Schon beinahe ehrfürchtig betrat ich den Fichtenwald und lief zu der Stelle an der ich den toten Körper meines Bruders liegen gelassen hatte. Ich sah mich um und lief an den Fichten vorbei, bis ich versteckt im Schatten einer Fichte einen Stein fand, welcher mit Blut verschmiert war. Ich blieb sofort stehen und schluckte den Kloß im Hals herunter, dann trat ich näher dran und blieb schließlich davor stehen. Erst stand ich einfach nur so da, wusste nicht was ich tun sollte, doch dann wollte ich mir einfach das von der Seele reden, was mich schon die ganze Zeit über belastet hatte. "Weißt du... Im Grunde hast du nicht einmal dieses Grab verdient. Du bist ein furchtbarer Wolf gewesen. Als ich damals auf der Lichtung aufwachte und schließlich zu Roger und Freya kam, habe ich mir die ganze Zeit über die Schuld gegeben. Ich hatte keine Erinnerungen mehr an meine leibliche Familie und habe mir allerlei Szenarien ausgemalt was passiert sein konnte. In Roger und Freya fand ich eine Familie, auch wenn wir nicht das selbe Blut teilten. Ich kümmerte mich mit um ihre Welpen und meine Schuldgefühle gegenüber meiner verlorenen Familie verblassten. Aber dann kam der Tag", Tränen traten mir bei der Erinnerung in die Augen, "wo Menschen unser Rudel töteten und Freya schickte mich weg. Sie und Roger hatten sich vor mich geworfen als ein Mensch auf mich schoss. Ich lief weg, ich hatte auch nichts mehr für die anderen tun können. Wieder tauchten die Schuldgefühle auf, ich konnte nicht einmal meine Ziehfamilie beschützen, scheinbar brachte ich über alle Leid und das hat mich kaputt gemacht. Erst als Marek mich fand und in sein Rudel aufnahm, erlaubte ich mir neue Hoffnungen zu schöpfen. Das Rudel wuchs und ich wurde schließlich auch Mareks Gefährtin. Und dann kam Dalton und entführte mich und alles schien in die Brüche zu gehen. Ich wollte nicht zu euch, zu einer Familie die mir nichts als Schmerzen antat, ich wollte zurück zu Marek, zu meinem Rudel, die Wölfe die für mich mittlerweile die einzige Familie sind. Ich habe einen Sohn, ich liebe ihn und würde ihn für nichts auf der Welt aufgeben. Genauso wenig wie mein Rudel, wovon ich jeden einzelnen Wolf ins Herz geschlossen habe. Ich habe eine Aufgabe, eine Verantwortung. Als Alpha, als Mutter, als Gefährtin und als Freundin. Und auch von dir habe ich mir das nicht zerstören lassen, denn ich hatte wirklich Angst du würdest mir meine Familie kaputt machen. Doch jetzt brauche ich keine Angst mehr zu haben", ich schluchzte, doch lächelte dabei. Ich hatte wirklich Glück am Ende gehabt und eine Last fiel von mir als ich mich endlich ausgesprochen hatte. Ich legte den Kopf in den Nacken und stieß ein Heulen aus. Ich brach aber nach kurzer Zeit wieder ab und sah noch einmal auf das Grab, ehe ich mich langsam auf den Weg nach Hause machte.
Hastig betrat ich den Fichtenwald und lief an den Bäumen vorbei bis ich schließlich Bibernellen fand. Eigentlich waren sie ja hauptsächlich für Erkältungen gedacht, aber sie halfen zum Beispiel auch bei einer Bronchitis oder bei Asthma. Ich riss davon etwas aus und machte mich dann auf die Suche nach der Teufelskralle. Ich lief immer tiefer und tiefer in den Wald hinein und mittlerweile war ich der Auffassung das es schon ganz schön gruselig sein konnte. Glücklicherweise hatte man als Wolf in der Dunkelheit trotzdem eine ganz gute Sicht. Schließlich fand ich bei dem Fuß einer Fichte eine Teufelskralle und buddelte sie vorsichtig aus. Ich hob sie mit den Vorderzähnen hoch und rannte mit den gesammelten Kräutern zurück zu Basta.
Ich rannte an den umherstehenden und umgefallenen Fichten vorbei, extra weit entfernt von Chris Grab. Pell musste das nicht unbedingt sehen. Ich sprang über einen Stein und blieb nach einigen Metern mit leicht wedelnder Rute und einem breiten Grinsen stehen. Wie lange ich noch schneller bin als er?, fragte ich mich während ich auf ihn wartete.
Aus der Entfernung könnte ich Paps auf mich warten sehen. Rasch holte ich auf und blieb dann neben ihm stehen, während ich mich neugierig umsah. Dann blickte ich wieder zu Papa und zog eine leicht schmollende Schnute. Das war ein unfairer Wettkampf, Paps. Ich hatte gar keine Zeit zu reagieren. Hmpfh. Trotzdem grinste ich ihn gleich darauf wieder freudig an und meine Rute schlug erwartungsvoll hin und her.
Ich lachte. Aktion und Reaktion, Kleiner. Das musst du lernen, erwiderte ich und stieß meine Schulter gegen seine. Aber jetzt zu dem Gebiet. Das hier ist der Fichtenwald, hier kann man gut Jagen aber pass auf, ab und an verirren sich Menschen hier her. Denen musst du unbedingt aus dem Weg gehen, hörst du?, sagte ich ernst und sah ihn eindringlich an, ich wollte dass er verstand und sich daran hielt.
Aktion und Reaktion? Stimmt wohl, Paps hat Recht. Gut, das ist etwas, das ich wohl die nächste Zeit trainieren werde. Bei seinen nächsten Worten sah blickte ich ihn schweigend an und hörte aufmerksam zu. Als er geendet hatte, nickte ich einmal bestimmt, um zu zeigen, dass ich verstanden hatte. Jupp. Gutes Gebiet zum Jagen, eingeprägt. Mich von den Menschen fernhalten, eingeprägt. Ich grinste Papa stolz an, wackelte einmal mit den Ohren und wollte gerade fragen, ob wir zum nächsten Gebiet übergehen konnten, als ich innehielt und leicht verwirrt die Stirn kräuselte. Ich hatte zwar schon ein wenig von den sogenannten Menschen gehört, aber...was genau waren die eigentlich? Und wie erkannte ich die? Bisher war ich ja noch nie welchen begegnet. Aber Papa...? Was genau sind Menschen eigentlich? Und wie kann ich die erkennen? fasste ich meine gedanklichen Fragen auch gleich in Worte und sah Papa mit verwirrtem Blick an, während ich mich einmal leicht verlegen an der Schnauze kratzte.
(sorry war essen ^^'' Muss auch gleich off, ist es ok wenn wir morgen weiter schreiben?)
Zufrieden, dass er meinen Rat befolgen würde, nickte ich. Nun, du wirst sie erkennen wenn du sie siehst. Sie sehen seltsam aus, ganz anders als alles was du je zuvor gesehen hast. Ich zeige dir mal einen bei Zeiten.
(Geht klar. Sollen die beiden dann einfach im Fichtenwald übernachten?)
Okay...jetzt war ich erst so richtig neugierig. Versprochen? Fragend sah ich ihn an, musste danach gähnen und ließ mich auf den erdigen Boden nieder, bevor ich dann auch schon nach ein paar Minuten einschlief.
Versprochen, erwiderte ich und legte mich zu ihm. Ob das wirklich so eine gute Idee war? Jetzt ist es eh zu spät, Nalani wird sich freuen.., mit diesem Gedanken und unwohlen Gefühl im Bauch platzierte ich meinen Kopf auf Pells Rücken und schlief ein.
Ich hob meinen Kopf und gähnte einmal ausgiebig. Pell schien noch zu schlafen, weshalb ich ebenfalls liegen blieb, meinen Kopf wieder auf seinen Rücken legend und vor mich hin dösend.
Ich gähnte und öffnete dann noch verschlafen die Augen, bevor ich mich ein wenig umsah. Zuerst wusste ich für einen Moment nicht, wo ich mich befand, bis ich Paps neben mir liegen sah. Stimmt. Er zeigt mir ja das Revier. Und er hat versprochen, mir einen Menschen zu zeigen. Bei dem Gedanken wedelte ich freudig mit der Rute, blickte Papa an und überlegte, ob ich ihn aufwecken sollte.
Der Geruch der Fichten brannte sich regelrecht in meine Nase ein und ich musste lächeln. Abwartend sah ich zu Nala und wartete bis sie mich eingeholt hatte.
Als ich neben ihn zum stehen kam und mich umschaute. Das erste was mir sofort auffiel war der Geruch der Fichten, dann die Schönheit dieses Waldes. Der Wald schaut so verträumt schön aus. Ich hatte keine Ahnung aber ich fand das Wort passte.
"Ja, das finde ich auch", stimmte ich ihr zu. "Hier kannst du gut jagen, wenn du Hunger hast", erklärte ich. "Komm weiter. Es gibt noch viel zu sehen!"
Wolfsrudel - Das Leben der fünf Rudel
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16.10.2016 20:16
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