Wie dumm von mir, dass ich mein Einspringen als selbstverständlich verkauft habe. Ja, für mich war es selbstverständlich, aber sowas sollte man nicht an die große Glocke hängen. Sonst denken alle ich bin stets bereit bei jedem Scheiß mitzuhelfen. Diesmal rügte ich mich selbst, schwieg aber zu dem Thema und erwiderte ihr Grinsen nur mit einer hochgezogenen Augenbraue. Wenn mein Anstand so offensichtlich war, wieso frage sie mich dann, warum ich noch hier war?
Immerhin bedankte sie sich jetzt mal. Enya hatte mir schon einen Gefallen zugesichert und Huttser hatte sich auch bedankt.
"Das stimmt wohl," sagte ich und zögerte kurz. Mir lag ein weiterer, kritisierender Kommentar über ihre hohe Unfallrate auf der Zunge, doch etwas bewegte mich dazu ihn herunterzuschlucken. Nein, nicht wirklich. Ich formulierte den Gedanken nur etwas um: "Du kannst deine Dankbarkeit zeigen, indem du meine Mühen nicht wieder zunichte machst. Achte in Zukunft einfach mehr auf dein Leben."

Ich schnaufte amüsiert. Hatte sie nicht eben noch selbst zugestimmt, dass ich Anstand hatte? "Okay. Steh auf und zeig mir, dass du nicht nur hilflos hier herumliegen musst, wenn dann doch etwas passiert. Dann gehe ich." Es war klar, dass sie das noch nicht konnte. Das Blut war gerade mal geronnen. Ob ich jetzt wartete bis die Heilerin wieder auftauchte, oder nicht, macht jetzt keinen besonders großen Unterschied mehr. Vielleicht sollte ich einfach selbst das Wasser holen. Das Wasser war nicht so weit entfernt.

Mit einem sanften Rutewedeln erreichte ich den Rudelplatz. Die Zeit mit Kasai war mir noch immer im Gedächtnis. Ich würde es Kasai gegenüber natürlich nie zugeben, doch Zeit meines Lebens war sie die erste Fähe, der ich so nahe gekommen war. Mein Blick umschweifte wie gewohnt einmal den Rudelplatz. Alles okay - warte, was? Sofort fuhr mein Augenmerk zurück - auf einen fremden Rüden, den ich zuvor weder gewittert, noch gesehen hatte. Ein leises Grollen ließ meine Kehle vibrieren und ich runzelte die Stirn. Der Rüde schien ausgelassen, tollte mit Runa herum. Ich näherte mich den beiden mit deutlich dominanter Haltung und hocherhobener Rute. Meine Augen fixierten den Fremden und ich wusste nicht so richtig wie ich mich verhalten sollte. Dies war ein Fremder. Und ich kannte ihn nicht. Was zur Hölle machte er hier?

Runas Zungerausstrecken war mir zuwider, doch für den Tag hatte ich mich definitiv genug aufgeregt. Das kindische Getue ignorierte ich also geflissentlich und nickte zustimmend. "Versprich nichts, was du nicht halten kannst." Das konnte ich mir nicht verkneifen. Versprechen nahm ich äußerst ernst.
Ich hatte gerade anbieten wollen ihr ein wenig Wasser zu bringen, da nahm ich die Schritte mehrere Wölfe wahr.
Zuerst ging ich davon aus, dass Enya und der Jungwolf mit dem Beta wiederkommen würden, doch stattdessen tauchte ein hellbrauner Rüde neben zwei Fähen auf. Als er uns erblickte änderte sich seine Körpersprache blitzschnell. Ah, der Alpha. Ich war ein Fremder und hielt mich hier ohne sein Wissen auf. Da war es nur logisch, dass er seine Dominanz demonstrierte. Trotzdem ließ ich mich von dem Knurren und der erhobenen Rute nicht aus der Ruhe bringen. Respektvoll erhob ich mich, zeigte aber keinerlei Zeichen der Unterwerfung. Weder war das meine Art, noch war ich hier unerlaubt eingedrungen. Zumindest mit guten Grund.
Mir fiel auf, dass ich vorher gar nicht nach dem Rudelanführer gefragt oder jemand ihn erwähnt hatte, doch das war nicht weiter schlimm. Ich war durchaus gespannt was das für ein Kerl war, nachdem ich mir noch nicht ganz sicher über die Kompetenz meiner bisherigen Bekanntschaften war.
"Hallo, mein Name ist Cato. Ich habe Runa hergebracht, nachdem sie sich verletzt hatte, und habe ein Auge auf sie bis Enya mit dem Wasser wieder kommt, dass sie am Fluss holt," erklärte ich kurz und prägnant. Dann fiel mir ein, dass dieser kleine Wolf, dessen Namen ich schon wieder vergessen hatte, angeblich noch nie außerhalb des Reviers gewesen war. Bevor jemand durchdrehen konnte, weil er fehlte, stellte ich das also auch noch klar: "Sie hat den Jungwolf mitgenommen."

Kasai:

Mit fröhlichen Bewegungen war ich Gin gefolgt und fast in ihn hinein gerannt, als er mit einem Mal stehen blieb und zu knurren begann. Ich warf einen Blick an ihm vorbei und knurrte dann meinerseits als ich den fremden Rüden neben einer verletzten Runa sah. Ich hörte zwar, was beide sagten, dennoch gefiel es mir nicht, das Runa mit einem Fremden allein hier war. Wo war Huttser? Oder Treb und Arjuna? Das Enya Jangal mitgenommen hatte nahm ich nicht übel, er war ohnehin störrisch was es anging auf dem Rudelplatz zu bleiben. Ich warf Gin einen Seitenblick zu. Er war der Alpha, also würde ich seiner Meinung folgen.

Ich blieb neben den beiden stehen und betrachtet den Platz. Wirklich schön hier. Ich beobachtet die angespannte Situation und blieb ruhig.

Wir kamen wieder an und bei Runas Krankenbett hatten Gin und Kasai Cato angedrängt. Verständlich, wenn auch nicht nötig. Ich schritt dazwischen, wodurch ich wohl beiden Seiten ordentlich die Sicht verdeckte. "Es ist alles in Ordnung. Huttser hat ihn eingeladen, als Dank", erklärte ich knapp und beobachtete Gins Reaktion.

Ich hatte den Kopf weit nach oben halte müssen, damit mir das nasse Moos nicht aus dem Fang fiel. Mein Nacken schmerzte davon etwas, doch das machte nichts. Wir erreichten den Rudelplatz, wobei Enya eindeutig schneller war als ich. Ich entdeckte Mama und Papa, welche Cato anknurrten. Verwirrt legte ich einen Moment den Kopf schief, wobei ich fast das Moos verloren hätte. Rasch lief ich weiter und legte das nasse Moos zu Runa. Hier Tante RuRu! Ich wusste nicht wie sie an das Trinken heran kommen würde, aber vielleicht wusste Runa es ja? Dann sah ich zu Mama und Papa und wedelte bei Enyas Worten mit der Rute, als Zustimmung, ehe ich zu Papa hopste und ihn freudig mit der Nase an der Schulter anstubste.

Cato und Runa verharrten und sahen mich beide an. Ich glaubte Nervosität in Runas Augen zu sehen, der Rüde blieb hingegen ziemlich gelassen. Mein gesträubtes Nackenfell legte sich dadurch gleich wieder an und auch meine Haltung entspannte sich, wenngleich meine Rute nach wie vor an hoher Stelle pendelte. Die beiden Wölfe erklärten mir die Umstände und mit einem Seufzen gab ich auch die letzten Reste meiner Anspannung auf. "Ich danke dir, dass du Runa geholfen hast", sagte ich zu dem Rüden, nun auch mit einem Lächeln im Gesicht. Als er von Jangal sprach, sah ich kurz zu Kasai, doch die schien ebenfalls völlig entspannt. Wenig später tauchte auch Enya auf, direkt hinter ihr Jangal. Ich nickte erleichtert und sah dann zu Runa. "Vielleicht erzählst du mir später, was passiert ist", bot ich an, fügte aber auch hinzu: "Aber du musst nicht". Bereitwillig trat ich zur Seite, als Enya sich zwischen uns schob. Ich wollte ihr schließlich bei ihren Heilertätigkeiten nicht im Weg stehen. Freundlich sah ich nun wieder zu Cato: "Mein Name ist Gin, ich bin der Leitwolf dieses Rudels. Ich werde mich Huttsers Angebot nicht widersetzen. Bleib ruhig hier"

Ich beobachtet die Wölfe mit Interesse und Neugierde. Ich trat nun einige Schritte navor und blieb neben Kasai stehen. Und was nun? Gibt es Regeln die man vielleicht als Neuling beachten muss oder vielleicht auch eine Schlafplatz Regelung, wer wo schlafen darf? Ich grübelte über viele Dinge, den jedes Rudel war verschieden und da möchte man als Neuling nichts Falsch machen. Ich sah mich weiter mit meinen Augen um und betrachtete die Umgebung.

Mit leicht gespitzten Ohren hörte ich Papa zu, ehe ich neugierig zu der fremden Wölfin sah, welche sich schließlich neben Mama stellte. Mit fröhlich wedelnder Rute sprang ich verspielt zu ihr und wuffte leise Hallo, ich bin Jangal! Ich bin der Sohn von Gin und Kasai! Stellte ich mich dann vor und setzte mich hin Und wer bist du? Neugier lag in meinem Blick.