Ich lächelte, ich war froh das er seine Meinung geändert hatte. Zwar wollte ich ihm erst widersprechen, bei seinem Satz: 'Bei allem was er getan hat', aber ich lies es direkt bleiben, da mir bewusst war, dass es nichts bringen würde eine Diskussion über dieses Thema los zu treten. Darum fixierte ich mich auf seine Frage, die er am Ende stellte und dachte nach. "Naja wenn er sich wirklich den Posten zurück holt, wird sich generell etwas ändern. Ich weiß auch noch gar nicht ob Emfan von Tytans Rückkehr weiß, er wird sicher nicht begeistert sein wenn er das erfährt. Und wenn Tytan es wirklich schafft seinen alten Posten wieder zu besteigen noch weniger", ich hielt wieder inne, da ich die Worte mit Bedacht wählen wollte. "Wenn Tytan wirklich wieder der Alpha des Zigeunerrudels wird, werde ich ihn bitten sich trotzdem von unserem Revier fernzuhalten. Man kann sich vielleicht darauf einigen, dass er einen Wolf aus seinem Rudel zu uns schickt, wenn er etwas möchte und andersherum genauso. Aber ich wüsste nicht was wir voneinander wollen sollten, wenn er sich mit Kito treffen will, können sie das entweder in dem Revier des Zigeunerrudels machen oder in den Freien Gebieten. Und wenn sich das Zigeunerrudel mit dem Schattenrudel anlegt, halten wir uns da am besten ganz raus. Aber direkt verbieten können wir es ihm nicht, wir sollten nichts tun, was möglicherweise einen Krieg verursachen könnte", endete ich.

Emfan wird nach ihm trachten, erwiderte ich mit leicht bitteren Unterton. Sollte er unser Revier betreten oder meiner Familie in irgendeiner Weise zu nahe kommen, werde ich höchst persönlich dafür sorgen, dass er es nicht ein zweites mal machen wird. Egal ob Alpha oder nicht, er hat sich an Luna verdammte Grenzen zu halten!, ich knurrte den Boden an und hatte die Ohren aufgestellt, blieb ansonsten aber Rey gegenüber unterwürfig.

"Wenn er deiner Familie zu nahe kommt, kann ich nicht eingreifen, dann ist es deine Sache was du tust. Was das mit unserem Revier betrifft..." Ich schüttelte den Kopf. "Ganz ehrlich? Mit dem Problem soll sich Marek auseinandersetzen. Er soll entscheiden wie wir verfahren, wenn Tytan unser Revier betritt nachdem er ein Alpha geworden ist. Wenn es überhaupt dazu kommt, dass er seinen ehemaligen Posten zurück bekommt." Ich grummelte vor mich hin. Ich muss immerhin nicht jedes Problem auf der Stelle lösen. "Diesbezüglich werde ich noch mit Marek reden oder wenn du möchtest kannst du das Thema auch bei ihm ansprechen. Immerhin ist dieses Thema für dich am gravierendsten", ich legte den Kopf leicht schief und sah ihn fragend an, als mir auffiel das er immer noch so geduckt da stand. "Du kannst dich übrigens wieder aufrichten Kolja, du verrenkst dir sonst noch was."

Wir werden sehen.., auf ihre "bitte" hin richtete ich mich etwas auf und ging langsam auf Rey zu. Nachdem ich unseren kurzen Abstand überwunden hatte, legte ich meinen Kopf gegen ihre Brust. Mit nach hinten gedrehten Ohren stand ich eine Weile so da, bis ich den Mut hatte weiter zu reden. Ich möchte dir eine Frage stellen. Und ich möchte, dass du so ehrlich und rücksichtslos bist wie es nur geht. Sag es freiheraus, ich habe dich darum gebeten und werde dir deshalb keines deiner Wörter übel nehmen oder gegen dich verwenden, auch wenn es vielleicht verletzend ist, okay? Ich atmete einmal tief durch und schloss die Augen, meine Stirn und Gesicht tiefer in das Brustfell der Alphawölfin grabend. Glaubst du an Tytans Unschuld? Wenn ja, warum?

Ich nickte auf seine Bitte hin und beobachtete ihn als er seinen Kopf an meine Brust schmiegte. Auf seine Bitte hin nickte ich, denn ich konnte ihm das einfach nicht abschlagen, da ich merkte wie wichtig ihm das war. Als er mir dann aber seine Frage stellte, musste ich recht lange überlegen. Im Allgemeinen gab es keine Fakten die ich vorlegen konnte, ich hatte damals an Tytans Unschuld geglaubt, weil... "Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Als das alles gerade passiert war, habe ich fest an Tytans Unschuld geglaubt, weil wir sehr enge Freunde waren und ich einfach nicht an das Böse in ihm glauben wollte. Für mich war Emfan der Böse, die Schattenwölfe waren immer die Bösen für mich, seid ich in das Rudel kam und meine Meinung hat sich damals nur darüber verstärkt, als Emfan dich und mich damals angegriffen hat", erzählte ich und machte eine kurze Pause, damit er die Worte verdauen konnte. "Ich habe irgendwie nie einen Grund darin gesehen wieso Tytan Daemon umbringen sollte, auch wenn Daemon zu dem Zeitpunkt ein Schattenwolf war, war er trotzdem ein Silberwolf gewesen. Und mittlerweile... Mittlerweile habe ich keine Ahnung", gestand ich ehrlich. "Für mich sind die Schattenwölfe einfach nicht mehr nur die Bösen. Weißt du noch als ich die Alphaversammlung geleitet habe? Emfan war so ziemlich der einzige Wolf, der sich respektvoll mir gegenüber verhalten hat. Er hat meinen Sohn aus der Höhle getragen, ich kann einfach nicht mehr nur das Böse in ihm sehen. Doch genauso wenig kann ich auch nicht einfach nur das Böse in Tytan sehen. Ich habe gesehen wie wichtig Kito ihm ist, wie wichtig sie ihm immer war, so etwas kann er nicht ganz vortäuschen." Seufzend lies ich den Kopf sinken und legte meine Schnauze auf seinen Nacken. "Ich möchte mit dem ganzen einfach nur abschließen, ich hatte die Hoffnung das alles vorbei sein würde. Doch jetzt wo er wieder da ist, wird das ganze Thema wieder aufgerollt. Ich gebe weder Tytan, noch den Schattenwölfen die volle Schuld, für mich ist das Thema abgeschlossen." Mir fiel noch etwas ein. "Ich habe sein Grab übrigens vorhin wieder hergerichtet."

Ich hatte ihr aufmerksam zugehört. Ich verstand nun vieles mehr als zuvor und es fühlte sich so an als würde ein kleiner Teil einer großen Last von mir genommen werden. Das atmen fühlte sich etwas leichter an. Ich danke dir, meinte ich mit kratziger Stimme. Für deine Worte und, dass du das Grab gepflegt hast. Ich will nun auch mit dir ehrlich sein. Ich weiß nicht mehr was ich glauben soll. Ich bin immer noch der Überzeugung, dass Tytan es war, doch so langsam bröckelt alles. Ich stand von Anfang an allein mit dieser Ansicht da, bis auf die Schattenwölfe. Immer mehr Wölfe hatten dagegen gehalten und umso mehr ich darüber nachdenke, umso mehr kommen mir Zweifel und umso mehr bekomme ich.., ich zögerte kurz, ..Angst. Angst, dass ich die ganze Zeit dem falschen hinter her trachte. Aber was noch viel schlimmer ist.. Ich habe Angst, dass Emfan mich belogen hat.. Ich mein, warum sollte er das tun? Wir sind Freunde, zumindest sagt er das. Warum sollte er mich belügen, Rey? Warum sollte er es nicht tun? Meine Stimme Zitterte und ich merkte wie es mein ganzer Körper so langsam tat. Die Unsicherheit übermannte mich und ich zog erneut meine Rute ein.

"Hey, ganz ruhig", sagte ich leise, drückte mich noch etwas mehr an ihn und fing an ihm über das Nackenfell zu schlecken, bis ein Stück über den Rücken, so weit ich halt kam. Ich wollte ihn irgendwie beruhigen und machte das ein paar mal hintereinander, wobei ich darüber nachdachte was ich ihm sagen sollte. Seine Worten brachten auch mir ein wenig Klarheit, ich verstand ihn endlich etwas besser, was ich früher nie gekonnt hatte. "Ich weiß es nicht. Nehmen wir für einen kurzen Moment mal an er wäre es theoretisch gewesen. Also Emfan. Hätte er Daemon umgebracht und es wäre rausgekommen, was hätten wir mit ihm und seinem Rudel angestellt? Krieg wäre ausgebrochen zwischen den Schatten- und Silberwölfen. Außerdem wollte er die Zigeunerwölfe los werden, wer wäre perfekter für eine Beschuldigung gewesen als Tytan? Vielleicht hatte er die Hoffnung ein Bündnis mit uns durch dich eingehen zu können und wir hätten gemeinsam die Zigeunerwölfe verjagt. Doch... trotz dessen das wir damals und jetzt keinen Krieg oder besonderen Streit mit den Schattenwölfen hatten, glaube ich nicht das die Schattenwölfe uns mögen. Vorallem Emfan nicht. Immerhin hat es damals schlimmen Krieg gegeben, ich glaube weder Marek, noch Emfan konnten dies je ganz begraben. Darum haben wir auch von vorneherein eine Abneigung gegen die Schattenwölfe gehabt und andersherum war es sicherlich genauso. Aus diesem Grund ist es anzuzweifeln ob Emfan wirklich ein Bündnis mit uns eingegangen wäre... Auch wenn es einen Silberwolf gibt mit dem er befreundet ist, hebt das nicht die Abneigung gegen ein ganzes Rudel oder den Alpha davon auf. Es gibt so viel was dafür spricht und so viel was dagegen spricht." Ich hatte meine Schnauze wieder auf seinen Nacken gelegt. "Ich würde dir so gerne eine klare Antwort geben Kolja. Doch fürchte ich das wir niemals Gewissheit erlangen werden. Und wenn doch, dann wird sie sehr schmerzhaft sein."

Ihre Geste beruhigte mich etwas, doch dafür wühlten mich ihre Worte wieder auf. Jedes ihrer Wörter machte Sinn, so wie sie es immer taten, doch wollte ich es einfach nicht wahr haben, konnte es nicht. Emfan nannte mich seinen Freund und behandelte mich auch so, sicher, er hatte mir mal das Bein gebrochen und mich insgesamt übel zugerichtet, doch Rey wollte ich auch angreifen als wir uns das erste mal begegnet sind und jetzt standen wir hier, sie die Alphafähe, welche sich um mich kümmerte wie eine Schwester, fast schon wie eine Mutter, und ich, der Betawolf, welcher nur Unheil über sie brachte. Und doch war sie für mich da, wenn ich sie brauchte, was ich ihr hoch anrechnete und auch immer wieder erwidern würde. Ich atmete noch einmal tief ein und stoß die Luft in einem tiefen seufzen aus. Ich hob vorsichtig meinen Kopf und schmiegte ihn an ihrem. Viel schmerzhafter kann es kaum werden. Ich danke dir, trotzdem.

"Und wenn doch, dann bist du nicht alleine. Du hast eine goldige Familie, die für dich da ist, du hast Marek, du hast mich. Wir werden dich niemals alleine lassen", ich drückte ebenfalls meinen Kopf an seinen und war froh das er sich mir anvertraute. Es war also doch eine gute Idee gewesen hierhin zu verschwinden, vielleicht hatte Kolja das den Anreiz gegeben sich ein wenig zu öffnen.

Ich weiß, murmelte ich. Mein Körper entspannte sich langsam und ich spürte wie eine gewaltige Last von mir abfiel. Ich kann dir nicht genug danken, Rey, um meinen Worten noch mehr nachdruck zu geben, schleckte ich sanft ihre Wange. Ich löste mich von ihr und ging ein, zwei Schritte zurück. Ich lächelte meine Alpha leicht an, ich konnte mir niemanden besseres für diese Position vorstellen. Sollen wir zurück oder hast du noch etwas zu bereden?

Meine Rute fing an zu wedeln, als er mir dankte und meine Wange abschleckte. Glücklich grinste ich den Betawolf an und war einfach nur froh, wie sich das hier entwickelt hatte, dass wir nicht wieder gestritten hatten und er sich mir sogar anvertraut hatte. "Ich habe nichts mehr, wir sollten zurückgehen", entgegnete ich, überbrückte nochmal den Abstand zwischen uns und drückte meinen Kopf an seinen. "Dann lass uns mal los", ich lief an ihm vorbei zu der Grenze die den Wald vom Rudelplatz trennte und überquerte sie anschließend.

=> Rudelplatz der Silberwölfe

Ich folgte ihr.

-> Rudelplatz Silvers

Langsam betrat ich den Wald und hielt die Schnauze in die Luft, doch konnte ich keine frischen Gerüche vernehmen. Gut. Ich tapste durch die Bäume und lief Richtung Grenze zu den Freien Gebieten. Ich muss das regeln. Egal ob ich will oder nicht. Solange Marek nicht aufwacht, muss ich was unternehmen.

=> Wäldchen

Vorsichtig hüpfte ich zwischen den Bäumen hindurch und sah mich interessiert um. Wow!, quietschte ich vergnügt und sah mich fasziniert um. Ob Papa das jeden Tag sehen durfte? Witternd lief ich zu einem Stein, der mit Moos bedeckt war und inspizierte jedes noch so kleine Wasserkügelchen darauf. Ganz nah ging ich mit der Nase dort ran und berührte es schon fast, als mich etwas zwickte. Überrascht zuckte ich zurück und quietschte vor Schreck. Huch! Doch schnell hatte ich mich wieder gefangen und schaute nach, was mich da gezwickt hatte. Was bist du denn? Gebannt beobachtete ich das kleine schwarze Etwas, wie es über das Moos krabbelte.

Meine Pfoten trugen mich an den Fichten vorbei welche in zahlreicher Anzahl hier in den Himmel ragten. Soweit kann sie doch nicht sein! Bilder von Daemon blitzten vor meinem geistigen Auge auf, wie sein lebloser Körper bei uns auf dem Rudelplatz lag. Kurz darauf die selben Bilder, nur dass es diesmal sich um Ekki handelte. Mein Herz pochte mir bis zum Hals als ich die stetig wachsende Panik versuchte hinunter zu schlucken. Was wenn ihr wirklich etwas passiert ist? Wie sollte ich das Nalani beibringen? Wie sollte ich das je verarbeiten? Ich schluckte schwer und holte erneut tief Luft. EKKI!, schrie ich erneut, weiter durch den Wald preschend. nicht lange und ich sah sie, meine kleine Tochter, unversehrt und lebendig. Ich rannte weiter auf sie zu, bremste kurz vor ihr und stürzte mich regelrecht auf sie. Ich rieb meinen Kopf an ihrem und vergrub meine Nase in ihrem vergleichsweise kurzem Fell. Mach das nie weider.., murmelte ich sanft und leise mit belegter Stimme.