meiner Geburt ausgesetzt und wenn es diese Menschen nicht gegeben hätte, wäre ich an bodenlosem Hunger gestorben oder aber auch kläglich erfroren." Meine Stimme klang ruhig und war eher leise, jedoch schwang ein arktisch eisiger Unterton in ihnen mit und mein Nackenhaar hatte sich aufgestellt. Ich schaubte einmal verächtlich und mein nun auch noch spöttischer Blick durchdrang Lyviannes Augen regelrecht, bevor ich weitersprach.
"Und ab da an ist mir jeder Wolf aus dem Weg gegangen und hat mich gemieden aufgrund des menschlichen Geruches an mir, ohne dass ich mich überhaupt irgendwie erklären konnte. Natürlich die Menschen waren freundlich zu mir, aber verstanden haben sie mich nicht. Das hat nie jemand, da es nie jemanden gab! Du kannst dir diese Einsamkeit gar nicht vorstellen...wie sehr ich mich danach gesehnt hab, dass irgendwer, egal wer mich versteht!
Ich schüttelte den Kopf und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus, als ich an all diese Momente zurückdachte, an denen ich glaubte, dass ich vor Einsamkeit und Verlorenheit sterben müsse. Dann musterte ich sie mit unverhohlener Abscheu, bevor ich vor ihr ausspuckte und mich zum Gehen wandte. Noch einmal wandte ich mich zu ihr um.
Und weißt du was? Euch Wölfe will ich gar nicht verstehen und kennen lernen erst Recht nicht! Ist es nicht erbärmlich, dass ich mir mein ganzes Leben so jemanden wie euch gewünscht hab?! Das 'euch' spuckte ich schon beinahe aus und noch immer ruhte eine unberechenbare Eiseskälte in meiner Stimme.
Hah!, noch einmal bedachte ich sie mit einem abschätzigen Blick, bevor ich mich entgültig umwandte und mich in Bewegung setzte, nur mehr weg wollte von diesem Wolfspack.

EINEN GRUND?! Was für Schwachsinn, eine lächerliche Ausrede ist das, nicht mehr! Wer, der noch ganz bei Verstand ist, lässt schon sein Neugeborenes ohne jeglichen Schutz im Frühschnee zurück, außer sie wollen es nicht!
Angewidert über meine Wolfseltern schüttelte ich mich und ignorierte Lyviannes zweiten Ausruf. Stattdessen beschleunigte ich nun nur noch mehr und jagte zickzackbiegend zwischen den Bäumen hindurch. Mittlerweile waren mir mein Hunger, sowie meine verletzte Schulter gleichgültig, obgleich sie bei jedem zweiten Schritt blitzartige Schmerzen verursachte.

Mit einem Ruck blieb ich stehen und atmete zischend vor Schmerz ein, da meine Schulter nun wirklich scheißweh tat und sich dieser brennende, intensive Schmerz von meiner Schulter langsam auf meinen ganzen Körper übeging. Ich zitterte leicht und atmete heftig, ohen das kontrollieren zu können.
Verletzt?!
Bitter lachte ich auf, drehte mich jedoch nicht zu Lyvianne um, sondern sah stur weiter gerade aus.
Keine Sorge, du hast mich nicht verletzt! Das hab ich schön selbst getan, mit meiner dämlichen Hoffnung, mich in der Gesellschaft von Wölfen geborgener und wohler zu fühlen. Du hast mir nur die grausame Wirklichkeit vorgehalten! Ich müsste mich wahrscheinlich eher dafür bei dir bedanken, ansonsten hätte ich weiter diese naiven Gedanken gehegt, das alles irgendwann doch gut ausgehen würde!
Gequält starrte ich auf den Baum vor mir, als könne er mich so von all diesem Leiden befreien. Was natürlich totaler Schwachsinn war...

Langsam drehte ich mich um und blickte Lyvianne einfach nur ausdruckslos an. Dann seufzte ich und neigte einmal kurz den Kopf. Noch immer atmete ich schwer und leicht gehackt, das Zittern beruhigte sich nun jedoch langsam wieder.
Das mit dem Rudel kann ich mir nicht wirklich vorstellen, hatte ja nie eines, aber es tut mir leid für dich, da dir das anscheinend ja sehr viel bedeutete...
Die Entschuldigung ließ ich einfach unter den Tisch fallen und mein Gesicht blieb weiterhin emotionslos. Ich wusste nicht warum, aber dieses ständige Entschuldigen ging mir einfach tierisch auf die Nerven.

Hab ich das vorhin denn nicht schon längst klar gemacht? fragte ich sie mit leicht gereiztem Unterton und blickte sie grimmig an.
Was soll diese unnötige Frage?!

Ob Rudel kann ich dir nach wie vor nicht beantworten. Und wirklich als Familie kann ich sie nicht bezeichnen, da sie mich nie wirklich verstanden, auch wenn sie sich sehr um mich gesorgt haben..
Der Schmerz meiner Schulter pulste mittlerweile durch meinen gesamten Körper und ich wusste nicht, ob deshalb oder wegen meiner psychischen Erschöpfung, aber meine Beine zitterten kurz und gaben dann aufeinmal unter mir nach und ich nahm nur mehr ganz am Rande wahr, wie ich auf den Boden aufprallte, bevor ich in eine traumlose Schwärze glitt.

(bin für heute dann off :D)