Ich sah zu Mama bei ihrer Erklärung und der anschließenden Frage. Nachdenklich legte ich mich nieder, meinen Blick wieder auf die verletzte Ricke legend. Mhh. Ich weiß nicht genau. Vielleicht da die Verletzten und Kranken die Herde oder das Rudel schwächen, in welchem sie leben? Wand ich mich dann Mama zu, nun sichtlich gespannt ob meine geflüsterte Vermutung richtig war.

Ein wenig selbstzufrieden nickte ich. Ja, weil wir die Ordnung aufrecht erhalten. Dank uns bleibt die Natur im Gleichgewicht. Kurz nahm ich noch einen Luftzug, nur zur Sicherheit. Und weißt Du wieso noch? Ich wartete seine Antwort gar nicht ab. Weil schwache Tiere für uns eine kleinere Verletzungsgefahr sind. Kranke, alte und schwache schlagen nicht so gefährlich aus oder nehmen einen auf die Hörner.
Mein Gesicht war bei der Erklärung ernst geworden. Gerade bei den größeren Beutetieren konnten behufte Tritte ein großes Risiko darstellen.
Was würdest Du tun wenn es eine Maus wäre? Wie würdest du sie jagen?

Wieder lauschte ich Mama sichtbar aufmerksam und erinnerte mich dann an meine erste Mausjagt. Mhh..also die erste Maus die ich gefangen habe..habe ich gefangen weil ich auf den Wind geachtet habe. Am Anfang ist sie immer weg gerannt, bis ich merkte, dass wenn sie mich nicht riechen kann, dass sie nicht alarmiert weg rennt. erklärte ich dann ernst Und ich bin ganz leise heran geschlichen, bis ich nah genug war um auf sie zu springen, so dass ich sie nicht so lang jagen musste. Zuvor ist sie immer so schnell weg gerannt und ich bin schnell außer Atem gekommen. Aber auf die Weise konnte ich sie fangen. Meine Augen leuchteten sichtlich, als ich von meinem ersten Jagderfolg erzählte.

Nickend höre ich Nimble bei seiner Erklärung zu.
Ja, so machst Du es bei Mäusen. Aber Rehe sind größer, zäher, machen Sprünge über drei oder mehr Wolfslängen. In der ganzen Zeit vergewisserte ich mich immer wieder ob die Beute noch an Ort und Stelle verweilte.
Rehe bemerken dich eher. Sie springen auf und rennen los. Deswegen hetzen wir Rehe, sie haben viel weniger Ausdauer als wir. Irgendwann werden sie müde, dann ist es am sichersten zuzupacken. Ich dachte zurück an meine letzte Jagd mit Naron. Wo zum Teufel war der Arsch nur abgeblieben?!
Und deswegen jagen wir im Rudel, in Paaren oder Gruppen, wir können sie einkreisen, und beim treiben abwechseln, zeitgleich von mehreren Stellen zugreifen.
Ich witterte noch einmal in der Luft.
Wir müssen uns beeilen, sonst ziehen sie weiter, wenn die Stelle abgegrast ist.
Der Wind stand noch günstig, so nickte ich Nimble aufmunternd zu.
Du leitest diese Jagd.

Mit gespitzten Ohren hörte ich Mama zu. Ich war wirklich froh, dass sie mir das Ganze erklärte. Als sie meinte, dass ich die Jagd leiten würde, sah ich jedoch recht überrascht drein. Ich musste nun schnell entscheiden wie wir vor gingen. Halb erhob ich mich Wir machen es so..sie würden mich aufgrund meines Fells sicher eh schnell bemerken. Bleib du immer in den Büschen, welche den Geruch von dir von ihnen weg treiben. Ich werde einen Bogen schlagen und dann das verletzte Tier auf dich zutreiben. Ich warf Mama einen Blick zu, ob sie mit dem Plan einverstanden war.

Ziemlich stolz grinste ich vor mich hin, dann nickte ich Nimble zur Bestätigung zu, selbst wenn wir nichts fangen würden, wäre es eine Lehreinheit für ihn.
Der Wind hatte sich noch nicht gedreht und so schlich ich im Dickicht los.

Ich sah Mama einen Moment nach wie sie in den Büschen verschwand, ehe ich in die anderen Richtung ging und mich in einem weiten Bogen um die kleine Herde schlich. Ich achtete darauf auf keinerlei Zweige oder Blätter zu treten, welche mich zu früh verraten könnten. Schließlich gelang es mir mich in einer Linie mit der verletzten Ricke zu bringen. Ich bewegte mich geduckt auf die Herde zu - wobei der Wind meinen Geruch noch nicht verriet. Erst kurz bevor ich auf die kleine Lichtung trat hob der Bock seinen Kopf und schnaubte warnend. Sofort hoben die Ricken ihre Köpfe und begannen davon zu stoben. Ich begann nun zu rennen, schnappte nach den Flanken des einen oder anderen Tieres - jedoch nur um diese von der verletzten Ricke zu drängen, welche sich einen Moment wirklich in Mamas Richtung bewegte, ehe das Reh einen Haken schlug Nein, verdammt.. Knurrend wirbelte ich herum und jagte hinterher, lief dicht heran und versuchte durch schnappen nach der Ricke diese wieder in die richtige Richtung zu scheuchen. Allerdings ließ ich dabei den Bock außer acht, welcher trotz allem natürlich seine Ricke schützen wollte. Im nächsten Moment spürte ich wie mich etwas hart zu Boden stieß und jaulte vor Schmerz auf, da etwas an meinem Rücken riss. Knurrend raffte ich mich jedoch wieder auf Mama schnapp dir die Ricke! Damit stellte ich mich breitbeinig und mit gefletschten Zähnen dem Bock gegenüber, nicht wirklich darauf achtend wie stark mein Rücken blutete. Gerade wollte ich diese Jagd einfach nur zum Erfolg bringen.

Es ging alles wahnsinnig schnell, viel zu schnell als das ich es wirklich wissentlich realisiert hatte. Eher instinktiv handelten meine Beine, mein Kopf, meine Zähne. Trotz Hakenschlagens konnte ich die Ricke an einem Bein erwischen. Das Tier stürzte zu Boden, ich überschlug mich mit ihr. Der dumpfe Aufprall auf den Rücken lies alle Luft aus meiner Lunge entweichen, aber mein Kiefer blieb geschlossen wie ein Schraubstock.
Das Tier versuchte aufzustehen, sobald ich meinen Biss löste, doch mit dem verletzten Bein war das Schicksal des Rehs besiegelt. Ich rappelte mich auf und setzte sofort nach, packte das Tier an der Kehle, riss es abermals auf den Boden. Die Beine der Ricke zappelten wild in der Luft, bis sie schlagartig damit aufhörten. Ich spürte das Leben zwischen meinen Zähnen entweichen. Als ich sicher war, dass es das war, öffnete ich meinen Kiefer und sah mich nach Nimble um.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Mama meinem Ruf folgte und sich auf die Ricke stürzte. Doch mir blieb keine Zeit sie zu beobachten und zu lernen. Denn der Bock galllopierte - wohl auch aufgrund der panischen Laute welche die Ricke von sich gab - nun in Mamas Richtung. Oh nein! Das wirst du nicht! Mit gefletschten Zähnen sprang ich vor den Bock, hob meinen Vorderkörper und schlug so fest ich konnte mit den Vorderpfoten gegen die Kehle des Bocks - nicht um ihn zu töten sondern zu verschrecken. Tatsächlich erschrak der Bock und sprang zurück, nur um mit gesenktem Kopf seine Hörner in meine Richtung zu stoßen und einen wütenden, gröllenden Laut von sich zu geben. Ich wich gerade so aus und stellte mich erneut breitbeinig hin und plüschte mein Fell auf - als auch dass ich mich so groß wie möglich machte. Meine Absicht war, den Bock davon abzuhalten zu Mama zu gelangen - ihn einzuschüchtern, was mir wohl auch gelang. Wobei es sicherlich auch daran lag, dass die Laute der Ricke verstummt waren. Der Bock sah mit erhobenem Kopf in Mamas Richtung und schnaubte kurz - ja wirkte fast frustriert, so wie er einen Moment mit dem Huf auf den Boden schlug. Doch dann wand sich der Bock ab und trabte davon, um seine verbliebene Herde einzusammeln. Ich entspannte mich erst, als klar war dass ich keine erneute Attacke des Bocks zu befürchten hatte. Hechelnd ließ ich mich auf den Po plumpsen. Noch immer schoss Adrenalin durch meine Adern und ließ mich nur schwer zur Ruhe kommen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit ließ das Adrenalin nach, wodurch nun aber der Schmerz an meinem Rücken nun mehr als deutlich durchdrang und mich aufjaulen ließ. Autsch..verdammt..

Hechelnd war ich neben dem Riss auf den Boden gesunken. Nimble's aufjaulen sorgte dafür, dass ich die Ohren anlegte und aufsprang. Mit wenigen ausladenden Schritten war ich bei ihm. Der Geruch des Blutes an meiner Schnauze hatte alles andere überdeckt.
Du blutest! Erschrocken zuckte ich zusammen, leckte vorsichtig über seinen Rücken. Er hat dich verletzt. Ich war wütend, nicht auf Nimble, aber auf mich. Vielleicht hatte ich ihm zu viel zugetraut und das war nun meine Schuld.
Wir gehen zurück zum Rudelplatz. Das muss angeschaut und behandelt werden.

Ich zuckte zusammen, als Mama mir über den Rücken leckte. Meine Wunde war nicht groß, aber tief, weshalb sie auch so stark blutete. Es ist okay Mama..ich war unvorsichtig.. Ich ließ nur einen Moment die Ohren hängen, ehe ich mit der Rute wedelte Aber..der Bock hat wirklich Angst vor mir gehabt! Stolz schwang hörbar in meiner Stimme mit, ehe mir etwas bewusst wurde Ich wünschte Papa hätte es sehen können..ob er wohl stolz gewesen wäre? Warum nur musste ich wieder einen derart deprimierenden Gedanken haben? Ich schüttelte den Kopf und stand dann auf, möglichst meinen Rücken nicht zu sehr bewegend, da es weh tat. Lass uns die Beute zum Platz bringen! Bestimmt freuen sich alle etwas zu fressen zu haben.. Damit leckte ich Mama über den Fang, bevor ich zu der Ricke trat um zu sehen wie wir diese zurück bringen könnten.

Ich seufzte, mir machte es Sorgen, dass Nimble verletzt war. Ich trage das, schone dich! Damit packte ich das tote Tier, hob es so gut wie möglich an und schliff es Richtung Rudelplatz.

(Rudelplatz Schattenwölfe)

Ich schnaubte und wollte sagen dass es mir gut ging und ich es tragen konnte, doch Mama ergriff die Beute schon und zog diese mit sich. Dabei wollte ich dem Rudel doch stolz meine erste richtige Beute zeigen.. murmelte ich vor mich hin, ehe ich ihr mit hängender Rute und angelegten Ohren folgte.

--> Rudelplatz Schattenwölfe